Kolumne: Verlage sind überflüssig!
 
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Kolumne: Verlage sind überflüssig!

Autor: Holger M. Pohl

 

Es gibt Verlage und Verleger, die noch nicht verstanden haben, dass sie überflüssig sind. Ja, richtig gelesen: Verlage sind überflüssig – völlig, absolut und total! Denn wer heute veröffentlichen will, der braucht keinen Verlag mehr. Wozu auch? Dank dem wunderbaren Worldwide Web – auch Internet genannt – kann heute Hinz ebenso wie Kunz sein Werk veröffentlichen ohne den mühsamen, manchmal ernüchternden Weg über eine Verlagssuche zu gehen. Eins – Zwei – Drei und schon ist das Werk online. Entweder auf der eigenen Website oder als E-Book auf irgendeiner Plattform. Bevorzugt Amazon, weil man da noch Geld verdienen kann ohne allzu viele Einbußen hinnehmen zu müssen. Und falls es doch Print sein muss – BoD hilft sicher. Selbstredend kann man das ganze online machen.

 

Anders gesagt: wer heute noch auf eine Verlagsveröffentlichung schielt, der ist selbst schuld. Er hat die Zeichen der modernen Zeit nicht erkannt! Vorbei die Zeit, wo der Autor sein Manuskript gefühlte 1.000 Mal hat überarbeiten müssen, damit es vielleicht Gnade vor den Augen eines Lektors oder Verlegers findet. Vorbei die Zeit, wo der Verfasser auch ein wenig Glück brauchte. Vorbei die Zeit, wo der Schöpfer noch hoffen musste, dass er zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige Werk präsentierte.

 

Wer heute sein Werk der Öffentlichkeit vorlegen möchte, der braucht keinen Verlag mehr. Und damit sind Verlage überflüssig. Punkt und basta!

 

Allerdings sind auch die Zeiten vorbei, wo der Autor über den Verlag so etwas wie ein Korrektorat oder ein Lektorat bekam. Zeitvergeudung! Unnütz! Das Werk wird veröffentlicht wie die göttliche Schreiberhand es schuf. Mit allen Stärken und vor allem mit allen Schwächen. Denn wer sich die unzähligen E-Books, die Forenland auf, Facebookland ab angepriesen werden, einmal genauer ansieht – denn in der Regel bekommt man eine Leseprobe – der wird mit Erschüttern feststellen, dass der Verfasser auf eines wenig bis keinen Wert gelegt hat: einmal zu prüfen, ob sich da noch der eine oder andere kleine Rechtschreibfehler, die eine oder andere kleine Grammatikschwäche eingeschlichen hat. Kommata interessieren wen? Groß- und Kleinschreibung sind wofür gut? „Ich bin Autor – kein Deutschlehrer!“

Das ist das eine.

 

Das andere ist, dass ein Lektor in aller Regel auch einigermaßen sinnvolle Vorschläge macht, wo der Geschichtenerzähler seine Geschichte noch einen Tick besser, einen Hauch interessanter machen könnte; oder der Lektor weist auf Stilfehler hin; oder …

 

Nun fragt man sich natürlich, wie jemand wie ich auf solche Perlen der Literatur stößt. Auch hier ist der Verweis auf das WWW genau richtig. Denn da kein Verlag beteiligt war, fehlt natürlich die ganze Werbeschiene, die ein solcher bietet. Aber Dank der bereits zitierten modernen Zeiten ist ein Verlag auch dazu nicht mehr erforderlich, wenn es um Werbung geht. Wozu gibt es Facebook? Wozu gibt es Foren? Wozu gibt es eigene Websites und Blogs? Am besten die Werbung, die der Verfasser dort macht, noch mit ein paar kleinen Hinweisen auf tolle Rezensionen garnieren (die völlig umsonst von Verwandten, Freunden und Bekannten aus Gefälligkeit zu haben und die so unendlich aussagekräftig sind) und fertig ist die Öffentlichkeitsarbeit. Dazu hier und dort noch ein paar Schräubchen drehen und schon steht das Werk in irgendwelchen obskuren Rankings ganz oben. Ein Bestseller ist geboren!

 

Bei den geschätzten 50 E-Book-Anpreisungen, denen ich in der letzten Zeit in diversen Foren oder auf Facebook begegnet bin und deren Leseproben ich mir zu Gemüte geführt … nein, falsch, durch die ich mich gequält habe, war vielleicht – die Betonung liegt auf vielleicht! – eine handvoll dabei, bei denen ich zumindest sagen könnte: „Hm, liest sich für den Anfang interessant!“

Doch selbst bei diesen waren die handwerklichen Mittel noch verbesserungsbedürftig. Rechtschreibung und Grammatik gehören nun einmal dazu. Eine gute Geschichte soll auch gut lesbar sein. Und dazu gehört, dass der Leser sich die Satzzeichen nicht selbst beim Lesen setzen muss; dazu gehört, dass der Leser – wir sind nun mal im Deutschen – sich nicht überlegen muss, ob das Wort nun groß oder klein geschrieben sein sollte, damit es an dieser Stelle Sinn macht. Und es gehört dazu, dass da eine Geschichte ist, die auch interessant genug ist, dass der Leser sie überhaupt liest.

 

Leider ist es gerade im Phantastik-Bereich – aber beileibe nicht nur dort! – üblich geworden, dass fast jeder, der sich dazu bemüßigt fühlt, eine Tastatur bedienen kann und die notwendigen Programme einigermaßen beherrscht, seinen Roman (alternativ irgendetwas anderes) schreibt und dieses Werk bevorzugt als E-Book der Öffentlichkeit präsentiert. Wie gesagt am besten über so etwas wie Amazon, weil er oder sie dann noch ein wenig Geld verdienen kann. Und das ohne einen Verlag bemühen zu müssen. Verlage sind eben überflüssig geworden.

Nun gut, selbstverlegte E-Books sind eigentlich noch überflüssiger …

 

Kleine Anmerkung am Ende: es gibt auch gestandene (Print-)Autoren, die ab und zu mal so nebenbei ein E-Book in Eigenregie veröffentlichen. Unabhängig davon, ob mir die Geschichte nun gefällt oder nicht, kann ich zwei Dinge dazu sagen. Zum einen wird man von diesen Autoren nicht überall mit penetranter Werbung überfallen und zum anderen legen diese Autoren an ihr Eigenregiewerk dieselben Maßstäbe an, die ein Verlag an ihr Manuskript anlegen würde. Das merkt der Leser. Und das zeigt: vielleicht sind Verlage doch nicht ganz so überflüssig, wie manche es gerne hätten?

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240329140425363c8041
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Erstellt: 10.04.2012, zuletzt aktualisiert: 26.06.2022 18:51, 12436