Lockruf der Finsternis von Rhonda Thompson
Rezension von Christel Scheja
Rhonda Thompson ist eine fleißige Autorin von Romance-Novels, deren Bücher regelmäßig auf den Bestsellerlisten auftauchen. Sie lebt mit ihrer Familie in Texas und wird nicht müde, immer neue Variationen über das Zusammentreffen von Mann und Frau und der schönsten Nebensache der Welt zu verfassen.
Dazu gehören auch die Romane um die Wulf-Brüder, die unter einem jahrhundertealten Fluch leiden, der sie wie ihre Vorfahren dazu zwingt, sich in eine reißende Bestie zu verwandeln, wenn sie ihr Herz an eine Frau verlieren. „Lockruf der Finsternis“ ist der dritte Band.
Auch Gabriel, der jüngste der Brüder kämpft gegen den Fluch an und verbietet sich, irgendwelche Gefühle zu der schönen Amelia zu entwickeln. Immerhin hat sie gerade eben erst geheiratet und scheint ihr Glück an der Seite des Edelmannes Robert gefunden zu haben.
Das nimmt auch die junge Frau an, die im Sommer des Jahres 1821 durchaus bereit ist, ihre ehelichen Pflichten zu erfüllen.
Doch die Hochzeitsnacht ist alles andere als romantisch. Ihr Mann erweist sich als gieriger Lüstling, der ohne Rücksicht auf Verluste über sie herfällt und sie einfach nur nehmen möchte, um seine Gelüste zu stillen. Noch während sie sich wehrt, tauchen Schatten in ihrem Zimmer auf und reißen sie auseinander. Schreckliche und unbeschreibliche Kreaturen zerfleischen und töten Robert.
Amelia entkommt nur, weil plötzlich Gabriel Wulf im Zimmer erscheint, der die Wesen vertreibt und ihr zur Flucht verhilft. Der jungen Witwe bleibt nichts anderes übrig, als sich dem charismatischen Mann anzuvertrauen, den sie bereits von den Straßen Londons her kennt.
Doch die wilde Flucht schmiedet sie zusammen. Ohne es zu wollen, verfallen sie einander und beginnen sich zu begehren. Selbst Gabriel kann nicht anders als seinem Verlangen nachzugeben, auch wenn er damit den Fluch entfesselt und damit jede Möglichkeit verschenkt, eine Lösung zu finden, um diesen aufheben zu können. Und so kommt es wie es kommen muss.
Doch diesmal erweist er sich als zweischneidiges Schwert, denn die eigene Verwandlung in einen Werwolf hilft ihm dabei, sich gegen ihre Verfolger zu verteidigen. Allerdings bemüht sich Gabriel, dieses Geheimnis vor Amelia zu verbergen. Doch wie lange ist ihm das wirklich möglich?
„Lockruf der Finsternis“ mag zunächst wie ein phantastischer Roman klingen, ist aber in Wirklichkeit ein typischer Liebesroman vor historischer Kulisse, der nur mit einem einzigen übernatürlichen Element spielt, der Existenz von Werwölfen, die dem Heldenpärchen aus unbekannten Gründen das Leben schwer machen und der Fluch, der ihre Liebe zerstören könnten.
Doch die mystischen Seiten dieser beiden Punkte spielt insgesamt eine eher untergeordnete Rolle. Der Autorin ist es letztendlich wichtiger zu beschreiben, wie Gabriel seine Amelia vor einem Schicksal „schlimmer als der Tod“ bewahrt und die beiden trotz der kniffligen Lage, in der sie stecken ihre wahre Liebe und Leidenschaft in den Armen des anderen entdecken, aber es zunächst nicht zugeben wollen.
Dabei wird das Ringen um die Kontrolle über sich selbst zu einem dramatischen Element im Charakter des Mannes, dass ihm allerdings einiges seiner charismatischen Männlichkeit nimmt. Zwar ist er dadurch kein typischer Macho, verkommt stellenweise aber auch ziemlich zu einem Jammerlappen, der auf die meisten Leserinnen nicht wirklich ansprechend wirken dürfte.
Auch Amelia pendelt zwischen einer selbstbewussten und dann doch wieder hilflos abhängigen Frau, versagt natürlich immer dann, wenn ihr Geliebter ins Spiel kommen kann und erfüllt die gängigen Klischees. Tatsächlich hat man all das schon tausendfach gelesen und diesmal wirkt es nicht einmal überzeugend genug, um über gut dreihundert Seiten zu fesseln. Die Handlung verliert deshalb nach dem spannenden Anfang zusehends an Fahrt und das Ende ist schon früh vorauszusehen.
Auch für romantisch veranlagte Leser ist „Lockruf der Finsternis“ daher eine ziemliche Enttäuschung, da weder die Helden, noch ihre abenteuerliche Liebesgeschichte wirklich lange in den Bann schlagen können.
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