Reihe: Solomon Cryjack Band 1
Rezension von Carina Schöning
Was ist ein Menschenleben wert? Und wofür lohnt es sich zu leben? Genau diese Fragen hat sich der deutsche Autor Volker Bätz aus Ochsenfurt bei Würzburg gestellt. Inspiriert von Thomas Hobbes Klassiker „Leviathan“, veröffentlicht er nun seinen Debütroman „Operation Titanensturz“, der zugleich auch der Auftakt zu seiner neuen Science Fiction Reihe um den Bio Sicherheitsermittler Solomon Cryjack ist.
Auf Kadath 13, einem kleinen Kolonieplaneten der Menschen herrscht seit Jahrzehnten Quarantäne. Nach einigen heftigen Kriegen hat sich die Regierung dazu entschlossen das umstrittene System der Humankapitalwert-Berechnung einzuführen. Die Bewohner sind nach Klassen und Nützlichkeit für die Gemeinschaft eingeteilt worden und erhalten seitdem entsprechend ihres Wertes Wasser, Lebensmittel, Wohnraum und andere Vergünstigungen zugesprochen. Einmal jährlich oder zu besonderen Anlässen wird der Wert neuberechnet, Der Großteil der Bürger von Neu Henoch, der Hauptstadt von Kadath 13 muss sich jedoch selbst behelfen. Das Bisschen, das ihnen die Regierung zugesteht ist einfach zuwenig zum Leben - und zuviel zum Sterben. Seit Jahren blüht entsprechend der illegale Handel und auch die extrem hohe Kriminalitätsrate tut ihr übriges für die geringe Lebensqualität in der düsteren und menschenüberfüllte Metropole Neu Henoch.
Der ehemalige Kriegsheld Solomon Cryjack, genannt Sol hat sich trotz seines außergewöhnlich hohen Humankapitalwertes dafür entschieden weiterhin ein gewöhnlicher Mitarbeiter bei der Bio-Sicherheit zu bleiben. Der zynische Ermittler hat seine festen Prinzipien und kämpft gegen die lähmende Bürokratie in Neu Henoch und seine ignoranten und unfähigen Vorgesetzten an. Dabei geht er so manches Mal auch unkonventionelle oder nicht ganz legale Wege, aber der Zweck heiligt in seinen Augen schließlich die Mittel. So auch bei dem seltsamen Todesfall eines Mitarbeiters der Abfallbeseitigung. Während sein Kollege Dutscher schnell den Fall als einfachen Selbstmord abschreibt, forscht Sol nach und stößt auf einige Ungereimtheiten. Die Regierung hat bei Ermittlungen aus Rationalisierungs- und Effizienzgründen nur ein kleines Zeitfenster erlaubt. Binnen 3 Tagen, 5 Stunden und 23 Minuten muss Sol nun eindeutige Beweise vorlegen, bevor sich einer der Vorgesetzten überhaupt für den Fall interessiert. Die Zeit läuft also gegen ihn.
„Operation Titanensturz“ ist eine Mischung aus Scienec Fiction und Krimi. Die dystopische Zukunftsvision ist betont düster und deprimierend gehalten und erinnert dadurch ein wenig an Philip K. Dicks Klassiker „Blade Runner“. Besonders die Beschreibungen der schmutzigen Metropole und ihre verlassenen Viertel im Untergrund oder auch das gnadenlose Sozialsystem sorgen für eine dichte Atmosphäre. Die Handlung ist dabei gut durchdacht und spannend gestallt, nur im Mittelteil kommen einige Längen vor. So entdeckt Sol bei seinen Ermittlungen nicht nur eine ganze Reihe von seltsamen Morden mit Werkzeugen aus der Tierschlachtung, sondern auch eine geheime Verschwörung der allgegenwärtigen Staatskirche und ihrem Oberhaupt Erzbischof Pelargon.
Die Thematik des Romans ist gut gewählt und hochinteressant. Volker Bätz lässt auch philosophische und religiöse Aspekte in die Handlung einfließen und mit der Figur des Sol hat er einen sympathischen Antihelden mit tragischer Vergangenheit geschaffen. Die anderen Figuren werden dabei leider etwas vernachlässigt und wirken zu blass. Gerade die negativen Charaktere hätten besser und ausführlicher beschrieben werden können. Insgesamt ist jedoch der Erzählstil für einen Debütroman schon recht flüssig und gut gelungen. Man darf also gespannt sein, was Solomon Cryjack im nächsten Abenteuer erleben darf.
Die Ausstattung und Verarbeitung des Romans ist dabei leider nicht ganz so gut geworden. Es gibt zwar einen ausführlichen Kommentar des Autors zu der Entstehung der Geschichte und ein zweiseitiges Glossar mit den wichtigsten Begriffen, aber der relativ kleine Schriftsatz ist doch sehr gewöhnungsbedürftig und wirkt etwas abschreckend. Während andere Verlage ziegelsteingroße Paperbacks veröffentlichen, gibt es hier sehr viel Text auf mageren 208 Seiten.
Insgesamt liegt mit „Operation Titanensturz“ ein spannender und abwechslungsreicher Debütroman vor. Der intelligente Mix aus Science Fiction und Krimi überzeugt mit einer düsteren Atmosphäre und einem sympathischen Antihelden.
