Rezension von Tanja Thome
„Piratenbraut“ ist der erste Roman von Jessica Brandon, über die in den Autoreninformationen, die dem Roman vorangestellt sind, leider ebenso wie in den Danksagungen leider eher nur sehr allgemeine Punkte verraten werden. Der Roman richtet sich an Jugendliche ab etwa zwölf bis dreizehn Jahren.
Teneriffa im achtzehnten Jahrhundert: Die sechzehnjährige Sancha lebt bei ihrer Tante Susana Gallego, seit Piraten Sanchas Eltern vor Jahren bei einem Raubzug an Land umgebracht haben. Susana ist arm, und Sanchas Talente, andere im Lesen und Schreiben zu unterrichten, was sie selbst einst von ihrem Vater erlernte, reichen nicht aus, um beide gut über die Runden zu bringen. Da niemand um Sanchas Hand anhält, zumal keine Mitgift lockt, bleibt Sancha keine andere Wahl, als ins Kloster einzutreten.
Sancha hat sich mit ihrem Schicksal abgefunden, als sie die Bekanntschaft eines Jungen namens Manuel macht. Dieser gibt vor, Schiffsjunge zu sein, der von seinem Kapitän ausgesandt wurde, um einen Lehrer zu finden. Nicht ganz uneigennützig, denn Sancha gefällt Manuel auf den ersten Blick, macht er Sancha das Angebot, als Lehrerin für den Kapitän an Bord zu kommen. Nach einigen Verhandlungen mit Sancha und Susana ist das Abkommen getroffen, Tante und Nichte machen sich auf den Weg in eine ungewisse Zukunft. Wie ungewiss, das ahnt Sancha erst beim Anblick des Schiffes nach mehreren Tagen Reise quer über die Insel: Das Schiff ist das von Piraten, und Sancha soll niemand anderen unterrichten als El Moro, seinen Kapitän.
Sancha ist verzweifelt und schmiedet vergebliche Fluchtpläne, bis ihre Tante die Idee hat herauszufinden, warum ein Piratenkapitän überhaupt Lesen und Schreiben lernen will. Liegt dort der Schlüssel zur Freiheit für Susana und Sancha? Doch während El Moro und Manuel sich anständig benehmen, sieht Sancha sich zu allem Überfluss dann auch noch dem Mörder ihrer Eltern gegenüber …
Dass es sich bei diesem Roman um einen Erstling handelt, ist auch ohne Vorabinformation rasch zu erkennen. Die Geschichte weist keinerlei neue Elemente auf, sondern es ist eine, die schon zahlreiche Male in ähnlicher Form erzählt wurde. Entsprechend langweilig gestaltet sich die Lektüre, bei der man, zumindest als regelmäßiger Leser und natürlich umso mehr, desto älter man ist, wirklich alle Elemente der Geschichte vorab erahnt und durchschaut.
Auch der Aufbau des Buches lässt ein wenig zu wünschen übrig, denn ganz klassisch wurden Prolog und Epilog eingebaut. Während der Epilog immerhin sinnvolle Ausblicke gewährt, erzählt der Prolog einen Teil der Geschichte, der in dieser Form für den späteren Verlauf absolut entbehrlich und im Grunde sogar uninteressant ist.
Besonderes Potenzial hätte bei dieser Geschichte, aus der sicherlich auch erfahrenere Autoren nicht allein mit einem Fingerschnippen etwas Innovatives hätten zaubern können, im geografischen Kontext gelegen. Die Kanaren, heute beliebtes Urlaubsziel, als historisches Piratendomizil – da hätte man einiges erzählen können. Die Autorin hat diese Chance jedoch ungenutzt verstreichen lassen. Teneriffas Vulkan El Teide taucht begrifflich ebenso auf wie El Hierro, Gomera und Lanzarote, in einer kleinen Sequenz werden Gofio, ein heute noch verbreitetes Nahrungsmittel auf den Kanaren, sowie das Wort Lava erwähnt, das war es dann auch schon. Keine treffenden Beschreibungen der bizarren, wunderschönen Landschaft, keine Bezüge zu den Jahre andauernden Vulkanausbrüchen auf den Kanaren im achtzehnten Jahrhundert, selbst für ein Jugendbuch eher wenige historische Informationen über die Piraterie der damaligen Zeit. Sancha und die Piraten hätten mit anderen Worten abgesehen vom relevanten Erzählstrang rund um den Zuckerrohrverkauf auch überall sonst vor Anker liegen oder über die Meere schippern können. Einen Unterschied für das Buch hätte das kaum gemacht.
Mit mehr Gefühl für die ausgesuchte Szenerie und historische Details hätte selbst aus einer geradezu klassischen Piraten- und Liebesgeschichte für Teenies etwas schön zu Lesendes entstehen können. Diese Chance hat die Autorin, obwohl sie ihr erstes Buch sogar auf den Kanaren verfasste, leider und unverständlicherweise verschenkt, schade.