Quellcode (Autor: William Gibson)
 
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Quellcode von William Gibson

Rezension von Christian Endres

 

Cyberpunk-Veteran William Gibson wurde mit seiner Neuromancer-Trilogie zu einem der bedeutendsten Autoren zeitgenössischer Science Fiction – genau genommen schloss er mit der offiziellen Geburtsstunde des Cyberpunk 1984 sogar jene Lücke, die Philip K. Dick mit seinem Tod 1982 hinterlassen hatte. Nun liegt mit »Quellcode« die deutsche Ausgabe von Gibsons neuestem Roman Spook Country als schönes Hardcover bei Klett Cottas Hobbitpresse vor - und damit der in mehr als einer Hinsicht direkte Nachfolger von Gibsons letztem großen Roman »Mustererkennung« ...

 

Auch in »Quellcode« frönt Gibson wieder seinem liebsten Kind, der inzwischen mehr als nur etablierten SF-Strömung des Cyberpunk: Also einer nahen, meistens ziemlich düsteren Zukunft, die inhaltlich wie faktisch gar nicht so weit von unserem Alltag, unserer Kultur und unseren Gedanken - und damit unserem Leben - entfernt ist. Trotzdem gelingt der Einstieg in Gibsons stilistisch routiniert zu Papier gebrachten Roman zunächst nur schwer. Nach Überwindung der Anlaufschwierigkeiten entwickelt sich die Geschichte um Ex-Rockmusikerin Hollis, die nun als Journalistin unterwegs ist und eine ganz besondere »Story« aufdecken soll, allerdngs zu einem interessanten Mix aus Agententhriller und gewohnt schwarzer Zukunftsvision.

 

Die Technologie hat sich in Gibsons Zukunft entwickelt, im Großen wie im Kleinen - die Wurzeln reichen aber klar sichtbar bis in unsere Gegenwart. Deshalb erwischen einen Gibson und »Quellcode« oftmals eiskalt. Vieles von Gibsons geschilderter ‚near future’ ist greifbar und plausibel, aber eben auch erschreckend, pessimistisch und nachdenklich stimmend - und wir fragen uns natürlich automatisch, ob Gibson nur ein gewohnheitsmäßiger Schwarzmaler ist, oder ob die paranoide Menschheit wirklich schon so weit davor steht, sich zwischen technischem Schnickschnack, Terrorismus, Globalisierungsgedanken, sozialgeografischen Brennpunkten und - natürlich! - digitalen Scheinwelten zu verlieren.

 

Gibson ist ein feiner Beobachter, ein provokanter Denker und ein feiner Metaphoriker - entsprechend aufrüttelnd wirkt »Quellcode« manchmal. Insofern folgt der Amerikaner also auch diesmal wieder seinen bewährten Mustern. Außerdem ist Gibson dem eingangs schon erwähnten Philip K. Dick von der Figurenzeichnung und den lakonischen Dialogen her oftmals sehr nahe und verpasst seinen futuristischem Thriller stellenweise überdies einen angenehm schmackhaften Schuss Noir - für den Cyberpunk ja ebenfalls alles andere als unüblich.

 

Bis auf den mauen Einstieg ein grundsolider Gibson – nicht unbedingt mehr, aber auch nicht weniger.

 

 

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Buch:

Quellcode

Autor: William Gibson

Hardcover, 448 Seiten

Klett-Cotta, April 2008

ISBN: 3608937692

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 08.05.2008, zuletzt aktualisiert: 27.06.2023 19:37, 6456