Roma Nova (Autorin: Judith Vogt)
 
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Roma Nova von Judith Vogt

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Das Römische Imperium hat das All in Besitz genommen. Seine Legionen haben Planeten erobert, fremde Völker unterworfen und versklavt. Doch im Hades, einem Schwarzen Loch am Rande des Mare Nostrum, lauern dämonische Kreaturen, die nur darauf warten, Rom für immer von der Sternenkarte zu löschen. Und auch auf dem Planeten selbst brodelt es: Der Gladiator-Sklave Spartacus will sich nicht länger seinem Schicksal ergeben und zettelt einen Aufstand an …

 

Rezension:

Alternative Geschichtsverläufe bieten der Science-Fiction jede Menge Stoff und die Gelegenheit auszuloten, welche Auswirkungen technologischer Fortschritt auf bestimmte Kulturen gehabt hätte, wenn sie nicht untergegangen wären.

 

Judith Vogt wählte für ihren SF-Roman das Römische Imperium als eine jener Kulturen. Aus der Metropole am Tiber wurde eine planetenumspannende Stadt und der Planet selbst wurde zu Rom. Die Römer stießen in die Galaxie vor, die sie nun Mare Nostrum nennen. Sie gründeten Kolonien, stießen auf Kreaturen, die in ihre Mythen, in ihr religiöses Weltbild passten. Doch nicht alle diese Mythen und Götter sind den Römern wohlgesonnen …

 

Gleich zu Beginn werden wir Zeuge eines Angriffes von Dämonen auf das Raumschiff eines Legaten, der sich an einem abgelegen Ort nicht ganz legalen Geschäften widmen wollte. An Bord befinden sich einflussreiche Römer diverser Familien, Sohn und Tochter des Legats, seine Praetorianer und natürlich Sklaven. Eine davon hat der Legat zu seiner Lieblingsklavin gemacht, das heißt er vergnügt sich mit ihr nach Belieben. Doch Morisa ist keine gewöhnliche Frau. Sie ist eine thrakische Seherin und betet zu Proserpina (Persephone), jener Göttin, die Hades raubte und in die Unterwelt entführte. Der Angriff der Dämonen auf das Schiff des Lucius Marinus Maximus ist ihr Werk. Die Dämonenschiffe bestehen aus Hadesstahl und können dadurch nicht geortet werden. Und viel wichtiger: Hadesstahl durchdringt die römischen Energieschilde.

Den Angriff überleben nur drei Menschen: der Legat, seine Tochter Constantia und ein junger Sklave, Ianos. Doch es gibt einen Grund, warum sie überlebten. Morisa will sich an Lucius Marinus rächen, denn er hat nicht nur sie jahrelang missbraucht, er hat auch ihren Mann Drennis zu einem Gladiator im bedeutendsten Ludus Roms gemacht. Sein Name: Spartacus.

 

Judith Vogt präsentiert mit Roma Nova eine etwas andere Space Opera. Das Römische Reich als kultureller Hintergrund bietet eine wunderbare Kulisse für Intrigen und Ränke. Sie setzt dabei zumindest grundlegende Kenntnisse über Aufbau und Struktur des Römischen Imperiums voraus. Große historische Erklärungen oder eine Einführung in den Weltenbau gibt es nicht. Alle relevanten Informationen ergeben sich spielerisch aus der Handlung selbst. Dabei bildet sich eine Mischung aus Kampfszenen, die im ersten Teil vor allem den Gladiatorenkampf betreffen, und dem Ablauf einer vielschichtigen Intrige um Macht und Einfluss. Das Eingreifen von Morisa beschleunigt dabei nur Ereignisse, die bereits vor ihrer Befreiung angebahnt wurden.

Schnell hätte sich der Stoff in eine historisierende Nacherzählung verwandeln können, doch Judith Vogt gelingt es durch ein breites Eindringen von Technik in die Welt von Rom, den Science-Fiction-Aspekt des Romans zu einem wichtigen Bestandteil der Handlung zu machen. Das wirkt sich nicht nur auf die Kampftechniken der Gladiatoren, Praetorianer und Legionäre aus, sie verändert auch wesentliche Teile des gesellschaftlichen Lebens.

Und hier liefert die Autorin gleich eine ganze Reihe sozialer Aspekte, die aus einer einfachen Space Opera eine in die Tiefe gehenende Social-Fiction schaffen. Das betrifft vor allem die Frauenrollen. Im Zentrum des Romans stehen nämlich nicht der Sklavenjunge Ianos oder Spartacus, sondern Constantia.

 

Das Mädchen lebte vor dem Dämonenüberfall als ganz normale Tochter eines Noblen. Ihre Interessen und Ausbildung richteten sich auf ihre Zukunft als Frau irgendeines Senators oder anderem wichtigen Bestandteil der Elite Roms. Der Fluch Morisas schwächt jedoch nicht nur ihre Gesundheit, er lässt sie sich auch in Ianos verlieben. Morisa schickt den beiden heftige erotische Träume, obwohl sie weit voneinander entfernt schlafen. Constantia beginnt Regeln zu brechen. Mit ihrer Freundin Gaia, einem hippen und sehr selbstbewussten Mädchen, die sich mit Sex, Crime und Drogen sehr gut auskennt, steigen sie in die Unterwelt Roms hinab. Constantias ganzes Leben richtet sich plötzlich nach einem anderen Menschen aus. Sie lernt die Welt um sich herum aus der Sicht der Unterschicht kennen und beginnt, sich von ihrer Welt als Legatstochter zu entfremden. Trotz ihrer Krankheit und engen gesellschaftlichen Grenzen, beginnt sie zu handeln.

Judith Vogt dreht dabei nicht einfach klassische Heldenrollen um. Constantia wird nicht zur Ritterin oder Amazone. Nein, sie bleibt selbst in der Maske eines Mannes eine Frau, die sich ihrer Schwächen bewusst ist, aber zunehmend ihre Stärken erkennt und nutzt.

Ein gelungenes Coming-of-Age-Szenario, dass begleitet wird von einer ganzen Reihe faszinierender Nebenfiguren. Dabei überzeugt die Autorin mit derben Männerhumor in Gladiatorenkreisen ebenso wie mit den trickreichen Strategien diverser Verbrecherbanden und Politzirkeln.

 

Die Masse an Stoff und Figuren führt allerdings auch dazu, dass die im Klappentext versprochenen Ereignisse erst deutlich nach der ersten Hälfte des Romans beginnen. Zwar kommt nie Langeweile auf, da Judith Vogt ihre Szenen und Kapitel stets gut zu würzen weiß, aber 600 Seiten für einen SF-Roman sind schon eine Hausnummer und Hürde. Wer sie aber überspringt, wird mit einem modernen Werk belohnt, in dem Action, Sex, Liebe, Intrigen und soziale Themen eine kurzweilige und fesselnde Verbindung eingehen.

 

Großartig ist das Cover von Arndt Drechsler. Man gewinnt eine sehr guten Eindruck davon, wie ein Rom im Gewand der Zukunft aussehen könnte.

 

Fazit:

»Roma Nova« von Judith Vogt liefert die High-Tech-Vision eines planetenumspannendes Roms mit seinen Tempeln, Palästen, Intrigen und imperialen Problemen. Ein hochdynamischer SF-Roman, der sich in Themen und Figuren auf der Höhe der Zeit bewegt und beweist, dass die olle Tante Space-Opera noch lange nicht zum alten Eisen gehört.

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Buch:

Roma Nova

Autorin: Judith Vogt

Taschenbuch: 622 Seiten

Bastei Lübbe, 27. Juli 2018

Cover: Arndt Drechsler

 

ISBN-10: 3404209141

ISBN-13: 978-3404209149

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B0774VL5RY

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition


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Erstellt: 30.03.2019, zuletzt aktualisiert: 27.03.2024 19:50, 17487