Schneemann (Autor: Jo Nesbø)
 
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Schneemann von Jo Nesbø

Rezension von Björn Backes

 

Inhalt:

Als Harry Hole, einstiger FBI-Experte für Serienkiller, den Mord an einer jungen Mutter aufklären soll, erschließen sich ihm noch nicht die Zusammenhänge einer weiteren Mordserie. Doch als auch noch eine zweite Frau verschwindet und in den Vorgärten der Opfer ein Schneemann entdeckt wird, scheint hier eine deutliche Fährte zu einem einheitlichen Täter zu führen. Hole blickt unfreiwillig in die Vergangenheit zurück und erkennt Zusammenhänge zum Verschwinden weiterer junger Frauen, die im Jahrestakt zum ersten Schnee verschwunden und nie wieder aufgetaucht sind. Gemeinsam mit seiner kaltschnäuzigen neuen Partnerin Katrine Bratt sucht er nach ersten Spuren, wird aber im Spiel des Killers ständig auf falsche Fährten gelockt. Ein mutmaßlicher Verdächtiger wird aus dem Weg geräumt, weitere Verdächtige entstellt. Als Hole dann auch noch die Leiche des seit Jahren verschwundenen Hauptverdächtigen Gert Rafto aufspürt, scheint das Verwirrspiel seinen Höhepunkt zu erreichen – und dabei hat es der Mörder nur auf den alkoholkranken Ermittler abgesehen, der ständig zwischen dem spektakulären Fall um den ‚Schneemann‘ und seinem privaten Scherbenhaufen pendeln muss…

 

Rezension:

Mit seinem neuen Meisterwerk „Schneemann“ hat Jo Nesbø nicht nur seinen Status als einer der besten skandinavischen Kriminal-Autoren verteidigt, sondern ihn fraglos mit einem echten Meisterwerk gekrönt. Die Geschichte um den undurchschaubaren Mörder ist nicht nur prickelnd geschrieben und unglaublich spannend inszeniert; sie wartet auch mit derart einprägsamen, eigenständigen Charakteren auf, wie man sie wohl tatsächlich nur im nordischen Krimi auffindet – und hier auch nur in den Ausnahmewerken dieser Spezies.

Die Story beginnt mit voller Fahrt und führt den Leser über einen kurzen Umweg in das private Disaster des Protagonisten, angefangen bei seiner familiären Krise über seine Vergangenheit in der Alkoholsucht bis hin zum tragischen Tod seiner Mutter. Der bereits bekannte Ermittler Harry Hole ist nach wie vor ein klassischer Loser, auf der Seite des Gesetzes hingegen ein gefeierter Held, dessen Macken zwar immer wieder in den Fokus der Polizeiarbeit rücken, ihn aber dennoch nicht seines Status‘ entheben können. Und als solcher bringt er bereits die besten Voraussetzungen mit, um allein schon im Bereich der Charakterzeichnungen für eine interessante Herausforderung zu sorgen, die der Autor jedoch in jeglicher Hinsicht mit Bravour löst.

Die Geschichte nimmt fortan seinen Lauf und verschluckt dabei offenkundig eine Menge Details und versteckte Hinweise, die im Laufe der Handlung irgendwann wieder hervorpreschen und dem Leser die Augen öffnen. Es sind Rezitierungen, verlorene Gedanken, materielle Begebenheiten oder einfach nur ganz spezielle, kurze Begegnungen, die in der Ermittlungsarbeit von unschätzbarem Wert sind und eines der spannendsten Puzzle zusammenfügen, welches die Kriminalliteratur in diesem Jahr hervorgebracht hat. Und trotzdem: Im Vordergrund stehen Hole und seine Kumpanen, als da wären seine eiskalte Kollegin Bratt, seine ehemalige Partnerin Rakel, die mittlerweile neu vergeben ist, sich aber dennoch körperlich zu Hole hingezogen fühlt, deren Sohn Oleg, dem er ein echter Vater geworden ist und natürlich die teils skurrilen Gestalten in der Osloer Polizeibehörde, in deren gemeinsamen Dialogen Hole sowie der gesamte Text seinen unterschwelligen, ironischen Humor offenbart, der im Gesamtkomplex eine gar nicht mal so unbedeutende Stellung einnimmt. Es geschieht recht häufig, dass die Anspielungen die eigentliche Brisanz des Falles in den Hintergrund rücken, bevor dieser dann wieder wie ein Torpedo nach vorne schießt und mit weiteren grausamen Wahrheiten in die nächste Runde geht. In nahezu jedem Kapitel nimmt „Schneemann“ geradezu radikale Wendungen und entwickelt sich mitunter zu einer Achterbahnfahrt mit gänzlich ungewissem Ende – es sei denn, man hat die versteckten Zeichen von Anfang an richtig gedeutet und das Rätsel entlarvt, bevor es sich überhaupt entwickeln konnte. Doch gerade dies macht Jo Nesbø zu einer insgesamt schier unlösbaren Aufgabe, die dem Leser bis zur letzten Seite den Atem raubt – und ihn unaufgefordert dazu zwingt, das Buch nicht mehr aus der Hand zu nehmen!

 

Fazit:

Daher darf man das Fazit auch nicht als Klischee betrachten, denn es ist in der Tat so, dass man derart intensive Momente in einem eigentlich solch nüchtern geschriebenen, teils sogar umgangssprachlich locker formulierten wirklich nur sehr, sehr selten erlebt. Jo Nesbø hat mit seinem „Schneemann“ ein regelrechtes Monstrum erschaffen, das den zurückhaltenden nordischen Krimi stellenweise neu definiert und ihm die Zukunft weist. Und ganz nebenbei ist es die beste Verschmelzung von Charakteren und Story, die im Jahr 2008 überhaupt zu Papier gebracht wurde!

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404251756263af42b09
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Schneemann

Autor: Jo Nesbø

Gebundene Ausgabe: 512 Seiten

Verlag: Ullstein Hc (1. September 2008)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3550087578

ISBN-13: 978-3550087578

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 15.01.2009, zuletzt aktualisiert: 28.04.2022 15:14, 8109