Sissi, die Vampirjägerin – Scheusalsjahre einer Kaiserin (Autorin: Claudia Kern)
 
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Sissi, die Vampirjägerin – Scheusalsjahre einer Kaiserin von Claudia Kern

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezension:

»Sissi«. Das erinnert an Romy Schneider, Karlheinz Böhm, bittersüße Romantik an der Schwelle zum Kitsch und die x-te Wiederholung der Filmreihe zur Weihnachtszeit. Allerdings verbirgt sich hinter dem niedlichen Kosenamen eine echte Person mit historischem Hintergrund. Elisabeth Amalie Eugenie, Herzogin in Bayern und später Kaiserin von Österreich und Ungarn heiratete 1853 im zarten Alter von fünfzehn Jahren den acht Jahre älteren Kaiser Franz Joseph von Österreich und setzte damit einen Personenkult in Gang, der bis heute Bestand hat. Verständlich, geben die Gemälde von einst noch immer ein gutes Zeugnis ab, weshalb Elisabeth damals allerorts als schönste Frau ihrer Zeit angesehen wurde (und sich dessen durchaus bewusst war). Allerdings war ihr Leben als Kaiserin nicht ausschließlich eitel Sonnenschein. Diverse Missverständnisse, Krankheiten und dramatische Todesfälle sowie nicht zuletzt eine Schwermut, welche ihr das Palastleben erschwerten, ziehen sich durch ihre außergewöhnliche Biographie – welche nun, dank der vielseitigen Autorin Claudia Kern, um eine weitere, wenngleich fiktive (?) Facette ergänzt wird.

 

Wir schreiben die Mitte des 19. Jahrhunderts. Europa wird vom Adel und den Fürstenhäusern regiert. Was die Bourgeoisie nicht ahnt: Die Monarchien sind von Vampiren unterwandert worden; hinterlistigen Blutsaugern, die im Geheimen die Geschicke Europas zu ihren Gunsten ändern und dem sterblichen Pöbel mittels ihrer Fähigkeit des Bezirzens eine heile Welt vorgaukeln.

Dennoch gibt es eine kleine Gruppe von erbitterten Widerstandskämpfern, die sich die Vernichtung der Vampirsippen auf die Fahnen geschrieben haben: die Kinder Echnatons. Eine im Hintergrund agierende Zusammenkunft, deren Wurzeln bis ins Ägypten zur Zeit der Pharaonen zurückreicht – und unter anderem Herzog Max von Bayern einen Mitstreiter nennen kann. Jahrzehntelang hat der Herzog seinen Kampf gegen die Blutsauger gefochten, doch nun – im fortschreitenden Alter – ist die Zeit gekommen, einen Nachfolger zu ernennen. Besser gesagt: eine Nachfolgerin. Geht es nach seinem Willen, wird Max-Josephs zweite Tochter Elisabeth in Bälde das schwere Erbe übernehmen. Wie man Vampire bekämpft und vernichtet, weiß sie schließlich; der harten Ausbildung ihres Vaters sei Dank.

Das ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt die Vermählung zwischen Kaiser Franz Joseph und Sissis Schwester Helene immer mehr ins Rampenlicht gerät, macht die gegenwärtigen Überlegungen noch komplizierter – zumal der Palast derer von Habsburg-Lothringen mit Vampiren durchdrungen ist. Gemeinsam mit ihrer Mutter, Prinzessin Ludovika von Bayern macht sich die junge Frau auf den Weg nach Bad Ischl, wo die geplante Verlobungszeremonie stattfinden soll. Zurück bleibt eine gleichermaßen enttäuschte wie eifersüchtige Sissi, deren anfängliche Niedergeschlagenheit schon bald von ihrer Sturheit übermannt wird. Als Folge reitet sie heimlich dem königlichen Tross hinterher – um prompt auf verwilderte, im Wald hausende Vampire zu treffen sowie einen mysteriösen Fremden, dem es gelingt, Sissis Herz im Sturm zu erobern. Doch auch besagtem Unbekannten geht das naiv-kecke Mädchen nicht mehr aus dem Kopf – und das ausgerechnet jetzt, am Vorabend der Verlobung mit Helene von Bayern. Ohne es zu ahnen, setzen sowohl Elisabeth als auch Franz Joseph damit eine Entwicklung in Gang, die möglicherweise fatale Folgen nach sich ziehen könnte – für sich, für Europa und vielleicht sogar für die ganze Welt …

 

Nach ihren gleichermaßen mannigfaltigen wie farbenfrohen Ausflügen in praktisch jeden Teilbereich der Phantastik hat sich Claudia Kern nun der immer beliebter werdenden Spielart des »Mashups« zugewandt; der Kombination eines bestehenden Inhalts mit einem fiktiven. Das Resultat kann sich durchaus sehen lassen. Selbst Kitschmuffel werden an der flotten und routiniert verfassten Prosa durchweg ihre helle Freude haben, vergisst die Gummersbacherin trotz aller gebotenen romantischen Ansätze nicht, ihren Roman mit stets überzeugenden Actionpassagen und ungeblümten Gewaltausbrüchen zu veredeln. Stets mit dem ihr typischen Augenzwinkern und einer ganz eigenen, herrlich passenden Form von schwarzem Humor und Direktheit wird hier der Mythos Sissi – beziehungsweise die cineastische Version davon – durch die Mangel genommen, ohne dabei zur lächerlichen Karikatur zu verkommen. Weit gefehlt. Zielsicher wird der allseits bekannte Mythos kurzerhand von ihr umgedichtet und dank der beiden Gegenpole „Hart“ und „Zart“ mit ordentlicher Würze versehen. Dabei muss man der Autorin zugute halten, dass die historisch belegten Personen und Ereignisse keineswegs ins Lächerliche gezogen werden, sondern deren Essenz im Grunde erhalten bleibt. Unter anderem ist es diese Seriosität, gepaart mit der passenden und stets an den richtigen Stellen platzierten Ironie, welche das Werk so unwiderstehlich werden lässt. Das ausgerechnet die Hauptperson des Romans an manchen Stellen so blass wie ihre untoten Gegner daherkommt, ist das einzige bemerkenswerte Manko, welches allerdings durch die flüssige Prosa, die eine oder andere Überraschung und nicht zuletzt durch die Kurzweiligkeit des Buches selbst mehr als wettgemacht wird.

 

Fazit:

Der Titel sagt im Grunde alles – Sissi, die Vampirjägerin mag sich nach abgedrehter Sinnlosigkeit anhören, entpuppt sich aber als origineller, knackiger und durchaus spannender Roman, der dank der versatilen Autorin niemals zur grotesken Parodie verkommt. Mit Sicherheit einer der originellsten »Mashups« der letzten Zeit und ein verdammt guter Roman noch dazu.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240426135909b6c6aabb
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Sissi, die Vampirjägerin – Scheusalsjahre einer Kaiserin

Autorin: Claudia Kern

Taschenbuch, 316 Seiten

Panini Books, 15. Februar 2011

 

ISBN-13: 978-3833222542

ASIN: 3833222549

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 30.04.2011, zuletzt aktualisiert: 28.04.2022 15:14, 11758