Rezension von Bine Endruteit

Lia Kahn war das, was man eine verwöhntes Göre nennen würde, ein Mädchen mit einem reichen Vater, dass alles bekam, was es haben wollte. Sie war immer die Nummer 1 an der Schule, was sie trug war cool und in. Bis zu diesem einen verhängnisvollen Tag, an dem zu viele Zufälle aufeinander trafen. Das Auto, in dem sie saß, fuhr in einen Laster und überschlug sind. Lia war so schwer verletzt, dass die Ärzte sie nicht mehr retten konnten; jedenfalls ihren Körper nicht. Allerdings konnten alle Daten von ihrem Gehirn kopiert werden.

Nachdem Lia aufgewacht ist, spürt sie zunächst gar nichts, es vergehen einige Tage, bis sie sich wenigstens mit Blinzeln verständlich machen kann. Doch als sie dann das erste Mal in den Spiegel blick, ist der Schock noch großer als erwartet. Lia hat gedacht, sie würde ein verkrüppeltes Wesen sehen, doch sie ist wunderschön. Nur ist es nicht das Gesicht, das sie kennt, es sind nicht die gleichen Augen, nicht der gleiche Mund. Man hat ihre Erinnerungen in ein Mecha geladen. Lia ist jetzt ein MechHead, ein Skinner, kein Mensch mehr. Sie besteht aus Kabeln und Kunststoff.

Ihre Umwelt reagiert nun völlig anders auf sie, als sie es bisher gewohnt war. Es sind Ablehnung und Misstrauen, mit denen sie umzugehen lernen muss. Und auch sie selbst hat sich verändert. Gefühle sind nicht mehr das gleiche. Lia glaubt nur noch die Befehle entgegenzunehmen, die ihr mechanischer Körper ihr gibt: kalt, heiß, schwer, nass. Schmerz, Trauer oder gar Liebe scheint sie gar nicht mehr empfinden zu können. Wie soll sie so bloß leben? Aber lebt sie überhaupt wirklich oder ist auch das nur eine Illusion?

Rezension:

Die Autorin Robin Wassermann nimmt den Leser mit in eine Zukunftswelt, in der alles viel technisierter ist, als wir es kennen. Die Menschen leben noch intensiver im Netz und haben sich dort eine zweite Identität aufgebaut. Jeder sieht gut aus, dank der Kontrolle von Genen und Schönheitsoperationen. Und es ist sogar möglich, menschliches Denken in Maschinen zu transferieren.

Die Herangehensweise an die Geschichte ist eher ungewöhnlich. Die Protagonistin Lia berichtet aus der Ich-Perspektive, wie sie die Dinge erlebt und empfindet. Dabei ist es besonders interessant, dass sie keine Sympatieträgerin ist. Ganz im Gegenteil merken wir schnell, dass sie früher durchaus als "Tusse" gegolten hat und eher oberflächlich gestrickt ist. Doch nun wird sie durch diesen extremen Eingriff, der ihr alles raubt, was für sie bisher wichtig war, dazu gezwungen, sich zu verändern und über sich selbst nachzudenken.

Tatsächlich passieren in dem Roman relativ wenig spektakuläre Dinge, es ist eher eine philosophische Geschichte die erzählt wird. Es geht um die Frage wer wir sind und was uns ausmacht. Was macht einen Menschen zu einem Menschen? Wie definieren wir uns? Durch ihre Verwandlung muss Lia sich völlig unfreiwillig mit all diesen Dingen beschäftigen, da sie als Mecha in der Gesellschaft nicht mehr angesehen wird und selbst ihre Familie sie nicht mehr so behandelt wie früher. Man erhält einen sehr intensiven Einblick in ihr Gefühlsleben und kann ihre Weiterentwicklung vom ersten Moment des Aufwachens nach ihrem "Download" mitverfolgen.

"Skinned", was auf deutsch so viel heißt wie "enthäutet", spielt einerseits auf Lias neues Äußeres an, lässt sich aber auch auf ihr Denken und ihre Seele beziehen. Alles, was bisher ihr Leben war, wird ihr entzogen, wirklich alles. Sie ist nun quasi emotional entblößt. Die Autorin lässt uns mitverfolgen, wie jemand wie Lia damit umgeht.

Fazit:

"Skinned" ist einerseits ein Science-Fiction-Roman, aber auch eine äußerst moderne Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und dem Leben an sich. Der Leser begibt sich hier auf eine Romanreise mit philosophischen Ansätzen, die, wenn man sich auf eine Geschichte dieser Art einlässt, sehr reizvoll ist und zum Nachdenken anregt..