Interview
 
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Interview mit Daniel Gramsch vom Comicwerk

Redakteurin: Martina Klein

 

Fantasyguide: Hallo Daniel. Du bist einer der Mitbegründer des im Jahr 2001 gegründeten Comicwerks. Was macht das Comicwerk? Oder besser gesagt: Was habt Ihr Euch als Ziel gesetzt?

 

Daniel Gramsch: Hi! Tja, was macht das Comicwerk? In erster Linie bieten wir eine Plattform, auf der sich Comiczeichner und -autoren vorstellen können. Wenn jemand ne Geschichte fertig hat, sie aber noch nirgendwo unterbringen konnte, können wir diese in unserem Online-Comic-Magazin LOA präsentieren. Das ist für alle Beteiligten übrigens kostenlos: wir zahlen niemandem Geld für die Comics, wir bekommen dafür kein Geld und auch der Leser der Onlinecomics zahlt nichts. Damit haben wir in den letzten fünf Jahren eine ganz schöne Bandbreite unterschiedlichster Künstler und Künstlerinnen vorstellen können. Das Ziel dabei ist, dass die Zeichner und Autoren austesten können, ob es für ihre Stories eine Leserschaft gibt und vielleicht interessiert sich ja der ein oder andere Verlag dafür.

Auf der anderen Seite haben Guido Neukamm, Marika Herzog und ich unsere Heftserien, die wir selber drucken lassen, nämlich Biien der Schatten, Weird World, Slackers unlimited und Alina Fox. Dabei benutzen wir das Comicwerk-Logo, um eine Verbindung zur Webseite und einen Zusammenhang zwischen uns herzustellen.

 

Fantasyguide: Stell uns doch auch mal deine Mitstreiter kurz vor. Wie habt Ihr Euch „gefunden“?

 

Daniel Gramsch: Die ursprünglichen fünf Comicwerkgründer haben sich bei einem Comicstammtisch getroffen und da wir alle ähnliche Ziele hatten, aber für unsere eigenen Stories keinen Verlag, lag die Nutzung des Internets als Plattform nahe. Torsten, Jörg und Uwe sind aus zeitlichen Gründen nicht mehr dabei, aber neben dem ständig wechselnden und stetig wachsenden Rooster im Internet sind wir vor allem vier „regelmäßige Mitarbeiter“: Neben mir ist da an aller erster Stelle Guido Neukamm, mein Kollege von MAD und Gespenstergeschichten. Ihn habe ich auf einer Party getroffen, wir kamen ins Gespräch und arbeiten seitdem an vielen Projekten gemeinsam. Nebenher schreibt er übrigens auch für Tokyopop. Als nächstes wäre dann Marika Herzog, eine begnadete Manga-Zeichnerin, die ihre Geschichte auch in kleiner Auflage mit dem Comicwerk-Logo rausbringt und uns bei den verschiedenen Messen unterstütz. Und dann haben wir noch Stephan Hölting, der ein Comicautor ist, der neben vielen Skripten auch etliche Ideen für das Comicwerk in petto hat. Er hat mich, als ich noch recht neu im Internet vertreten war, auf der Suche nach einem Zeichner für eine Story von ihm kontaktiert, was zwar nie zustande kam, aber seither bringt er sich sehr beim Comicwerk mit ein.

 

Fantasyguide: Worum geht es in Euren Comics? Schildere das doch am besten mal selbst!

 

Daniel Gramsch: Das ist völlig unterschiedlich. Im Internet ist jede erdenkliche Geschichte möglich – von Superhelden über Ironisches bis zu Philosophischem. Da kann jeder bringen, was er oder sie so hat.

Unsere Hefte sind da schon etwas genauer zu beschreiben. In Guidos Biien der Schatten geht es um einen Dieb in einer Fantasywelt, in der sich allerlei übles Gelichter tummelt. Merkwürdige Wesen aus verschiedenen Zeitebenen und magische Artefakte bringen Biien immer wieder dazu, sich in Abenteuer stürzen zu müssen. In der neuesten Ausgabe beispielsweise ist Biien in einer Robin-Hood-ähnlicher Situation, allerdings eher widerwillig...

Meine Serie Alina Fox hat ebenfalls eine Meisterdiebin als Heldin, nur dass es sich um unsere Welt handelt. In der gerade abgeschlossenen Miniserie „Tödlicher Kristall“ geht es um eine Gruppe von Mystikern, die ein uraltes Ritual durchführen wollen, damit ihnen die Weltformel offenbart wird und Alina muss das verhindern. Dazu kommt noch, dass sie mit allen Mitgliedern dieser Gruppe auf die eine oder andere Art schon mal zu tun hatte.

 

Fantasyguide: Wieso handeln eigentlich fast alle Eure Comics von „Meisterdieben“? Habt Ihr so eine unterdrückte kriminelle Ader?

 

Daniel Gramsch: Nicht doch! Oder vielleicht... Nein, ganz sicher nicht. Bei mir ist es eher eine Vorliebe für die Underdogs, Charaktere, die nicht leicht auf gut oder böse, schwarz oder weiß festzulegen sind. Als ich mir Alina ausgedacht habe, wollte ich nicht schon wieder eine Agentin, Detektiven oder sonst wie erst mal klar als positiv definierte Figur erfinden. Ich denke, Guido geht es da sehr ähnlich. Die Helden, mit denen ich mich selbst früher gerne beschäftigt habe, - ob nun im Comic, im Film oder in Buchform - waren auch mehr die gebrochenen Charaktere: Elric von Michael Moorcock, Thomas Covenant von Stephen Donaldson, der Bladerunner... diese Kategorie halt. Außerdem muss ein Dieb natürlich sehr geschickt sein, wenn er oder sie erfolgreich im Job sein will – damit ergeben sich schon mal viele hübsche Situationen, die man dann in Stories einbauen kann.

Dass wir nun beide Diebe in unseren Serien haben war aber nicht geplant, das ist eher Glückes Geschick!

 

Fantasyguide: Apropos kriminelle Ader und das damit zusammenhängende, leidige Thema „Geld“: Dass man vom Comiczeichnen in Deutschland nur schwerlich leben kann, schreibt Ihr in Euren Heften. Wovon lebt Ihr dann? Was macht Ihr sozusagen „hauptberuflich“?

 

Daniel Gramsch: Wir versuchen das schon hauptberuflich zu machen, dazu kommen natürlich noch die einen oder anderen „odd jobs“, wenn wir jemandem ne Postkarte gestalten, ein Buch oder einen Kalender. Guido gibt nebenher noch Zeichenunterricht und ich studiere ja auch noch.

 

Fantasyguide: Was ist das Besondere an Euren Comics? Womit wollt Ihr die Comicleser dazu bringen, ausgerechnet Eure Comics aus dem riesigen Angebot an Heften auszuwählen?

 

Daniel Gramsch: Weil sie gut sind? Nein, Spaß beiseite, das ist natürlich etwas, was niemand wirklich kontrollieren kann, weder die großen Verlage noch die Independents. Die Großen haben nur den Vorteil, dass man sie in Buchläden und am Kiosk bekommt, während wir Kleinen auf die Messen zählen müssen und es auch wenige Comicshops gibt, die die Kleinen so unterstützen, wie es vielleicht angebracht wäre. Im Prinzip ist der erste Griff des Lesers nach den Sachen, die er schon kennt und wenn das nicht der Fall ist, geht er nach dem Zeichenstil beziehungsweise danach, ob ihn das Cover anspricht. Wir wollen und müssen uns da nicht unnötig verbiegen. Wir zeichnen das was wir wollen und so wie wir es wollen, wenn jemand das mag, dann freut uns das. Wenn wir auf einer Messe sind, dann versuchen wir den Leuten zu erklären, was wir machen und ein bisschen das Interesse zu wecken. Allerdings ist ja schon mal etwas Grundinteresse vorhanden, denn ansonsten wären sie ja nicht an unserem Stand stehen geblieben. Ich denke, dass sowohl Guidos, Marikas als auch mein Stil durchaus die Leser anspricht und dadurch, dass sie immer wieder kommen, scheinen sie auch unsere Geschichten zu mögen. Dazu kommt natürlich auch, dass es momentan in der deutschen Independent-Szene recht wenige gibt, die Hefte in Farbe machen, die man dann auch noch für nur 3 Euro bekommt.

 

Fantasyguide: Wie sieht die Arbeit an Euren Comics im Einzelnen aus. Wenn man in den Impressums Eurer Hefte schmökert, bekommt man den Eindruck, dass Ihr Euch - über die logistische Zusammenarbeit beim Comicwerk hinaus - auch tatkräftig gegenseitig unterstützt und Euch z.B. gegenseitig beim Colorieren helft.

 

Daniel Gramsch: Yep, so sieht’s aus. Nochmal Internet und Hefte getrennt, denn das sind schon zwei Paar Schuhe: im Internet läuft das normalerweise so, dass ich Comics und Bilder per Mail zugeschickt bekomme, Guido und ich dann gemeinsam drüberschauen und entscheiden, ob das so mit ins LOA kommt, oder ob noch was geändert werden sollte, anatomische Dinge beispielsweise oder Schreibfehler. Ich sammele das und wenn ich a) genug zusammen habe und b) genug Zeit habe, dann stelle ich das ins Netz. Stephan kümmert sich meistens darum, dass die Welt da draußen erfährt, dass es bei uns was Neues gibt, da ist er sehr umtriebig.

Bei den Heften ist es etwas anders, da wir da eigentlich separat dran arbeiten. Jeder denkt sich seine Geschichte aus, zeichnet die und wenn’s irgendwo mal klemmt hilft jemand aus, wie bei der Kolorierung, die Du erwähntest. Ansonsten arbeiten Guido und ich ja permanent zusammen, so dass wir uns auch am laufenden Band über unsere Stories austauschen, fertige Seiten gegenseitig zeigen oder mal nen Tipp geben, wenn der andere nicht weiß, wo’s mit der Geschichte hingehen soll oder eine Zeichnung nicht hinhaut.

Ist dann alles soweit fertig versuchen wir, unser Layout einigermaßen aufeinander abzustimmen, welche Schriften wir benutzen und welche Farben, damit beide Endprodukte wie aus einem Guss wirken.

 

Fantasyguide: Was plant das Comicwerk als nächstes? Woran arbeitet Ihr gerade?

 

Daniel Gramsch: Da ja jetzt gerade unsere 5-Jahre-Comicwerk-Jubiläumsausgabe rausgekommen ist, wird als Nächstes dann wieder eine reguläre LOA-Nummer kommen, vermutlich Ende Oktober und dann noch eine aber zu Weihnachten auf jeden Fall. Ansonsten haben Guido und ich vor, alle bisher noch nicht veröffentlichten, aber bereits seit einiger Zeit fertigen Biien und Alina Geschichten in zwei „Trade Paperbacks“ zu bringen, die dann jeweils rund hundert Seiten haben werden. Wann die Bücher fertig sind, kann ich aber noch nicht mit Bestimmtheit sagen...

 

Fantasyguide: Auf welchen Comic-Messen können wir Euch und Eure Comics denn demnächst hautnah bewundern?

 

Daniel Gramsch: In de nächsten Zeit steht die Comicbörse im Böcklerpark in Berlin an und vielleicht die Animaco, ebenfalls in Berlin. Sicher ist aber auf jeden Fall die Leipziger Buchmesse 2007.

 

Fantasyguide: Auf Eurer Internetseite kann man nachlesen, dass bei Euch eine lange Liste an Zeichnern mitarbeitet – sei es als regelmäßiger Mitarbeiter oder als Gast-Zeichner. Da stellt sich einem die Frage: Was kann man als Künstler tun, um auch bei Euch mitmachen zu können?

 

Daniel Gramsch: Als Zeichner einfach ein Bild, lieber noch eine fertige Story, an redaktion(at)comicwerk.de schicken. Wir schauen dann drüber und wenn wir das Material mögen steht eigentlich nichts mehr dem Erscheinen im LOA im Wege. Autoren haben’s da etwas schwerer, weil wir keine Zeichner vermitteln können. Diejenigen müssten dann selbst einen Zeichner oder eine Zeichnerin kontaktieren und sehen, ob man zusammen arbeiten möchte. Und wenn dann was fertig ist eben wieder schicken.

Wir beschäftigen uns auf jeden Fall sehr eingehend mit dem uns zugesandten Material, antworten jedem und geben Tipps, wenn’s gewünscht wird.

 

Fantasyguide: Wir bedanken uns für das interessante Interview und den netten Kontakt und wünschen Euch für die Zukunft viel Erfolg und uns noch viele tolle Comics!

 

Daniel Gramsch: Vielen Dank, ebenso!

 

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Erstellt: 09.10.2006, zuletzt aktualisiert: 24.02.2015 01:13, 2878