Spezial: »Sinclair mein Name. John Sinclair.«
 
Zurück zur Startseite


  Platzhalter

»Sinclair mein Name. John Sinclair.«

Rückblick, Überblick und Würdigung der Top 150 Folgen der Geisterjäger John Sinclair Edition 2000

 

Redakteur: Oliver Kotowski

 

Vorsicht! Spoiler: Ich gebe einen Überblick über zentrale Entwicklungen der Serie, dabei spoilere ich den Serientod der einen oder anderen Figur, auch wenn ich so vage wie möglich bleibe.

 

Erinnert Ihr Euch noch?

Donnerstag, 23.45, Soho, London.

»Das glaubt mir kein Mensch!«

Frauenlachen

»Kein Mensch ist gut!«

Männerstöhnen

»Was habt ihr denn außer dem Champagner noch so im Angebot?«

»Aber, Teddy! Unsere Mitternachtsverlosung. Wir verlosen unter den Gästen eine Nacht mit mir, du kleiner, beschwipster Rollmops.«

Ted Willard schlug das Herz bis zum Hals. »Shocking Palast« – der Besitzer hatte sich einiges einfallen lassen: Plastikskelette begrüßten die Gäste, man saß auf Särgen, die Cocktail-Karte reichte vom Alienslime bis hin zum Zombanol, und die drei umwerfend aussehenden Mädchen trugen Vampirgebisse. Und eine der drei Schönheiten sollte in knapp zehn Minuten unter den Gästen verlost werden. Der kleine korpulente Mann war der einzige Gast! Ted Willards Libido kochte wie zuletzt vor fünfzehn Jahren.

»Ruhig, Junge! Ganz ruhig. Das ist deine Nacht Mann, deine Nacht!«

[Auszug aus den ersten vier Minuten des Hörspiels Im Nachtclub der Vampire]

 

Wird es die Nacht seines Lebens? Nun ja – er wird zumindest keine bessere mehr erleben!

 

Am 30. Oktober 2000 erschien die erste Folge der Geisterjäger John Sinclair Edition 2000-Reihe von Lübbe Audio. Im Nachhinein ist man geneigt, so etwas zu sagen wie: »Die Serie brach über uns hinein wie ein Orkan!« Oder so. Aber so war es nicht.


Zwar legte gleich die erste Folge die Latte hoch: Es krachte, es rumste, Leute starben mit grausigen Geräuschen und die Musik war hart und düster. Dazu kam, dass wann immer Frank Glaubrecht John »Sinclair mein Name. John Sinclair«, sagen ließ, ein leises »Bond. James Bond«, mitklang. Die zentralen Rollen wurden im Stimmen belegt, die viele Hörer aus dem Kino kannten – so wurde der Slogan »Kino für die Ohren« geboren.


Die erste Folge klang toll und die Geschichte bot harten, brutalen Horror im schäbigen Ambiente, was immer wieder mit humorigen oder trashigen – mithin klar überzogenen – Momenten aufgelockert wurde. Die Formel des guten B-Movies wurde vom Regisseur Oliver Döring auf die Serie übertragen – und wie wir alle wissen: Sie wurde gut aufgenommen. Und John Sinclair, Oberinspektor bei Scotland Yard, ist die Verkörperung dieser Ideale: Er kämpft mit harten Bandagen gegen die Hölle und ihre Schergen, hat dabei aber immer einen coolen Spruch auf den Lippen. Er ist der Sohn des Lichts, doch am Feierabend gibt’s ein Bier zum Fußball. Er ist Mensch geblieben, er ist Mann geblieben: Bei schönen Frauen gerät er in Versuchung – und widerstehen kann er nicht immer.

Doch der Knall, mit dem die Schallmauer durchbrochen wurde, kam erst zwei Jahre später: 2002 erschien die erste Sonderedition Der Anfang. Für die SE01 wurde einiges an Werbung gemacht, und nachdem sie für acht Wochen in den Musikalbum-Charts war, groß gefeiert. Zu recht: Diese Folge war über uns wie ein Orkan hinein gebrochen. Sie war es auch, die mich ins Lager der Sinclair-Hörer spülte.

Gemeinsam durch die Hölle: das Sinclair-Team

In den ersten Folgen wurde vor allem das Sinclair-Team etabliert: Neben John trat sein Chef Superintendent Sir James Powell schon in der ersten Folge auf. In der dritten folgte Johns Partner Suko, ein super fitter Karatekämpfer, und das Ehepaar Conolly. Der Reporter Bill Conolly ist Johns ältester Freund, seit er mit der schwerreichen Sheila verheiratet ist, verschiebt sich die Unterstützung Johns allerdings auf Recherchen, insbesondere, nachdem die beiden ihren Sohn Johnny bekommen.

Was ist das Sinclair-Team eigentlich? Da gibt es viele Deutungen. Ich will darunter Johns Unterstützer verstehen, die in mehr als drei Folgen vorkommen. Diese Unterstützung muss freiwillig und aktiv gegen die Mächte der Finsternis geleistet werden. Damit fällt Sheila eigentlich heraus, denn sie hilft nur, wenn das Böse sie in den Konflikt hineinzieht.

Weiter geht es mit der toughen Detektivin Jane Collins. Sie ist meines Erachtens die interessanteste Figur aus dem Sinclair-Team. Von Anfang an ermittelt sie gegen das Böse, auch im Laufe der Serie behält sie eine gewisse Unabhängigkeit, selbst wenn sie Johns Freundin ist. Von allen Figuren muss sie auch am meisten Leiden: Ein Diener des Schwarzen Tods tötet sie, doch sie kann ins Leben zurückgeholt werden, sie hat eine schwierige Phase mit John, der sie betrügt, während sie von ihm schwanger ist, sie wird von der Oberhexe Wikka markiert und vom Geist Jack the Rippers besessen, wodurch sie ihre Seele verliert, dann verliert sie auch das Kind und wird selbst zur Hexe. Doch trotz ihres Kampfes gegen ihre alten Freunde, bleibt ein Rest Liebe in ihr. Nur deswegen gelingt es John, ihre Seele zurückzuholen und sie wieder ins Licht zu führen. Da hatte ein Diener ihres früheren Herren Asmodis ihr schon das Herz aus der Brust geschnitten – nur mit Hilfe der Magie des Würfels des Unheils kann sie überleben. Was uns zur aktuellen Folge führt: In Eisherz soll Jane ein neues Herz bekommen – ob das gut geht?
Glenda Perkins, die Sekretärin der Yard-Abteilung, ist nicht nur ein heißer Feger und Janes ewige Rivalin um Johns Gunst, sie besorgt stets die lästige Logistik und macht einfach den besten Kaffee. Da das für eine moderne Frauenfigur etwas wenig ist, hat sie mittlerweile neben hoch relevanten Hintergrundinformationen zum Fall auch kiebige Sprüche für John auf Lager. Ganz selten wird sie sogar vor Ort aktiv.
In Folge 11: Kino des Schreckens kommt Shao, Sukos Freundin hinzu. Sie wird gleich in der ersten Folge in den Kampf zwischen Gut und Böse involviert: Ein dämonischer Riese zieht sie durch eine Kinoleinwand in eine finstere Dimension, wo sie in eine Zwergin verwandelt wird. Doch John und Suko gelingt es später, die Verwandlung rückgängig zu machen. Shao bleibt auch weiterhin aktiver als Sheila oder Glenda. Als ihre besondere Verbindung zu Amaterasu entdeckt wird, wird sie vollends zum Streiter gegen das Böse.
Deutlich später kommt Lady Sarah Goldwyn zum Team. Die alte Dame ist einerseits gut in der britischen Gesellschaft vernetzt und hat andererseits ein gesteigertes Interesse am Okkulten. Durch ihre Neugier und Tatkraft verwickelt sie sich gelegentlich selbst in Johns Fälle. Nach Janes Rückkehr bauen die beiden eine besondere Beziehung auf.
Die Schauspielerin Nadine Berger, eine weitere Rivalin um Johns Gunst, will ich nicht zum Team zählen, da sie keine aktive Unterstützerin ist. Nach einem schweren Schicksalsschlag macht sie eine radikale Verwandlung durch. Danach ist ihre Unterstützung zwar wertvoller, aber immer noch passiv – nur wenn sie angegriffen wird, kämpft sie. Damit ist das engere Sinclair-Team beschrieben. Aber es gibt noch einige Figuren aus dem weiteren Umfeld.

Atlantis, Indien, Deutschland – Freunde von den ungewöhnlichsten Orten

Besonders wichtig sind die Atlanter. Auf den Magier Myxin trifft das Sinclair-Team als erstes. Myxin war im alten Atlantis ein Widersacher der Hölle, insbesondere des Schwarzen Tods. Erst als es nicht anders ging, schloss sich der Schwarzmagier den dämonischen Feinden der Hölle, den Großen Alten an. Äonen nach dem Untergang von Atlantis, erweckt ihn das Sinclair-Team aus einem magischen Schlaf. Widerwillig verbündet man sich gegen den Schwarzen Tod. Nach und nach treibt es Myxin aber in Lager des Guten, auch wenn seine wahre Loyalität lange zweifelhaft bleibt. Myxin ist es auch, der Kara, eine Kriegerin aus Atlantis, ins Leben zurückruft. Ihre kämpferischen und magischen Fähigkeiten werden das Sinclair-Team, insbesondere John selbst, aus den ärgsten Klemmen helfen. Der letzte Streiter aus Atlantis ist der Eiserne Engel, der von den Stummen Göttern für den Kampf gegen die Großen Alten geschaffen wurde. Obwohl er ohne Vorbehalte mit dem Sinclair-Team zusammenarbeitet, bleibt er eigenbrödlerisch.

Dann gibt es noch eine Reihe von Verbündeten aus anderen Ländern. Als erstes taucht der deutsche Kommissar Will Mallmann auf. Auch wenn ihm Johns besondere Begabung und die Waffen fehlen, versucht er möglichst eigenständig gegen das Böse zu werden.
Die französische Hellseherin Madame Tanith trat im Kampf gegen Asmodina auf; sie konnte John wertvolle Informationen geben und wurde auch immer wieder direkt in die Auseinandersetzungen verwickelt. Darüber hinaus besaß sie eine magische Kugel die auf mysteriöse Weise mit Johns Kelch des Feuers verknüpft ist.
Der Inder Mandra Korab ist tatsächlich ein eigenständiger Dämonenjäger, der gelegentlich mit John zusammenarbeitet, insbesondere, wenn es gegen die Dämonengöttin Kali und ihre Tongs geht.
Der Rumäne Marek Frantisek ist dagegen besonders hilfreich, wenn es gegen Vampire zu kämpfen gilt. Mit nur vier Auftritte schafft er es gerade eben ins Team.
Als letztes kam der US-amerikaner Yakup Yalcinkaya hinzu. Yakup war das Enkelkind von türkischen Drogendealern, die in Japan gestrandet waren. Seine Eltern waren ein japanisch-türkisches Paar, das in Yakuza-Machenschaften und den Kampf gegen den Dämon Shimada verwickelt war. Seine schwangere Mutter flüchtete sich in die USA wurde aber auf dem Weg getötet, sodass Yakup als Waise in einem Ninja-Tempel in San Francisco aufwuchs. Sein Leben war voller Tragik und sein Beitrag entsprechend kurz.
Zuletzt will ich noch den Goldenen Samurai nennen, einen Diener Amaterasus, und Dr. Ganasaro, einen Gelehrten. Bei beiden zögere ich ob der Zuordnung: Der Goldene hatte nur sehr widerwillig mit John zusammengearbeitet und Dr. Ganasaro liefert bloß passiv Informationen.

Das Sinclair-Team ist natürlich nicht stabil. Nach und nach kommen neue Figuren hinzu – der russische Geheimdienstler Oberst Wladimir Golenko ist schon auf dem Sprung ins Team – andere scheiden aus. Da es immer noch eine Horror-Serie ist, sterben sie in der Regel. Mittlerweile sind fünf Figuren aus dem Sinclair-Team gestorben, und nicht alle sind zurückgekehrt. Vier davon sind Frauen. Überhaupt leben Frauen bei Sinclair deutlich gefährlicher als Männer: Sechs Freundinnen (die nicht unbedingt Teil des Teams waren) sind gestorben, aber nur ein Freund – Karas Geliebter Haro hatte nur einen Auftritt.

Die vielen Masken des John Sinclair: Vorbilder und Vorlagen

Dass Frank Glaubrecht, der erste John Sinclair-Sprecher der Edition 2000, auch den von Pierce Brosnan verkörperten James Bond synchronisierte, ist vermutlich kein Zufall. Ganz am Anfang stand ein Trio: Inspektor John Sinclair, sein Chef James Powell und die Sekretärin Glenda Perkins. Dieses Dreiergespann erinnert immer wieder an James Bond, dessen Chef M und die Sekretärin Miss Moneypenny. Wiederholt flirten John/James im Vorzimmer mit der sexy Sekretärin, die ein wenig zurückschmachtet, bis der Chef sie ins Büro ruft, wo John/James die Grundlagen des Falles geschildert bekommt. Dann zieht der Held los, um die Welt zu retten.
Davon bleiben in der Edition 2000 nur noch Spuren. Überhaupt unterscheidet sich der Heftroman-John vom Edition 2000-John über die Frage, ob ein Handy zur Hand ist, hinaus erheblich: Der alte John hat geraucht, gesoffen und jede Menge One-Night-Stands gehabt. Gelegentlich erinnert sich der neue John etwas wehmütig daran, doch es ist nicht mehr Teil seiner neuen Persönlichkeit.

Wenn man über die Figur »John Sinclair« sprechen will, dann wird es kompliziert. Ein bisschen will ich hier die verschiedenen Ebenen klären.
Vor der Heftromanserie Geisterjäger John Sinclair (GSJ) hat John Sinclair seinen ersten Auftritt in der Heftromanserie Gespenster-Krimi (GK). Helmut Rellergerd hatte John, Sir James und Glenda als Jason Dark ersonnen. 1973 erschien Die Nacht des Hexers mit Johns Debüt. Es dauerte fünfzig Heftroman und knapp fünf Jahre, bis John Sinclair genügen Fans hatte, um eine eigene Serie zu bekommen – eben Geisterjäger John Sinclair. In den fünfzig GK-Folgen lernte John schon einen Großteil des Sinclair-Team kennen. Wenn also Will Mallmann zum ersten Mal in einem GSJ-Roman auftaucht, dann hat John ihn schon in der Vergangenheit kennengelernt. Entsprechend stammen viele Vorbilder für die Figuren von bekannten Serien der 1970er. Das Verhältnis von John und Bill erinnert etwa an das des schottischen Lord Brett Sinclair zum superreichen, etwas prolligen Danny Wilde aus Die 2. Lord Brett Sinclair wurde von Roger Moore gespielt, der in den 1970ern auch James Bond spielte. Der John Sinclair auf den Titelbildern von Vicente B. Ballestar erinnert ebenfalls an Roger Moore. Suko dagegen erinnert an die Figur Kato, dem Diener des Superhelden The Green Hornet, der ein exzellenter Nahkämpfer ist – gespielt wurde er von Bruce Lee. Außerdem führt Kato das anständigere Leben als sein Boss Britt Reid, der in der Öffentlichkeit das Leben eines Playboys führt.

Heute (da ich diesen Text schreibe) haben wir den 18.01.2022 – vor vierunvierzig Jahren und einen Tag erschien Im Nachtclub der Vampire. Natürlich haben sich Stil und die Figur John Sinclair im Laufe der Jahre verändert. Zudem wurden zwar schon immer vereinzelte Romane von anderen Autoren als Helmut Rellergerd zur Serie beigesteuert, doch seit 2014 werden vermehrt Romane von Autoren wie Michael Breuer, Alfred Bekker, Rafael Marques, Ian Rolf Hill und weiteren verfasst. Mittlerweile sind es deutlich mehr als die Hälfte der neue erscheinenden Romane.

Das bibliothekarische Regelwerk Resource Description and Access (RDA) verwendet vier Ebenen, um die Beziehungen von Textobjekten zueinander zu charakterisieren. Die obersten drei sind hilfreich, um die Beziehungen zwischen den verschiedenen John Sinclair-Reihen zu verstehen. Ganz grundlegend ist das Werk. Die ist die Idee des Scotland Yard-Inspektors John Sinclair, der als Geisterjäger übernatürliche Fälle bearbeitet. Alle Umsetzungen mit eben diesen John Sinclair, seien es Heftromane, Höspiele, Filme oder Rollenspiele gehören zum Werk John Sinclair, welches von Helmut Rellergerd ersonnen wurde. Dann kommt die Expression. Ein Autor, etwa Helmut Rellergerd selbst, Ian Rolf Hill oder ein anderer, entwirft ein Expose, das er der Redakteurin Britta Künkel mündlich oder schriftlich vorstellt. Es folgt die Manifestation, das ist der eigentliche Text eines Heftromans. Zuletzt hält der Leser ein Exemplar der Manifestation in den Händen.
Nehmen wir die Geschichte Der Würfel des Unheils als Beispiel. Der Roman erschien 1980; die Hörspielfassung von Tonstudio Braun 1984, die der Edition 2000 erschien 2004. Das von Rellergerd erdachte Werk ist die knappe Überlegung, dass Johns Erzfeind Dr. Tod einen dämonischen Samurai zu seinen Verbündeten machen will; John und seine Freunde kommen ihm in die Quere. Der Roman und die beiden Hörspiele sind nur jeweils eine eigene Manifestation, doch die beiden Hörspiele sind dieselbe Exression: Während der Romanautor sich Gedanken um Seitenzahlen macht, machen sich die Skriptautoren Gedanken um Score, Geräuschkulisse und Sprecher.

Wenn man sich also über Ungereimtheit in der Edition 2000 wundert, kann das viele Gründe haben. Es kann in der schlichten Differenz zwischen Heftroman und Hörspiel liegen: Immer hin unterscheiden sie sich schon auf Expressionsebene. Es kann an den unterschiedlichen Entstehungszeiten liegen: Der Heftroman Im Nachtclub der Vampire erschien 1978, das Hörspiel der Edition 2000 im Jahr 2000; Rauchen, saufen und One-Night-Stands sind vielleicht nicht mehr en vogue, aber auch Anspielungen auf alte Fernsehserien könnten nicht mehr verstanden werden. Dennis Ehrhardt, Oliver Dörings Nachfolger im Regisseursstuhl der Edition 2000, lässt die Hörspiele mittlerweile weit von den Heftroman-Vorlagen abweichen. Aber bei der Adaption ist eben die Abweichung das Produzierte und nicht die Nähe. Es kann daran liegen, dass GJS schon eine Vorgeschichte hat: den Gespenster-Krimi. Vielleicht erklärt sich das aktuelle, nicht sorgfältig hergeleitete Verhalten aus einem älteren Heftroman.

Viel Feind’, viel Ehr’: Monstren, Mumien, Mutationen

In den Jahren stand John unzähligen Feinden gegenüber, dämonischen, aber auch menschlichen. Bei Menschen sind die Motivationen oft nachvollziehbar: Immer wieder muss John gegen Gangster aus den Kreisen der Londoner Unterwelt, der Mafia, Yakuza usw. kämpfen. Entweder haben ihre Herren ein Pakt mit der Hölle geschlossen oder die Hölle heuert ein paar Killer an. Der Mafiosi Logan Costello arbeitete mit der Mordliga zusammen, nur dank ihrer Hilfe konnte er zur Nummer Eins in London werden (vgl. JS068 – Die Leichenkutsche von London). Doch je länger er mit ihr kooperierte, desto unheimlicher wurden ihm ihre Ziele und Methoden. Er wäre gerne wieder ausgestiegen, wer aber einmal einen Pakt geschlossen hat, kommt sobald nicht mehr heraus. Auch nachdem die Mordliga zerschlagen ist, tauchen ihre Erben immer wieder bei Costello auf, um ihn zur Zusammenarbeit zu zwingen. Zwang, Manipulation, das Versprechen von persönlichen Vorteilen sind Mittel, mit denen Dämonen immer wieder Menschen zur Kooperation bringen. Oft genug machen sich Menschen auch die monströsen Ziele der Hölle zu eigen – Lady X will einfach nur Tod und Verderben über England bringen. Was sie wohl so verbittert hat?

Die Motive der Dämonen sind oftmals schwerer zu durchschauen, Angst und Lust scheinen sich aber hindurchzuziehen. Sie haben anscheinend alle eine sadistische Lust an Leid und Tod. Menschen zu quälen – auch andere Dämonen – scheint ihnen stets eine pure Freude zu sein. An dieser Stelle eine vage Erinnerung: Ich meine gelesen oder gehört zu haben, dass Dämonen aus dem Leid der Menschen ihre Stärke ziehen. Das Leid des Menschen ist quasi die Nahrung des Dämons. So oder so: Das Leid anderer zu erleben ist ein Grundbedürfnis für Dämonen. Andererseits leben sie in ständiger Angst, von anderen, mächtigeren Dämonen missbraucht zu werden, gar selbst durch eigenes Leid aufgezehrt zu werden. So streben sie ständig nach Macht, um für sich eine höhere und damit sicherere Position zu erreichen.

Was ein Dämon ist, wird übrigen nie ganz klar. Manche Dämonen werden geschaffen, wie etwa der Schwarze Tod von den Großen Alten aus dem Höllensumpf auf dem Planet der Magier erschaffen wurde (vgl. JS121 – Die Geburt des Schwarzen Todes). Andere sind abgespaltene Teile einer mächtigeren Entität, wie etwa die Todesengel Teil von Asmodina waren (vgl. JS046 – Myxins Entführung). Wieder andere waren einst Menschen und sind verwandelt worden – zumindest einige von Asmodinas Horis waren früher welche (vgl. JS058 – Asmodinas Todeslabyrinth). Aber sind Werwölfe Dämonen? Der Biss eines Werwolfs verwandelt einen Menschen in einen Werwolf, man kann sie aber auch künstlich erzeugen; das Resultat ist freilich weniger stabil (vgl. JS034 – Mr. Mondos Monster). Sind die künstlichen Werwölfe Dämonen? Mr. Mondo schafft auch eine Art Cyborgs – wie steht es mit denen? Gelegentlich muss John gegen Riesentiere kämpfen: Auf einer illegalen Giftmüll-Deponie treiben sie gewaltige Rieseneidechsen und dergleichen herum, dass sind sicher keine Dämonen (vgl. JS032 – Dr. Tods Monsterhöhle), doch wie steht es mit den Riesenmücken im Höllensumpf (vgl. JS121)? Wie steht es mit belebten Skeletten, Mumien, Geistern, Vampiren und Zombies? Eine klare Antwort gibt es nicht.
Als grobes Hilfsmittel kann man vielleicht die Verwundbarkeit nehmen: Wenn es mit normalen Waffen getötet werden kann, ist es kein Dämon, wenn man Silberkugeln oder mächtigere Waffen braucht, dann schon. Ein weiterer Hinweis sind die Überreste des vernichteten Feindes – zerfallen sie zu Staub, waren es wahrscheinlich Dämonen, bleibt eine relativ unveränderte Leiche, waren es keine.

Die Herren der Höllen (oder ähnlich abscheulicher Areale)

All’ die Ghoulhorden, Vampirschwärme, Werwolfrudel und Zombierotten werden natürlich geführt wie Bauern in einem Schachspiel. Hinter ihnen stehen höhere Dämonen und Erzdämonen. Wenden wir uns den Hinterwesen zu! Bislang sind fünf große Mächte des Bösen aufgetaucht. Da ist zunächst die Hölle. Der Herr ist Luzifer, der aus drei Erzdämonen besteht. Von denen ist bisher nur Asmodis in der Edition 2000 aufgetaucht. Er tritt gerne traditionell auf, mit Hörnern, Ziegenbärtchen und eng anliegenden roten Trikot. Trotz seiner Grausamkeit ist er recht jovial. Er schickte zu erst den Schwarzen Tod und dann seine Tochter Asmodina gegen das Sinclair-Team zu Felde. Asmodina konnte als schöne Frau mit flammend roten Haaren und Hörnern auftreten, doch ihre eigentliche Gestalt war die einer Riesenschlange. Weiterhin gehört Lilith zur Hölle. Sie ist die Gespielin Luzifers. Sie tritt in einer Vielzahl von Gestalten auf und täuscht gerne über ihr wahres Wesen hinweg, doch am Ende bleibt stets eine grausame Enthüllung. Ihre wahre Gestalt ist die eines Kraken. Auch die Reiter der Apokalypse, AEBA, sind mächtige Diener der Hölle. Die Horror-Reiter sind die Boten der Dämonen Astaroth, Eurynome, Bael und Amducias. Zuletzt bleibt noch Wikka, die oberste Hexe zu nennen. Sie trat oft als schwarzhaarige Frau von aparter Schönheit auf.

Der Schwarze Tod war ein gewaltiges schwarzes Skelett mit einer riesigen Sense. Er wurde von den Großen Alten erschaffen, doch schnell von der Hölle abgeworben. Die Großen Alten waren uralte Feinde der Hölle; vom Planeten der Magier mit dem Höllensumpf aus herrschten sie über Atlantis, bis es unterging. Es gab sechs Große Alte: Kalifato, der Todesbote, der als riesige Spinne auftrat. Gorgos, der Gläserne, dessen wahre Gestalt eine Wolke aus Glassplittern war. Krol, noch ein riesiger Krake. Hermator, der – nun ja – zwei gewaltige Steinhände war. Dann gab es noch den bösen Zwilling vom Eisernen Engel, dessen wahre Gestalt der des Eisernen Engels zum verwechseln ähnlich war. Der sechste ist der Namenlose, der sich als der mysteriöse Spuk entpuppt, der als bemäntelte Finsternis in Erscheinung tritt. Seine Aufgabe ist es, über die Seelen der vernichteten Dämonen zu wachen. Er gehört zu den ältesten Gegnern des Sinclair-Teams. Ein wichtiger Diener der Großen Alten war Arkonada, ein mächtiger Magier, der in Atlantis Myxin in seine Dienste zwang. Mehrfach wurde versucht, Atlantis oder die Großen Alten zurückzuholen, doch dies gelang erst Lady X.

Lady X halte ich für die interessanteste Schurkenfigur. Einst war sie eine menschliche Terroristin, die schwarzhaarige Pamela Scott, die einen mörderischen Kampf gegen den britischen Staat führte. Da sie über ein paar wichtige Informationen verfügte und als Mensch andere Möglichkeiten als ein Dämon hatte, nahm Dr. Tod sie in die Mordliga auf. Was umsetzbare Pläne angeht, stand sie ihrem Anführer in nichts nach, war ihm vielleicht sogar überlegen. Denn sie agiert immer aus einer Position der Schwäche heraus. Sie war anfangs ein normaler Mensch, später eine normale Vampirin.
Die anderen Mitglieder der Mordliga waren folgende: Dr. Tod war ein alter Feind des Sinclair-Teams, der vor Jahren vernichtet wurde. Doch der Spuk entließ nach einem Deal mit Asmodina seine Seele, die in den Leib des gestorbenem Mafia-Don Solo Morasso fuhr. Als Halbdämon sollte er für die Tochter der Hölle das Sinclair-Team vernichten. Er gründete dafür die Mordliga. Als erstes rekrutierte er den Höllensamurai Tokata; der war weitgehend ohne eigene Kreativität, aber ein gewaltiger Nahkämpfer. Als zweites Lady X. Dann folgten Marvin Mondo, ein Genie, das Wissenschaft und Magie verband, und Lupina, die Königin der Werwölfe. Als fünftes wurde Vampiro-del-mar rekrutiert. Der brutale und abstoßende Kaiser der Vampire hatte einen mächtigen Körper, aber ein eher schlichtes Gemüt. Als sechstes und letztes wurde der mysteriöse Xorron ins Boot geholt. Er war ein milchiges Skelett, das grünliches, durchscheinendes Fleisch umhüllte. Als Herr der Zombies und Ghoule war er durchaus klug, doch geholt wurde er für seinen nahezu unzerstörbaren Körper und seiner unbändigen Kraft.
Anders als Lady X war sich Dr. Tod nie seiner Schwäche bewusst. Auch blieb bei Lady X lange Zeit ein kleiner Rest Menschlichkeit bestehen: Sie zögerte ein mörderisches Giftgas gegen London einzusetzen, und sehr viel später ging sie einen kurzen Pakt mit dem Sinclair-Team ein – wenn Suko von ihrer Reahbilitierbarkeit überzeugt gewesen wäre, hätten sich die Ereignisse womöglich anders entwickelt. Lady X war übrigens die bislang hartnäckigste Gegnerin des Sinclair-Teams: Zweiunddreißig Mal stand sie John & Co. entgegen.

Team Ostasiatische Hölle besteht momentan aus Emma Hoo, dem Teufel, und Susanoo, dem bösen Bruder der Sonnengötting Amaterasu. Die beiden sind noch nicht in Erscheinung getreten, doch ihr gemeinsamer Diener Shimada hielt für eine Weile das Sinclair-Team in Atem. Shimada war ein dämonischer Ninja, ein Meister der Täuschung und ein gefährlicher Nahkämpfer. Er beanspruchte den Titel als Herr über die Ghoule und Zombies, was ihn zum Rivalen von Xorron machte. Sein Höllenschloss war ihm Zuflucht vor seinen Feinden, Kerker für seine Opfer und Dimensionen durchspringendes Reisemittel. Er ist übrigens der tödlichste Gegner: Er selbst oder seine Diener töten eine Freundin des Sinclair-Teams und zwei Mitglieder. Damit landet er kurz vor dem Schwarzen Tod, der eine Freundin und ein Mitglied tötete. In puncto persönlicher Kills sind sie indes gleichauf, der Schwarze Tod tötet aber nur die Freundin, während Shimada ein Mitglied tötet.

Auch die indische Todesgöttin Kali ist selbst noch nicht in Aufgetreten; ihren Willen setzen Tongs und andere Handlanger um. Kaum öfter hatte das Sinclair-Team bislang mit Pandora zu tun: Sie hatte Xorron einst erschaffen, zieht sich aber zurück, nachdem sie ihn als Werkzeug nicht nutzen kann.

Wenn sich all’ diese Feinde zusammenschlössen, würden sie das Sinclair-Team hinweg fegen. Glücklicherweise tun sie das nie. Oft scheint es, als ob sie sich gegenseitig mehr hassen und fürchten würden als die Streiter des Lichts. Es wirkt gelegentlich, als sei die Erde eine unterentwickelte Ecke der Welt, die Menschen ihre Ressourcen und das Sinclair-Team aufmüpfige Stammeskrieger. Wenn die Großmächte untereinander geklärt haben, wer welches Stück vom Kuchen bekommt, dann Gnade der Menschheit Gott – von den Herren der Hölle wird es keine geben.

Am Ende: »Terra pestem teneto – Salus hic maneto!«

Es gibt gelegentlich den Vorwurf, dass am Ende John das Kreuz des Hesekiel aktiviert und damit alle Probleme löst. Tatsächlich finde ich ebenfalls, dass die offensive Rolle des Kreuzes zu groß ist. Doch wie viele von den großen Gegner wurden denn wirklich damit vernichtet? Von den mittlerweile zwanzig vernichteten Gegnern, die eine größere Rolle spielen, war bei nur dreien das Kreuz im Spiel: Einmal zusammen mit dem Bumerang, einmal nur indirekt, was es die Wirkung des Würfels des Unheils unterbrach, und einmal als durch die Aktivierung ein zurückgekehrter, arg geschwächter Gegner vernichtet wurde. So gesehen ist das Kreuz gar nicht so bedeutsam.
Und überhaupt: Ist die Vernichtung des Dämons das Ende? Nein: Die Seele gelangt in die Obhut des Spuks. Wann er eine Seele wieder freigibt oder sie endgültig zerstört, ist nicht ganz klar, aber anscheinend darf er eher wieder freigeben: Bereits vier schon vernichtete Gegner sind zurückgekehrt (und für einen weiteren gilt etwas ähnliches), aber nur einer vom Spuk endgültig vernichtet. (Und hier meine Kritik: Nur bei einem hat sich die Rückkehr gelohnt; eine Rückkehr, die nach einer Folge oder Doppelfolge beendet wird, kann man auch gleich lassen.)

Am Ende will ich noch die tolle Leistung der Sprecher-Riege hervorheben: Ob Frank Glaubrecht oder Dietmar Wunder, ob Joachim Kerzel, Wolfgang Pampel oder Alexandra Lange, Karlheinz Tafel oder Achim Schülke, Franziska Pigulla oder Katy Karrenbauer, Peter Matić oder Eberhard Prüter, Martin May, Silke Haupt, Lutz Riedel, Thomas Friebe, Tilo Schmitz, Martina Treger, Karin Fröhlich und den unzähligen weiteren ungenannten – es ist immer toll sie zu hören!

Auch vielen Dank an die beiden Regisseure Oliver Döring und Dennis Ehrhardt: Vielen Danke für jeden grausigen Serien-Tod, für jeden albernen Witz, für das Melodram und die Spannung. Besonders an Dennis Ehrhardt: Vielen Dank, dass zum Teil die Hörspiele deutlich von Romanvorlagen abweichen!

Und natürlich vielen Dank für jedes Krachen, das mich nachts wieder hat aufwachen lassen.

Haltet das Ding am Laufen, mindestens für weitere 150 Folgen!

Vielleicht erfahren wir ja dann, ob John gerne neue Schuhe kauft, Suko sich eigentlich Jackie Chan-Filme anschaut und Jane lieber roten oder weißen Wein trinkt.

Platzhalter

Die 5 Top-Fakten

Keine Zeit, sooo viele Buchstaben anzuschauen? Hier das Wichtigste:
1. Frauen leben gefährlicher: Es sind bereits sechs Freundinnen aus dem Sinclair-Team und dessen Umfeld gestorben, aber nur ein Freund.
2. Lady X ist die hatnäckigste Gegnerin des Sinclair-Teams: Insgesamt 32 Mal stand sie ihm entgegen.
3. Shimada ist der gefährlichste Gegner: Er und seine Handlanger haben eine Freundin aus dem Umfeld und zwei Mitglieder des Sinclair-Teams getötet.
4. Von den 20 vernichteten Bossgegnern war nur bei dreien Johns Kreuz im Spiel.
5. Von den ausgeschalteten Gegnern mussen 5 noch einmal von John erledigt werden.

Weitere Infos:

Eine wunderbare Quelle für weiterführende Informationen ist der YouTube-Kanal John Sinclair von Bastei Lübbe. Insbesondere die Personalakten, in denen Autor Ian Rolf Hill und Moderator Hennes Bender einzelne Serienfiguren diskutieren. Auch der von Amy Zayed moderierte Podcast findet sich dort als Playlist.

Leider veraltet aber immer noch ein Hort von Informationen bietet Gruselromane.de.

Mit der Edition 2000 befasst sich der Podcast mit den großartigen Namen Team Sinclair.

 

Die Bilder

Die drei Grafiken sind von mir, nur die Bilder darauf sind gemeinfrei von einem anonymen Künstler (der weder genannt werden kann, noch muss - dennoch: Dank an den Künstler).
Das Wiki-Logo ist als Vektorgrafik von Otourly nachgezeichnet und im Rahmen der CC 3.0 lizensiert.
Die übrigen Bilder sind Cover, die im Rahmen des Bildzitats verwendet werden.


Platzhalter
Platzhalter
Erstellt: 28.01.2022, zuletzt aktualisiert: 07.02.2022 19:14, 20552