Interview
 
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Interview mit S. Schwarzbold, M. Kretschmer, S. Loose & S. Haack vom THENEXTART Verlag

Redakteurin: Martina Klein

 

Fantasyguide: Hallo Sebastian. Du bist einer der Mitbegründer vom THENEXTART Verlag. Stell uns doch mal Euch und Euren Verlag kurz vor. Wer seid Ihr, wie habt Ihr Euch gefunden?

 

Sebastian Schwarzbold: Ich sammle seit ca. 15 Jahren Comics und habe Marian vor 6 Jahren im Comicladen in Chemnitz kennen gelernt. Wir kamen ins Gespräch und Marian erzählte mir von seinem Comicprojekt und zeigte mir die ersten Seiten. Der Comicladen musste 2002 schließen und ich zog beruflich nach Cottbus, so dass wir uns einige Zeit aus den Augen verloren. 2003 stellte ich dann den Kontakt erneut her und stellte fest, dass Marian sein Comic mit 100 Seiten fertig hatte. Er hatte die Plattform THENEXTART Verein im Internet gegründet und sich mit Stephan zum THENEXTART Studio zusammen gefunden. Unsere Überlegungen zur Veröffentlichung des Projektes führten zum 1. Messebesuch 2003 zur Comic Action in Essen. Für den professionellen Auftritt meldete ich dann 2004 den THENEXTART Verlag an. Was uns fehlte war ein zuverlässiger Autor, der Marians Bilder richtig zur Geltung bringen würde. Sven kommt aus Berlin und ich kenne ihn seit meiner Schulzeit in Halle. Unser gemeinsames Hobby sind Filme. Er schreibt selbst und so fragte ich ihn 2005, ob er Lust hätte, unser Projekt als Autor zu verstärken.

 

Sven Loose: Zuverlässigkeit ist ein interessantes Stichwort. Sebastian bemüht sich fleißig, unabänderliche und todsichere Deadlines für Abgaben von Entwürfen, Texten, Zeichnungen und Kolorierungen festzulegen, und bisher sah ich meinen Part darin, die Flexibilität dieser Termine und Sebastians Geduld zu testen. Aber nachdem ich jetzt schon am dritten Heft mitarbeite, entwickelt sich die gemeinsame Arbeit langsam so, wie sie es auch verdient.

Zum Anfang waren die Bilder schon fertig gezeichnet und koloriert und ich habe meinen Senf in Form von kleinen Texten und Dialogen dazugegeben, für das kommende Heft musste Marian nun meinen Entwurf in Zeichnungen umsetzen. Auch wenn diese Form der Zusammenarbeit gewisser Übung bedarf, macht sie mir viel Spaß, wir haben eine sehr interessante Kommunikation. Stephan muss dann unsere Ergüsse am Computer ausbaden.

 

Fantasyguide: Ihr gebt in erster Linie die zweimal im Jahr erscheinende Comicreihe BLUE EVOLUTION heraus. Worum geht es dabei? Schildert uns doch bitte kurz die Story in Euren eigenen Worten.

 

Marian Kretschmer: Es ist die klassische Gut-gegen-Böse-Geschichte.

 

Stephan Haack: Es quoll aus Marians Gefühls- und Gedankenwelt.

 

Sebastian Schwarzbold: Unser Held ist Malik, ein Junge, der all die Probleme mit Schule, Freunden und Mädchen hat, die Jungs so mit 16 haben. Und er hat eine besondere Fähigkeit. Er kann das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse, zwischen der Erde und ihrer Parallelwelt, empfindlich stören. Die Kräfte auf der Erde und auf dem Gegenstück Do-Nahrlogimoppig-Fyl versuchen ihn nun für ihre Sache zu gewinnen. Am Ende wird das weder für Malik noch für die Welten gut ausgehen.

 

Sven Loose: Eigentlich ist das strenge Schwarz-Weiß-Schema solcher Geschichten langweilig. Deshalb bemühe ich mich, die Grenzen ein bisschen zu verwischen, um mehr die Zwänge und gegenseitigen Abhängigkeiten zu zeigen, denen alle Charaktere unterworfen sind. Besonders im nächsten Heft, dem Abschluss der Serie, wird das richtig zu Geltung kommen. Malik ist dann voll am Ende, er verkraftet es nicht mehr, im Fokus der Mächte zu stehen. Und auch die Seite des Guten ist in ihren Taten nicht mehr von den anderen zu unterscheiden. Sie haben keine Chance mehr, gut zu sein, selbst wenn sie wollten.

 

Fantasyguide: Was ist das Besondere an der Reihe? Womit wollt Ihr die Comicleser dazu bringen, ausgerechnet Eure Comics aus dem riesigen Angebot an regelmäßig erscheinenden Heften auszuwählen?

 

Marian Kretschmer: Mit dem Artwork und ohne den „normalen“ Seitenaufbau eines Comics.

 

Stephan Haack: In erster Linie wurde der eigene Stil ausprobiert und sollte verbessert werden (learning by doing).

 

Sebastian Schwarzbold: BLUE EVOLUTION erscheint regelmäßig in Deutschland. Das gesamte Comic ist eine deutsche Teamarbeit. Unser Projekt soll kein „normaler“ Comic sein, sondern ein Produkt zum Ausprobieren. Eine Geschichte verworren und verwoben, zum Mitdenken und Interpretieren. Die Bilder sich ständig ändernd und nie langweilig. Hier toben sich Künstler aus und probieren neue Sachen. Hier haben wir Spaß! Hier zeigen wir, dass nicht nur die Amerikaner und Franzosen dies können!

 

Sven Loose: Mit anatomisch interessanten Frauen auf den Heftcovern!

 

Fantasyguide: Gib uns doch mal einen kurzen Ausblick: Worauf können wir uns im nächsten Band von BLUE EVOLUTION freuen?

 

Marian Kretschmer: Auf das Ende der Serie. Mit dem 6ten Heft ist das Projekt BLUE EVOLUTION abgeschlossen.

 

Sebastian Schwarzbold: Im Herbst werden wir mit Vol. 3 Nr. 3/3 „Offenbarung“ die Geschichte BLUE EVOLUTION zum Abschluss bringen. Eventuell folgt im Herbst 2007 noch ein Endheft, aber das wissen wir noch nicht genau. Auf jeden Fall versucht Sven, alle losen Enden zu verbinden. Malik entscheidet sich für eine Seite und die Welten werden nicht mehr so sein, wie sie waren. Ein würdiges Finale!

 

Sven Loose: Die Apokalypse ist ein Fakt. Allerdings sparen wir das finale Gemetzel aus und beschreiben nur den Verlauf dorthin. Auch wird eine dritte Macht eingeführt, die den beiden bisherigen Mächten überlegen und viel älter als diese ist. Falls nächstes Jahr noch ein Heft in dieser Reihe erscheint, wird es den Verlauf der Apokalypse selber enthalten, in Form mittelalterlicher Schlachtengemälde.

 

Fantasyguide: Pro Jahr zwei professionell aufgemachte Comichefte - das sieht nach einer wirklich riesigen Aufgabe aus, die Ihr Euch da selbst gestellt habt. Warum bürdet man sich so einen immensen Haufen Arbeit auf? Seid Ihr Masochisten?

 

Marian Kretschmer: Wir sind Sklaven des naiven Triebes der Selbstverwirklichung.

 

Stephan Haack: Das Problem wie überall, wenn man so was privat macht: freie Zeit ist immer knapp und gut Ding will Weile haben… dicke Props daher an den Sebastian wegen seines überdurchschnittlich guten Organisationstalentes.

 

Sebastian Schwarzbold: Genau, wir haben zu viert ausreichend zu tun. Jeder möchte sich in diesem Projekt verwirklichen. Wie ich schon erwähnt habe, wollen wir Spaß haben, uns ausprobieren und neue Wege gehen. Für mich ist es eine Erweiterung des Hobbys Comics sammeln. Ich fahre jetzt als „Täter“ zu den Messen. Marian probiert neue Techniken, neue Einflüsse und neue Ideen im Heft aus. Es ist eine Referenz des Könnens und der Vielfalt für andere professionelle Aufträge. Stephan ist der Bastler und entdeckt auch immer wieder Neues bei der Arbeit am Comic oder den Internetseiten. Sven möchte eine anspruchsvolle Geschichte schreiben und mit Preisen überhäuft werden. Alle haben so ihre Gründe für die viele Arbeit. Und, hatte ich es schon erwähnt, es macht uns einfach Spaß!

 

Sven Loose: Preise, ganz richtig! Frankfurter Buchmesse ist das Endziel in Deutschland, danach die Welt. Comics sind ein großartiges Medium, das hierzulande leider unterschätzt wurde und immer noch ist. In der visuellen und inhaltlichen Gestaltung liegen fantastische Möglichkeiten, die man eigentlich nur in Amerika versucht, auszuschöpfen.

 

Fantasyguide: Sind denn außer BLUE EVOLUTION noch weitere Projekte, bzw. Comicreihen in Planung? Was hat Euer Verlag als nächstes vor?

 

Marian Kretschmer: Im Frühling 2007 Artwork "Verlieb dich nicht" in einer limitierten Hardcoverversion. Im Herbst ein Vorstoß mit einem Comic nur für Erwachsene.

 

Sebastian Schwarzbold: Wir werden auf jeden Fall weiterhin bei 2 Veröffentlichungen im Jahr bleiben. Nach BLUE EVOLUTION wird es neue Geschichten von Sven geben. Was genau dann 2008 geschieht, kann ich noch nicht sagen. Vielleicht veröffentlichen wir sogar mal andere Künstler. Auf jeden Fall sollte man THENEXTART immer auf der Beobachtungsliste haben.

 

Sven Loose: Short term: Eine anspruchsvolle und gelungene Erotikgeschichte ist eine Herausforderung. Long term: Mein Traum wäre eine deutsche Graphic Novel über die jüngere Vergangenheit und Gegenwart. Allerdings gibt es dafür jede Menge Hindernisse, nicht nur in den Kapazitäten des Verlages. Aber das soll mich ja nicht daran hindern, einen Entwurf hinzulegen.

 

Fantasyguide: Und nun die Frage, die sich wohl jedem engagierten jungen Comic-Künstler zwangsläufig immer aufdrängt: Kann man - oder besser gesagt: könnt Ihr - davon leben?

 

Marian Kretschmer: Ja, aber nur, wenn man sich von Bleistiftspitzerresten, Radiergummikrümmeln und nicht mehr zum Säubern geeigneten Malwasser ernähren kann.

 

Sebastian Schwarzbold: Nein! Mit einer Auflage von 1000 Heften und einem unschlagbaren Verkaufspreis von 4 EUR pro Heft können wir unmöglich 4 Leute über Wasser halten. Jetzt, nach 3 Jahren, sind wir langsam so weit, dass wir zumindest die Druckkosten wieder einspielen. Es geht uns allein um die Veröffentlichung zu einem Preis, den sich alle Interessierten auch leisten können.

 

Sven Loose: Wenn es ganz eng wird, könnten wir als rein geschäftliche Maßnahme Marian im Verlagshauptquartier in einem grausigen Ritualmord abschreiben, um den Umsatz seiner Werke in ungeahnte Höhen zu treiben. Man könnte ihn auch indoktrinieren und als Amokläufer auf Kunstakademien loslassen. Der gewünschte Effekt wäre der gleiche.

 

Fantasyguide: Falls nicht, was macht Ihr sozusagen „hauptberuflich“? Und wie kriegt man das alles unter einen Hut?

 

Sebastian Schwarzbold: Marian und Stephan arbeiten als THENEXTART Studio als freie Grafiker und Illustratoren. Sie entwickeln Logos, Werbekonzepte und komplette Firmenauftritte. Marian zeichnet für Fernsehserien, Architekturbüros oder Buchautoren. Sven arbeitet in Berlin in der Videothek für besondere und originalsprachige Filme NEGATIVELAND und hat viele andere Projekte laufen. Und ich als „Manager“ bin auch im „normalen“ Leben ein solcher und leite eine Bankfiliale.

 

Stephan Haack: Also ich bin Grafiker und arbeite teils für Werbefirmen, teils schon für eigenen Kunden. Dieser Kreis muss aber noch ausgebaut werden.

 

Fantasyguide: Die meisten Verleger oder, wie Du, Sebastian, dich selbst bezeichnest, Manager von Verlagen, sind selbst Autoren. Wie sieht es bei Dir aus? Soweit ich das richtig gesehen habe, hast Du auch an einigen der BLUE EVOLUTION-Hefte als Autor mitgearbeitet, oder?

 

Sebastian Schwarzbold: Ja das stimmt. Die Geschichte der ersten 3 veröffentlichten Hefte habe ich als Autor zu verantworten. Das Konzept stand, der Rahmen war fest und einige andere Autoren hatten schon daran geschrieben. Allerdings war keiner so zuverlässig, dass er es zum Abschluss brachte. Also tat ich, was ich tun musste und schrieb die Geschichte zu Marians Bildern fertig. Mir liegen aber mehr die Organisation und der Vertrieb, so dass ich für diesen schwierigen Job dann ja auch Sven an Bord brachte.

 

Fantasyguide: Bei welchen Comic-Messen können wir Euch und Eure Comics demnächst „hautnah“ bewundern?

 

Sebastian Schwarzbold: Als nächstes steht die Comic Action Essen 2006 im Oktober auf dem Plan. Dann nächstes Jahr die Leipziger Buchmesse und dann schauen wir weiter.

 

Fantasyguide: Auf Eurer Internetseite schreibt Ihr, dass Ihr Euch als „Plattform für junge Künstler“ versteht. Wie darf man sich das vorstellen? Oder rein praktisch gefragt: Was muss man als Künstler tun, um bei Euch mitmachen zu dürfen?

 

Marian Kretschmer: Am malen Lust und Spaß haben, engagiert sein, selbstkritisch und Kritik von anderen vertragen können. Nicht des Geldes wegen malen, schreiben, fotografieren....

 

Stephan Haack: Nach Neuaufbau der Webseite kommt Klärung in das ganze Durcheinander und alles wird einfacher…

 

Sebastian Schwarzbold: Der THENEXTART Verein ist ein lockerer Zusammenschluss von Künstlern, um eine Möglichkeit der gemeinsamen Präsentation zu haben. Die Internetseite dient als Portal für die Künstler und zur Verbreitung von Neuigkeiten. Wir organisieren gemeinsame Ausstellungen und Projekte. Um mit zu machen sollte man sich an das halten, was Marian schon sagte und vor allem zuverlässig sein und mitmachen. Das Ganze lebt nur durch die Arbeit aller.

 

Fantasyguide: Erzähl uns noch kurz was zu Eurer Kooperation mit dem COMICWERK aus Berlin. In welcher Form unterstützt Ihr Euch gegenseitig?

 

Sebastian Schwarzbold: Guido Neukamm (Biien der Schatten) und Daniel Gramsch (Alina Fox) von COMICWERK haben wir auf der Leipziger Buchmesse 2004 kennen gelernt. Wir wollten unsere bescheidene Vertriebsmacht bündeln. Unsere Comichefte tragen seitdem das Comiwerk-Logo, um dieser Verbindung Ausdruck zu verleihen. Wir buchen gemeinsame Stände auf Messen, wie dieses Jahr in Erlangen geschehen und unterstützen uns im Vertrieb, empfehlen die jeweils anderen Hefte weiter.

 

Fantasyguide: Wir bedanken uns für das interessante Gespräch und den sehr netten Kontakt mit Euch und wünschen Euch alles Gute und für Eure Projekte viel Erfolg.

 

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Erstellt: 17.07.2006, zuletzt aktualisiert: 30.08.2019 14:41, 2558