Sternenpuls (Autor: Martin Hoyer; Genre: ScienceFiction)
 
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Leseprobe: Sternenpuls

Sternenpuls

Autor: Martin Hoyer

Homepage: http://webprojekt.org

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Disclaimer:

Freigabe zur Weiterveröffentlichung der Leseprobe besteht, soweit vom Autor nicht anders angegeben nur für "FantasyGuide.de". Für alle weiteren Veröffentlichungen ist die schriftliche Zusage des Autors erforderlich.

 

 

Leseprobe:

„Sie werden den Befehl ausführen, oder ...”

„Oder was?”, fragte Gregori Cyrus ruhig und bedachte den Offizier vor sich mit einem Blick, als untersuchte er ein merkwürdiges Insekt.

Die Blicke der Brückenbesatzung wanderten erneut zu den Streitenden. Seit dem Eintreffen der jüngsten Order von Seiten des VERBUND lagen sich Gregori Cyrus, der Kommandant des Mittleren Patrouillenkreuzers THOR, und der Korrekturoffizier des Schiffes, Serre Tolder, in den Haaren. Die Brückencrew hatte bis jetzt so getan, als würde es den Streit nicht geben und war schon allein deshalb ihren Aufgaben nachgegangen, um angesichts der Farce ernst bleiben zu können.

Was der jüngere Korrekturoffizier dem Kommandanten voraus hatte, war eine eindrucksvolle Größe von über zwei Metern, sie zwang Cyrus, zu seinem Kontrahenten aufzublicken. Ebenso unleugbar war jedoch auch, wer in diesem Kräftemessen die psychische Überlegenheit besaß. Wenn Cyrus, der mit seiner tadellos sitzenden Uniform und dem bereits deutlich ergrauten Vollbart damit begann, einen jüngeren Offizier zurechtzuweisen, war dieser zwangläufig in die moralische Ecke des dummen Jungen gerückt.

Tolder seinerseits hatte den früheren Korrekturoffizier erst kurz vor Beginn dieser Mission abgelöst, und seit sie die Station Falx vor zwei Wochen verlassen hatten, war es immer wieder zu Reibereien zwischen ihm und dem Kommandanten gekommen. Das war zweifelsohne auf die unklar formulierten Kompetenzen der Beiden zurückzuführen: Der Korrekturoffizier unterstand direkt dem Initiator dieses Einsatzes, Administrator Skepter, und war daher nicht verpflichtet, den Befehlen des Kommandanten zu folgen. Ebenso durfte er jedoch nur in die Kommandostruktur eingreifen, wenn der Kommandant das Einsatzziel mißachtete. Diese Sicherheitsmaßnahme war vom VERBUND für nötig erachtet worden, um den Überblick über den Teil der Flotte zu behalten, die keinem Administrator direkt unterstand und deren häufige Beugung von Weisungen des VERBUND inzwischen nahezu legendär war.

„Ich habe Ihnen gesagt, daß ich auf die Bestätigung des Flottenoberkommando warten werde, was diesen Krisenfall in der Culatapel-Kolonie angeht“, fuhr Gregori fort. „Und bevor ich diese nicht habe, werde ich es nicht einmal in Erwägung ziehen, auch nur einen Schuß abzufeuern. Haben wir uns verstanden?”

„Die Order kam von Administrator Skepter”, schnappte Tolder. „Es ist absolut überflüssig, die Befehle noch über das Flottenoberkommando laufen zu lassen. Sie haben sie erhalten und werden sie augenblicklich befolgen!”

Cyrus trat einen Schritt auf Tolder zu. „Sie werden sich jetzt beruhigen, oder ich lasse Sie von der Brücke entfernen.”

Tolder setzte zu einer geharnischten Antwort an, schloß aber den Mund wieder, als ein Signal vom Kommunikationsstand der Brücke das Eintreffen einer Nachricht verkündete.

„Antwort vom FOK, Kommandant. Nicht kodiert”, meldete der Komm-Offizier gleich darauf.

„Lesen Sie vor”, befahl Gregori und wandte den Blick einen Moment von Serre Tolder ab.

„Krisensituation auf Culatapel IV nicht bestätigt. Rückfrage beim VERBUND, Skepter-Sektor läuft. Vorerst nichts unternehmen und Position an der Sprunggrenze beibehalten. FOK, Ende.”

„Sie hören es”, wandte sich Gregori wieder an den Korrekturoffizier, „wir warten.”

„Nein, das tun wir nicht”, erwiderte Tolder mit sichtlicher Genugtuung. „Ich enthebe Sie mit sofortiger Wirkung Ihres Kommandos, welches ich hiermit übernehme. Begeben Sie sich in Ihr Quartier.”

„Sie können mir mein Kommando nicht nehmen, es liegt keine Verfehlung von meiner Seite vor.” Gregori wandte sich an den Diensthabenden, der sich schon in der Nähe bereithielt. „Adams, Korrekturoffizier Tolder ist derzeit offenbar nicht Herr seiner selbst. Bitte lassen Sie sich seine Waffe aushändigen und führen Sie ihn in sein Quartier. Er darf es bis auf Weiteres nicht verlassen.”

„Aye“, bestätigte der Brückenoffizier und trat zu Tolder. „Bitte folgen Sie mir.“

Tolder Haltung ließ vermuten, daß er die Absicht verfolgte, den Diensthabenden zu ignorieren, doch als dieser nähertrat, um seiner freundlichen Aufforderung Nachdruck zu verleihen, reagierte er.

Für den Hünen war der unvorbereitete Adams kein Gegner, er packte den Brückenoffiziers mit dem linken Arm und stieß ihn ohne sonderliche Mühe von sich. Mit der freien Hand öffnete er noch im selben Augenblick seine Pistolentasche und zog die Waffe.

„Ich werde die Weisung des Administrators durchsetzen, Kommandant“, meinte er und zielt in die ungefähre Richtung des Brückenoffiziers. Den Kommandanten selbst schien er nicht als Gefahr zu erachten.

Gregori wandte sich halb ab, als hätte er es satt, sich länger mit dem unverständigen Offizier abzugeben, fuhr dann jedoch herum und schlug Tolders Arm in die Höhe.

Durch die schnelle Reaktion des Älteren überrascht, versäumte Tolder jegliche Gegenwehr. Sein Kopf flog hart nach hinten, als ihn Cyrus’ unverzüglich folgender Aufwärtshaken hinter dem Unterkiefer traf. Mit einem gurgelnden Ausruf ließ er die Waffe fallen und stolperte ein paar Schritte rückwärts, um in der Versenkung des unbesetzten Kontrollstandes für Bodenoperationen zu verschwinden. Ein dumpfer Aufprall bewies, daß er dessen Boden erreichte.

Cyrus atmete heftig, als der Adrenalinschub nachließ. Ich werde langsam zu alt für so etwas, dachte er und wandte sich dann dem Diensthabenden zu. „Alles in Ordnung?”, fragte er seinen langjährigen Freund Adams leise.

„Ja, danke”, antwortete Adams. „Und bei dir?”

Gregori massierte seinen kleinen Finger, der unsanften Kontakt mit dem Unterkiefer Tolders gemacht hatte; er schien jedoch nicht gebrochen zu sein. „Ebenso. Ruf einen Arzt, falls sich Tolder beim Sturz verletzt haben sollte. Laß sein Quartier auf weitere Waffen durchsuchen, sperr ihn ein und verleg die Schlüsselkarte, bis die Sache hier durchgestanden ist.”

Adams nickte und machte sich auf den Weg.

Gregori wandte sich an die übrigen Leute, von denen einige in dem Augenblick ihre Posten verlassen hatten, in dem Tolder die Waffe zog. „Alles in Ordnung, gehen Sie weiter ihren Aufgaben nach. Es ist nichts passiert.”

Diese Aussage kam einer glatten Untertreibung gleich, wie Gregori sich selber eingestand. Innerlich war er sehr viel weniger ruhig, als er es nach außen vorgab. Der Streit mit Tolder war nichts weiter als ein weiterer überflüssiger Disput, doch in Verbindung mit dem Befehl Skepters, der den Streit erst ausgelöst hatte, gewann die Angelegenheit für ihn an Tragweite. Er konnte sich absolut keine Krise vorstellen, die den Angriff auf eine Kolonie ohne vorangegangenen Vermittlungsversuch rechtfertigte. Es war schließlich nichts Neues, daß abhängige Kolonien gelegentlich ihre Grenzen ausloteten. Diese Umstände hatte ihn dazu bewogen, den Befehl zu hinterfragen, was Tolder unverständlicherweise auf die Barrikaden gebracht. Der Mann war ein Karriereoffizier an der Grenze zum Fanatiker, und seinem Administrator loyal bis zur Unterwürfigkeit.

Gregori selbst war Kommandant der Raumflotte, die dem VERBUND unterstützungspflichtig war, aber im Gegensatz zu vielen anderen Leuten im bekannten Weltraum hielt er das riesige Verwaltungsnetz, welches zumindest in den zugehörigen Sektoren von Verkehrsampeln auf dem letzten Hinterwäldlerplaneten bis hin zur Mitsprache in der systemübergreifenden Politik alles kontrollierte, höchstens für nützlich und keineswegs für perfekt. Das bewies schon die Tatsache, daß Kanaillen wie dieser Tolder hohe Posten in der Hierarchie des VERBUND bekleiden durften.

Bei dem Gedanken an den Korrekturoffizier fiel ihm auf, daß gerade dieser noch immer nicht aus der Versenkung aufgetaucht war, vielleicht war es besser, er sah einmal nach ihm bevor der Mediziner auftauchte.

Als er in den Kommandostand trat und Tolders sah, wußte er, daß dieser keinen Arzt mehr brauchen würde. Der Offiziers lag merkwürdig verkrümmt auf dem Boden des Kontrollstandes, die Augen waren offen und der Blick leer. Tolder mußte unglücklich aufgekommen sein, denn obwohl der Kommandostand grade anderthalb Meter tief war, hatte er sich das Genick gebrochen.

Gregori hatte das nicht gewollt, doch die Sicherheit des Schiffes hatte auf dem Spiel gestanden und zudem war es eindeutig ein Unfall gewesen, wie auch der Mediziner kurze Zeit später feststellte. Dennoch zweifelte er keine Sekunde daran, daß dieser Zwischenfall Folgen haben würde.

 

Adams trat zu Gregori, der vor dem Panoramafenster der Brücke stand und in die Unendlichkeit des Weltraums starrte. Eigentlich war es ein großflächiger Bildschirm, der umgerechnete Sensorendaten optisch wiedergab, aber wenn man diesen Umstand aus dem Kopf verbannte, konnte man in Gedanken in diesen schwarzen See eintauchen, in dem die Sterne wie silberne Fische schwammen.

Der Kommandant stand dort, seit vom Flottenkommando der Rückruf erfolgt war. Es gab keine Erklärung der vorherigen Order, kein Kommentar zum Tod des Korrekturoffiziers, einfach nur der Befehl, zur Station Falx zurückzukehren.

Adams kannte Gregori, seit sie beide bei Indienststellung der THOR ihre Posten bekommen hatten und fünf Jahre hatten ausgereicht, um sie zu guten Freunden werden zu lassen. Er wußte, wann der Andere Probleme hatte, und das Manöver zur Einnahme des korrekten Eintrittsvektors in den Nullzeitraum gab ihm die Zeit, sich der Sache anzunehmen.

„Mach dich deswegen nicht fertig”, meinte er, „es war Notwehr und du hättest nichts weiter tun können.”

„Eine ganze Reihe von Leuten wird die Sache anders sehen”, stellte Gregori nur fest, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden. „Auch wenn nach aller Vernunft und der Gerichtsbarkeit der Flotte der Fall klar liegt, werden der VERBUND oder doch wenigstens Administrator Skepter selbst eingreifen und mich zumindest meines Postens entheben lassen. Du weißt, ab einem gewissen Druck wird das Flottenkommando den Forderungen nachgeben. Wir sind schon lange nicht mehr so souverän wie noch vor einigen Jahren. Es soll sogar Bestrebungen geben, die Raumflotte aufzulösen und die Schiffe den Sektorflotten zuzuteilen.”

„Das ist nicht auszuschließen”, mußte Adams zugeben. „Trotzdem solltest du nicht über Dingen grübeln, die du im Augenblick nicht beeinflussen kannst.”

Gregori entgegnete nichts und starrte eine ganze Weile weiter hinaus. Schließlich wandte er sich zu Adams um. „Du hast recht“, nickte er, „es macht keinen Sinn, sich fertig zu machen. Das wird vermutlich der VERBUND tun wollen ... Aber das könnte ja auch ganz interessant werden.“ Er lächelte humorlos und wandte den Blick wieder auf dem Bildschirm, auf dem die Sterne inzwischen von Bildstörungen überlagert wurden. Sie traten in den Nullzeitraum ein.

„Das ist die richtige Einstellung”, lächelte Adams und klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Du weißt, der Großteil der Besatzung steht voll hinter dir, falls ...”

„Ich weiß, Adams“, blockte er den potentiell gefährlichen Gedanken seines Freundes ab. „Warten wir es einfach ab.”

Eine Folge elektronischer Pfiffe hallte aus den Lautsprechern auf der Brücke und signalisierte, daß ihr Transfer abgeschlossen war. Dies verlief selten ohne Erschütterung und so war es auch diesmal. Allerdings kam das Schiff auch nicht nach wenigen Sekunden wieder zur Ruhe. Kaum verklang das Entwarnungssignal, ertönte ein erneuter Alarm.

Gregori schloß genervt die Augen, irgendwann würde er diese nervenaufreibenden Signaltöne gegen einen Synthesizer mit sanften Stimmwarnungen austauschen lassen.

Seine Augen weiteten sich, als ihm die Bedeutung der lange nicht mehr gehörten Tonfolge bewußt wurde. „Backbord-Korrekturtriebwerke auf vollen Schub, alle auf die Kampfstationen”, befahl er hastig.

Der Befehl wurde bereits ausgeführt, bevor er ihn ganz ausgesprochen hatte. Einige Leute der Brückenbesatzung hatten die Warnung noch vor ihm richtig gedeutet.

Angriffsalarm.

Den Bruchteil einer Sekunde später beglückwünschte er sich im Stillen dazu, zuerst die Änderung des Flugvektors angeordnet zu haben, denn die Backbordsensoren maßen Werte, welche die zuständigen Monitoren auf der Brücke in allen Spektralfarben Daten einblenden ließen. Irgendwo brannte zischend eine Notfallsicherung durch, als die Flut der Sensordaten zu stark wurde.

„Identifikation”, forderte er und ertappte sich dabei, daß er die Stimme hob. „Ich will wissen, wem ich gleich in den Hintern treten werde,” fügte er etwas leiser und eher zu sich selbst gewandt hinzu.

Der Ortungsoffizier hatte die letzten Worte des Kommandanten trotzdem verstanden, bedachte man die Geschwindigkeit seiner Auswertung. „Transponder aktiv. Schwerer Schlachtkreuzer FENRIS”, meldete er und ließ die Finger blitzschnell über die Tasten wandern, als er auf die Schiffsdatenbank zugriff. „Er untersteht der Oberhoheit des Administrators Vinderra, derzeitiger Kommandant ist Anton Sarres.”

Das war es also, sinnierte Gregori. Er hatte schon in letzter Zeit des öfteren munkeln hören, daß der VERBUND mit der Struktur einer unabhängigen Flotte unzufrieden war, diese jedoch im Gegensatz zu einigen Leuten im FOK nie ganz für voll genommen. Offenbar waren sich die Administratoren des VERBUND ausnahmsweise einig, was besonders angesichts der nahezu legendären Konkurrenz zwischen Skepter und Vinderra deutlich wurde.

„Alle Geschütze auf die FENRIS richten, Torpedorampen bestücken”, befahl er knapp. „Und ich will eine Verbindung Schiff zu Schiff. Nur Audio und schalten Sie das Gespräch auf alle Lautsprecher im Schiff, mit Ausnahme der Quartiere der Bodentruppen.”

„SZS hergestellt”, bestätigte Jean Haase, der Kommunikations- und Ortungsoffizier.

Kurz darauf knisterte es in der Kommunikationsanlage. „Gregori Cyrus, nehme ich an”, tönte eine selbstbewußte Stimme, „hier spricht Anton Sarres. Schalten Sie Ihre Waffensysteme und den Antrieb ab und gestatten Sie einem Enterkommando, an Bord zu kommen. Wenn Sie den Anweisungen Folge leisten, wird Ihnen und der Besatzung nichts geschehen. Ihre Antwort?”

„Ich habe bereits von Ihnen gehört, Kommandant“, erwiderte Cyrus, „aber jemandem, der ohne Vorwarnung auf ein Schiff feuert, das grade aus der Nullzeit kommt, glaubt man eine solche Versicherung schwerlich.“ Er machte eine vorwurfsvolle Pause, doch sein Gesprächspartner reagierte nicht auf den Vorwurf. „Mit welchem Recht erteilen Sie mir Befehle?“, fuhr er daher fort, „Sie gehören zu Systemflotte von Administrator Vinderra und ich unterstehe nur dem Flottenkommando.”

„Das ist jetzt ohne Bedeutung, denn sehen Sie ... Die Flotte wurde vor zirka vier Stunden offiziell aufgelöst, alle Schiffe unterstehen jetzt direkt dem VERBUND und werden gemäß Beschluß und Bedarf auf die Sektorflotten verteilt.”

„Ich hätte das gerne von der Station Falx bestätigt.”

„Das ist leider nicht möglich. Wie Ihnen Ihr Ortungsoffizier sicher bestätigen wird, existiert Falx nicht mehr. Wir sahen uns gezwungen, gegen die Station vorzugehen, als sie unserer Order mit Waffengewalt Widerstand leistete. Sie wurde im Zuge der Kampfhandlungen zerstört.” Die Verbindung blieb für ein paar Augenblicke stumm. „Es tut mir leid“, ergänzte Sarres dann.

Gregoris fragender Blick schweifte zum Ortungsoffizier. Dieser saß kreidebleich vor seiner Konsole und starrte auf den Bildschirm. Als er den Blick bemerkte, nickte er nur schweigend.

„Also gut”, fuhr Gregori fort, „wir gehen davon aus, daß Sie die Wahrheit sagen. Geben Sie mir eine halbe Stunde, um darüber mit den Führungsoffizieren abzustimmen.”

Es folgte eine weitere, trotz ihrer Kürze schier unendliche Pause.

„Sie haben eine Viertelstunde“, legte Sarres fest, „aber ich sage Ihnen, daß nur eine Entscheidung wirklich vernünftig ist. Glauben sie mir, ich habe die Station wirklich nicht gern zerstört und ich würde auch Ihr Schiff nur mit äußerstem Widerwillen unter Beschuß nehmen. Bitte seien Sie vernünftig.” Die Verbindung brach ab.

Gregori wandte sich an Haase. „Lassen Sie alle internen Kommunikationsanlagen zugeschaltet, ich möchte zur ganzen Besatzung sprechen. Die Quartiere der Bodentruppen weiterhin auslassen und alle internen Sicherheitsanlagen auf Überwachung.”

Haase tippte in schneller Folge Befehle in die Tastatur seiner Konsole. „Bereit”, meinte er schließlich.

Gregori räusperte sich. „An die Stammbesatzung, hier spricht der Kommandant. Sie haben es alle gehört. Ich bin nicht bereit, dieser Forderung nachzugeben. Wer sich dem VERBUND nicht widersetzen kann oder will, darf sich sofort zum Hangar Zwo begeben, um das Schiff mit den Beibooten zu verlassen. Es entstehen den Betreffenden keine Nachteile, aber ich weise darauf hin, daß ich keine Sabotageaktionen oder Ähnliches zum Vorteil des gegnerischen Schiffes dulden werde. Allen, die bleiben wollen, möchte ich schon jetzt danken. Bitte sorgen Sie dafür, daß alle Kampfstationen besetzt bleiben.”

Er atmete auf. Es war alles gesagt, mehr konnte er im Augenblick nicht tun. Er bemerkte, daß sich der Diensthabende Adams anschickte, die Brücke zu verlassen. „Fred?”

„Sollte nicht jemand dafür sorgen, daß die Bodentruppen das Schiff ebenfalls verlassen, Gregori?”

„Gut, Fred, übernimm das bitte. Nach Möglichkeit keine Kämpfe auf dem Schiff, in Ordnung?”

Adams nickte. „Sie sind ahnungslos und unbewaffnet, ich rechne nicht mit Schwierigkeiten.” Mit schnellen Schritten verließ er die Brücke. Wie erwartet machte keiner der Brückencrew Anstalten, seinen Posten zu verlassen und Gregori wirkte erleichtert. Er war nicht ganz allein.

Eine Viertelstunde später verließen vier Beiboote die Hangars.

Wie erwartet meldete sich kurz darauf Kommandant Sarres. „Was hat das zu bedeuten, Kommandant?”

„Bei den Personen in den Booten handelt es sich um Leute, die sich aus diesem Konflikt heraushalten möchten. Ich habe mir die Freiheit genommen, sie aus meinem Schiff zu weisen. – Ach ja, unsere Antwort kennen Sie.”

„Sie wollen kämpfen? Sie müssen verrückt sein, mit einem Patrouillenschiff gegen einen Schlachtkreuzer anzutreten. Sie haben keine Chance.”

Gregori grinste. „Sie wissen vermutlich nicht, daß wir einen Antimaterie-Sprengkörper an Bord haben, der von Skepter für den äußersten Fall bestimmt war, der die Vernichtung der Culatapel-Kolonie erfordert.“ Er blickte auf seine Armbanduhr. „Genau in diesem Moment haben meine Techniker die autarken Sicherungen entfernt. Ich war nie sonderlich gut in Physik, bin allerdings davon überzeugt, daß bei der Umsetzung der Masse eines Mittleren Patrouillenkreuzers eine gewisse Menge an Energie frei wird, sofern mein Schiff zerstört oder schwer beschädigt werden sollte.“

„Sie bluffen, Cyrus. Warum sollte Skepter Ihnen eine Massenvernichtungswaffe mitgeben und damit einen Prestigeverlust ohnegleichen riskieren?“

„Warum fragen Sie nicht Ihren Administrator Vinderra, ob er in der Einschätzung Skepters mit Ihnen übereinstimmt?“

„Ich denke darüber nach.“

„Denken Sie darüber nach, während wir abfliegen. Und vergessen Sie nicht, auf der Station hatten viele von uns Freunde. Sie können also davon ausgehen, daß wir uns wiedersehen.”

Für eine Weile war das leise Klicken der offenen Funkverbindung das einzige Geräusch auf der Brücke.

„In Ordnung“, meinte Sarres schließlich. „Auf ein baldiges Wiedersehen, Kommandant.“

Die Verbindung wurde getrennt, aber Gregori gab sich für keinen Moment der Illusion hin, daß sein Gegner in Panik geraten war. Nach allem, was er gehört hatte, ließ sich ein Anton Sarres durch Drohungen nicht ohne weiteres einschüchtern, und es würde auf jeden Fall besser sein, schnell das Weite zu suchen, bis die Chancen besser standen.

„Navigation“, ordnete er an, „nehmen Sie einen beliebigen Phantomkurs auf. ESHNA hochfahren und Eintritt in den Nullzeitraum so schnell wie möglich. Wir verschwinden von hier.”

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Erstellt: 25.04.2005, zuletzt aktualisiert: 29.01.2015 21:57, 86