Tempelsturz - Chartac Bd.1 (Autor: Martin Hoyer; Genre: Fantasy)
 
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Leseprobe: Tempelsturz - Chartac Bd.1

Tempelsturz - Chartac Bd.1

Autor: Martin Hoyer

Homepage: http://chatarc.webprojekt.org

Der Roman kann hier bezogen werden: Amazon

 

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Leseprobe:

Langsam schob Jian den Kopf aus dem Gebüsch, in das er sich vor ein paar Sekunden verkriechen mußte, um den scharfen Augen und den noch schärferen Spießen der Stadtwache zu entgehen. Zwar war die Luft nun wieder rein, dennoch war er sich nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, im reichen und entsprechend gut bewachten Ostteil seiner Heimatstadt Atled auf Beutezug zu gehen.

Genaugenommen war es auch nicht seine Idee gewesen. Er hatte eher zufällig den Patrouillenplan der Stadtwache in Erfahrung gebracht, was an sich nicht weiter schlimm war. Der Fehler war es gewesen, dies gegenüber seinem Gildenherrn Taleeb zu äußern.

Der Meister der Diebesgilde hatte natürlich ihn vorausschickt, mitten in die Oststadt, dem gefährlichsten Viertel für Angehörige der Diebesgilde. Erst wenn er hier einen erfolgreichen Einbruch schaffte, würde sein Meister die professionellen Einbrecher in diese Gegend entsenden. Jian war für Meister Taleeb entbehrlich, auch wenn er den knapp zwölf Jahre jungen Taschendieb aufgenommen hatte und ihm vieles durchgehen ließ.

Andererseits hatte er auch nie einen Hehl daraus gemacht, daß der Junge lediglich geduldet wurde; als ein Straßenkind, das Taleeb aufgenommen hatte um wenigstens gelegentlich ein gutes Gewissen zu haben.

Jian war sich seiner Rolle durchaus bewußt, ebenso wie seiner jetzigen Situation. Er hatte natürlich eine gründliche Ausbildung erhalten, aber was nützte diese ohne jede Erfahrung? Möglicherweise wurde er von den Bewohnern entdeckt und die Dienerschaft, die dort gewöhnlich zum Hausstand gehörte, würde keine Schwierigkeiten haben, den eher schmächtigen Jungen zu überwältigen. Sie würden die Stadtwache lediglich rufen müssen, um ihn abzuführen und nach einer kurzen Verhandlung für geraume Zeit im Stadtkerker Atleds verschwinden zu lassen; ein Ort, über den Jian nichts Gutes gehört hatte. Taleeb seinerseits würde vermutlich keine einzige Ghema verschwenden, um den Jungen auszulösen; soweit reichte sein Mitleid für den jungen Dieb sicherlich auch nicht.

Jian schüttelte den Kopf, als könne er sie dadurch aus seinem Gehirn verbannen. Es war nicht die Zeit dafür. Blitzschnell huschte er über die Straße und duckte sich hinter ein Regenfaß. Noch ein paar Schritte und er konnte in der Seitengasse verschwinden, die an das von ihm avisierte Grundstück anschloß. Das Überwinden der Grundstücksmauer würde noch der einfachste Teil sein. Er blickte sich um, es war niemand war auf der Straße.

Sicher, wer will bei solch einem naßkalten Sauwetter schon vor die Tür, dachte er und grinste unlustig. Er rückte sein bereits leicht zerschlissenes dunkles Hemd, das neben Fußlappen, knöchellanger Hose und einem Gürtel, der diese an Ort und Stelle sowie das Hemd zusammen hielt, seine einzige Habe darstellte, zurecht und huschte in die Gasse.

Im Dunkel zwischen den Geschäftshäusern war er sicher vor der Stadtwache, die ihr Näherkommen bereits durch dumpf hallende Schritte ankündigte. Er nahm sich die Zeit, nachzuprüfen, ob sich das Bündel Diebeshaken noch in seiner Hosentasche befand, dann duckte er sich tiefer hinter das Gerümpel, das die Hälfte der Gasse ausfüllte.

Die vierköpfige Patrouille der Stadtwache marschierte vorbei und leuchtete mit ihren Laternen auch kurz in die Gasse. Natürlich entdeckten sie ihn nicht, wenn er eines im Dienste Taleebs gelernt hatte, dann wie man in Deckung ging.

Kaum verhallten die Schritte der Wache im Nebel, trat er ein paar Schritte zurück und nahm Anlauf, um die gut zweieinhalb Schritt hohe Mauerkrone zu erreichen.

Jedenfalls versuchte er es. Vorerst schlug er nur unsanft mit dem Gesicht gegen kaltes Mauerwerk und gönnte sich den Luxus eines zwar lediglich gemurmelten, aber inhaltlich markanten Fluches, dessen Erfüllung zweifelsohne den Straßenzug in Schutt und Asche gelegt hätte.

Der dichte, zwischen den Häusern gefangene Nebel mochte ganz nützlich sein, um unentdeckt zu bleiben, andererseits hatte er sich durch diesen in der Höhe verschätzt. Er nahm nochmals Anlauf, diesmal von der anderen Seite. Auch dieser Versuch schlug fehl, allerdings war nun die Symmetrie seines Gesichts wieder hergestellt. Noch ein paar Abschürfungen und blaue Flecke, auf die er gerne hätte verzichten können.

Beim dritten Mal gelang das Vorhaben, allerdings hatte er noch genug Schwung, um auf der anderen Seite der Mauer kopfüber herunterzustürzen und mit der Präzision des wahrhaftigen Unglücksvogels genau in den Heckenblumen zu landen. Er unterdrückte einen Aufschrei, was angesichts seiner Furcht vor Entdeckung nicht schwerfiel. Außerdem hatte ihn das grobe Gewebe seiner Kleidung vor den meisten Dornen bewahrt. Mit verzerrtem Gesicht entfernte er ein paar der Plagegeister aus seiner linken Hand. Zum Glück waren die Bewohner des Hauses offenbar bestrebt gewesen, Pflanzen mit möglichst wenig Stacheln zu züchten. Jian wünschte sich, sie hätten noch mehr Erfolg gehabt.

Vorsichtig, um nicht mit seinen unbekleideten Füßen noch mehr Ungemach zu erleben, setzte er über den umgebrochene Strauch. Der Schaden machte ihm keine Sorge, denn das Fehlen verschiedenster Wertgegenstände würde dem Hausbesitzer sicher viel früher auffallen als das Attentat auf dieses gemeingefährliche Grünzeug.

Jian hatte fest vor, zu diesem Zeitpunkt bereits wieder in die relativen Sicherheit der Weststadt zurückgekehrt zu sein; in den Schutz des Gewirrs von Gassen und der Verschwiegenheit von Bridaniin, die überwiegend mehr Dreck am Stecken hatten als der junge Dieb.

Das Wohnhaus, welches er nun ansteuerte, schloß direkt an den Garten an; ein kleiner Anbau diente der Größe nach als Gesindehaus, in dem sicherlich neben der eigentlichen Dienerschaft des Hauses auch die fest angestellten Arbeiter des Händlers gehörten. Jian schlich direkt zur Hintertür des vermeintlichen Wohnhauses und hoffte, mit seiner Einschätzung über die Funktion der Gebäude richtig gelegen zu haben. Er hatte dieses Anwesen eher willkürlich ausgewählt, nachdem er die Oststadtmauer überwunden hatte... In der Hoffnung, daß auch ein kleiner Dieb einmal etwas Glück für sich beanspruchen konnte.

Offenbar hatte der für Anhänger des Diebeshandwerks zuständige Gott Lanfiin beschlossen, diesem Ansinnen vorerst entgegen zu kommen: Schon der zweite Diebeshaken öffnete das Schloß und ein Blick in den Korridor verriet Jian, daß er sich tatsächlich im Wohngebäude befand.

Vorsichtig umging er die Schlafgemächer, aus denen lautes Schnarchen drang. Mit mehr Selbstsicherheit als zuvor durchsuchte er sämtliche Schränke und Laden und fand mehr transportable Dinge von Wert, als er erhofft hatte. Lanfin hatte heute offensichtlich seinen guten Tag und war daher geneigt, auch Jian etwas zukommen zu lassen. Dieser mußte ja nicht alles hier Erbeutete bei Taleeb abliefern und konnte sich einiges für erfolglosere Tage zurücklegen Auch ein Opfer an Lanfin war sicherlich angebracht, nachdem er diese Geste des Glaubens bisher eher selten ausgeübt hatte. Vielleicht war das auch Grund, warum der Gott der Diebe sich durchaus noch einige Prüfungen für seinen unsteten Jünger hatte einfallen lassen.

Eine davon bestand aus dem Hausherrn, der in diesem Augenblick beschlossen hatte, sich noch einen Schlummertrunk zu gönnen; die Karaffe mit dem leichten Wein aus der Provinz Lestho stand unglücklicherweise in dem Raum, den Jian in diesem Augenblick inspizierte. Der Junge zuckte zusammen, als er die schlurfenden Schritte hinter der Tür hörte, fing sich aber gleich darauf wieder.

Er schloß den Schrank, den er in diesem Moment durchsucht hatte und kauerte sich in dessen Schatten. Das versteck war nicht gut, aber in dem spärlichen Mondlicht, welches durch die Fenster einfiel, mochte es genügen.

Die Aufregung erwies sich bald als unnötig: Der Hausherr tapste schlaftrunken zu dem kleinen Abstelltisch, füllte mit schlafwandlerischer Sicherheit einen Becher – wobei er mit abwesenden Augen direkt in Jians Richtung blickte – leerte diesen in einem Zug und schickte sich an, den Raum wieder zu verlassen.

Der junge Dieb atmete in verfrühter Erleichterung auf und verschluckte sich beinahe vor Schreck, als der wohlbeleibte Mann noch im Umdrehen die Kristallkaraffe vom Tisch fegte.

Das Gefäß fiel zu Boden und das helle Splittern hallte erschreckend laut durch den Raum. Der Ton war noch nicht ganz verklungen, als bereits das Geschrei des erwachten Hausherrn einsetzte, der Jian im selben Augenblick entdeckt hatte.

„Diebe!“, brüllte er. „Zu mir Gesinde! Es sind Diebe im Haus!“ Noch während dieser Worte setzte er sich wie ein unaufhaltsames Verhängnis in Richtung des Jungen in Bewegung und schrie auf, als er merkte, daß seine dünnen Pantoffeln den auf dem Boden verstreut liegenden Kristallscherben nichts entgegen zu setzen hatten.

Jian nutzte die Gunst des Augenblicks, griff das Bündel mit seiner Beute und wieselte an dem nun vor Schmerzen brüllenden Mann vorbei.

Er konnte seine Flucht bis zu Hintertür ungehindert fortsetzen, dort jedoch lauerte die Gefahr in Gestalt zweier Diener, die zwar verschlafen, aber pflichtbewußt ihrem Herrn zu Hilfe eilten. Jian verlangsamte seine Schritte, als die Knechte ihn bemerkten. Dreistigkeit siegt, dachte er bei sich, beschleunigte wieder und rutschte zwischen den Beinen der Diener hindurch, die seine Absicht erst begriffen, als es schon zu spät war.

Inzwischen war vermutlich das gesamte Haus auf den Beinen, Grund genug für Jian, sich endgültig abzusetzen. Er durchquerte den Garten, machte dabei einen respektvollen Bogen um die Hecke und setzte über die Mauer. Jetzt, da ihm die Tücken des Hindernisses bekannt waren, konnte er seine Geschicklichkeit voll ausspielen; er zog sich auf die Mauerkrone, sprang auf der anderen Seite mit einem Salto wieder hinab.

Er war entkommen. Die Dienerschaft konnte ihm unmöglich über die Mauer folgen und bis sie um das Haus herum waren, beabsichtigte Jian, nicht mehr vor Ort zu sein. Er spurtete los...

Und lief direkt in die Arme der Stadtwache. Die Männer konnten nicht sofort etwas mit der Situation anfangen, trotzdem hielt der Anführer der Patrouille Jian erst einmal mit eisernem Griff fest.

Der Junge überschlug in Panik seine Aussichten, der Wache eine glaubhafte Lügengeschichte aufzutischen, bevor die Bewohner des Hauses auftauchten. Diese waren gleich Null, denn das Geschrei der Leute drang mühelos über die Mauer und war sicher in der ganzen Umgebung zu hören. Die Stadtwache bestand aus Landsknechten, die sicher nicht die Hellsten waren, aber durchaus Zwei und Zwei zusammenzählen konnten.

„Sieh mal an, die Diebe werden immer kleiner“, meinte der Anführer und lachte auf. „Kein Wunder, daß wir sie so schlecht erwischen.“

„Du solltest du ihn kennzeichnen, wie es der Stadtrat beschlossen hat“, schlug ein Anderer vor. Das Diebeszeichen, ein Schnitt an der Schläfe entlang, war eine der Methoden, ertappte Diebe für längere Zeit kenntlich zu machen.

Jian wußte mehrere Leute, die das Zeichen hatten tragen müssen und mußte schlucken, als er sah, daß der Anführer dem Vorschlag offenbar aufgeschlossen war. Die Narbe würde zwar nach einiger Zeit wieder verschwinden und auch der Schmerz der Beibringung für ein Kind der Gosse eher eine Bagatelle, doch fürchtete er den Zwang, sich für mehrere Wochen nicht auf der Straße zeigen zu können, ohne sofort als Dieb erkannt zu werden; selbst nachdem er aus dem Stadtkerker entlassen wurde. Allerdings sah es nicht so aus, als hätte er die Wahl.

Der Anführer der Patrouille warf Jian in die Arme seiner drei Untergebenen und zog seinen Dolch. Schicksalsergeben schloß Jian die Augen.

Und riß sie gleich wieder auf, als er einen Mann aufschreien hörte. Im Unterarm des Landsknechtes stak ein Bolzen von der Länge einer Hand, den Dolch hatte er fallen lassen.

Jian nutzte die Überraschung der Anderen, riß sich los und rannte davon. Ein paar Schritte weiter bemerkte er, daß sein Beutel fehlte, er hielt kurz inne, sah sich um und erblickte den Beutel zu Füßen der Landsknechte, die inzwischen ihre Spieße gezogen hatten und Rücken an Rücken in die Dunkelheit sicherten. Die Beute war unerreichbar und auch die Dunkelheit spie keine weiteren Bolzen mehr.

Er verschwendete vorerst keinen Gedanken daran, wem er seine Rettung verdankte und machte, daß er wegkam. Er würde Taleeb einiges zu erklären haben und er bezweifelte, daß seine wenigen Fürsprecher in der Gilde den zu erwartenden Wutausbruch des Gildenmeisters bremsen konnten oder dies überhaupt wagen würden.

Mit diesen unerfreulichen Gedanken beschäftigt, ließ er sich mit seiner Rückkehr auch bis zum Nachmittag des folgenden Tages Zeit.

 

Merkwürdigerweise hielt sich Taleebs Zorn über Jians Mißerfolg in Grenzen. Der Junge kannte Taleeb schon, so lange er denken konnte und er wußte die Gestik und Mimik des großen, dunkelhaarigen Mannes, an dessen Schläfen sich bereits das erste Grau zeigte, recht genau einzuschätzen.

Die scharf gezeichneten Gesichtszüge Taleebs waren lediglich von ein wenig Enttäuschung gezeichnet und beinahe weich, als er Jian, nachdem dieser das Gildenhaus betreten hatte, einen Platz neben der Tür wies, von dem er wußte, daß sich der Junge dort bevorzugt aufhielt.

Offenbar wußte er bereits über die Geschehnisse der letzten Nacht Bescheid und Jian vermutete, daß ihm Taleeb jemand mit Erfahrung als Beobachter nachgeschickt hatte um zu sehen, wie er sich bewährte. Vermutlich war es ebenfalls dieser gewesen, der ihn gerettet hatte, auch wenn Jian kein Mitglied der Gilde kannte, der mit einer Armbrust umzugehen verstand. Aber immerhin wußte Taleeb dann auch, daß dieser Fehlschlag nicht auf eine etwaige Unfähigkeit des jungen Diebes zurückzuführen war.

Ein Augenzwinkern von Kitarni, einer der Meisterdiebinnen, ließ ihn jedoch vermuten, daß sie sich zusätzlich für ihn stark gemacht hatte. Taleeb hatte eine Schwäche für Kitarnis Wünsche, ebenso wie sie eine Art mütterliche Schwäche für den jungen Dieb und seinen Bedarf an Fürsorge hatte.

Außerdem vermutete Jian zuweilen, daß Taleeb nur deshalb nicht um Kitarnis Hand anhielt, weil er eine noch viel größere Schwäche für das Geld anderer Leute hatte und dieses unstete Leben keine Bindung möglich machte. Vielleicht auch, überlegte Jian, weil er wußte, daß Kitarni ihre Freiheit über alles ging. Jian grinste in sich hinein: Vielleicht hatte Taleeb auch Angst davor, sich mit Kitarni als Gattin auch einen gewissen jungen Dieb als Adoptivsohn einzuhandeln. Vielleicht aber auch, weil es der auf die vierzig Jahre zugehende Taleeb einfach nicht wagte, um die Hand der um gut fünfzehn Jahre jüngeren Frau anzuhalten und damit auch den zahlreichen jüngeren Werbern um ihre Gunst den endgültigen Anstoß zu geben, ihn anzugreifen.

Jians Überlegungen fanden ein jähes Ende, als die Tür neben ihm aufschwang. Er konnte nicht erkennen, wer in der Tür stand, nur ein Schatten fiel auf den Boden, wo das Licht durch die offene Tür auftraf, aber er sah die Überraschung in den Augen der Diebe und hörte, wie einige von ihnen scharf Luft einzogen.

Taleeb stand schräg hinter der Meute und sein Gesicht zeigte einen halb überraschten, halb fragenden Gesichtsausdruck. Überrascht, weil es jemand wagte unangemeldet sein Gildenhaus zu betreten und fragend, weil er die Person in der Tür offenbar nicht kannte. Und das war an sich schon ungewöhnlich, denn Taleeb pflegte jeden zu kennen, der nach Atled kam und irgendwie von Bedeutung war. Mit dem Betreten des Gildenhauses ohne Einladung war die Person von einen Augenblick auf den nächsten sehr bedeutend geworden.

Taleeb war ein vorsichtiger Mann, deshalb lebte er noch und allein deshalb wurde respektiert. Auf ungeladenes Betreten des Gildenhauses durch einen Fremden konnte er nur in einer Weise reagieren. „Ergreift ihn, aber verletzt ihn nicht!“, ordnete er an und die ganze Bande rückte geschlossen vor.

Der Fremde trat ein und schloß die Tür hinter sich.

Auch jetzt, wo er ihn sehen konnte, kam der Mann Jian nicht bekannt vor. Als Dieb war er gewohnt, eine Person nach ihrer Kleidung zu bewerten, was die Sache aber in diesem Fall nur noch komplizierter machte. Er kannte nur recht fest umrissene Kategorien von Leuten: Reiche Bürger Atleds und Gildenmeister, Händler auf der Durchreise, andere Unbegüterte und ihm zumeist unfreundlich gesonnene Büttel.

Die Kleidung des Fremden war zu schlicht für einen Bürger oder einen Gildenmeister, aber andererseits zu gut gearbeitet, um einem Landsknecht zu gehören. Am meisten verwirrte ihn der Mantel, dieser war seltsam geschnitten und das Material wirkte wie Leder und auf merkwürdige Weise lebendig.

Der Eindringling schien den tastenden Blick Jians bemerkt zu haben und erachtete diesen offenbar für wichtig genug, um die Meute für einen Moment zu ignorieren, die ihn mit jeder Vorsicht taxierte, die Dieben eigen war. Offenbar kam der Fremde zu dem Schluß, daß der Junge keine Gefahr für ihn darstellte, denn er wandte den Blick wieder der Front zu, in die nun Bewegung kam.

Es war ein kräftiger Dieb, den Jian als Kolak kannte, der die kurze Ablenkung des Fremden als Gelegenheit erkannte. Mit einem zum Schlag erhobenen Totschläger sprang er vor und er erreichte den Eindringling genau in dem Augenblick, als dieser seine kurze Einschätzung Jians beendet hatte.

Der Fremde reagierte blitzschnell, wich dem mit Sand und Kieseln gefüllten Leinensack aus, ergriff Kolaks Arm, verdrehte ihn schmerzhaft und schleuderte den schreienden Dieb mit einer fast beiläufigen Bewegung knapp an Jian vorbei gegen die Wand.

Dem Nächsten, der sich mit bloßen Händen auf den Fremden gestürzt hatte, ging es nicht anders, allerdings brachte seine Sturz die ganze Diebesmeute zu Fall.

Die Bande war nun vorsichtiger geworden und versuchte nun, den Fremden mit vereinten Kräften niederzuringen.

Offenbar hatte der Fremde vor, das Geplänkel zu beenden, bevor ihm die Kontrolle gegen die Übermacht doch noch entglitt. Er zog sein Kurzschwert und richtete sie auf den ersten, der ihm nahekam.

Es war nicht die Waffe, welche die Meute innehalten ließ, sondern der Befehl ihres Meisters. „Genug jetzt damit. Ich will hören, was der Mann hier will.“

Der Fremde ließ das Schwert verschwinden und setzte sich an einen der ganz gebliebenen Tische in der Nähe Taleebs. „Ich möchte Euch ein Geschäft vorschlagen“, erklärte er ruhig. „Ihr habt etwas, was ich benötige, und ich habe etwas, was Ihr wollt.“ Er griff an seinen Gürtel und löste einen umfangreichen Beutel, der gleich darauf mit einem metallischen Klingeln auf dem Tisch landete.

„Und um was geht es?“, fragte der Diebesmeister und rückte sich einen Stuhl heran, der das Getümmel ebenfalls heil überstunden hatte. Die Verlagerung des Ereignisses auf eine geschäftliche Ebene war ihm lieb, er schätzte keinen Ärger in den Mauern des Gildenhauses.

„Ich würde gern einen Dieb aus dem Gildenverhältnis auslösen, den ich hier bei Euch gefunden habe. Sein Name ist Jian.“

Der Benannte zuckte zusammen als er das hörte und Taleebs Blick zu ihm schweifte. Der Diebesmeister lachte humorlos auf. „Ich bin durchaus bereit, ihn zu entlassen... Wenn der Preis stimmt.“

„Ich denke, 50 goldene Ghema sind nicht zuwenig.“

„Nein, das sind sie vermutlich nicht. Trotzdem interessiert es mich, warum Ihr gerade ihn wollt. Ich habe wesentlich bessere Diebe...“ Er blickte sich um und bemerkte einen gewissen Mißmut in den Gesichtern einiger seiner Leute. Den Ausschlag gaben die verächtlich herabgezogenen Mundwinkel Kitarnis. „Außerdem wechselt niemand aus dem Schutz der Gilde zu einem neuen Auftraggeber“, fügte er daher hinzu, „wenn nicht sicher ist, daß es ihm dort gut geht. Besonders nicht, wenn er so jung ist wie Jian.“

„Ich verstehe Eure Besorgnis, weiß aber auch, daß es eine große Ehre für jeden Dieb und Diebesmeister ist, wenn ein Mitglied der Gilde in den Dienst von jemanden tritt, der nicht zur Gilde gehört und selbst kein Dieb ist.“

Kitarni trat vor. „Ich wünsche Jian jeden Erfolg, aber könnt Ihr für seine Sicherheit garantieren?“

„Nein“, gab der Fremde unumwunden zu und schüttelte bekräftigend den Kopf. „Das kann ich nicht und es wäre eine Lüge von mir, es zu behaupten. Aber ich kann versichern, daß ich alles tun werde, was in meiner Macht steht, um ihn zu schützen.“ Er machte eine kurze Pause. „Wenn Ihr nichts dagegen habt, würde ich die Einzelheiten gern unter vier Augen besprechen.“ Sein Blick wanderte zu Kitarni, deren Erscheinung sich bei seinen Worten merklich gespannt hatte. „Auch unter sechs Augen wäre denkbar, Midaari, denn mir scheint, Ihr nehmt starken Anteil am weiteren Weg des Jungen“, wandte er sich nun auch an sie.

„Was ist mit Jian?“, fragte sie bitter, ohne auf sein Entgegenkommen einzugehen. „Soll er nicht gefragt werden?“

„Wenn wir uns einig sind, wird er es sein, der das letzte Wort hat“, entgegnete der Fremde. „Ich betreibe keinen Sklavenhandel.“

„Genug jetzt mit dem Geschwätz“, forderte Taleeb, der sich der Anwesenheit der übrigen Diebe bewußt wurde und sich auf seine Autorität besann. „Dies ist nicht für alle Ohren bestimmt. Gehen wir in mein Arbeitszimmer.“ Er wandte sich an seine Untergebenen. „Und ihr lungert nicht herum! Die Marktzeit endet erst in zwei Stunden, da solltet ihr zu tun haben.“

Die überwiegend jungen Männer und Frauen verließen ohne Widerspruch das Gildenhaus, nur Jian blieb zurück.

„Bitte warte hier“, meinte Kitarni sanft. „Du hast ja gehört, auch wenn sich die Beiden einig werden, liegt die endgültige Entscheidung bei dir.“

Jan nickte. „In Ordnung.“

 

Der Raum, in den Taleeb sie nun führte, präsentierte sich als eine merkwürdige Mischung aus Arbeitszimmer, Schatz- und Rumpelkammer. Er war etwa acht Schritte im Geviert groß und hatte neben der Tür keinen weiteren Zugang, nicht einmal Fenster. Unter der Decke befanden sich ein paar kleine Schlitze, die für ausreichende Belüftung sorgten und im Winter leicht durch eine Klappe verschlossen werden konnten.

Ein Großteil des Zimmers wurde durch einen riesigen Tisch dominiert, auf dem sich verschiedene Papiere, ein gut gefülltes und ein ausgetrocknetes Tintenfaß, Schreibfedern, Geschäftsbücher, zwei Messer, ein verschlossener Krug, mehrere Becher und ein paar kleinere Beutestücke des gestrigen Tages in organisiertem Durcheinander vereinten.

Hinter dem Schreibtisch stand ein kleiner, grob gezimmerter Schemel, der neben dem klobigen Tisch dennoch beinahe zerbrechlich wirkte. Die Wände waren mit verschiedenen Stoffen behangen, die von Lumpen bis hin zu prachtvollen Teppichen jede erdenkliche Qualität und in vorteilhafter Weise auch die nackten Fachwerkwände abdeckten.

Schränke suchte man vergebens, statt dessen standen zwei große Truhen herum, die einen soliden Eindruck machten. Ansonsten beherbergte nur noch ein kleines Regal mehrere Standfiguren, ebenfalls Diebesgut, welches sich jedoch als unverkäuflich erwiesen hatte. Taleeb störte dies nicht, ihm gefielen die Skulpturen und er sammelte sie mit Beständigkeit und verhaltener Leidenschaft.

Jetzt ignorierte er jedoch das Regal, trat direkt an den Tisch und ergriff den Krug und drei Becher. „Darf ich Euch einen guten Tropfen anbieten? Die Weine aus Atled sind nicht besonders, aber dieser hier ist eine Ausnahme.“

„Danke, aber nein“, meinte der Fremde und hob abwehrend die Hand. „Meine Zeit ist begrenzt und ich würde es begrüßen, wenn wir auf den Punkt kommen könnten.“

Kitarni, die lässig an dem Regal lehnte, schüttelte nur leicht den Kopf und so stellte Taleeb die Gefäße wieder ab. „Nun gut, ich habe nichts dagegen, die Sache schnell über die Bühne zu bringen.“

Er trat hinter seinen Tisch, verzichtete aber darauf, sich zu setzen, denn er hätte weder Kitarni noch dem Gast einen Stuhl anbieten können. Taleeb jedoch war ein höflicher Vertreter seiner Zunft und außerdem ging es ihm mehr darum, durch räumliche Entfernung auch eine geistige Distanz zu schaffen, die er bei geschäftlichen Gesprächen für unerläßlich hielt. „Laßt uns damit beginnen, einander vorzustellen“, eröffnete er dann. „Die Daari hier heißt Kitarni und ist eine Diebin meiner Gilde. Ich nehme an, wer ich bin, ist Euch bekannt?“

„Natürlich“, entgegnete der Fremde. „Mein Name ist Areth... Mehr ist nicht nötig zu wissen, denke ich.“

„Tatsächlich“, bestätigte Taleeb, „mich interessiert auch eher etwas anderes. Ich rechne, ehrlich gesagt, nicht mit einer Antwort... Aber wie könnte Euch Jian nützlich sein? Er ist nur ein Junge und nicht einmal ein übermäßig guter Dieb.“

„Es geht mir auch weniger darum, was er ist“, entgegnete Areth, „sondern das er es ist und wer er ist.“

„Ich muß sagen, Ihr sprecht recht geheimnisvoll“, warf Kitarni ein.

Areth wandte sich ihr zu. „Ihr sagt es, Midaari. Genau das ist es, was mich hierher geführt hat... Ein Geheimnis.“

„Wovon sprecht Ihr?“, hakte Taleeb nach, dessen Neugier nun geweckt war. Als jemand, der im Untergrund zu Hause war gehörten Geheimnisse zu dem, was einem das Überleben und im Idealfall erhöhte Gewinne sicherte.

„Vor kurzem besuchte ich einen Tempel“, erklärte Areth, „und erfuhr dort von einer Vision, die einige der Priester gehabt hatten. Sie besagt, daß drei bestimmte Personen nötig sind, um einen göttlichen Auftrag zu erfüllen.“

Taleeb zog die Stirn in nachdenkliche Falten; die Tempel waren keine Größe, die den Alltag der Diebe sonderlich tangierten. „Was habt Ihr damit zu tun?“

„Und was hat Jian damit zu tun?“, ergänzte Kitarni.

„Sowohl ich als auch der junge Dieb werden dort beschrieben“, antwortete Areth, ohne zu zögern. „Und ich fühle mich den Tempeln verpflichtet, deshalb habe ich mich auf die Suche gemacht.“

„Natürlich“, meinte Taleeb sarkastisch, „Ihr seid nur ein gläubiger Jünger, der seinem Gott dient. – Bitte verkauft mich nicht für dumm.“

„Ich diene keinem Gott“, erwiderte Areth ernst. „Meine Schuld gilt allein den Priestern. Es ist mir gleichgültig, ob die Vision ernst zu nehmen ist oder nicht, für mich ist es eine Möglichkeit, mich erkenntlich zu zeigen.“

„Und was ist es für Jian?“, schnappte Kitarni. „Eine Gelegenheit, als Handlanger in Gefahr zu geraten, damit Ihr mit Eurer Schuld ins Reine kommt?“

Areth ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Es ist für ihn eine Aussicht auf ein besseres Leben. Wenn er sich um die Belange der Tempel bemüht gemacht hat, wird er dort Aufnahme und Ausbildung erfahren, egal wie es um diese Vision steht. Der Junge ist geschickt, aber er kann sich nicht verteidigen... Letzte Nacht wäre ihm das beinahe zum Verhängnis geworden.“

„Taleeb?“ Die Richtung von Kitarnis Zorn schwenkte auf den Diebesmeister.

„Er war nicht in Lebensgefahr“, versicherte Taleeb schnell. „Die Stadtwache ist nicht gerade feinfühlig, aber sie achtet das Gesetz. Ich habe Dir nichts davon gesagt, damit du dich nicht beunruhigst.“

Ein abfälliges Schnauben war die einzige Antwort auf die für Taleebs Verhältnisse aufrichtige Entschuldigung.

Ihr Gast ging unterdessen nicht weiter auf die Differenzen der Beiden ein. „Die Wachen vieler Händler haben andere Vorstellungen davon, wie man mit Dieben umzugehen hat. Ich konnte ihn gestern schützen und ich werde es auch weiterhin können. Welches Schicksal erwartet ihn als Dieb, selbst wenn er älter wird? Ein Leben in ständiger Verfolgung, sobald er dieses Haus verläßt und wahrscheinlich ein Ende in irgend einer dunklen Gasse. Entweder als zu alter Dieb oder als junger Mann mit einem Messer im Rücken.“

Kitarni blickte Areth zornig an und sowohl dieser als auch Taleeb merkten, daß sie um ihre Beherrschung rang. Sie war spürbar im Widerstreit von Zorn und dem Wissen gefangen, daß Areth recht hatte.

„Ihr sorgt euch aufrichtig um den Jungen, Midaari“, meinte Areth höflich, „aber Euer unstetes Leben wird es nie möglich machen, daß er aus der Gosse Atleds kommt. Gebt dem Jungen diese Möglichkeit und helft ihm und mir.“

Taleeb sog scharf Luft ein, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und hob abwehrend die Hände, als er sie erhielt. „Ich merke schon“, meinte er, „daß meine Mitsprache hier nicht gefragt und auch fehl am Platze ist. – Kitarni, du weißt, daß es mir sehr viel bedeutet, dich zufrieden zu sehen, ich werde mich daher aus dieser Sache heraushalten. Wenn du Jian gehen läßt, entlasse ich ihn aus dem Gildenverhältnis. Wenn er bleiben will, ist er mir willkommen.“ Er atmete aus und wandte sich zur Tür. „Ich möchte damit nichts weiter zu tun haben, es ist deine Entscheidung und die von Jian. Ich schicke ihn herein.“

Kaum hatte Taleeb den Raum verlassen, ergriff Kitarni wieder das Wort. „Ich glaube Euch“, eröffnete sie gefaßt. „Ich kenne Euch nicht und weiß auch nicht, ob es richtig ist, Euch bedingungslos zu vertrauen, aber... Aber ich fühle, daß ihr ebenso um das Wohl Jians besorgt seid wie ich. Ihr könnt ihn vermutlich auch besser schützen, als ich oder die Gilde dazu in der Lage sind.“

„Danke, Midaari...“

„Dankt mir nicht“, fiel sie ihm ins Wort. „Ich handle in Jians Interesse, nicht in Eurem. Wenn er einverstanden ist, soll er mit Euch gehen. Aber wenn ihm durch Euer Verschulden etwas zustößt, werde ich Euch finden.“

Areth hatte schon häufiger Drohungen gehört, Drohungen von Leuten, die ungleich stärker und mächtiger als diese Diebin waren. Dennoch wußte er, wie ernst es ihr war und wie gefährlich Enttäuschung und feste Entschlossenheit jeden machten. „Dann hätte ich Euren Zorn verdient“, meinte er daher.

Sie nickte nur stumm und ging zur Tür, die sich in diesem Augenblick zaghaft öffnete. Jian trat ein und schloß sie zögerlich hinter sich. Das ungewohnte Verhalten Taleebs war ihm nicht entgangen und so blieb er da stehen, wo er war.

Kitarni trat auf ihn zu und blieb vor ihm stehen. Sie schaute ihn für einige Augenblicke an, als wollte sie sich seine Erscheinung einprägen. Die braunen Augen, das dunkelblonde, stets wirr in alle Richtungen abstehende Haar, das fein geschnittene Gesicht, das allerhöchstens einmal in der Woche Wasser sah und die für sein Alter schmächtige, aber dafür hochgewachsene Erscheinung.

Jian wußte in diesem Moment, wie die Entscheidung ausgefallen war, die in diesem Raum getroffen worden war. Er konnte sehen, wie Kitarni mit den Tränen kämpfte, einen Kampf, den sie zwar gewann, aber der dem jungen Dieb nicht entging. Taleeb und Kitarni waren bereit, ihn gehen zu lassen. Kitarni war deswegen traurig und er mußte die endgültige Entscheidung treffen. Und wenn Kitarni unglücklich war, gab es nur eine Entscheidung, die er treffen konnte. Er würde nicht...

„Hör zu, Jian“, unterbrach Kitarni mit leiser, eindringlicher Stimme seine Gedanken. Sie sah ihm ernst in die Augen und strich ihm durch die Haare. „Hör zu. Ich möchte, daß du mit Areth gehst. Er kann dir ein besseres Leben ermöglichen als die Gilde. Und er wird dich auch besser schützen können.“

„Aber Kitarni...“ Jian konnte nicht fassen, was sie ihm da eröffnete. „Ich kenne ihn doch gar nicht“, war das Einzige, was er zu sagen wußte, obwohl im noch mehr Dinge – Argumente und Gefühle – ungeordnet durch den Kopf schossen.

„Es tut mir furchtbar weh, dich gehen zu lassen“, meinte Kitarni. „Du bist ein kluger Junge und du weißt, daß ich recht habe. Ich habe versucht, eine Mutter für dich zu sein, aber auch eine Mutter muß ihre Kinder irgendwann aus dem Haus lassen.“

„Du willst, daß ich gehe?“ Jians Verstand arbeitete rasend schnell. Gefühle und Wissen fochten ihren Kampf. Er wußte, daß Kitarni sein Wohl im Auge hatte, wen sie ihn fortschickte. Er wußte auch, daß sie Recht hatte und das es sie unglaublich schmerzen mußte. Aber seine Gefühle sagten ihm nur, daß die Frau, die sich bisher um ihn gekümmert hatte, ihn nun fortschickte. Einfach wegschickte, mit jemanden, den wieder sie noch er kannte. Es tat sehr weh und er mußte schlucken. Mehrmals hintereinander, immer schneller, als könnte er damit den Schmerz herunterwürgen, damit die Gefühle zu begraben, die ihn quälten. Er mußte nicht mit den Tränen zu kämpfen, denn er hatte noch nie geweint. Er tat es auch jetzt nicht. „Ich werde gehen... Mutter.“

Kitarni antwortete nichts, umarmte den Jungen nur und zog ihn an sich heran. Als sie ihn wieder entließ, lächelte sie ihn an. „Geh nun, Jian. Verabschiede dich bei Taleeb, aber mach schnell. Ich weiß nicht, wie lange ich noch die Kraft habe, dich fortzulassen.“

Jian nickte. „Ich werde dich nicht vergessen und... Und ich werde auch wiederkommen.“

„Das weiß ich.“

 

Jian respektierte den Wunsch Kitarnis und beeilte sich. Er brauchte nicht lange, um seine wenigen persönlichen Besitztümer in einem kleinen Umhängebeutel zu verstauen.

Auch Taleeb war es recht, daß Jian ohne langen Abschied ging. Auf diese Weise fiel es auch ihm leichter, denn in gewisser Weise mochte er den Jungen mehr, als er ihm je gezeigt hatte. Als Jian und Areth sich in der langen Gasse immer mehr vom Gildenhaus entfernten, stand er im Türrahmen und schaute den Beiden nach.

Schließlich trat auch Kitarni zu ihm und lehnte sich an seine Seite, eine Annäherung, die sie bisher stets vermieden hatte. Er blickte überrascht in ihr Gesicht und bemerkte, daß sie nun doch geweint hatte.

„Solange sich Jian noch in meinem Einflußbereich aufhält, werden die Augen der Gilde auf ihn und diesen Areth gerichtet sein“, versicherte er und bemerkte dann, daß es nicht das war, was sie hören wollte. „Er wird dich nicht vergessen“, ergänzte er rasch.

„Das weiß ich“, antwortete sie nur. „Das weiß ich.“

 

Jian ging an der Seite Areths durch die um diese Zeit bereits weniger belebten Straßen der Stadt und bemerkte, daß sie auf den Nordstadtmarkt zusteuerten. Der Mann hatte seit den Geschehnissen im Gildenhaus der Diebe kein Wort mehr gesprochen, und so erschrak Jian beinahe, als Areth sich an ihn wandte.

„Es fällt dir schwer, nicht wahr?“

„Ja, Herr“, gestand Jian, der nicht wußte, worauf der Andere hinauswollte.

„Das ist gut, dann wirst du sie alle auch wiedersehen.“

Während dieses kurzen Gesprächs hatten sie den Markt erreicht. Areth griff in seinen Beutel und gab Jian zwei goldene Ghema. „Besorg dir bessere Kleidung, bevor die Händler ihre Stände abbauen. Sie sollte zweckmäßig und für eine Reise geeignet sein. Ich habe noch etwas zu erledigen, wir treffen uns hier.“

Jian wollte noch erwidern, daß er noch nie über die Stadtgrenzen hinaus gekommen war und nicht die geringste Ahnung hatte, was auf Reisen zweckmäßig war, aber Areth war bereits um die nächste Ecke verschwunden und Jian stand alleine auf dem Marktplatz. Er zuckte mit den Schultern und machte sich daran, die Anweisung umzusetzen.

Bei einem Kleiderhändler erwarb er ein paar Stiefel aus weichem, mit Sohlen aus etwas festerem Leder, ein graues Leinenhemd, eine schwarze Hose aus demselben Material und einen halblangen Reiseumhang aus gewachstem Leinen.

Er wollte gerade zurück zum Treffpunkt gehen, als sein Blick auf die Auslage eines Waffenhändlers fiel. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus erwarb er noch einen schmalen Wurfdolch, den er in seinem linken Ärmel verschwinden ließ.

Diese Waffe hatte ihn daran erinnert, daß es ihm des öfteren gelungen war, die anderen Diebe damit zu beeindrucken, wie er erbeutete Dolche in komplizierten Mustern zwischen den Fingern balanciert hatte. Einmal war Taleeb in den Raum gekommen und Jian hatte den Dolch verschwinden lassen müssen; der Diebesmeister mochte es nicht, wenn seine Diebe mit Waffen herumhantierten, was ganz eindeutig gegen die Statuten der Diebesgilde verstieß. Damals hatte er sich nicht anders zu helfen gewußt, als den Dolch in Richtung der Decke zu schleudern, wo er auch stecken blieb. Der aufmerksame Diebsmeister hatte die Waffe natürlich trotzdem bemerkt und Jian für seine Geschicklichkeit gelobt... Um ihn anschließend lautstark über die Auflagen zu belehren, unter denen die Diebe Gildenrecht genossen und ihm jeden weiteren Umgang mit Waffen zu verbieten.

Was die in diesem Moment gekaufte Waffe anging, traute sich Jian nicht zu, damit jemanden anzugreifen, doch es verschaffte ihm das trügerische, aber nichtsdestotrotz angenehme Empfinden von etwas mehr Sicherheit.

Im Mantel dieses Gefühls begab er sich zum ausgemachten Treffpunkt.

 

Trotz seiner ausgeprägten Instinkte hatte Jian seinen neuen Herrn nicht bemerkt, der ihn während seines Marktbummels beobachtet hatte.

Areth hatte gegenüber dem Jungen vorgegeben, noch etwas erledigen zu müssen, doch tatsächlich ging es ihm eher darum zu erfahren, inwiefern er ihm vertrauen konnte.

Als er Jian das Messer kaufen sah, stutzte er für einen Moment, dann grinste er. Der Junge zeigte Initiative und Überlebenswillen, und so lange er nicht vorhatte, das Messer an seinem Begleiter auszuprobieren, war das nur gutzuheißen.

Er beobachtete Jian weiter, bis dieser zum Treffpunkt zurückkehrte und ließ ihn dort noch eine halbe Stunde warten. Dann erst verließ er das Dach des dreistöckigen Lagerhauses auf die ihm eigene Weise und ohne, daß ihn jemand dabei beobachtete. Das hätte zu einigen Fragen geführt, die er ungern beantwortete.

Jian war erleichtert, als Areth wieder auftauchte sah, denn obwohl er als Dieb gelernt hatte, geduldig zu sein, hatte ihn die Warterei doch nervös werden lassen. Er wollte das übriggebliebene Geld wieder zurückgeben, doch Areth winkte ab.

„Bei einem Dieb dürfte es sicherer sein las bei mir“, meinte er grinsend.

„Herr, wenn es Euch nichts ausmacht, dann sagt mir doch bitte, welches meine augenblickliche Stellung ist. Ich meine im Bezug auf Euch...“

Die Reaktion war unerwartet, denn der Fremde lachte. „Laß das ´Herr´ weg, Du bist nicht mein Diener. Vielleicht wird es zuweilen notwendig sein, daß wir so auftreten, aber ansonsten sind wir Reisegefährten, einverstanden?“

„Einverstanden.“

„Dann solltest du mich auch Areth nennen. Und noch etwas...“ Er deutete er auf Jians linken Ärmel. „Sei bitte vorsichtig mit dem Messer.“

 

Areth öffnete eine Tür in dem Mietshaus, das sie vor ein paar Minuten betreten hatten und wies einladend auf das dahinterliegende Zimmer.

„Wir werden erst morgen aufbrechen. Das Haus gehört jemandem, der mir noch einen Gefallen schuldet und steht uns zur Verfügung, aber ich denke, wir sollten den Gefallen nicht überbeanspruchen und nur die Gästestuben nutzen. In diesem Zimmer kannst du schlafen, mein Stube ist gleich nebenan. Besser, du legst dich früh schlafen, wir reisen morgen in aller Frühe ab.“

Jian nickte, bezweifelte aber, daß er bei seiner Aufregung über den morgigen Aufbruch würde schlafen können. Nachdem Areth gegangen war, blickte er aus dem Fenster. Es hatte bereits gedämmert, während sie noch eine Weile durch die Stadt gewandert waren. Areth hatte noch einige Leute aufsuchen wollen, sowohl Händler für Reisebedarf als auch einen Kartenmacher, um sowohl den morgigen Aufbruch als auch die weitere Reisroute zu planen.

Er ertappte sich dabei, wie er gähnte und stellte überrascht fest, daß der zielvolle Bummel durch die Stadt ihn mehr ermüdet hatte als seine üblichen Streunereien. Ohne viel darüber nachzudenken zog er seine Stiefel aus und warf sich auf das bequeme Bett. Es dauerte nicht lange, bis er einnickte.

 

Ein Geräusch ließ Jian hochschrecken. Er war sofort hellwach, etwas, was man als Dieb schnell lernte. Er sah aus dem Fenster, doch die undurchdringliche Dunkelheit bot keinen Anhaltspunkt darauf, wie lange er geschlafen hatte.

Das Geräusch, welches ihn geweckt hatte, wiederholte sich und Jian konnte es nun als dumpfes Flattern identifizieren, welches aus den unteren Räumen an seine Ohren drang.

Neugierig und dennoch mit aller gebotenen Vorsicht, schlich er sich die Treppe hinunter. Die Tür des Zimmers, das Areth als das seinige bezeichnet hatte, stand offen und das flackernde Licht einer Öllampe drang auf den Flur. Auf der Wand gegenüber der Tür fand ein verwirrendes Schattenspiel statt und um den Schatten Areths schienen sich noch zwei merkwürdig formlose Schatten zu bewegen.

Zwischen Furcht und Neugier hin- und hergerissen zögerte Jian, dann aber riskierte er einen vorsichtigen Blick ins Zimmer. Areth war allein in dem Raum, doch die augenblickliche Erscheinung des Söldners genügte, um Jan einen gelinden Schreck zu versetzen.

Die Erzähler auf den Märkten und die Reisenden in den Schenken hatten öfter von seltsamen Wesen berichtet, von den Amesha, die den Süden des Kontinents Niella-Chatarc bewohnten. Er hatte er es lange Zeit für ein Märchen gehalten, bis dann eine Gesandtschaft dieser Wesen auf ihrer Reise zu den Säulen der Sonne, dem Gebirge am nördlichen Ende der Welt, in Atled Halt machte.

Jian hatten diese Wesen fasziniert, ihre Größe von über zwei Schritten, die Federn über ihren Ohren, die erst zum Scheitel hin in den für Bridaniin gewohnten Haarwuchs übergingen. Die scharfen, schmalen Gesichtzüge hatten den ansonsten den Bridaniin verblüffend ähnlichen Wesen einen fremdartigen Zug verliehen. Am meisten hatten ihn jedoch die Flügel dieser Wesen beeindruckt, die trotz fehlender Federn an Vogelflügel erinnerten. Es waren die gleichen Schwingen die nun hinter Areths Schultern hervorragten.

Er bemerkte Jian und ein fast betretener Zug machte sich auf seinem Gesicht breit. Langsam entspannte er die Schwingen welche nun sanft über den Rücken bis zu den Knöcheln reichten. Jian verstand nun, warum der Mantel Areths auf ihn so merkwürdig gewirkt hatte.

„Ich wollte dich eigentlich schonend darauf vorbereiten“, wandte er sich mit ernster Stimme an den Jungen. „Hoffentlich habe ich dich nicht zu sehr erschreckt.“

Jian entspannte sich. „Du hast mich nicht erschreckt, eher überrascht. Du bist ein Amesha?“

Die Reaktion Jians schien Areth zu beruhigen. „Nicht ganz“, erklärte er sachlich. „Meine Mutter war eine Amesha, mein Vater ein Bridaniin. Ich denke, ich schulde Dir ein paar Details... Auch was deine Herkunft angeht.“

Dies Worte Areths verwirrten Jian mehr als alle Geschehnisse der letzten zwei Tage zusammen. Er hatte seine Eltern nie gekannt und jetzt tauchte ein Mischling auf und behauptete, ihm etwas erzählen zu können. Im Grunde hatte er etwas Angst vor der Erklärung, aber seine Neugier siegte. „Erzähl“, sagte er.

Areth zog eine Satteltasche unter seinem Bett hervor und entnahm dieser eine Lederröhre, die auf beiden Seiten mit Metallverschlüssen abgedichtet war. Er schraubte eine Seite auf und eine Rolle Pergament fiel in seine offene Hand. „Kannst du lesen?“, fragte er Jian.

„Ein wenig“, antwortete er. Das war eines der Dinge, für die er Taleeb sehr dankbar war. Der Diebesmeister hatte gemeint, daß seine Diebe besser arbeiten konnten wären, wenn sie wenigstens ein bißchen lesen konnten. Und Jian war in dieser Hinsicht ein gelehriger Schüler gewesen. Areth gab ihm die Schriftrolle, Jian rollte sie vorsichtig auf und begann zögernd, die Zeilen zu entziffern.

„Die letzten Nächte raubten mir meinen Seelenfrieden“, las der Junge mit halblauter Stimme, „denn während ich schlief, erschien mir in meinen Träumen eine Gestalt aus den Abgründen der Dunklen Götter. Ich fühlte mich jedoch keineswegs bedroht und wie ich bald merkte, wollte mir die Kreatur nichts Böses. Sie hatte eine Botschaft für mich, die ich jedoch trotz aller Klarheit der Vision – denn um eine solche handelt es sich meiner Meinung nach – nur sinngemäß wiedergeben kann: Drei, von jeder Art einer und doch von keiner, sollen den Sturz des Tempels der Paraxi durch die Hand derer, denen Frieden im Wege steht, verhindern. Nur so werde es gelingen, den Fall der Reiche aufzuhalten.“

Jian blickte kurz zu Areth, dann wieder auf die Rolle. „Hesthaham, Priester des 2. Grades im Tempel der Bilaani“, schloß er und verstand noch weniger als vorher. „Drei von jeder Art und doch von keiner? Was bedeutet das?“

Areth setzte sich an den Tisch, wies Jian mit einer Geste an, auf dem anderen Stuhl Platz zu nehmen und begann erst mit seiner Erklärung, als Jian der Aufforderung nachgekommen war. „Denk’ selbst darüber nach. Wenn du wirklich nicht auf den Sinn kommst, erkläre ich es dir.“

Jian sah Areth einen Augenblick, dann begriff er. „Es gibt drei Wesen in der bekannten Welt: Amesha, Efhiri und Bridaniin“, meinte er. „Je einer von jeder Art und doch von keiner, also Mischlinge. Sie sind von jeder Art und doch von keiner. Richtig?“

„Richtig“, bestätigte Areth. „Und weiter?“

Jian ging ein Licht auf. „Verstehe. Aber wer sind nun meine Eltern?“

„Du hast mich falsch verstanden. Ich weiß nicht, wer deine Eltern sind, ich weiß nur was sie sind. Und du weißt es jetzt auch.“

„Also gut.“ Jian beschloß, es zu akzeptieren. Es ergab auch durchaus Sinn: Beziehungen zwischen Efhiri und Bridaniin wurden hier in Atled, an der Grenze zum Reich der Efhiri, mehr oder weniger toleriert, solange es keine sichtbaren Ergebnisse gab. Somit war es gut möglich, daß seine Eltern oder zumindest ein Elternteil ihn damals ausgesetzt hatte. Mischlinge aus der Verbindung von Efhiri und Bridaniin waren zwar selten, aber er hatte schon gelegentlich davon gehört.

Unwillkürlich blickte er an sich herab und verglich seine Erscheinung mit der, die ihm von den Efhiri bekannt war: Schlank, beinahe schmächtig, kleiner als ein Bewohner Bridans. Er wußte, daß er dunkle, fast schwarze Augen hatte, etwas, daß bei den Völkern Bridans die absolute Ausnahme, bei den Efhiri jedoch die Regel war.

Areth hatte Jians Mienenspiel beobachtet und Jian konnte sehen, daß Areth mühsam ein Lachen unterdrückte. „Tu’ dir keinen Zwang an, ich weiß ja im Moment selbst nicht ob ich lachen oder weinen soll.“

Und als Areth zu lachen anfing, fiel Jian ein.

 

Jian war am nächsten Morgen außerordentlich früh wach, mußte aber feststellen, daß Areth schon lange vor ihm aufgestanden sein mußte. Er hatte die zwei am Vortag gekauften Nirig und Reiseproviant besorgt und war gerade dabei, es in den Satteltaschen der Reittiere zu verstauen. Jian half ihm und nutzte die Gelegenheit, sich die Tiere einmal aus der Nähe anzusehen.

Nirig waren selten, da nur wenige Bridaniin sie nutzten. Die Tiere waren an der Schulter etwa so hoch wie er selbst, hatten kräftige Hinter- und weitaus dünnere Vorderläufe, die Hufe vorn waren zweigeteilt. Das Hauptgewicht des Körpers lag hinten und wurde durch einen kräftigen Schwanz ausbalanciert, der spitz zulief und in einer Quaste mündete. Das Nirig, bei dem Jian stand, hatte ein hellbraunes Fell, welches kaum eine Fingerbreite lang war und nur auf der Unterseite etwas länger wuchs. Die Köpfe waren lang und liefen spitz zu, die großen dunklen Augen, die ihn bei seiner Tätigkeit neugierig musterten, gaben den Tieren ein friedfertiges, beinahe schon dümmliches Aussehen. Die Ohren waren so klein, daß man sie an den Seiten des Kopfes kaum sah.

Jian schloß die Tasche und strich die Tier vorsichtig über den Rücken, was dieses mit einem schnatternden Brummen quittierte. Der Kopf fuhr herum und eine lange, an der Spitze gespaltene Zunge fuhr über Jians Oberarm.

Auch Areth wurde mit dem Packen der Satteltasche fertig. „Gib mir mal bitte die Zügel“, forderte er Jian auf.

Die Riemen waren an Halftern an den Hälsen der Tiere befestigt, Jian angelte danach und reichte sie Areth. „Etwas wüßte ich gerne noch“, stellte er bei dieser Gelegenheit fest, „warst du es, der mich vorletzte Nacht gerettet hat? Und wie hast du mich gefunden?“

„Das gestern war ich“, bestätigte Areth. „Und wie ich dich gefunden habe... Nun, die Schriftrolle, die ich dir gestern zeigte, ist eine Abschrift und enthält nur einen Teil der Vision, die verschiedene Priester hatten. Auf weiteren Blättern wird recht genau beschrieben, wie die drei zu finden sind und was sie tun. Ich paßte bereits auf die Beschreibung, ein Mann der Waffe, dessen Elternteile Amesha und Bridaniin waren. Dann forschte ich hier in Atled nach einem Dieb, der sowohl ein efhirisches als auch ein bridanisches Erbe hat. Der Dritte soll sowohl Amesha als auch Efhiri und zugleich ein hoher Botschafter sein. Damit ergibt sich im Übrigen auch unser nächstes Ziel.“

Jian überlegte. „Bedeutende Botschafter halten sich für gewöhnlich in der Herrscherresidenz auf... Ich verstehe, unser Ziel ist Draghaven.“

„Genau“, bestätigte Areth und schwang sich auf sein Nirig.

„Eine Frage hätte ich noch. – Wie reitet man so ein Tier?“

Eine gute Stunde später wußte Jian immerhin, wie man sich halbwegs im Sattel hielt und Areth hoffte inständig, daß Jians Reitkünste sich im Verlauf der Reise verbessern würden. Er versuchte, den Jungen aufzumuntern. „Vielleicht beruhigt es dich zu erfahren, daß Efhiri im Grunde keine Reiter sind...“

Jian beruhigte es überhaupt nicht. „Meines Wissens trifft das auch auf Amesha zu. Wie kommt es dann, daß du sicher im Sattel sitzt?“

„Ich war nach meiner ersten Stunde auf einem Nirig nicht halb so sicher, wie du es jetzt bist.“

Jian rollte mit den Augen. „Wer’s glaubt...“

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Erstellt: 28.04.2005, zuletzt aktualisiert: 24.02.2015 09:58, 101