Terror (Autor: Dan Simmons)
 
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Terror von Dan Simmons

Rezension von Björn Backes

 

Inhalt:

Im Auftrag der Navy startet der britische Polarforscher Sir John Franklin am 19.Mai 1845 eine waghalsige Expedition. Mit einer 129 Mann starken Crew versucht er, die Nordwestpassage, die offizielle Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik, zu durchqueren und seine zwei Schiffe durch den engen, gefährlichen Eisweg zu navigieren. Nachdem Franklin und die Besatzung der ‚Erebus’ und ‚Terror’ endlich den berüchtigten Seeweg entdeckt haben, droht jedoch eine Katastrophe folgenschweren Ausmaßes: Der naive Glaube, die modernen Schiffe würden den Gewalten der Natur gewachsen sein, entpuppt sich alsbald als Irrglaube, und als die Seeleute schließlich von einem verborgenen Ungeheuer angegriffen werden, scheint der Tod für alle nahe. Nachdem das Eis und auch der Tuunbaq, jenes tödliche Monster, ihren Tribut fordern, sieht sich die Mannschaft gezwungen, die beiden Dampfer aufzugeben. Eingesperrt im ewigen Eis werden sie weiter verfolgt und entdecken erst dort, welchem Schwindel sie unterliegen. Vergiftete Konserven, abgefrorene Gliedmaßen und die schiere Verzweiflung im vergeblichen Überlebenskampf sind ständige Begleiter auf einer Reise, die gar kein richtiges Ziel mehr hat. Und während der Tuunbaq im Hinterhalt weiter lauert, finden sich Franklin und seine Weggefährten langsam damit ab, dass diese Polarreise gleichzeitig ihre letzte bleiben wird.

 

Rezension:

Ein Gewaltprojekt – mal wieder! Dan Simmons hat sich in seinem neuesten Werk mal wieder an einen äußerst schwierigen Themenkomplex herangewagt, der erneut in der weltlichen Geschichte verankert ist, gewohntermaßen aber auch mit einem Hauch Phantastik – und in diesem Fall sogar mit Ingredienzien aus dem Horror-Bereich – angereichert wurde. Die Geschichte des britischen Polarforschers John Franklin ist allgemeinhin ein spannendes Thema, das seit ewigen Zeiten die Geschichte der Seefahrt bewegt, aufgrund des tragischen Ausmaßes aber gleichzeitig auch genügend brisante Aufhänger bietet, um eine brutale Tragödie zu konzipieren, die in ihrer Präsentation enorm authentisch sein könnte. Könnte? Oder tatsächlich ist?

 

Nun, Simmons startet in „Terror“ richtig souverän, nimmt sich Zeit für die Einführung des Settings und des Backgrounds und der historischen Figuren, beschreibt unterschwellig aber auch gekonnt die Leichtgläubigkeit, die dem gesamten Projekt zugrunde liegt. Die modernsten Maschinen kamen zum Einsatz, die Lebensmittelvorräte sollten über Jahre reichen, und dank der Erfahrung des Kapitäns zweifelte niemand daran, dass es Franklin gelingen würde, diese Pionierfahrt erfolgreich zu bestreiten. Der Autor hat ein gutes Gespür dafür, die allgemeine Euphorie einzufangen und auf den Punkt zu bringen, dabei aber immer wieder auszuschmücken und die Emotionen der Besatzung aufzugreifen Von Beginn an wechselt er permanent die Perspektive, klammert sich dabei natürlich vorwiegend an Franklin, wirft den Fokus aber auch immer wieder gerne auf die einfachen Seeleute, die ebenso betroffen sind, wie ihr schier übermütiger, sturer Anführer.

Was der Geschichte hingegen nicht so gut zu Gesicht steht und eigentlich als tragender Inhalt ziemlich befremdlich wirkt, ist das fürchterliche Seeungeheuer, welches den geheimnisvollen Mythos um den Verbleib der 129 Menschen stützen soll. Der Tuunbaq als fiktive Sagengestalt dient letzten Endes nur als Befriedigung für die Anhängerschaft von Simmons’ phantastischer Seite, kann die Handlung aber nicht wirklich beleben, da das Monster die menschlichen Aspekte der Geschichte an manch prägnanter Stelle untergräbt. Als würde es nicht ausreichen, dass die Besatzung im Eis festsitzt und mit den Gewalten der Natur ringen muss, setzt der Autor hier noch ein Gewicht drauf, das die bewegende Geschichte nicht immer problemlos auf ihren Schultern tragen kann. Womöglich wäre der Effekt ein anderer, falls der historische Background nicht gegeben wäre. Hier jedoch hätte man auf ein solch einschneidendes Element gerne auch verzichten können.

 

Abgesehen von diesem künstlichen Eingriff in die Story ist „Terror“ jedoch das gewaltige Epos, welches man hinter diesem Werk vermuten durfte. Der Einblick in die menschliche Tragödie, der eigentlich schon verlorene Kampf gegen den Tod, die generelle Darstellung der Verzweiflung an Bord bzw. später im Eis: Dies sind Inhalte, die Simmons schlicht und einfach genial transferiert hat, und für die alleine sich der Genuss dieses Wälzers schon wieder lohnen würde. Und abseits dessen lauert eine Abenteuerhandlung, die so ungewöhnlich, gleichzeitig aber auch so authentisch und erschreckend nahe ist, dass man die Tragik phasenweise wirklich greifen kann. Vor diesem Hintergrund gelingt es dem Autor sogar, die einzelnen Schwächen des Plots mit seinem packenden Erzählstil fast gänzlich niederzuringen und letzten Endes auch ein wenig Akzeptanz für den Tuunbaq zu schaffen – und dafür verdient Dan Simmons zum wiederholten Male den allergrößten Respekt.

 

 

Fazit:

„Terror“ ist in der Biografie dieses Bestseller-Autors sicher ein kleiner Fremdkörper, zumindest was den Inhalt betrifft. Wenn es jedoch darum geht, das Drama mitreißend aufzubereiten und die Brisanz auch in einem Endlos-Epos auf den Punkt zu bringen, ist die Handschrift Simmons` sofort wieder zu erkennen, und diese sorgt auch in seinem neuen Projekt für Begeisterung auf knapp 1000 Seiten!

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Buch:

Terror

Autor: Dan Simmons

Taschenbuch, 990 Seiten

Heyne, 1. Januar 2009

 

ISBN-10: 3453406133

ISBN-13: 978-3453406131

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 06.03.2009, zuletzt aktualisiert: 02.12.2021 18:51, 8365