Rezension von Christel Scheja
Schon früh erschienen neben den historischen Romanen, die das Hauptaugenmerk auf eine möglichst stimmige Wiedergabe der Vergangenheit legten, auch einfache Liebesgeschichten, die Mittelalter oder Antike nur als Setting benutzten, um das immer gleiche Spiel zwischen Frau und Mann in Szene zu setzen. Diese sind bis heute sehr beliebt und nicht aus dem Bücherregalen weg zu denken.
In den letzten Jahren ist dank einiger Spezialverlage noch eine andere Spielart dazu gekommen, die „Gay Historical Romance“. Und genau eine solche erzählt Inka Loreen Minden in „The Captain’s Lover.
Braydon Westbrook ist mit seinem Schiff in der Karibik unterwegs, um Handelsbeziehungen aufzubauen und zu verstärken, um seine Kompanie in London weiter auszubauen. Er ist bei seinen Leuten sehr beliebt, da er auch diverse Marotten verzeiht und genau weiß, wie er sie führen muss.
Dann wird im auf Barbados eine ganz besondere Ware angeboten. Ein Sklavenhändler verkauft ihm unter der Hand einen jungen englischen Adligen, den er von Piraten erworben haben will. Westbrook erkennt in ihm einen verschollenen englischen Offizier wieder, der in London von seiner Familie gesucht wird und geht auf den Handel, jedoch nicht wegen der Belohnung.
Auch wenn er nur ein Handelskapitän ist, so ist er doch auch ein Ehrenmann. Er stellt dies auch später unter Beweis, als er sich um den von Drogen geschwächten und misshandelten jungen Mann kümmert und ihn gesund pflegt, denn er spürt, dass Richard eine Saite in ihm zum Klingen bringt, für die er sich massiv schämt. Denn er empfindet beim Anblick des ansehnlichen Männerkörpers Lust und Leidenschaft – etwas, was in England als Sodomie mit der Todesstrafe geahndet wird.
So versucht Brayden ein distanziertes Verhältnis zu Richard zu wahren und ihn in England so schnell wie möglich an seine Familie zu übergeben, nicht ahnend, dass der junge Mann schon bald die gleichen Gefühle zu ihm entwickelt.
Wie viele andere Historicals, so ist auch „The Captain’s Lover“ nur so weit in das geschichtliche Szenario eingebunden, wie es nötig ist. Der Roman bewegt sich in einer eher ruhigen Phase der britischen Seefahrt, irgendwann im 18. Jahrhundert, in dem der Seehandel mit der neuen Welt richtig Fahrt aufnimmt und keine Kriege toben.
Der Anfang ist durchaus glaubwürdig, ebenso wie die Einstellung der Gesellschaft zur Homosexualität, die in reinen Männergesellschaften wie auf einem Schiff nicht unbedingt ausbleiben.
Die Autorin konzentriert in erster Linie sich auf die Entwicklung der Beziehung. Natürlich gehören ausführliche erotische Beschreibungen, die angenehm geschmackvoll ausfallen, genau so dazu, wie die Gefühle, die das Verlangen mit sich bringen. Beide Männer sind Kinder ihrer Zeit, die erst einmal über ihren Schatten springen müssen, wobei es dem Jüngeren ganz offensichtlich leichter fällt, damit umzugehen. Auch hier verzichtet die Autorin darauf all zu melodramatisch und kitschig zu werden. Die Beschreibungen wirken sehr natürlich und locker, man nimmt ihr auch das Happy End, das mit einem kleinen Schmankerl für Fans der Autorin garniert wird, gerne ab.
Mehr als prickelnde Unterhaltung sollte man allerdings nicht erwarten, da die Autorin weder den Anspruch hat Gesellschaftkritik noch Seelenanalyse zu betreiben.
„The Captain’s Lover wendet sich damit all alle Fans von homoerotischen Geschichten, egal welchen Geschlechts, auch wenn vermutlich eher Leserinnen ihren Spaß an der gefühlvollen Erzählung haben werden, die eine vielleicht nicht gerade tiefgründige, aber in sich runde und angenehm zu lesende Handlung besitzt.