The Great Escape: Fotografien von der Seefahrt 1950-1970 herausgegeben von Julia Dellith
Rezension von Frank W. Werneburg
Rezension:
Viele sehen die alte Seefahrt durch eine romantische Brille. Aber war sie das wirklich jemals? Dieser Bildband zeigt Aufnahmen, die zwischen 1950 und dem Anfang der 1970er Jahre aufgenommen wurden. Dabei handelt es sich nicht um die Hochglanzaufnahmen von den Reedereien engagierter Profifotografen, sondern um solche, die von Seeleuten selbst aufgenommen wurden. Das zeigt sich allerdings auch in der teilweise mäßigen Qualität, sowohl in technischer wie auch in gestalterischer Hinsicht. Dafür finden sich Alltagsmotive des Bordlebens, die von Außenstehenden wohl nie aufgenommen worden wären. Auch Bilder aus Hafenstädten sind zahlreich vertreten.
Aus heutiger Sicht kann man sich nur wundern, wie damals ganze Schiffe teilweise ausschließlich mit Muskelkraft be- und entladen wurden. Manches wäre heute unvorstellbar, und das sowohl aus Kosten, wie auch aus Arbeitsschutzgründen. Bei Bildern, die zeigen, wie größere Mengen kleineren Stückguts in am Kran hängenden Netzen verladen werden, stellt sich dem Betrachter die Frage, wie oft da wohl mal ein Paket im Hafenbecken geendet ist. Und Getreide, dass als Schüttgut im selben Laderaum befördert wird, in dem bei der letzten Fahr Salpeter (ebenfalls als Schüttgut) lag oder Lebendvieh befördert wurde, widerspricht wohl allen modernen Hygienevorstellungen. Am Ende des Buches sieht man im Kontrast dazu dann den Anfang des heutigen Container-Zeitalters.
Ergänzt werden die Abbildungen durch wenige Seiten erläuternden Textes, der genau wie die Bildtexte 2-sprachig in Englisch und Deutsch erscheint. Speziell die Bildbeschreibungen hätten teilweise gerne etwas ausführlicher ausfallen dürfen. Insgesamt bietet dieser Bildband einen Rückblick auf eine Seefahrttradition, die einen beim Betrachten unendlich weit zurückliegend vorkommt, obwohl es sich dabei nur um wenige Jahrzehnte handelt.
Fazit:
Ein hochinteressanter Foto-Rückblick auf eine Seefahrt, wie es sie heute nicht mehr gibt.
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