Titans Kinder (Autorx: Aiki Mira)
 
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Titans Kinder von Aiki Mira

Eine Space-Utopie

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

Rezension:

Mit einem Versorgungsraumschiff der ESA gelangen drei ganz unterschiedliche Menschen Rain, Sunita und Marlon, auf die Forschungsstation auf dem Titan, die vom Konzern BionX unterhalten wird, um dort genetische Experimente durchzuführen. Doch auf der Station scheint etwas schief gelaufen zu sein, denn von der Besatzung empfängt sie nur Verve Delacroix und die verheimlicht den Neuankömmlingen ganz offensichtlich etwas. Schon bald heben sich die Nebel der Geheimnisse und das führt zu katastrophalen, aber auch erstaunlichen Ereignissen.

 

Aiki Mira konnte sich durch ihre Kurzgeschichten in kurzer Zeit einen Namen machen und erste Preise gewinnen. Für Titans Kinder fand die Story Wir werden andere sein aus der Anthologie Eden im All Verwendung, die zum ersten Teil des Romans umgearbeitet wurde. Das ist stilistisch auch durchaus zu spüren, aber Aiki Mira nutzt für »Titans Kinder« sowieso einen ungewöhnlichen Stil, der sich vor allem in der Erzählperspektive zeigt.

 

Der auktoriale Erzähler springt immer wieder in die Köpfe der Figuren, verwendet ihre Sicht für Beschreibungen und liefert oft ganze Gedankenmonologe. Dabei finden die Sprünge in unterschiedliche Charaktere zum Teil in ein und derselben Szene statt. Vermutlich soll damit eine Nähe zum Denken und Fühlen hergestellt werden, was bei mir jedoch ins Gegenteil umschlug. Durch die Distanzlosigkeit und die schnellen Perspektivwechsel verschwimmen die Figuren. So stellte sich mir immer wieder die Frage, warum eine Figur in einer bestimmten Weise handelt, weil ich ihr Denken anders in Erinnerung hatte, was vermutlich aber eine andere betraf.

Der Fokus des Romans liegt auch weniger auf der Handlung, deren Twists durchaus auch off Screen geschehen und durch Erzählen der Figuren offengelegt werden, vielmehr spielt das verschlungene Beziehungsgeflecht eine große Rolle. Während die Besatzung des Raumschiffs ESP3 eine Space-Symbiose genannte Beziehung unterhält, die leider nicht näher erklärt wird, geht es auf dem Titan bald um neue Bande. Im weiteren Verlauf des Romans wird dabei Rain Seung zur Protagonistin. Die nonbinäre Figur ist von der neuerschaffenen Flora und Fauna Titans fasziniert und entwickelt bald ganz eigene Bindungen. Der Roman hätte vielleicht gewonnen, hätte sie die einzige Erzählperspektive dargestellt.

 

Der Roman überspringt recht abrupt drei Jahre und führt weitere Figuren ein. Der Konzern entsendet weitere Astronauten, um die Situation auf der Station zu überprüfen. Allerdings erleben nur zwei von ihnen die Ankunft. Einer von ihnen, Taim, ist ein von BionX konstruierter Mensch, der dem Konzern auch weitestgehend gehört. Abram Krasnikov hingegen erscheint sofort als unsympathischer Typ, dessen Gedanken uns dank der Erzähltechnik nicht verborgen bleiben.

Die Ankunft der beiden führt erneut zu Beziehungsproblemen und Konflikten, während die Fortentwicklung des künstlich initiierten Evolutionsprozesses weiterhin nur am Rande behandelt wird.

 

Alles endet im Status Quo einer utopischen Idylle, wie der Untertitel »Eine Space-Utopie« bereits andeutete. Damit reiht sich Aiki Mira in eine lange Reihe von Utopien ein, die sich mehr mit den Änderungen der menschlichen Spezies befassen und den wissenschaftlichen Fortschritt bejahend nutzen, ohne sich mit ihm kritisch auseinander zu setzen. Im Mittelpunkt stehen neue Konzepte des Zusammenlebens, der persönlichen und biologischen Identifikation bis hin zur Idee von Polypersonen. Hier liegt das eigentliche Potential des Romans und weniger in der eher rudimentär ausgearbeiteten SF-Handlung.

 

Fazit:

»Titans Kinder« von Aiki Mira ist eine Untersuchung der Zukunft unserer Spezies. Wie gestaltet sich unser Zusammenleben, wenn wir uns selbst neu und anders definieren, wo führt es uns hin und was machen die Veränderungen mit uns. Ein Roman über der Weiterentwicklung der Menschlichkeit, fort aus den engen Grenzen einer binär gedachten Gegenwart.

 

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Buch:

Titans Kinder

Eine Space-Utopie

Autorx: Aiki Mira

Taschenbuch, 194 Seiten

p.machinery, 2022

Cover: Martin Str

 

ISBN-10: 3957652944

ISBN-13: 978-3957652942

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B0B56JYB34

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition


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Erstellt: 13.08.2022, zuletzt aktualisiert: 13.08.2022 14:14, 21080