Wie man einen Prinzen tötet (Autorin: T. Kingfisher)
 
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Wie man einen Prinzen tötet von T. Kingfisher

Rezension von Matthias Hofmann

 

Zu den wichtigsten internationalen SF-Preisen zählt der Nebula-Award. Anders als die Hugo-Awards wird dieser Preis nicht von den Fans verliehen, sondern von den Professionellen, den Autorinnen und Autoren, die Science Fiction schreiben.

 

Das durchführende Organ ist die SFWA, ein Verein, der in den letzten Jahren eine Wandlung durchgemacht hat. Früher, seit der Gründung im Jahr 1965 durch Damon Knight, stand diese Abkürzung für »Science Fiction Writers of America«. Inzwischen, genauer gesagt seit 2022, steht dieses Akronym für »Science Fiction and Fantasy Writers of America«. Und Zutritt bekommen nicht nur US-Amerikaner, sondern auch andere Nationalitäten, die den sonstigen Anforderungen an Menschen, die mit fantastischer Literatur Geld verdienen und auf englischsprachigen Märkten veröffentlichen, entsprechen.

 

Seit einiger Zeit schon ist diese Abkehr von der reinen Science Fiction auch bei den Nebula-Nominierungen zu bemerken. Dieses Jahr waren gleich mehrere Romane in der Hauptkategorie »Bester Roman« nominiert, die alles andere sind, nur keine SF. So auch der Roman Nettle & Bone von T. Kingfisher (wie auch Magie & Milchschaum von Travis Baldree oder Babel von R. F. Kuang).

 

Der Roman fand überraschend schnell den Weg nach Deutschland, denn schon im Frühjahr 2023 legte Eichborn die deutsche Übersetzung vor, sodass es die werbewirksame Nominierung wohl nicht mehr auf den Klappentext schaffte.

 

Während ich mich sonst eher darüber aufrege, wie unpassend deutsche Verlage Originaltitel übersetzen lassen, finde ich den deutschen Titel von »Nettle & Bone« gelungen: Wie man einen Prinzen tötet ist nicht nur ein schöner Hinweis darauf, dass es sich hierbei nicht um eine der üblichen abgedroschenen Fantasygeschichten handelt, sondern macht wirklich neugierig.

 

Im Kern haben wir es bei dem Roman mit einem modernen Märchen zu tun. Protagonistin ist Marra, eine Prinzessin, die ihrem vorgezeichneten Schicksal zu entgehen versucht. Sie ist die drittgeborene Prinzessin eines sehr kleinen Königreichs und gerade nicht der Prototyp einer selbstbewussten feministischen Heldin, von der Sorte, die aktuell eher angesagt sind.

 

Ihre älteste Schwester wird mit dem dubiosen Prinz Vorling verheiratet. Als diese bei einem Unfall ums Leben kommt, ahnt niemand von dem gewalttätigen Wesen des Prinzen. Als die zweitälteste Prinzessin Vorling ehelicht, um ihm einen männlichen Erben zu gebären, was wieder und immer wieder nicht gelingt, gibt die Schwester Marra eine Warnung mit, die sie nicht ignorieren kann: Lauf weg! Lass nicht zu, dass du in diese Hölle hinabgezogen wirst.

 

Bei Marra, die inzwischen 30 Jahre alt ist und in einem Kloster lebt, hat diese Vorwarnung einen anderen Effekt. Sie will ihre Schwester (und damit sich selbst) retten. Sie begibt sich auf eine Art »Mission Impossible« zum Schloss, um Prinz Vorling zu töten. Auf ihrem Weg wird sie von einer wirklich illustren Gruppe begleitet: ein von ihr selbst aus Knochen gebauter und zum Leben erweckter Knochenhund, eine Staubfrau, die mit den Toten kommunizieren kann, ein von einem Dämon besessenes Huhn, ein ehemaliger Ritter, der mehrere Auftragsmorde begangen hat, sowie Marras Patin Agnes. Letztere hat übrigens keine Spezialkräfte, außer, dass sie sich gut kümmern und heilen kann. Ihre wahre (geheime) Stärke sind aber Verwünschungen. Aber sie will ihre Flüche nicht aussprechen, weil sie meint, dass wäre nicht anständig.

 

Während der Einstieg in das Buch, die Erschaffung des Knochenhunds, in seiner bizarren Fremdartigkeit wie eine Hürde wirkt, die man als Leser überwinden muss, um in das eigentliche Geschehen zu gelangen, kann ich versprechen, dass es sich lohnt. Für alle, die das erste Kapitel bis zum Ende lesen.

 

»Wie man einen Prinzen tötet« ist die etwas andere Dark-Fantasy-Märchen-Mischung, die mitunter wie ein Horrorroman anmutet, aber stellenweise die düstere Stimmung, wie einst Shakespeare, mit »comic relief« auflöst. Die Mischung und Interaktion der bunten Truppe, die sich auf die Reise macht, ist schräg und sympathisch. Aber gerade auch die ironischen Kommentare oder der beißende Galgenhumor der einzelnen Charaktere sorgen für feine Unterhaltung.

 

Hinter dem Pseudonym T. Kingfisher verbirgt sich die Autorin und Illustratorin Ursula Vernon, die unter ihrem bürgerlichen Namen Bücher und Comics für Kinder erschafft. Als T. Kingfisher schreibt sie für Erwachsene und das seit einiger Zeit preiswürdig. Für ihre kürzeren Texte bekam sie bereits zwei Hugo-Awards und einen Nebula-Award verliehen.

 

Es bleibt zu hoffen, dass weitere Werke von T. Kingfisher den Weg auf den deutschsprachigen Markt finden. »Wie man einen Prinzen tötet« verströmt den sprichwörtlichen »Hauch frischer Luft«, den gerade das eingefahrene Fantasygenre gut gebrauchen kann. Mehr davon!

 

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Buch:

Wie man einen Prinzen tötet

Original: Nettle & Bone, 2021

Autorin: T. Kingfisher

Gebundene Ausgabe, 352 Seiten

Eichborn, 28.04.2023

Übersetzung: Jasmin Schreiber

Titelillustration: Alina Malvina

 

ISBN-10: 3847901338

ISBN-13: 978-3847901334

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B0BL7W1KCV

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition


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Erstellt: 01.07.2023, zuletzt aktualisiert: 11.04.2024 08:46, 21989