Ach, Virginia (Autor: Michael Kumpfmüller)
 
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Ach, Virginia von Michael Kumpfmüller

Rezension von Ralf Steinberg

 

Rezension:

Die letzten Tage im Leben von Virginia Woolf bis zu ihrem Selbstmord am 28. März 1941 lebendig werden zu lassen, ist keine einfache Aufgabe. Michael Kumpfmüller wählte dazu die Innensicht auf die Gedanken der an Depressionen leidenden Autorin.

 

Der allwissende Erzähler erklärt uns, was sie dachte und fühlte, was sie alles nicht zu sagen oder schreiben vermochte. Über ihre Krankheit, ihren Wunsch im Fluss zu sterben, ihre Sexualität, ihre Beziehung zu ihrem Mann Leonard, zu ihrer Geliebten Vita Sackville-West, zu ihrer Schwester Vanessa – Kumpfmüller arbeitet alle Themen und Ereignisse der Biographie Virginia Woolfs nach und nach ein.

 

Dabei untersucht er sehr genau die psychische Erkrankung und stellt intensiv die Empfindungen und Gedanken einer manisch depressiven Frau dar, die vielleicht auch unter einer bipolaren Erkrankung litt.

 

Das Problem ist, man muss dem Autor das alles glauben. Denn wir lesen hier seine Interpretation der Psyche Virginia Woolfs. Zwar belegt er seine Darstellungen mit Texten, Briefen, Tagebucheinträgen Virginias, aber dazwischen ist sehr, sehr viel Raum für Erdachtes und irgendwann muss man sich beim Lesen entscheiden, ob man dieses Bild mit dem eigenen, dass man sich von der Autorin gemacht hat, in Übereinstimmung bringen kann. Und das fällt zunehmend schwerer.

 

Kumpfmüller wiederholt sich einige Male und am Ende verspielt er ein gehöriges Stück Glaubwürdigkeit, als er von Virginia zu Leonard Woolf wechselt, als stände der »arme« Ehemann im Zentrum des Buches, als ginge es vor allem darum, wie sehr er daran zu leiden hatte. Im Ohr liegen dabei die Entschuldigungen und Selbstbezichtigungen Virginias, die im Text immer wieder von ihr geäußert werden – im Kontrast zu ihrem Denken, das nach Kumpfmüller in eine andere Richtung ging.

Es ist schwer, nach dieser unnötigen Verschiebung amEnde dem gesamten Text in seinen Intentionen zu folgen.

 

Hervorragend ist jedoch die grafische Gestaltung des Bandes. Rüdiger Trebels sorgt mit seinen filigranen, verwirrten Strichen, die dennoch Lebendiges darstellen, für eine gelungene Illustration des Inhalts.

 

Fazit:

Michael Kumpfmüller scheitert letztlich in »Ach, Virginia« daran, die Beschreibung einer psychischen Erkrankung auf das Leben Virginia Woolfs zu projizieren.

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Buch:

Ach, Virginia

Autor: Michael Kumpfmüller

Gebundene Ausgabe, 236 Seiten

Kiepenheuer & Witsch,13. Februar 2020

Cover und Illustrationen: Rüdiger Trebels

 

ISBN-10: 3462049216

ISBN-13: 978-3462049213

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B07ZXQ7DVH

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition


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Erstellt: 05.08.2020, zuletzt aktualisiert: 23.08.2023 08:32, 18860