Äquatorstraße von Thomas Adam Sieber
Erzählungen
Rezension von Ralf Steinberg
Rezension:
In der aktuellen Ausgabe Nummer 23 des Nova SF-Magazin hinterließ Thomas Adam Sieber mit seinem Sodom Jazz Festival einen positiven Eindruck, Grund genug sich seinen Sammelband mit phantastischen Geschichten, Äquatorstraße einmal näher anzusehen.
Die Titelstory eröffnet den Reigen auch gleich mit einem qualitativen Paukenschlag.
Paolo ist Sohn eines ehemaligen Mafiosi, der für die Armee einen Sentinel im Alienkrieg auf Ganymed steuert und einer berüchtigten Kneipenschlägerin in einem südamerikanischen Slum. Als er für ein Langzeitmission in die Tiefen des Alls ausgewählt wurde, der vielleicht einzigen Hoffnung der Menschheit irgendwie den Krieg zu überleben, flieht er zu einen Selbstfindungstrip auf die Äquatorstraße. Diese ist ein ehemaliger globaler Teilchenbeschleunigerring um den Äquator gebauter Koloss. Paolo fährt darauf mit einen Segelrad ins Blaue. Seine Kommunikationsimplantate schaltet er ab, wie so viele, die den Ring aufsuchen. Bald schon reist er Tausende Kilometer ohne weiteren menschlichen Kontakt als zu einem Skandinavier, der ebenfalls herausfinden will, ob er mit der Aldabra die Erde für immer verlassen will. Doch die Äquatorstraße hält für Paolo noch einige Überraschungen bereit …
»Äquatorstraße« ist eine Art Ring-Roadmovie vor dem Hintergrund eines zivilisationsbedrohenden Konflikts mit Aliens, etwas Coming of Age und vor allem aber eine prall gefüllte Geschichte. Dabei gelingt es Thomas Adam Sieber mit einer raffinierten Erzählstruktur, verschiedene Hintergrundinformationen so sinnvoll in die Handlung einzubauen, dass sie zu einem dynamischen Bestandteil werden. Dazu trägt auch die märchenhafte Einstiegssequenz bei. Selbst wenn man das Ende vielleicht als etwas zu rund und gefällig empfinden könnte, ist »Äquatorstraße« ein Musterbeispiel für eine erstklassige SF-Erzählung.
Das nachfolgende Bogos Geschichte ist ein melancholische, stille und eher typische Postapokalypse.
Drei schwerfällige und etwas einfältige Riesen machen sich in Kaus Medius auf, ein seltsames Ding zu finden, das vom Himmel stürzte …
Die Geschichte lebt vor allem von dem witzigen Riesengespann und stellt auf jeden Fall eine amüsante Alternative zu derartigen Storys dar.
Mit seinem schnoddrigen Ton ist Die Rock’n Roll Astronauten eine weitere, erfreulich unkonventionell daherkommende SF-Story.
Muschnidersch-Reyn ist in der Tat eine Art prolliger Space-Rocker wie es der Titel verspricht. Geiles Schiff, eine irre Band, jede Menge Bier und eine sexy Braut im Gepäck. Doch die, Bläserich Lola, muss zunächst einmal repariert werden. Auf dem deprimierendsten Planet des Universums, Hendersons Welt, sollte ihn eigentlich Kumpel Bobberds-Enzzt erwarten, doch der folgte einer heißen Schatzspur in ein wirklich gefährliches Sternengebiet. Keine Frage, dass sich unser Held sobald als möglichst daran macht, ihm hinterher zu jagen, natürlich nicht ohne vorher einige Scheiben eingeschlagen zu haben …
Die recht schnuckelige Geschichte wird teilweise etwas psychedelisch, macht aber jede Menge Spaß und beweist ein zweites Mal, dass Sieber sehr geschickt seinen Background unterzubringen vermag, ohne auf tumbe Infodumps zurückgreifen zu müssen.
Das Gedicht Schlopp zieht die LeserInnen in ein schwarzes Loch. Darauf muss man erst einmal kommen und auch noch die Chuzpe besitzen, so etwas ins Buch zu packen.
Mit Der Läufer und Das Alien der Nacht schließen zwei eher experimentelle Texte die Sammlung ab. Hier muss man sich die Metaebene der Geschichten erschließen, was nicht unbedingt einfach ist. »Das Alien der Nacht« stammt im Übrigen aus der Feder von Paul Sieber, dem damals neunjährigen Sohn des Autors, wie er verriet.
Fazit:
Der kleine Erzählungsband »Äquatorstraße« von Thomas Adam Sieber bietet mit einer grandiosen Titelstory und einer munteren Rocker-in-Space-Geschichte mehr als genügend Gründe sich sowohl das Buch zu holen, als auch sich mehr Stuff aus der süffigen Schreibe des Autors zu wünschen.
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