Alptraumhaft (Autor: Hubert Katzmarz; Gesammelte Werke 2)
 
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Alptraumhaft hrsg. von Ellen Norten

Des Hubert Katzmarz' gesammelter Werke zweiter Teil

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

Rezension:

Es ist sehr zu empfehlen, das Werk Hubert Katzmarz' zunächst über den ersten Band der von seiner Frau Ellen Norten herausgegebenen Gesamtausgabe zu erschließen, denn im zweiten Band nähert man sich dem Tode des Autors. Krankheitsbedingt ein Thema, das tiefe Spuren in den Texten hinterließ. Dieser Bezug zur Biographie ist unvermeidlich und lässt die Lektüre zu einer intensiven Erfahrung werden, durch die man sich eventuell Hubert Katzmarz auf sehr intime und emotionelle Art verbindet.

 

Das Pseudonym Bertram Kuzzath hatte eine besondere Bedeutung für Hubert Katzmarz, denn es war mehr als nur ein weiterer Name. Das Alter Ego zieht als eigenwillige Künstlerpersönlichkeit durch das Katzmarzsche Werk und wie seine Frau im Vorwort anmerkte, entwickelte die Kunstfigur ein Eigenleben. Dies lässt sich hervorragend an den beiden ersten Texten des Bandes studieren. In Eine kleine Übung in Sachen Gläserne Schreibfeder wird das Schreiben als sinnliche Erfahrung gefeiert und der Autor als fast manisches Wesen eingeführt, der sich auf etwas Übergroßes, ja Heiliges einlässt.

 

Passenderweise folgt mit Ein Meisterwerk der Weltliteratur ein, wenn nicht sogar das Herzstück im Schaffen des Autors. Die an Selbstbezügen reiche Novelle, zu der es ein noch umfangreicheres Romanfragment gibt, verknüpft die verschiedenen Pseudonyme miteinander und zeigt sie als Teile der Gesamtpersönlichkeit. Das Ringen um das titelgebende Meisterwerk bindet sie über die Zeit hinweg aneinander und bietet darüber hinaus die Möglichkeit, eine herrlich schräge Zeitreisegeschichte zu erzählen. Es gibt bitterböse Karikaturen, wie auch warmherzige Darstellungen, voller Sehnsucht und Melancholie. Der Besuch der Phantastischen Bibliothek Wetzlar quillt über vor Witz, der stark an Loriot erinnert.

Die Novelle bündelt in gewisser Weise die verschiedenen Themen, mit denen sich Hubert Katzmarz immer wieder auseinandersetzte. Wer nur einen Text von ihm lesen wollte, sollte sich diesen greifen.

 

Nach solch einem Brocken schenkt uns die Herausgeberin ein ganz anderes Bonbon. Mit acht oder neun schrieb Katzmarz seinen ersten Science Fiction Roman Spähtrupp aus dem All. Sehr stark den technikbejubelnden Romanen der 40er und 50er Jahre verbunden, kann man zwar kaum den Stilisten der späteren Werke erkennen, aber der Drive und auch der Humor sind schon vorhanden. Einen besonderen Charme entwickelt der Text durch die Darstellung von Korrekturen und Fehlern.

 

Zu den Frühwerken gehören auch die Gedichte, die dem kindlichen Roman folgen. Sie strahlen den tiefen Ernst und das Problemgefüge eines Jugendlichen aus, der gerade erst begonnen hat, sich mit all den großen und kleinen Problemen des Lebens näher auseinanderzusetzen.

 

Der kleine Text-Zyklus Menschen dreht sich um die Suche nach Liebe in einer tieftraurigen Stimmung. Ein Lebenszyklus, um das Land hinter der Mauer zu finden – besonders düster ausgedrückt in der Endzeitgeschichte Die letzte Nacht am Blauen See. Man sollte in der richtigen Stimmung sein, um sich diesen Texten zu stellen.

 

So auch in Nachtwanderung (Tango Triste), ein wahrlich dunkelschweres Eintauchen in den Abgrund einer Seele, die sich an der Schwelle des Todes befindet. Eine verschlungene Parabel zwischen Todesgewissheit und Todessehnsucht.

 

Aufatmen und Geliebtes Tagebuch genießen. Zwar ist der Text mit Tagebucheinträgen eines Schreibfetischisten keine Komödie, aber die Mühen des Protagonisten, den perfekten Eintrag zu schaffen, bietet Grauen auf einer fassbareren, nicht ganz so persönlichen Ebene.

 

Es folgen mehrere phantastische Texte, die Sprachverwirrung, glücklose Quizshowgewinner und sogar einen Vampir behandeln, allerdings in klassischer Manier.

 

Und dann beginnt der letzte Teil der Gesamtausgabe, dessen Thema der Tod ist. Alptraumhaft bereitet den Boden. Ein Herzinfarkt reißt den Familienvater aus dem Kreis der geliebten Familie und offenbart den Horror, in einem Krankenhaus um seinen freien Willen kämpfen zu müssen. Man spürt die persönliche Betroffenheit des Autors, seine Ängste und Ahnungen.

 

Heim Suchende handelt von einem Physiker, dessen Leben auf eine ganz ruhige und friedliche Weise ausschwingt. Obwohl das Sujet des Todeshauses wie auch das der Todbringenden Katze reinste Horror-Motive sind, kommt in der Story keine grausige Stimmung auf. Vielmehr atmet der Text Ruhe. Hier macht jemand Frieden mit sich und dem Leben. Ein sanftes Hinübergleiten. Kein Text, der kalt lässt, wenn man die Biographie des Autors im Hinterkopf hat.

 

Es folgt der Text, an dem Hubert Katzmarz bis zu seinem Tode arbeitete, der unvollständig blieb und von Michael Siefener anhand seiner Gespräche mit dem Autor durch eine abschließende Inhaltsangabe des Endes vervollständigt wird.

Willkommen in Bleiwenheim ist eine Vorausschau auf den eigenen Tod. Auf die Leere, das Ende aller Bezüge und Landschaften. Wir erfahren, wie sich Katzmarz die letzten Schritte vorstellte, was ihn dabei beschäftigte. Es sind düstere Gedanken, still und klar zugleich. Eine Ellipse am Schluss eines kraftvolles Lebenstextes.

 

Ellen Norten entlässt den Leser aber nicht mit dieser Totenbotschaft, sondern wählte als Abschluss ein Märchen, dass wohl den Wunsch Katzmarz' ausdrückt, dass man sich seiner als nichts Besonderes erinnert, lieber als einen jener unzähligen bunten Fische im Meer der Literatur. Eine schräge Metapher vielleicht, aber Die Geschichte vom fliegenden Fisch erinnert uns daran, dass Hubert Katzmarz ein lebenslustiger Mensch war, voller Witz und bei all den finsteren gesundheitlichen Problemen, das Leben trotzdem liebte.

 

Das jedenfalls ergibt sich für den Rezensenten nach der Lektüre des Lebenswerkes. Eine anrührende Erfahrung.

 

Nicht unerwähnt bleiben darf das erneut großartige, umlaufende Titelbild von Thomas Franke und die Leistung vom Michael Haitel, der diese Edition für den SFCD auf die Beine stellte.

 

Fazit:

Der zweite Band der Hubert Katzmarz Gesamtausgabe, bringt viele düstere Texte mit sich, die auf dennoch beeindruckende Weise einen Autor offenbaren, der es verstand, selbst mit kleinsten Texten Finsternis zu beleuchten und Kraft aus dem Leben zu ziehen, auch im Angesicht des Todes.

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Buch:

Alptraumhaft

Des Hubert Katzmarz' gesammelter Werke zweiter Teil

Herausgeberin: Ellen Norten

Titelbild: Thomas Franke

Taschenbuch, 240 Seiten

p.machinery, Januar 2013

 

ISBN-10: 394253343X

ISBN-13: 978-3942533430

 

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B00B5LOX0G

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20241201161200083772f6
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Erstellt: 11.05.2013, zuletzt aktualisiert: 04.10.2024 19:17, 13057