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50 Blumen für Algernon

Ein stiller Klassiker der Weltliteratur feiert Geburtstag

 

Redakteur: Christian Endres

 

Als kleiner Junge beruhigte er die weinende Tochter einer Kundin im Friseursalon seiner Mutter, indem er - obwohl er selbst noch nicht lesen konnte - dem Mädchen aus einem Buch »vorlas«, das er selbst so oft vorgelesen bekommen hatte, dass er es so gut wie auswendig kannte. Die Mutter des weinenden Mädchens wusste das natürlich nicht und sah nur ihr Kind, das sich beruhigte – und gab dem jungen Daniel Keyes einen Penny für seine Hilfe. Das war der Moment, da Keyes erstmals realisierte, dass er vom Geschichtenerzählen leben könnte – dass er Schriftsteller werden wollte.

 

Vor 50 Jahren erschien Keyes’ Kurzgeschichte Blumen für Algernon und brachte ihm den HUGO Award ein; für die Romanfassung sechs Jahre später bekam er schließlich den NEBULA. Angesichts des Dienstjubiläums einer der wichtigsten Mäuse der Science Fiction werfen wir einen Blick zurück auf das Leben des Autors aus Brooklyn und sein berühmtes Ausnahme-Werk.

 

In the Navy

Eigentlich hätte der am 9. August 1927 in Brooklyn, New York City geborene Daniel Keyes Arzt werden sollen – zumindest wenn es nach seinen Eltern gegangen wäre, die sich von ihrem klugen Sohn nichts anderes wünschten, als dass er irgendwann Leben retten würde. Keyes selbst dagegen wusste schon recht früh, dass er Autor werden wollte, wenngleich er sich auch bodenständig und selbstkritisch darüber im Klaren war, vom Schreiben allein zunächst nicht leben zu können. Außerdem wollte er seine Eltern nicht enttäuschen. Also versuchte er es mit dem Studium, dessen Finanzierung ihn unter anderem zur helfenden Hand des nächtlichen Ausfahrers einer Bagel-Bäckerei und zum Kellner machte – Erlebnisse, die er später in seinem weltberühmten Roman würwde verarbeiten sollen.

 

Das Geld reichte trotzdem weder vorne noch hinten, und so verschlug es den jungen Keyes in den 1940ern mit 17 Jahren zur Navy. Nach dem Krieg packte er Shakespeare, Tolstoi, Hemingway, Melville und Steinbeck ein und kam durch ein organisatorisches Missverständnis und seine eigene Großmundigkeit, die aus einem Pfadfinder mit Erste-Hilfe-Kentnissen einen halben Schiffsarzt machte, als Chefsteward mit medizinischer Tauglichkeit an Bord eines Tankers der US-Marine. Der Captain wusste sich kurz vor dem Auslaufen nicht anders zu helfen und verlieh Keyes auf hoher See tatsächlich den Status des Schiffsarztes. Kurz bevor die S.S. Polestar auf ihrer ersten Fahrt dann einen Hafen in Florida erreichte, verlor der junge Keyes einen Mann, der sich selbst vergiftet hatte, obwohl Keyes bei der Behandlung alles richtig gemacht hatte und er bei der Untersuchung auch nicht belangt wurde.

 

Dennoch fällte der damals 19jährige Keyes aufgrund dieser Vorkommnisse auf See eine Entscheidung: Er würde fortan seinem eigenen Traum nachjagen und Autor werden. Er hatte sich als Arzt versucht und war wie Maugham, Chekhov und Conan Doyle – ebenfalls alles designierte Mediziner, die sich später einen Ruf als Schriftsteller erarbeiteten – vor ihm als Arzt gescheitert. Nun würde auch er sich getreu dieser großen literarischen Vorbilder – und, noch wichtiger, entgegen der Vorstellungen seiner Eltern – als Schriftsteller versuchen.

 

Westernheld

Nach einem begonnenem Pychologie-Studium und weiteren eher halbgaren Jobs als u. a. Vertreter für Lexika kam Keyes durch Lester del Rey und Scott Merdeith an einen Job bei Stadium Publications, die in den 1940ern und 1950ern unzählige Pulp-Magazine in den USA heraus brachten. Dort wurde der junge Keyes zum Redakteur für fast ein Dutzend der damals noch so gängigen und florierenden Western-, Fantasy- und Science Fiction-Titel, die für weniger als 30 Cent unters Volk gebracht wurden und sich in jener Ära der Kurzgeschichten-Magazine noch großer Beliebtheit erfreuten.

 

Seiner eigenen schreiberischen Ambitionen nach seiner Rückkehr von See nie müde geworden (genau genommen hatte er seinen ersten Roman eben über einen jungen Seemann bereits vollendet), schrieb Keyes Ende der 1940ern auch selbst einige Kurzgeschichten, von denen er ein paar unter Pseudonym in eines der von ihm betreuten Westernmagazine schmuggelte – wofür Keyes, Füller hin oder nicht, anfangs nicht allzu viele Lorbeeren von seinem Vorgesetzten einheimste. SF-Legende Frederik Pohl, der sich damals noch als Literatur-Agent verdingte, gab Keyes derweil auf eine andere Geschichte des jungen Autoren ein Feedback. Und auch wenn sie ihm nicht ganz behagte, so sei er, wie Pohl meinte, doch auf Keyes nächste Story sehr gespannt.

 

Mehr als diesen Ansporn brauchte es nicht. Zuhause in seinem neuen Apartment angekommen, durchforstete Keyes sofort seine Notizen und Ideenbruchstücke – und stolperte über eine Notiz, die endgültig einen Stein ins Rollen bringen sollte:

 

Wie es wohl wäre, wenn man menschliche Intelligenz künstlich erhöhen könnte?

 

Zu dieser Frage gesellten sich eine Erinnerung an den britischen Dichter Algernon Swinburne, dessen Vorname Keyes im Gedächtnis hängen geblieben war, und eine Anekdote aus seiner eigenen College-Zeit in Brooklyn, als er noch Mäuse seziert und damals als einziger seiner Klasse ein schwangeres Weibchen erwischt hatte...

 

Trotz alledem musste Algernon noch einige Zeit warten, da Keyes nur langsam Fuß als Autor fasste. Immerhin: Anfang der 1950er veröffentlichte er endlich Kurzgeschichten ohne Pseudonym und unter seinem eigenen Namen. Schon in seiner ersten Geschichte als Daniel Keyes (›Robot Unwanted‹, 1952 abgedruckt in der Juni-Nummer von Other Worlds) ging es um Außenseiter – ein weiterer Wegweiser in Keyes Gedanken-Labyrinth, aus dem in naher Zukunft eine weiße Maus namens Algernon und ein Junge namens Charlie hervortreten sollten.

 

Comics und Co.

In den 1950ern leiteten der Vormarsch der Taschenbücher und des Fernsehens das Ende der Pulp-Magazine ein, von denen sich nur noch wenige Science Fiction-Vertreter auf dem Markt hielten. Keyes kam daraufhin als Redakteur und Autor zum späteren Comic-Verlag Marvel (damals noch Atlas Comics), wo er direkt mit Comic-Legende Stan Lee (später Schöpfer von u. a. Spider-Man, den Fantastischen Vier, den X-Men und dem Hulk und damals eben noch Chefredakteur bei Atlas Comics) zusammenarbeitete und sich auf die fantastischen Ableger des New Yorker Verlagshauses konzentrierte.

 

Eine der Ideen, die zur Geschichte ›Brainstorm‹ hätte führen sollen, leitete Keyes jedoch nicht an Lee weiter – Keyes hatte das Gefühl, dass es besser sei, sie eines Tages, wenn er endlich ein bekannter Schriftsteller sein würde, selbst zu verwirklichen, ja dass die Idee für einen Comic zu schade wäre. Worum es bei dieser Idee ging? Natürlich um einen Mann, dessen IQ künstlich auf das Niveau eines Genius gesteigert wurde...

 

Frisch mit der Stylistin Aurea verheiratet, verließ Keyes die Comicwelt und fand sich kurz darauf als Werbetexter und Verkäufer in jener Modell-Agentur wieder, für die auch seine Frau arbeitete. Was somit begann, wurde ein echtes Dilemma und Horror-Jahr für Daniel Keyes, der mit dem nur bedingt auf Ehrlichkeit versierten Geschäftsführer der Agentur nie zurecht kam, sich seine während des Studiums begonnenen Psychotherapeuten-Sitzungen zur Erkundung seines Unterbewusstseins – damals groß in Mode – nicht länger leisten konnte und nach wie vor darum kämpfte, ein gefragter Autor zu werden.

 

I want to get smart

Der große Durchbruch als Autor ließ allerdings immer noch eine Weile auf sich warten, weshalb Keyes sich zum Englischlehrer weiterbildete und letztlich eine Sonderklasse für lernschwache Schüler unterrichtete. Am ersten Schultag blieb einer von Keyes neuen Schülern nach Läuten der Schulglocke an seinem Platz und fragte, ob ihre Klasse eine für dumme, rückständige Kinder sei. Das Gespräch mit dem jungen Football-Spieler endete damit, dass dieser seinen Lehrer Keyes bat, ihn in die normale Klasse wechseln zu lassen, wenn er sich anstrengen würde. Denn der Junge wollte nur eines: »I want to get smart« – klug werden. Dieses Gespräch war ein weiterer immens wichtiger Mosaikstein auf dem Weg zu »Blumen für Algernon«, auch wenn Keyes hiernach schreiberisch nebenbei in erster Linie wieder Comic-Storys ausarbeitete und seine Arbeit für Stan The Man wieder aufnahm.

 

1958 bot sich Keyes eine weitere Gelegenheit, endlich der Frage nachzuspüren, was denn wäre, wenn man die Intelligenz eines Menschen künstlich verändern könnte: Herausgeber H. L. Gold fragte im Sommer nach einer zweiten Kurzgeschichte für sein Magazin Galaxy, nachdem Keyes davor schon ›The Trouble with Elmo‹ dort untergebracht hatte. Der designierte Vater von Charlie und Algernon durchwanderte zu jenem Zeitpunkt ein künstlerisches Tal und war dankbar für jede Chance, durch eine Auftragsarbeit womöglich aus diesem heraus zu finden. Also setzte Keyes sich des Nächtens hin, wog seine Frau mit dem Stakkato-Geklapper seiner Schreibmaschine in den Schlaf und schrieb endlich die Geschichte, die ihm seit Jahren im Kopf herum spukte und ihm auf seinen Notizen immer wieder begegnet war. Über einen Menschen, dessen Intelligenz künstlich verändert wird. Und über eine Maus namens Algernon.

 

In dieser Geschichte verarbeitete Keyes viele der weiter oben geschilderten Erlebnisse und Erfahrungen aus seinem eigenen Leben und benannte seinen Protagonisten Charlie sogar nach dem letzten verflossenen Rivalen im Werben um seine Frau, den er vor ihrer Hochzeit ausgestochen hatte. Keyes schrieb die ganze Nacht, Charlies Geschichte nahm immer klarere Formen an – bis am nächsten Abend der Schock kam: Die Leser würden über Charlie lachen! Keyes aber wollte, dass sie höchstens mit ihm lachten. Und so grübelte Keyes, welch narrativer Kunstgriff oder Kniff es ihm ermöglichen würde, die Perspektive der Geschichte so zu verschieben, dass Charlie eher zum tragischen Sympathieträger denn zum Objekt für Spott und »Späße über Dumme« wird. Am Ende bekam Keyes’ Novelle so ihren markanten Einstieg mit Charlies in eigenwilliger Orthografie und Interpunktion geführtem Tagebuch, von dem aus sich das Geschehen, aber eben auch Charlies Charakter entwickeln.

 

Das Glücksgefühl, das sich nach Niederschrift der 30.000 Wörter in Keyes ausbreitete, verflog sogleich, als das Feedback von H. L. Gold kam: Gold – damals einer der führenden Herausgeber von Science Fiction in den Staaten – hatte starkes Interesse an der Geschichte, war mit dem traurigen Ende aber unzufrieden und forderte ein Happy End. Ein schrecklicher Vorschlag für Keyes, der so viel Herz in die Geschichte gesteckt hatte. Glücklicherweise sprach ihm Phil Klass gut zu und drohte Keyes damit, seine Beine mit einem Baseballschläger zu malträtieren, sollte Keyes das Ende austauschen. Klass schlug vor, die Geschichte stattdessen noch einmal dem renommierten Magazine of Fantasy & Science Fiction anzubieten, wo man sie auch mit offenen Armen empfing – und dem nächsten Änderungswunsch: 10.000 Wörter müssten gestrichen werden, damit sie auf die Seiten des Magazins passen würde. Keyes entschied sich für das in seinen Augen kleinere Übel und kürzte seine Novelle. »Es hat nicht so sehr weh getan, wie ich befürchtet habe«, erinnert er sich in seiner Autobiographie »Algernon, Charlie and I – A Writer’s Journey« und gibt zu, dass ihm seine Erfahrung als Redakteur sowie seine Bewunderung für Hemingway damals sehr dabei geholfen haben, sinnvoll zu kürzen und die Essenz der Story unangetastet zu lassen.

 

Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Im April 1959 erschien ›Flowers for Algernon‹ als Titelstory im Magazine of Fantasy & Science Fiction – im September 1960, auf der 18. World Science Fiction Convention im Penn-Sheraton Hotel in Pittsburgh, überreichte SF-Legende Isaac Asimov Daniel Keyes den HUGO-Award für die beste Kurzgeschichte und forderte ihn auf, das Geheimnis Preis zu geben, wie er diese phänomenal gute, eindringliche Geschichte geschrieben habe. Woraufhin ein überglücklicher Keyes antwortete, dass Asimov es ihn wissen lasse solle, wenn er wüsste, wie Keyes selbst es gemacht habe – er würde es gerne noch einmal tun.

 

Vom Hugo zum Roman

Und er tat es noch einmal. Nachdem Cliff Robertson 1961 die Filmrechte erworben hatte, flimmerte jedoch erst noch das Live-TV-Spiel The Two Worlds of Charlie Gordon über die Fernsehbildschirme und schrammte nur haarscharf an einem Emmy vorbei, wobei sich auch Robertson am Ende seiner Regieanweisung verweigerte und der Story ihr Happy End verwehrte. Die knapp verpasste Auszeichnung und die recht guten Kritiken waren natürlich Grund genug, der Geschichte eine zweite Adaption zu Teil werden zu lassen, diesmal jedoch im großen Stil und als Kinofilm aus der fragwürdigen Traumfabrik in Hollywood.

 

Trotz dieses Erfolgs verdient Keyes immer noch nicht genügend Geld als Autor, um seine junge Familie zu ernähren. Die TV-Rechte und die Geschichte hatten ihm bis dahin nicht einmal 1.000 Dollar eingebracht, und so musste er tagsüber weiter Englisch unterrichten, während er nachts nach wie vor schrieb – u. a. den Roman »The Touch« (dt. »Wer fürchtet sich vor Barney Stark?«, später »Kontakt radioaktiv«).

 

Charlie Gordon indes ließ Keyes dennoch nicht los. Schließlich verließen die Keyes New York in Richtung Detroit, wo Keyes weiter unterrichtete und fast fünf Jahre investierte, um aus seiner prämierten Kurzgeschichte einen Roman zu machen. Als der Roman von Verlegern abermals mehrere Ablehnungen erfährt, stellt sich Keyes erneut schützend vor sein Werk und verteidigt seine sehr persönliche Geschichte sowie das traurige, berührende Ende. Keyes würde für seinen Roman nur verändern, was den Sinn und die Anmutung seiner zu Grunde liegenden Geschichte und des daraus entwickelten Romans nicht verfälschen würde.

 

Bis 1965 sollte es noch dauern – ein junger William Goldmann hatte sich inzwischen erfolglos an einem Drehbuch für eine Hollywood-Verfilmung versucht -, ehe »Blumen für Algernon« als Roman endgültig fertig gestellt sein und von einem Verlag angenommen werden würde. Lektor Dan Wickenden bewies ein Händchen für den sensiblen Autor und sein nicht weniger sensibles Meisterwerk, und so erschien die Romanfassung – nach einer vernichtenden und zum Glück auch allerhand positiven Vorabkritiken – im März 1966 endlich.

 

Oscar für Algernon

Während Daniel Keyes seine akademische Karriere weiter verfolgte (und erst 1992 beendete, als er als professor emeritus aus dem Lehrdienst ausschied, um sich nur noch aufs Schreiben zu konzzentrieren) und kreatives Schreiben und Englisch an der Ohio Universität unterrichtete, machte die Romanfassung von »Blumen für Algernon« ihren Weg: Die Erstauflage von 5.000 Exemplaren war schnell ausverkauft, Harcourt druckte regelmäßig nach. Bis heute ist der Roman in den Staaten fortwährend als Hardcover erhältlich gewesen – eine hohe Weihe für einen Science Fiction-Roman, der 1967 auch den NEBULA Award als bester Roman des Jahres 1966 gewann und kurz darauf als englischsprachiges Taschenbuch erschien.

 

Cliff Robertsons Hollywood-Filmpläne wurden durch den Erfolg der Romanfassung ebenfalls erneut angeheizt und weiter voran getrieben. Man realisierte den Film von Regisseur Ralph Nelson 1968 als Charly, was nicht nur eine weitere Taschenbuchauflage mit Filmcover zur Folge hatte, sondern auch einen Oscar für Hauptdarsteller Robertson, der zuletzt als Onkel Ben in Sam Raimis Spider-Man Filmen zu sehen war – der Verfilmung just jenes Helden also, den Keyes Ex-Vorgesetzter Stan Lee 1962 geschaffen hatte.

 

Doch zurück zu Algernon und Charlie. Seit den frühen 1970ern hat der Stoff auch seinen Reiz für die Bühne, sodass es bis heute diverse, zum Teil sehr erfolgreiche britische und amerikanische Musical-Versionen der Geschichte gibt. Die neueste Filmfassung dagegen stammt aus dem Jahre 2006 und ist eine französische Adaption des Romans, wohingegen die neueste amerikanische TV-Version 2000 produziert wurde.

 

Blumen für Algernon

Ein waschechter Bestseller im wörtlichen Sinn einer Bestsellerlistenplatzierung war »Blumen für Algernon« trotzdem nie – was daran liegt, dass der Roman seit 45 Jahren zwar kontinuierlich verkauft und gelesen wurde, es aber nie einen echten großen, umsatzstarken Hype um Daniel Keyes Werk gab, sieht man einmal davon ab, dass Keyes sich in Tokyo »wie ein Rockstar« gefühlt hat, als man ihm bei einem Signiertermin in der japanischen Hauptstadt »Geschenke brachte und die Schlange der Fans drei Mal um den ganzen Block ging«.

 

Dennoch: Allein über fünf Mio. Taschenbücher der US-Ausgabe sind inzwischen verkauft worden, während der Roman selbst in annähernd 30 Sprachen übersetzt wurde (1970 zum ersten Mal ins Deutsche, wo auch alle anderen Fiction-Werke von Keyes veröffentlicht wurden, wenngleich nur noch die lohnenswerte Klett Cotta-Neuausgabe von »Blumen für Algernon« von 2006 ohne Probleme erhältlich ist).

 

Man kann also guten Gewissens behaupten, dass »Blumen für Algernon« ein stiller, aber bedeutsamer Klassiker der Weltliteratur ist, den man nach der Lektüre gerne verstärkt im Rampenlicht sähe. Schön wäre es zum Beispiel, wenn man sich zumindest hier den Vereinigten Staaten angleichen und der Roman stärker im Schulunterricht eingesetzt werden würde.

 

Erst Recht, da Ende der 1990er die Forschung den Sprung machte, die Science Ficiton einzuholen: Künstliche Intelligenz-Verbesserungen bei Mäusen sind seit dem in der Wissenschaft möglich – es würde sogar nur noch eine Frage der Zeit und hier wiederum weniger als 50 Jahren sein, bis man auch Menschen damit helfen, bis man den menschlichen Intellekt künstlich verbessern könnte.

 

Was bedeutet das aber für Daniel Keyes’ bekanntesten Roman, der seine anderen Werke stets in den Schatten gestellt und hinsichtlich Popularität und Interesse stets um ein Vielfaches überflügelt hat? Gerade unter der Prämisse, dass gute Science Fiction - wie es immer heißt - ihrer Zeit [weit] voraus sein sollte, um aktuell und von Zeitströmungen unangefochten zu bleiben?

 

Nun, Algernon und Charlie können dem Quantensprung in den Biolaboren ebenso gelassen entgegen blicken wie den nächsten 50 Jahren: »Blumen für Algernon« wird selbst dann, wenn die Wissenschaft uns alle so klug gemacht hat, dass wir nicht mehr über vermeintlich »dümmere« Menschen lachen, immer noch ein wundervolles Buch mit einer großartigen Moral und noch viel mehr Gefühl sein.

 

Ein unvergänglicher Klassiker und eines dieser Bücher, das man - egal ob Wunderknabe oder Gelegenheitsleser - niemals vergisst.

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Erstellt: 09.01.2009, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 8065