Crazy Wolf (Autor: Christian Endres; Horror-Factory 2)
 
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Crazy Wolf – Die Bestie in mir von Christian Endres

Reihe: Horror-Factory Band 2

 

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezension:

The beast in me / Is caged by frail and fragile bars / Restless by day / And by night

rants and rages at the stars / God help the beast in me …

 

Guter Johnny Cash. Findet doch stets die richtigen Worte zur richtigen Zeit. Zumindest ging es dem Rezensenten so, als er sich den zweiten Band der von Uwe Voehl herausgegebenen eBook-Reihe, Horror-Factory vorgenommen hatte und ebendieser Song aus der mentalen Plattensammlung hervorgekramt wurde. Aber: er passt. Wie die Faust aufs Auge, wie Deckel auf Topf, wie Staus zu Stuttgart.

Denn auch in der Brust des Protagonisten und Erzählers von Christian Endres’ Beitrag Crazy Wolf (mit dem passenden Zusatz Die Bestie in mir) schlummert so ein lästiges Viech. Haarig, gewaltig, blutlüstern, brutal – animalisch. Und keineswegs ausschließlich an laue Vollmondnächte gekoppelt, wie man es vom Otto Normal-Lykanthrophen gewohnt ist. Nein, wenn die haarige Bestie raus will, dann kommt sie auch raus; egal wann, egal wo. Das bedauernswerte Resultat einer amourösen Liaison seiner Mutter mit einem ebenso namens- wie gesichtslosen Erzeuger, der danach nicht mal ausreichend haarige Testikel besaß, um zum Resultat seiner Leidenschaft zu stehen. Schon klar, dass Jackson Ellis’ Kindheit dementsprechend alles andere als sorgenfrei war – und allerspätestens mit seiner ersten fatalen Werwolf-Verwandlung endgültig über die Klippe sprang. Einzig die Flucht nach vorne schien vorläufig seine Probleme ein bisschen zu kitten. Aus dem verwirrten Teenager wurde ein junger Landstreicher, dessen Domizile die durchs Land streifenden Güterzüge waren. Lehrjahre, gewissermaßen. Komplettiert durch den einen oder anderen mitreisenden Vagabund, der das bedauernswerte Nachsehen mit sich trug und als Wolfsfutter endete. Danach führte Jacksons Weg weiter nach Seattle – ebenfalls problembehaftet. In Las Vegas lernte er schließlich mit dem grauhaarigen Indianer Dead Crow einen Freund, sondern auch einen Seelenverwandten kennen, der ihm effektive Mittel und Wege aufzeigte, die Bestie in Zaum zu halten. Bis ihn auch in der Stadt der Spieler die hässliche Fratze des Schicksals fand.

Inzwischen ist Jackson wieder nach Seattle zurückgekehrt, wo er in einem Nachtclub seine Brötchen als Türsteher verdient. Kein Zuckerschlecken, aber dank seiner bewegten Vergangenheit passender als Bürokaufmann oder Tankstellenwart. Zumal der Nachschub an schönen – und durchaus willigen – Frauen nicht zu verachten ist. Doch auch mit den Frauen hat Jackson nicht gerade Glück, wie seine unlängst in die Brüche gegangene Beziehung beweist. Nun ja, wenigstens hat er noch seinen treuen vierbeinigen Kumpel, die Promenadenmischung namens Marlowe. Besser als nix. Oder sollte sich Jacksons Blatt nun endlich doch zum Guten wenden? Jedenfalls scheint das scharfe Mädel namens Sierra mit ihren sehr eindeutigen Blicken ebendies zu signalisieren …

… bis Jackson nach der Liebesnacht in einem dreckigen Verließ aufwacht. Nackt. Angekettet. Wie ein räudiger Köter. Der Preis, wenn das Blut vom Hirn in tiefer gelegene Regionen wandert. Aber woher hätte Jackson ahnen können, dass besagte Sierra bestens über sein animalisches Geheimnis informiert ist – und Unglaubliches mit ihm vorhat?

Aber Vorsicht, Sierra: Unterschätze niemals die Bestie …

 

Nach dem mittelschweren Fiasko, das Wolfgang Hohlbein mit Band 1 der Serie losgetreten hatte, ruhten jetzt schon sämtliche Hoffnungen auf den Schultern des gebürtigen Würzburgers Christian Endres, der trotz seiner Umtriebigkeit und zweier DPP-Auszeichnungen irgendwo noch immer das Attribut eines Nachwuchsautors inne hat – was jedoch keineswegs negativ aufgefasst werden sollte; im Gegenteil. Vielmehr ist es lobenswert, dass sich Herausgeber Uwe Voehl nicht bloß auf Routiniers und alteingesessene (Heft-)Romanautoren beschränkt, sondern auch dem »Nachwuchs« eine Chance gibt. Und im Falle von Christian Endres zeigt dieser nicht nur was er kann, sondern liefert außerdem eines der besten deutschen Horrorwerke des Jahres ab – und das mithilfe eines Genrevertreters, von dem man eigentlich ausging, er habe nicht mehr viel Neues zu erzählen respektive ausreichend genug, um noch etwas Originelles hinzuzufügen.

 

Weit gefehlt! Das Endres neben seinen vielen literarischen Interessen ferner eine starke Affinität zum US-amerikanischen Hard Boiled-Krimi hegt, ließ er bereits mit seinem gelungenen Vorwort zu James M. Cains Klassiker Wenn der Postmann zweimal klingelt (bei Festa erschienen) deutlich werden – und schlägt ebendiesen Ton auch in »Crazy Wolf« an. Soll heißen: viel Tempo, lakonische aber knackige Sätze, schmutzige Orte, keinen Mangel an Gewalt und vor allem einen Anti-Held von bestem Schrot und Korn. In allen Punkten schlägt sich Endres meisterhaft. Wüsste man es nicht besser, könnte man dem Roman durchaus einem US-Autoren zugestehen; beispielsweise Jason Starr, der sich mit seiner The Pack-Reihe gleichfalls den Lykanthrophen zugewendet hat. Ob sich Endres daran vielleicht ein bisschen …? Und wenn schon, sage ich! Wenn unterm Strich so ein verflucht cooles Werk dabei raus springt, dann nur zu. Mehr noch, werter Autor – dann bitte ich um Nachschlag! Denn trotz aller Widrigkeiten, trotz sämtlicher Schrecken und trotz der mitunter nicht gerade gesetzkonformen Art, mit der sich Jackson Ellis durchs Leben schlägt (und beißt): Ich möchte Nachschlag! Korrektur: Ich verlange Nachschlag!

 

Fazit:

Nach dem Schuss in den Ofen, der Hohlbeins Auftakt, Pakt mit dem Tod gewesen ist, startet die »Horror-Factory« mit Band 2 richtig durch. Christian Endres’ Roman »Crazy Wolf – Die Bestie in mir« ist eine rasante, gemeine, finstere und authentische Verquickung von Horror und Hard Boiled und kann auf ganzer Linie überzeugen. Für mich persönlich jetzt schon eines der besten Genrewerke des Jahres und ein ganz heißer Vincent Preis-Kandidat!

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Buch:

Crazy Wolf – Die Bestie in mir

Autor: Christian Endres

Reihe: Horror-Factory Band 2

Autor: Christian Endres

Herausgeber: Uwe Voehl

Dateigröße: 388 KB

Lübbe Digital, 12. Juni 2013

 

Kindle-ASIN: B00C9WPCLE

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042604400237cba336
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Erstellt: 24.06.2013, zuletzt aktualisiert: 14.05.2022 19:19, 13125