Das tote Brügge (Autor: George Rodenbach; Gruselkabinett 168)
 
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Das tote Brügge von George Rodenbach

Hörspiel

Reihe: Gruselkabinett Folge 168

 

Rezension von Cronn

 

Die Reihe Gruselkabinett entwickelt sich in jüngster Zeit zu einem Ort, der nicht nur dem reinen Grusel Raum bietet. Diese Spielart der Phantastik kann durchaus anspruchsvoll und effektvoll gestaltet sein, stellt aber lediglich eine der vielen Seiten der Phantastischen Literatur dar.

Die intellektuell herausfordernde Spielart der Phantastik ist ebenfalls im Gruselkabinett vertreten. Aktuell wurde von Marc Gruppe der Text

 

Verlagsinfo:

Brügge, 1892: Nach dem frühen Tod seiner Frau widmet Hugo Viane sein Leben einzig und allein der Trauer um sie. Erst die Liaison mit der Tänzerin Jane Scott, die der Toten zum Verwechseln ähnlich sieht, scheint seinem Leben wieder einen Sinn zu geben. Alsbald gerät der Witwer jedoch in einen Teufelskreis, da die vermeintliche Doppelgängerin nicht das ist, was sie zu sein scheint …

 

Soweit der offizielle Klappentext des Hörspiels, der sehr gelungen den Handlungsbeginn aufzeigt. Daher kann nun sofort mit der eigentlichen Kritik begonnen werden.

 

Kritik:

George Rodenbach hat mit »Das tote Brügge« den wichtigsten Roman des französischen Symbolismus verfasst. In ihm vereinen sich typisch Elemente der Decadence-Literatur mit Einflüssen der Symbolismus-Literatur.

Dabei ist es eine spannende Frage, ob »Das tote Brügge« im engeren Sinne ein phantastischer Text ist, denn die Einsortierung gelingt nur schwer. Ein übernatürliches Element existiert nicht, ein ambivalenter Zustand wird ebenfalls nicht in Schwebe gehalten. Mit den klassischen Einteilungen der Phantastik nach Roger Callois oder Zvetan Todorov kann man »Das tote Brügge« nicht fassen.

 

Und dennoch: Die morbide Stimmung, die permanent aufrecht erhalten wird, die Parallelsetzung der Stadt mit der Toten, die gedrückte, nahezu depressive oder auch manische Stimmungslage des Protagonisten rücken »Das tote Brügge« zumindest in die Nähe der Phantastik.

 

All diese sophistischen Überlegungen verschwinden aber vor der sehr gelungenen Adaption des Werks. Marc Gruppe ist es nicht nur gelungen, eine Balance zwischen den von Atmosphäre getragenen Erzählpassagen und den intensiven Dialogen zu finden. Auch schafft er es, mit wohldosierten Monologen einen Einblick in die Seelenlandschaft des Protagonisten zu ermöglichen. Dass dabei ein wunderbarer Metaphernreichtum und die vielfältigen Vergleiche zum intellektuell dichten Soundgewebe beitragen, ist besonders lobenswert. Somit erhält das Hörspiel eine weitere, tiefere Ebene über die reine Handlung hinaus.

 

Die Musik fügt sich harmonisch hier ein und erzeugt u. a. mit gut eingefügten Klavierpassagen eine schwebende Stimmung. Auch die Sprecher agieren perfekt in ihren Rollen. Mit dabei sind die Stimmen von Peter Weis, Michael-Che Koch, Eva Michaelis, Herma Koehn, Ingeborg Kallweit, der Adapteur Marc Gruppe selbst, Dana Fischer und Silke Horvath.

 

Fazit:

»Das tote Brügge« ist eine hervorragend gelungene Adaption, die aus der Reihe »Gruselkabinett« herausragt. Mit den anspruchsvollen und dichten Erzählpassagen, den stimmigen Sprechern und einem superben Sounddesign wird »Das tote Brügge« zu einem Glanzlicht der Reihe, das sich nicht vor Gruselhighlights wie »Heimweh« (Gruselkabinett 109) zu verstecken braucht, auch wenn die Grundstimmung eine andere ist.

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Hörspiel:

Das tote Brügge

Reihe: Gruselkabinett Folge 168

Original: Bruges-la-Morte, 1892

Autor: George Rodenbach

Umfang: 1 CD

Dauer: 86.15 Minuten

Buch: Marc Gruppe

Produktion und Regie: Stephan Bosenius und Marc Gruppe

Gemischt von Kazuya c/o Bionic Beats

Mastering: Michael Schwabe, Monoposto

Cover-Illustration: Ertugrul Edirne

Layout: Doreen Enderlein

Titania Medien, 26.02.2021

 

ISBN-10: 3785783167

ISBN-13: 978-3785783160

 

Erhältlich bei: Amazon

Sprecher·innen:

  • Erzähler: Peter Weis

  • Hugo Viane: Michael-Che Koch

  • Barbe: Herma Koehn

  • Die Tote / Jane Scott: Eva Michaelis

  • Opernbesucher und Priester: Marc Gruppe

  • Nachbarinnen: Dana Fischer und Silke Horvath

  • Schwester Rosalie: Ingeborg Kallweit


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Erstellt: 31.03.2021, zuletzt aktualisiert: 28.12.2023 19:05, 19569