Die Froschplage (B.U.A.P. Bd. 2)
 
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Die Froschplage

Reihe: B.U.A.P. Bd. 2

Rezension von Christian Endres

 

Mit »Die Froschplage« veröffentlicht Cross Cult passend zu Weihnachten den zweiten deutschen (!) Band des beliebten Hellboy-Spin Offs B.U.A.P.. Dieses Mal gibt es die größtenteils von Mike Mignola geschriebenen und Guy Davis gezeichneten Geschichten um Abe, Roger, Liz, Johann und die anderen Ermittler der Behörde zur Untersuchung und Abwehr Paranormaler Erscheinungsformen allerdings erstmals in Farbe – ansonsten hat sich, den Alten Göttern sei’s gedankt, nicht viel geändert ...

 

Die ersten beiden Geschichten im Band dienen eher als knackige Einstimmung auf die große Mignola-Story. Brian Augustyns Dunkle Gewässer hat dabei (wie später auch Mignolas Froschplage) gerade zu Beginn der kernigen Geschichte einen starken Hauch von Lovecraft, thematisiert aber auch sehr schön das Thema Sünde, Schuld und Sühne – darüber hinaus in einen religiösen, aber eben auch gesellschaftlichen und historischen Kontext gerückt: Die B.U.A.P.-Mitlgieder Abe und Roger halten sich bis auf wenige, etwas actionlastigere Szenen angenehm im Hintergrund, und so ist diese Story zur Einstimmung und zum Warmwerden genau das richtige, zumal man so schon auf der ersten Comic-Seite des Bandes, die ganz ohne Text auskommt, sehen kann, was für Köstlichkeiten einen mit Guy Davis’ Zeichnungen und der Farbgebung von Dave Stewart erwarten.

 

Diese beiden Komponenten vermisst man in der zweiten Kurzgeschichte, Im Osten nichts Neues, dann auch ein wenig, hat man sich trotz der Kürze der ersten Story doch schon bereitwillig an die neue Optik von B.U.A.P. gewöhnt. Um über den kurzzeitigen Verlust hinweg zu kommen, hilft dann vor allem der trockene Humor der nächtlichen Säuberungsaktion eines kleinen Dorfes in Moldawien, für die Mike Mignola höchstpersönlich das Skript geschrieben hat. Und auch das Artwork sowie die Colorierung von Cameron Stewart und Michelle Madsen sind, wenn auch anders als bei der ersten Geschichte, näher an Mignolas eigenem Zeichenstil und – wohl auch durch das nächtliche Setting der Zombiegeschichte in Osteuropa bedingt – durch das düstere Ambiente der Story vielleicht auch etwas gehemmt, nun nicht wirklich schlecht, im Gegenteil. Nach einem pointenreichen Schlussgedanken folgt dann aber endlich die titelgebende Story – nach wie vor mit Mike Mignola am Steuer, nun aber eben auch wieder mit Davis und Stewart an Bord.

 

Was aus einem Riesenpilz alles entwachsen kann ... In diesem Fall ist es eine echte Plage, die sich aus dem so harmlos und zunächst so wissenschaftlich anmutenden Experiment entwickelt; eine Plage, die nicht umsonst Abe Sapien, Liz Sherman, Johann und Roger auf den Plan ruft, damit diese sich mit vereinten Kräften gegen die froschartigen Gefahren, die gierigen Ambitionen diverser ungesunder Weltuntergangs-Kulte sowie einen uns allen bekannten, brandgefährlichen Gott stellen ...

 

Die Froschplage ist nicht nur die längste Geschichte des Bandes – sie ist auch die Geschichte, die mit den meisten Verweisen und Anspielungen und sogar Rückschlüssen auf frühere Hellboy-Bände von Mike Mignola aufwarten kann. Damit hat der Band mit seinem ohnehin schon so wunderbar pulpigen Mystery-Setting einen weiteren Bonus, schafft er so doch viele schöne kleine, aber wohlfeine Reminiszenzen an die ersten Aufträge, die wir an der Seite von Hellboy oder im Kreis der B.U.A.P.-Ermittler erleben durften.

 

Apropos Hellboy – oder eben nicht. Auch ohne den Höllenjungen ist die B.U.A.P. ein interessanter, tapferer, fähiger und vielschichtiger Haufen, der sich auch von kleinen wie großen Froschmonstern und deren dunklen Ansinnen und Anhängern nicht ins Bockshorn jagen lässt. Allerdings ist – ebenso wie Hellboy – diesmal Abe Sapien nicht ganz davor gefeit, mit seiner Vergangenheit in Berührung zu kommen (was für Mignolas Leserschaft, die wir seit Jahren auf Sapiens Herkunftsgeschichte warten, andererseits auch wieder allen Grund zur Freude bietet). Und wie auch schon bei seinem Kumpel mit der roten Haut und der großen Klappe, könnte dies bei den Ermittlungen, der Froschplage und all den Gefahren durch einen Kult und die vermeintliche Rückkehr der Kinder der Alten Götter für Abe und seine Kollegen zu einem echten Problem werden, wenn wieder einmal die Vergangenheit einen unserer Helden nicht loslassen kann und/oder will – oder umgekehrt ...

 

Hellboy-Schöpfer Mike Mignola hat mit den ersten sieben Bänden des Hauptwerks seines Kosmos um den Höllenbuben ausgiebig und erschöpfend oft bewiesen, dass er es bestens versteht, das Feeling früherer Pulp-Geschichten und ein Lovecraft’sches Ambiente zu vereinen und mit innovativen Ideen, großartiger Atmosphäre und tollen Dialogen zusammenzuführen; auch hat er schon hinreichend demonstriert, dass er ein ausgezeichnetes Gespür für Timing, Dramaturgie, Dialoge und Perspektiven besitzt und mit sparsamen Dialogen und Textboxen große Wirkung erzielen kann. So ist dann auch die Froschplage keine Ausnahme in dieser Aneinanderreihung von bewährten Schemata á la Mike Mignola. Verlässlich und routiniert spielt er als Autor und Texter in der längsten, titelgebenden Story des Bandes mit verschiedenen Elementen des Mystery-Genres, schafft den Spagat zwischen Klassik und Moderne und schickt seine toughen Ermittler gegen einen schier übermächtigen, vielzähligen, quakenden und durchtriebenen Feind ins Gefecht. Scheinbar mühelos kreiert er dabei Situationen, in denen die einzelnen B.U.A.P.-Agenten jeder für sich, paarweise oder gar im Verbund ihre jeweiligen Fähigkeiten einbringen können – ohne, dass es zu abgefahren oder phantastisch wird. Man kauft Mignola diese Figuren ab. Sie atmen, sie haben Leben, und sie haben besondere Fähigkeiten, Eigenschaften und Denkweisen – und besondere Vergangenheiten, sicher. Das alles macht sie letztlich aber zu einmaligen, glaubhaften, faszinierenden und streckenweise einfach liebenswerten Charakteren, an deren Seite man auch die zerfallensten und dunkelsten Hafengebäude und Keller in Augenschein nimmt ...

 

Da er bis auf die mittlere, kürzeste Story den Comic illustriert hat, muss Guy Davis dafür herhalten, den Band optisch einzuordnen und zu beleuchten – alles andere als eine Froschplage und ein regelrechter Glücksgriff für die Kritik. Denn Davis’ Zeichnungen überzeugen auf jeder Seite, in jeder Einstellung, in jedem Panel. Dabei kommt ihnen natürlich auch Dave Stewarts herrliche Colorierung zu Gute, die völlig zu Recht einen Eisner-Award abgeräumt hat. Stewarts blasse, aber immens atmosphärische Farbtöne geben den Klassezeichnungen von Davis den letzten Kick – und verhelfen dem Comic damit zu besten Haltungsnoten in allen künstlerischen Kategorien.

 

Die Aufmachung des Cross Cult-Hardcovers im A5-Format überzeugt nicht nur durch die ungewohnte Farbgebung. Wie immer, so muss man auch an dieser Stelle wieder auf das tadellose Design und die hervorragende Verarbeitung der Publikation hinweisen. Vom verwendeten Papier bis zum Layout passt da einfach alles, während ein paar Pin-Ups, ein Nachwort von Mike Mignola und ein paar Original-Skizzen den Band prächtig abrunden. Auch das mit dem zweiten Band begonnene Buchrückenmotiv weiß schlicht, aber wirkungsvoll zu erfreuen.

 

Fazit: Der zweite Band mit den Hellboy-abseitigen Abenteuern und Fällen der Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungsformen kommt nicht nur in Farbe, sondern auch wieder mit dem bewährten Mix aus B-Movie, Lovecraft und tollen, atmosphärischen Settings und Ideen daher. Neben zwei wirklich knackigen Kurzgeschichten (wobei vor allem die erste richtig, [i]richtig[/i] gut ist und ein unglaublich cooles Feeling beim Lesen vermittelt, während die zweite zwar vom Humor her schön trocken und von der Story ebenfalls schön straight ist, aber eben – und trotz Mignola als Autor – nicht 100%ig überzeugt) gibt es die titelgebende Geschichte – ebenfalls aus der Feder von Mike Mignola – zusammen mit den großartigen Zeichnungen von Guy Davis sowie den tollen Farben von Dave Stewart. Eine Menge Lovecraft zu Beginn also, danach ein kurzer, immerhin humorvoller Zwischenstop in Moldawien und dann einfach nur gutes, ja eigentlich perfektes Storytelling und Panel für Panel supergute Zeichnungen – und ein Ende voller Spannung und Atmosphäre, das zudem noch genug Raum für die Fortsetzungen lässt und von Mignola sehr, sehr offen und weiträumig gestaltet wurde, sodass wir sicher sein können, die Froschmonster nicht zum letzten Mal gesehen zu haben ...

 

Der Eisner-Award für die überzeugende Colorierung von Dave Stewart ist indes ebenfalls mehr als nur berechtigt – genau wie der humane Aufpreis für das vierfarbige Hardcover und überhaupt die Entscheidung, ausnahmsweise ganz Hellboy-unlike vom gewohnten Schwarzweiß-Look abzuweichen und stattdessen auf durchweg »bunte« Seiten zu setzen.

 

Noch einmal klar besser als der erste Band (und der war schon gut, wenn manchmal auch etwas unausgeglichen und zeichnerisch unbeständig), und in meinen Augen sogar stärker als der letzte Band mit dem Höllenjungen aus dessen eigener Reihe. Nur die mittlere Kurzgeschichte hinkt trotz ihres trockenen Humors ein bisschen hinterher – was »B.U.A.P: Die Froschplage« trotzdem nicht von ihrer Kaufempfehlung entbindet.

 

Fans von Mignola, Hellboy und der B.U.A.P. oder einfach nur gut gemachten Mystery-Comics greifen beherzt, aber eben auch bedenkenlos zu und werden von dieser großartigen Lektüre in keinster Weise enttäuscht werden: War der erste Band mit den Fällen der Behörde zur Untersuchung und Abwehr Paranormaler Erscheinungsformen noch ein Experiment, so rockt dieser zweite Ausflug in den Ermittlungsalltag von Abe Sapien und Co. definitiv die Spukhütte. Bitte mehr davon!

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240419204944b6ba7d3f
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Comic:

Die Froschplage

Reihe: B.U.A.P. 2

Autor: Mike Mignola u. a.

Zeichner: Guy Davis u. a.

Verlag: Cross Cult

Format: Hardcover

Sprache: Deutsch

ISBN-Code: 3936480214

Anzahl Seiten: 176

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 23.12.2006, zuletzt aktualisiert: 11.04.2024 08:09, 3264