Die letzte Astronautin (Autor: David Wellington)
 
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Die letzte Astronautin von David Wellington

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Sally Jansen war einst die wichtigste Astronautin der NASA, bis ihre Mission zum Mars in einer Katastrophe endete. Inzwischen hat sie sich zur Ruhe gesetzt. Doch als ein riesiges außerirdisches Objekt ins Sonnensystem eindringt und bedrohlich die Erde umkreist, bleibt der NASA nur eine Möglichkeit: Sie muss Sally Jansen überzeugen, in den Weltraum zurückzukehren. Widerwillig lässt sie sich darauf ein in der Hoffnung, etwas von ihrem damaligen Versagen wiedergutmachen zu können. Doch bald stellt sich heraus, dass es um weit mehr geht, als es scheint. Als sie erkennt, welches Geheimnis sich hinter dem Objekt verbirgt, wird ihr bewusst, dass das Schicksal der Menschen in ihren Händen liegt …

 

Rezension:

Als 2017 der Asteroid 1I/’Oumuamua durch unser Sonnensystem zog und wegen seiner interstellaren Herkunft und ungewöhnlichen Form für Aufsehen erregte, gab es auch bald wüste Vorstellungen von außerirdischen Raumschiffen oder zumindest deren Hinterlassenschaften. Mit einer literarischen Umsetzung war also zu rechnen, dass nun ausgerechnet ein gestandener Horror- und Dark-Fantasy-Autor sich damit befasst, hingegen nicht.

 

David Wellington lässt ganz bewusst sämtliche Fantasy-Wurzeln hinter sich und bemüht sich um einen wissenschaftlichen Hintergrund, der aus Die letzte Astronautin einen Hard-SF-Roman macht, der erst im letzten Drittel in Richtung Creature-Horror dreht.

 

Ausgangspunkt des Romans ist die Entdeckung des Astrophysikers Sunny Stevens, der 2055 einen Asteroiden entdeckt, der ungefähr dreihundertfünzigmal so groß ist wie 1I/’Oumuamua und den er 2I/2054D1 nennt. Obwohl er für das private Weltraumunternehmen KSpace arbeitet, wendet er sich mit der Entdeckung an die NASA, denn er will unbedingt mitfliegen, wenn das sich wie ein Raumschiff verhaltende Objekt näher untersucht werden sollte. Seit vor einundzwanzig Jahren die Marsmission Orion 6 mit dem Tod eines Besatzungsmitglieds scheiterte, gab es so gut wie kein Raumfahrtprogramm mehr, und Stevens Traum, Astronaut zu werden, war somit zum Platzen gebracht.

Doch ausgerechnet die Kommandantin der Orion 6, Sally Jansen, wird nun wieder in den Dienst gestellt, denn sie ist, wie der Titel verrät, die letzte ausgebildete Astronautin.

Dabei wurde sie von der breiten Öffentlichkeit für den Tod ihres Besatzungsmitglieds verantwortlich gemacht und leidet seither an diesen Vorwürfen und der Schuldfrage. Ein Kernkonflikt des Romans, den Wellington immer wieder zum Handlungsmotiv seiner Figuren macht. Vielleicht ist diese Fixierung auf eine Schuldfrage eine US-amerikanische Eigenschaft, im Roman wird dieser Komplex nur behauptet. Sally Jansen handelt während eines Unfalls streng nach Protokoll, wieso daraus jetzt ein globaler Shitstorm wurde, der auch noch einundzwanzig Jahre später zu Hass und Vorwürfen führt, erklärt sich nicht.

Trotz dieser schwachen Konfliktbasis schafft es Wellington, sich intensiv mit der Psyche seiner Hauptfigur zu befassen. Sie steht unter dem Druck, nicht erneut zu scheitern. Sie will ihre Besatzung und später die des konkurrierenden Schiffs von KSpace, unter allen Umständen lebend zurückbringen. Als man ihr das Kommando entzieht, muss sie mit einem Militär als Vorgesetzten klarkommen, der das All nur durch die Linsen einer Militärsonde kennt und gewohnt ist, Befehle mit aller Macht durchzusetzen. Hinzu kommen körperliche Beschwerden – Sally Jansen hat und bekommt eine Menge Probleme, denen sie sich jedoch nicht einfach ergeben will.

 

Neben den Konflikten zwischen den Figuren spielt natürlich auch das geheimnisvolle Objekt 2I eine wesentliche Rolle. Auf ihrer Reise ins Innere des Objektes werden Sally und Stevens Zeuge von rasanten Veränderungen, deren Zusammenhänge sich erst viel später und unter tragischen Umständen aufklären. Das Agieren in einer immer feindlicheren Umwelt trägt einen Großteil der Spannung, ohne das Rad neu zu erfinden. Am Ende schließen sich die Kreise aus Motiven und unterschiedlichen Lebensentwürfen der Figuren zufriedenstellend, trotz der fürchterlichen Ereignisse im Innern von 2I.

 

Übersetzer Simon Weinert gelingt es gewohnt überzeugend, die unterschiedlichen Textsorten und Sprach-Nuancen der Figuren zu übertragen und somit den Spannungsaufbau zu unterstützen.

 

Auch das Cover nach einem Entwurf von Lauren Panepinto lässt bei genauerer Betrachtung eine sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Buches erkennen. Das halb von Dunkelheit verdeckte Antlitz einer ernsten Frau, vor dem Leuchtspuren eines Meteoritenschauers herabstürzen, fängt die psychische Anspannung der Protagonistin und die Bedrohung im All sehr gut ein.

 

Fazit:

»Die letzte Astronautin« von David Wellington ist eine mehr als solide Mischung von Weltraumabenteuer und der Reise einer geschundenen Astronautin, die ihre Fähigkeiten immer wieder unter Beweis stellen muss. Für sich und für eine Welt, die nur all zu schnell und leichtfertig verurteilt.

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Buch:

Die letzte Astronautin

Original: The Last Astronaut, 2019

Autor: David Wellington

Piper, 3. August 2020

Taschenbuch, 478 Seiten

Übersetzer: Simon Weinert

Cover: Lauren Panepinto

 

ISBN-10: 3492705650

ISBN-13: 978-3492705653

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN : B081B7BK7J

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition


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Erstellt: 29.08.2020, zuletzt aktualisiert: 10.04.2024 18:52, 18942