Die letzten Tage von Pompeji (Autor: Edward Bulwer-Lytton)
 
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Die letzten Tage von Pompeji von Edward Bulwer-Lytton

Rezension von Ralf Steinberg

 

Rezension:

Edward Bulwer-Lyttons Roman über den Untergang von Pompeji wird gern als Meisterwerk der Literatur bezeichnet und als historischer Roman bezeichnet, der dem Genre seine qualitative Grundlage gab.

Diese Bewertung des Romans und seine Rolle in der Literaturgeschichte sind jedoch nicht unumstritten. Bulwer-Lytton war in erster Linie ein viktorianischer Politiker. So sehr er auch historische und archäologische Quellen für sein Werk verwendete, es atmet durchweg den Zeitgeist und seine spezielle Ideologie aus. Es mag vielleicht als Hinweis reichen, dass seine Frau Rosina gerade aus ihrer Ehe frühfeministische Gedanken zog und sich in ihren Romanen über die tyrannische Enge der viktorianischen Ehe lustig macht.

Unter diesem Blickwinkel fallen besonders in Bezug auf die Frauenfiguren viele Details auf, die das Buch wesentlich spannender als Zeugnis viktorianischen Gedankenguts machen und weniger als Geschichtsepos. So scheitert Nydia nur allzu oft an seltsamer Naivität, während Ione wenig mehr zu bieten hat als Schönheit und ein zartes Wesen. Darüber hinaus begegnen wir noch einer Hexe und einer Lebedame, die auf eine reiche Partie aus ist. Diese Frauenfiguren sind deutliche Anleihen zeitgenössischen Geschmacks und weniger historische Studien. Da geht es den Männern schon besser.

Im Mittelpunkt steht der reiche Athener Glaucus, der in der feinen Gesellschaft Pompeiis vor allem darum wohl gelitten ist, weil er das Geld mit vollen Zügen ausgibt und zudem als Grieche für all das bewundert wird, was seine Ahnen Großes schufen. Er verliebt sich in die schöne Ione, eine Waise aus Neapel, die mit ihrem Bruder erst seit kurzem in Pompeii weilt. Dieser verschrieb sich der ägyptischen Göttin Isis, getrieben von Arbakes, dem letzten Spross des ägyptischen Herrscherhauses, der sich der beiden verwaisten jungen Leute annahm.

Arbakes will jedoch nicht nur den jungen Mann für seine Ideen einspannen, er hat auch ein Auge auf Ione geworfen. Umso größer ist seine Eifersucht auf Glaucus.

Doch auch der Grieche wird mehr begehrt, als er bemerkt. Nicht nur das blinde Sklavenmädchen Nydia ist unsterblich in ihn verliebt, auch die verwöhnte Patrizier-Tochter Julia will Glaucus für sich.

So entwickelt sich alsbald ein Spiel der Intrigen vor dem Hintergrund des nahen Endes, von dem jedoch nur der Leser weiß. Das vorbestimmte Ende ist jedoch kein Grund für Spannungsverlust. Bulwer-Lytton gelingt es bis zum Schluss hin den Leser bei der Stange zu halten und mit tragischem Geschehen, als auch historischer Wissensvermittlung zu unterhalten.

Günter Jürgensmeier weist in seinem Nachwort darauf hin, dass der Autor hier absichtlich mit einem Mix aus Roman und Drama arbeitet und sich dies nicht nur in der Aufteilung abbildet sondern auch in den Figurenkonstellationen.

Den stark auscharakterisierten Figuren Nydia und Arbarkes stehen typische Theaterrollen in Form von Glaucus und Ione gegenüber. Agieren und Reagieren - verbunden durch das gemeinsame Handlungsband.

Erhellend sind auch die Interpretationen zum religiösen Hintergrund. Schnell verspürt man nämlich beim Lesen, dass die starke Kritik Bulwer-Lyttons an der polytheistischen Religion Ähnliches anprangert, dessen sich die katholische Kirche in späteren Jahrhunderten auch schämen muss. Dass der Engländer damit tatsächlich den Katholizismus auf eine Stelle mit dem heidnischen Glauben stellt, wirft ein ganz eigenes Licht auf den Roman. Letztlich wirken die aufklärerischen Szenen heute arg überstrapaziert. Das Sendungsbewusstsein Bulwer-Lyttons versucht eine puritanische Weltsicht aus dem unschuldigen Neubeginn der Christen herzuleiten, während gerade die strenge Intoleranz Wesenszug seiner eigenen Moral war.

 

Die dtv-Ausgabe würdigt den Klassiker nicht nur mit einem umfangreichen Anhang, es wurden auch umfangreiche Illustrationen der in Pompeii gefundenen Bilder in den Text eingebettet, so dass neben den Anmerkungen ein umfassendes Bild sowohl zur Handlung als auch zur Werksgeschichte entsteht.

Mit dem Ausschnitt aus dem Gemälde von Karl Pavlovich Bryullov (dessen Schreibweise im Buch variiert) als Titelbild wird zudem das Werk gewürdigt, dessen visuelle Kraft den Autor unter anderem zum Schreiben veranlasste.

 

Fazit:

Ein Roman, der sowohl in seiner Geschichtsinterpretation als auch als spannende und meisterhaft inszenierte Unterhaltung brilliert. Präsentiert in einer erstklassigen Taschenbuch-Ausgabe mit umfangreichen Extras ist der Roman eine klare Empfehlung.

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404161845433c070b7d
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Buch:

Die letzten Tage von Pompeji

Autor: Edward Bulwer-Lytton

Original: The Last Days of Pompeii, 1834

Taschenbuch, 640 Seiten

Herausgeber, Übersetzer und Nachwort: Günter Jürgensmeier

Titelbild: Auszug des Gemäldes "Die Zerstörung" von Karl Pavlovich Bryullov

 

ISBN-10: 3423137622

ISBN-13: 978-3423137621

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 23.07.2009, zuletzt aktualisiert: 08.04.2024 09:56, 8988