Interview: Thomas Thiemeyer
 
Zurück zur Startseite


  Platzhalter

Interview mit Thomas Thiemeyer

Redakteur: Markus Mäurer

 

Thomas Thiemeyer versucht immer wieder einmal Neuland für sich zu erobern. Nun also eine Jugendbuchreihe. Wir befreiten unseren Redakteur Markus Mäurer extra aus den Fesseln einer Vorgonenflotte, damit er den Maler und Autor einer hochnotpeinlichen Befragung unterziehen konnte:

 

 

FantasyGuide: Hallo Thomas, kannst du unseren (jungen) Lesern ein wenig von dir selbst erzählen?

 

Thomas Thiemeyer: Ich wurde 1963 in Köln geboren, habe 23 Jahre dort gewohnt und bin dann nach Süddeutschland gezogen. Zuerst nach Ravensburg, später nach Stuttgart, wo ich heute noch mit meiner Familie lebe. Nach einem Geologiestudium habe ich erst mal den Weg als Illustrator eingeschlagen und zahlreiche Jugendsachbücher (u.a. über Saurier, Ritter, Indianer, usw.), sowie Umschläge für Science-Fiction und Fantasy Romane gemalt. Später dann habe ich zu schreiben begonnen und mich über die Jahre immer mehr darauf spezialisiert. Heute kann ich von meinen Romanen ganz gut leben.

 

FantasyGuide: Du hast schon einige Thriller geschrieben (Magma, Medusa etc.) wieso plötzlich eine Jugendbuchreihe? Wie kam es zu der Idee?

 

Thomas Thiemeyer: Ich glaube jeder Autor, der bereits einige Bücher in einem Genre geschrieben hat, sehnt sich irgendwann nach neuen Herausforderungen. Bei mir war der Auslöser sicher, dass ich zwei Söhne (13 und 18) habe und fand, dass es gerade für Jungs zu wenig abenteuerlichen Lesestoff in den Buchhandlungen gibt. Ich dachte dabei an Bücher, wie ich sie in meiner Kindheit verschlungen habe: von Jules Verne, H.G. Wells und Arthur Conan Doyle. Als dann die Anfrage des Loewe Verlags kam, ob ich gerne Jugendbücher schreiben wolle, war ich natürlich Feuer und Flamme.

 

FantasyGuide: Die Bücher spielen im Jahr 1893, teilweise in Berlin. Hast du viel über diese Zeit recherchiert? Wenn ja, wo? Auch vor Ort in Berlin?

 

Thomas Thiemeyer: Na ja, ich zwar schon ein bisschen rumgekommen, aber ich war bisher weder in den peruanischen Anden (Regenfresser), noch in den Tiefen des Mittelmeers (Poseidon). Berlin kenne ich zwar, wobei ich allerdings einschränken muss, dass die Geschichten ja vor über hundert Jahren spielen und sich die Stadt seitdem extrem verändert hat. Trotzdem habe ich die Orte ganz gut im Kopf, weil ich tatsächlich viel vorher recherchiere. Das kenne ich von meinen Erwachsenenbüchern und das gefällt mir auch. Meine Bücher haben ja immer einen starken Bezug zur Realität, auch wenn es spätestens ab der Mitte sehr phantastisch zugeht.

 

FantasyGuide: Es tauchen viele berühmte Namen auf: Von Humboldt, Leonardo da Vinci, Jules Vernes, Nicola Tesla, Zeppelin. Was bedeuten sie für dich?

 

Thomas Thiemeyer: Ich sagte ja, schon dass ich gerne tatsächliche Orte und Personen auftauchen lasse, um die Geschichten zu "erden", d.h. ihnen einen realitätsnahen Rahmen zu verpassen. Ich liebe dieses Spiel, wenn man sich als Leser fragt: "könnte es tatsächlich so etwas geben?" Historische Persönlichkeiten auftreten zu lassen, macht zudem einfach Spaß. Das ist wie der Cameo-Auftritt Alfred Hitchcocks in seinen Filmen.

 

FantasyGuide: Die Reihe heißt Chroniken der Weltensucher; Oscar und seine Gefährten entdecken bisher unbekannte Regionen der Welt. Gibt es heute noch Unbekanntes zu entdecken? Was empfiehlst du jungen Menschen mit Forscherdrang?

 

Thomas Thiemeyer: Augen auf und neugierig bleiben! Mit Freunden in den Wald gehen und Hütten bauen. Es gibt immer und überall Neues. Meist da, wo man es gar nicht vermutet. Die Welt ist voll von spannenden Dingen, selbst in unserer medienüberfrachteten Zeit. Erst neulich saß ich in der Badewanne und habe einen mit Luft gefüllten Trichter umgedreht auf den Badewannenboden gestellt, so dass oben kleine Bläschen aufstiegen. Obwohl es mit Luft gefüllt war, ist das am Grund kleben geblieben, obwohl es doch hätte aufsteigen müssen. Faszinierend!

 

FantasyGuide: Nachdem es in „Die Stadt der Regenfresser“ nach Südamerika ging, war ich etwas überrascht (positiv), dass die Weltensucher in Europa blieben. Meist träumt man ja von der Exotik der Ferne und vergisst die Wunder vor der eigenen Haustür. Wie bist du auf Griechenland gekommen?

 

Thomas Thiemeyer: Weil ich genauso empfinde wie du. Man muss nicht unbedingt immer ganz weit weg um Erstaunliches zu entdecken. Gerade Europa als uraltes Kulturland bietet reichen Stoff für Roman-Autoren. Die Geschichten um die griechische Insel Santorin und das versunkene Atlantis haben mich immer begeistert und das wollte ich unbedingt in einen Roman packen. Mein Traum wäre es gewesen, als Zwölfjähriger mit meinen Eltern nach Griechenland zu fahren und dann am Strand Palast des Poseidon zu lesen. Ich glaube ich hätte mir sofort die Taucherbrille umgeschnallt und wäre ins Wasser gegangen.

 

FantasyGuide: Humboldt eckt mit seinen ungewöhnlichen Methoden im Universitätsbetrieb an. Ist dir so etwas noch aus dem eigenen Studium bekannt? Wie würdest du den aktuellen Forschungsbetrieb einschätzen? Immer noch so verbohrt und unflexibel wie vor 100 Jahren?

 

Thomas Thiemeyer: Meine Romanfigur ähnelt ja in vielen Dingen der historischen Persönlichkeit Alexander von Humboldt, von der man sagt, dass es das letzte wirkliche "Allround-Genie" war, das unser Land hervorgebracht hat. Tatsächlich hat er in allen möglichen Zweigen geforscht (Geographie, Völkerkunde, Physik, Chemie, Botanik, usw.) und so ein übergreifendes Wissen von der Welt erworben. Ich glaube das fehlt in unserer heutigen Zeit mehr denn je. Wir sind zu einem Verbund von Spezialisten geworden, in dem jeder sich nur noch um seinen Kram kümmert und vergisst, über den Tellerrand zu schauen. Besonders in den Universitäten ist mir das aufgefallen. Da weiß ein Wissenschaftler kaum, woran sein Kollege drei Türen weiter arbeitet.

 

FantasyGuide: In den Büchern tauchen ja zahlreiche kuriose Erfindungen auf. Gibt es für sie alle historische Vorlagen, oder bist du auch selber ein kleiner Daniel Düsentrieb?

 

Thomas Thiemeyer: Vieles (natürlich nicht alles) von dem, was ich beschreibe, gibt oder gab es tatsächlich. Das Erstaunliche ist ja, dass solche Dinge wie die Brennstoffzelle - die heute wieder in aller Munde ist bereits 1838 von Karl Friedrich Schönbein erfunden wurde. Auch die ersten Computer, die Differenz- und Multiplikationsmaschinen, sind schon recht alt. Von U-Booten, Zeppelinen und Flugapparaten ganz zu schweigen. Es war eine vollkommen phantastische Zeit, deshalb habe ich sie mir auch als Rahmen für meine Romane ausgesucht.

 

FantasyGuide: Wenn man dir eine Expedition an einen Ort deiner Wahl anbieten würde, wo würde es dich hinziehen?

 

Thomas Thiemeyer: Auf den Mond.

 

FantasyGuide: Expeditionen und Forschung leben von der Neugierde. Findest du, dass unser Bildungssystem und unsere Gesellschaft noch genügend Neugierde bei unseren Kindern wecken.

 

Thomas Thiemeyer: Ich glaube, das Schulfächer so etwas nicht leisten können. Das können nur Menschen. Besondere Lehrer und natürlich Eltern. Wer, wie ich, das Glück hatte, von seinen Eltern auf die Wunder der Natur aufmerksam gemacht und entsprechend unterstützt zu werden, der wird diese Neugier sein Leben lang nicht verlieren.

 

FantasyGuide: Was sind deine Lieblingsjugendbücher, und welche Lektüre würdest du jungen Forschern empfehlen?

 

Thomas Thiemeyer: Louis Sacher - Löcher, Roald Dahl - das komplette Werk. Hat zwar beides nicht unbedingt etwas mit Naturwissenschaften zu tun, aber viel mit Fantasie. Und ohne die geht's nicht.

 

FantasyGuide: Was wird dein nächstes Projekt sein? Wie viele Bände von den Weltensuchern sind geplant?

 

Thomas Thiemeyer: Der Stand im Moment ist, dass es fünf Romane geben wird. Ob es danach weitergeht, hängt natürlich davon ab, wie sich die Bücher verkaufen und ob sie sich dauerhaft in den Buchhandlungen verankern können. Schauen wir mal. Ich würde gerne weiterschreiben, denn ich denke, dass das Thema noch viel hergibt.

 

FantasyGuide: Im Oktober erscheint dein neues Buch Korona, in dem es auch um eine Expedition geht. Kannst du uns schon ein wenig darüber verraten? Ist das Buch auch für jugendliche Leser geeignet (wobei mir klar ist, dass ein "Nein" als Antwort vermutlich mehr Jugendliche neugierig macht :) )?

 

Thomas Thiemeyer: Also gut, dann sage ich mal:"Nein, auf keinen Fall!" *Grins*

Kleiner Scherz. Tatsächlich glaube ich, dass meine Erwachsenenromane ab einem Alter von 15 oder 16 Jahren bequem lesbar sind. Klar gibt es etwas mehr Sex und Gewalt, aber das hält sich in Grenzen. Der Schwerpunkt liegt, genau wie bei meinen Jugendbüchern, auf Abenteuer, Mystik und Fantasie, gekoppelt mit einer klaren, gut verständlichen Sprache. Ich glaube, sonst hätte der Loewe Verlag auch gar nicht erst angefragt.

In Korona geht es um eine Expedition in den Ruwenzori, Afrikas geheimnisumwittertes Hochgebirge in Uganda. Die Gorillaforscherin Amanda Walker und ihr Team entdecken dort die Ruinen einer antiken Hochkultur, doch kaum wollen sie zurückkehren um von ihrem Fund zu berichten, als das Wetter verrückt spielt und die Dinge um sie herum sich auf seltsame Art zu verändern scheinen. Wie es scheint haben die Forscher das Tor zu einer anderen Dimension durchquert und für Rückkehr ist es längst zu spät.

 

FantasyGuide: Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.

 

Thomas Thiemeyer: Ich habe zu danken.

Nach oben

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240425113600daa66972
Platzhalter

Buch:

Die Stadt der Regenfresser

Reihe: Die Chroniken der Weltensucher 1

Autor: Thomas Thiemeyer

gebunden, 447 Seiten

Loewe Verlag, 15. September 2009

 

ISBN-10: 3785565747

ISBN-13: 978-3785565742

 

Erhältlich bei: Amazon

Der Palast des Poseidon

Reihe: Die Chroniken der Weltensucher 2

Autor: Thomas Thiemeyer

gebundene, 479 Seiten

Loewe Verlag, 15. Juni 2010

 

ISBN-10: 3785565763

ISBN-13: 978-3785565766

 

Erhältlich bei: Amazon


Platzhalter
Platzhalter
Erstellt: 29.08.2010, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 10920