Interview: Markus Kastenholz
 
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Interview mit Markus Kastenholz

Redakteurin: Ramona Schroller

 

NOCTURNO ist eines der wenigen noch existierenden Fan- oder Storyzines in Deutschland. Auf 100 Seiten präsentiert sich das DIN 4-Heft mit Beiträgen bekannter und weniger bekannter Autoren und Künstlern. Artikel über Rollenspiele wird man im NOCTURNO vergeblich suchen, statt dessen harrt eine geballte Kraft von Stories, Zeichnungen und Comics darauf, den Leser in eine andere, in eine düstere Welt zu entführen, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

 

Der besondere Reiz von NOC (wie das Zine liebevoll von seinen Fans genannt wird) liegt in der Zusammenstellung der Stories und Zeichnungen. Viele der letzteren wurden speziell für die Geschichten angefertigt, mit zum Teil liebevoller Detaildarstellung.

 

Erscheinen sollte Nocturno bislang im halbjährlichen Rhythmus, tatsächlich aber klaffte zwischen dem Erscheinen von Heft 3 und 4 ein Jahr Differenz. Gerade diese lange Zeit hat zu einigen Spekulationen und Gerüchten geführt, z. B. daß Nocturno eingestellt worden sei oder daß die Druckerei gewechselt werden sollte. Tatsächlich aber ist Nocturno noch lange nicht tot, die Hefte sind weiter über Markus Kastenholz (Markus Kastenholz, Rothenbergstraße 39, 65366 Geisenheim/Rhg.) zu bestellen.

 

Markus Kastenholz ist der Ideengeber und Herausgeber des Zines. Mit ihm führte Fantasyguide.de folgendes Interview:

 

FantasyGuide.de: Wie wär’s zu Anfang mit einigen "technischen" Daten?

 

Markus Kastenholz: Gern. Ich bin am 28. Mai 1966 geboren, Sternzeichen Zwilling. Als End-Maigeborener habe ich noch Stier-Einflüsse, bedeutet, ich will manchmal mit dem Kopf durch die Wand. Na ja, übertriebene Diplomatie war nie meine Stärke. Ebenso wenig wie Geduld. Außerdem hasse ich Unzuverlässigkeit und Lügen wie die Pest!

Ledig bin ich, "eingefleischter" Vegetarier und Anti-Alkoholiker. Als kleiner Ausgleich dafür nikotin- und koffeinsüchtig. Etwa 1,83 groß, Brillenträger und absolut unsportlich.

Einen besonderen Status in meinem Leben hat die Nacht. Ich bin notorischer Nachtmensch, führe oft auch den Biorhythmus eines Vampirs und würde am liebsten erst im Morgengrauen ins Bett gehen. Leider halte ich das nur selten durch. Oft schreibe ich auch von der Nacht, und so ist es auch nur recht und billig, daß ich meinem Zine (gegründet habe ich es ja ursprünglich allein) den Namen NOCTURNO gegeben habe.

 

 

FantasyGuide.de: Richtig, Nocturno. Wie kam es dazu, daß Nocturno gegründet wurde?

 

Markus Kastenholz: Um ehrlich zu sein, so genau weiß ich das selbst nicht mehr. Es gab kein wirkliches Heureka-Erlebnis, es war eher eine Art "schleichender Prozeß", auch wenn sich das reichlich überkandidelt anhören mag. Das muß wohl so in der Vorweihnachtszeit Anno 2000 gewesen sein.

Aber von vorn: Ich bin ja einer der sog. "Alten". Nein, mit Cthulhu hat das rein gar nix zu tun, es bedeutet, ich schreibe ca. seit meinem 11. Lebensjahr, nunmehr also über 25 Jahre (da merkt man erst, wie alt man ist!).

Ohne in Melancholie zu verfallen, doch als ich vor ca. 20 Jahren ins Fandom kam, gab es dort eine Unmenge Zines. Nahezu alle erschienen nur in Auflagen von 30 - 50 Exemplaren, viele waren auch wirklich dilettantisch gemacht - Anfängerfehler auf Schülerzeitungsniveau eben. Doch das war egal! Jeder mit Ambitionen zu schreiben und zu zeichnen hatte dort die Möglichkeit, sich seine ersten Sporen zu verdienen, sozusagen eine Talentschmiede. Und einige haben diese Lehrjahre wirklich effizient genutzt. Einer der "Prominentesten" aus diesen Tagen mag vielleicht Klaus N. Frick von Perry Rhodan sein, der damals seine fast schon legendären FreuCons ausrichtete (dort im JuZ habe ich mal eine Nacht auf einem Tisch "geschlafen" - uff!).

Selbstredend habe auch ich damals meine eigenen Zines herausgegeben, allesamt mit Schwerpunkt SF. Zunächst ein PR-Zine namens KOMET, das nach zwei grässlichen Anfängerausgaben aufgegeben wurde (ich muß damals 15 gewesen sein, darin war vorwiegend Material von mir und meinem besten Kumpel; gedruckt wurde es in einer Nacht-und-Nebel-Aktion auf einem Firmenkopierer, zu dem ich Zugang hatte; am kommenden Morgen war dann seltsamerweise der Toner leer, und niemand wußte, weshalb).

Das Nachfolgezine MISHARA war zwar auch nicht viel besser, aber wenigstens nahmen wir noch Material von anderen Leuten hinein, was qualitativ einen deutlichen Fortschritt bedeutete. Natürlich, die meisten Mitarbeiter waren so um die 20, noch längst nicht ausgereift, doch jeder dachte von sich, er sei DAS neue Talent, alle Türen stünden ihm sperrangelweit offen. Übrigens inklusive mir. Wahrscheinlich lernt man erst mit den Jahren, einigermaßen realistisch auf die Vergangenheit zurückzublicken - und ist unrealistisch bezüglich der Gegenwart.

Mein Kumpel hörte auf, seine Interessen änderten sich, und ich fusionierte MISHARA mit SPACE-MESSENGER, einem Zine aus Norddeutschland, zu MSM. Federführend war dort Ulrich Peters, von dem ich nach Antritt seiner Lehre leider nicht das geringste mehr gehört habe - 18 Jahre sind seitdem vergangen. Aber auch nach fünf Ausgaben war das Ende von MSM gekommen, die Halbwertszeit vieler dieser Zines war leider oft nur kurz. Bald darauf verließ auch ich das Fandom.

Nun zurückzukommen auf jenen November/Dezember 2000: Seit geraumer Zeit tummelte ich mich wieder in der Kleinverlagsszene, zum Fandom hingegen hatte ich kaum Kontakt. Allerdings stellte ich fest, die Zeit der Zines, in denen ein Newcomer erstmals an die Öffentlichkeit gehen konnte, schien vorüber zu sein. Die einzigen halbwegs vergleichbaren Publikationen dieser Art wiesen kein phantastisches Element auf, nahmen sich ungeheuer ernst, schrieben sich in fetten Lettern LITERATURZEITSCHRIFT aufs Cover und waren doch nur poplige Zines - noch dazu mitunter recht lieblos gemacht. Eine ordentliche Vampirstory würde man in solchen Heften NIE finden.

Der Frust in mir wuchs also. Und scheinbar nicht nur bei mir, auch bei Monika Wunderlich, Inhaberin des VirPriV-Verlags, die sich der dunklen, phantastischen Literatur verschrieben hat. Sie war mir in den vorangegangenen Monaten eine großartige Freundin und Förderin geworden. Es hört sich dämlich an, das weiß ich selbst, aber in jenem Herbst 2000 rief ich sie ursprünglich an, um sie zu fragen, was sie von der Idee, ein eigenes, phantastisches Storyzine zu gründen, hält - und sie kam von sich aus auf dieselbe Idee. Der Rest ist Geschichte ...

Daß das Hauptaugenmerk auf den Stories liegt, lag in der Natur der Sache, schließlich bin ich Schreiberling. Aber auch die Graphiken sollten ein adäquates Forum haben und wurden deshalb vorwiegend ganzseitig auf A 4 gedruckt. Ich bin der Ansicht, es tummeln sich so viele, großartige Zeichner im Fandom, die dürfen nicht vernachlässigt werden.

NOC ist unter anderem konkrete Nachwuchsförderung, die viele Verlage vermissen lassen. Wo soll denn der Nachwuchs herkommen, wenn sich niemand angesprochen fühlt, ihn zu protegieren? Nur wer wenigstens gelegentlich die Möglichkeit bekommt, zu publizieren, findet den Enthusiasmus, weiter zu schreiben. Man braucht einfach einige Jahre, sich zu entwickeln, besonders die Schreiber. Da man Kunst lernen und studieren kann, das Schreiben jedoch nicht. Autodidaktik ist angesagt, selbst beim größten Talent - und es dauert dann freilich einige Jahre, bis die handwerklichen Regeln in Fleisch und Blut übergegangen sind.

Aber NOC kann das selbstverständlich nicht alleine bewältigen. Deshalb wage ich zu behaupten: Gäbe es mehr Zines wie NOC oder engagierte (Klein-)Verlage wie VirPriV, sähe die Szene anders aus; sie wäre lebendiger - einfach bunter!

 

 

FantasyGuide.de: Wie hast du den Kontakt zu Autoren und Künstlern hergestellt?

 

Markus Kastenholz: Anfangs fragte ich natürlich zunächst die Schreiber/Zeichner, mit denen ich bereits Kontakt hatte, nach Material. Ein illustres Grüppchen, wir tauschten unsere Elaborate aus und kritisierten sie gegenseitig wohlwollend. Einige Leute, deren Werke mir in Zines und Büchern positiv aufgefallen waren, habe ich auch angeschrieben und um Material gebettelt, was in der Regel auch erfüllt wurde (nur bei den Profis biß ich meist auf Granit, was wohl in der Natur der Sache liegt). Schon allein dadurch merkte ich, es bestand Bedarf. Nicht jeder möchte sich Stories aus dem Internet herunterladen und am Computer lesen, viele lesen auch ganz profan im Bett vor dem Einschlafen, und da läßt sich ein Monitor freilich nur schwer mitnehmen. Ein Magazin oder Buch, in dem man veröffentlicht wurde, hat darüber hinaus seine Vorteile: Papier in Händen zu halten ist einfach ein sinnliches Erlebnis. Außerdem läßt es sich hervorragend ins Regal stellen oder verschenken.

Heutzutage ist es in Sachen Material freilich etwas anders geworden, alles hat sich schon ein wenig eingefahren. Man verfügt über eine gewisse Routine, und NOC ist inzwischen doch in der Szene ein Begriff. Meist rekrutieren sich die Mitarbeiter aus dem Fandom bzw. der semiprofessionellen Lit-Szene. Viele sind auch einfach auf NOC aufmerksam geworden und haben Material geschickt. Trotzdem werden immer noch Leute, die positiv auffallen, direkt angesprochen.

Kleine Randnotiz: Für Material sind wir immer und jederzeit aufgeschlossen und dankbar, doch denkt bitte ans Rückporto, wenn ihr eure Stories/Graphiken zurückhaben wollt. Ich hab weder den Jackpot geknackt, noch steht im Schuppen ein Goldesel.

 

 

FantasyGuide.de: Gibt es mehr positive oder negative Rückmeldungen auf das Zine?

 

Markus Kastenholz: Auch wenn es sich arrogant anhört: Eigentlich gab es nur eine einzige wirklich negative Reaktion. Dieses "Statement" war allerdings derart diffus, daß ich es beim besten Willen nicht ernst nehmen konnte. Natürlich kann ein Zine IMMER verbessert werden, oft ist es jedoch auch eine Geschmacksfrage. Ansonsten gilt: Konstruktive Kritik ist IMMER gern gesehen, schließlich hat NIEMAND den Stein der Weisen gefressen! Bei destruktiver Kritik von Neidhammeln, die nichts auf die Reihe bringen und prinzipiell alles nur runterlabern, denke ich mir meinen Teil und mache einfach weiter.

 

 

FantasyGuide.de: Die Szene der Fan- und Storyzines in Deutschland ist inzwischen extrem ausgedünnt. Siehst du überhaupt eine Chance für Noc in der Zukunft? Immerhin kann der Umsatz doch wohl kaum die Herstellungskosten decken.

 

Markus Kastenholz: Richtig! Aber ich bin ohnehin davon ausgegangen, daß ich mir damit ein Loch ins Portemonnaie grabe. Entscheidend ist, daß dieses Loch nicht zu groß wird. Man sollte es nicht glauben, aber für einen Zine-Herausgeber ist es immens hilfreich, wenn jemand ein Abo nimmt. Hin und wieder eine bezahlte Werbeanzeige freut ebenfalls. Die Entscheidung, ob bestimmtes Material veröffentlicht wird, habe ich davon allerdings nie beeinflussen lassen.

Das hört sich jetzt vielleicht jämmerlich an, trifft aber den Nagel mitten auf den Kopf. Wer anderer Meinung ist, möge selbst ein Print-Zine auf die Beine stellen und es finanzieren - in ein, zwei Jahren reden wir dann weiter.

Doch NOC gibt mir weit mehr, als es mir nimmt: Sehr viele neue, interessante Kontakte, aus denen zum Teil sogar Freundschaften wurden, sind dabei schon rausgesprungen. Und eine Menge Spaß. Natürlich auch Frust, logisch, oft türmen sich unterschiedlichsten Probleme, einen Ausweg findet man allerdings immer, und falls nicht, so doch einen Kompromiß. Doch der Spaß überwiegt eindeutig. Ich bin einfach nicht die Person, die sich stundenlang von der Glotze berieseln lassen kann. Ich brauche einen gewissen Streß, um mich wohl zu fühlen.

Wenngleich NOC momentan mehr oder weniger allein auf weiter Flur steht, werden auch wieder bessere Zeiten - hoffentlich! - kommen.

 

 

FantasyGuide.de: Kuno Liesegang hat das Herausgeberteam verlassen, und einige Stimmen prognostizieren bereits den Tod Nocs. Wie sieht es nun aus? Wird es einen neuen Mitherausgeber geben, oder möchtest du lieber allein weitermachen?

 

Markus Kastenholz: Wüßten diese Stimmen, wie unser Gentlemen-Agreement lief, hätten sie das bestimmt nicht prognostiziert. Ich erinnere nur an diejenigen, die bei NOC 2 meinten, in Sachen Layout sehe man den Fortschritt aufgrund der Zusammenarbeit deutlich, dabei stammte es ausschließlich von mir. Ich hatte halt aus den Fehlern der Ausgabe 1 gelernt; Fehler darf man ruhig machen, aber bitte nur einmal. Egal! Es ist immer vorteilhaft, noch mindestens eine zweite Stimme einzuholen und gemeinsam zu erörtern, ob man diese Story oder jene Graphik publizieren sollte, der höchstpersönliche Geschmack eines einzelnen ist da nicht immer allgemein gültig.

Aber ja, es gibt einen neuen Mit-Herausgeber: TIMO KÜMMEL ist es, ein Mitarbeiter der ersten Stunde und ein verdammt großartiger Zeichner. Seine Bilder sind nicht nur in NOC zu bewundern, sondern u.a. auch in IRRLICHTER 4 sowie in OMEN des Festa-Verlags.

Die neuen Impulse, die er allein in den letzten Wochen NOC gegeben hat, haben mich gelegentlich selbst umgehauen. Ich finde, wir ergänzen uns da hervorragend. Meist reißt er mich mit seinen neuen Ideen mit, weil er plausible Argumente hat, denen man sich einfach nicht verschließen kann. Vor allem hat er mich überzeugt, daß ein Zine nicht stagnieren darf und man gelegentlich etwas wagen muß.

 

 

FantasyGuide.de: Wie kam es zu dieser langen Verzögerung bei Heft 4? Fehlten die Beiträge?

 

Markus Kastenholz: Im Gegenteil, meist sind bei Redaktionsschluß genügend Beiträge vorhanden, um bereits die übernächste Ausgabe zur Hälfte zu füllen.

Nachdem ich die Druckvorlagen für Heft 4 im Oktober 2002 an mg geschickt hatte, hat mir Walter Kelch versprochen, das Heft „schlägt noch vor Weihnachten bei dir ein“ (Zitat). Wie eine angeschossene Taube trudelte es flügellahm im Mai 2003 ein ... (Und: Drei Seiten der Druckvorlagen fehlten, angeblich habe ich sie nicht mit eingereicht). Der oft zitierte Umbau war wieder mal schuld daran. Nur: Wenn ich weiß, daß die Druckmaschine still steht, verspreche ich doch nicht solch hanebüchenen Unsinn!

 

 

FantasyGuide.de: Wird der mg-Verlag weiter Noc drucken, oder suchst du jetzt eine andere Druckerei/Verlag?

 

Markus Kastenholz: NOC war ja nie ein mg-Produkt, wir haben ab der Ausgabe 2 nur dort drucken lassen. Zweifelsohne bin ich da Walter Kelch gewissen Dank schuldig. Andererseits war es jedesmal von neuem Russisches Roulette, wie das Resultat aussehen wird, wie die Bindung ausfiel (# 2 fiel beim Lesen fast auseinander), wie die Schwarzflächen aussehen (bei # 3 und teilweise auch # 4 waren sie grausam grau!), wann das Heft endlich fertig ist (# 4 hatte das erwähnte halbe Jahr Verspätung) etc. Dieses Hoffen, Mahnen, Bitten und Betteln habe ich vollkommen satt!

Besonders nach den Vorkommnissen bzgl. NOC 4 werden wir bei mg nicht mehr produzieren lassen. Die Suche nach einer geeigneten Druckerei ist in vollem Gange, aber genaueres kann ich beim besten Willen nicht sagen, es ist noch nicht endgültig. Die Relation zwischen Kosten und Qualität sind ausschlaggebend.

Sicher ist nur soviel: NOCTURNO 5 wird ein Buch! Vermutlich umfaßt es ca. 180 Seiten, der Preis wird bei 9,80 Euro liegen.

Mit dem Erscheinen von NOC 5 wird es dann endlich auch die von vielen Fans vermißte Homepage geben (auch das ein Verdienst von Timo Kümmel!), wo man alles darüber erfährt und das Buch auch bestellen kann. (Info: Die Internetadresse lautet: www.nocturno-mag.de.vu)

Wenn sich dieses Format bewährt und die Nachfrage entsprechend ist, wird NOC dann einmal pro Jahr erscheinen.

Vor allem möchten Timo und ich ein wenig experimentieren. Mag durchaus sein, daß das gründlich in die Hose geht, auch finanziell. Aber wenigstens will es sich keiner von uns vorwerfen lassen, wir hätten es nicht wenigstens versucht.

 

 

FantasyGuide.de: Wann wird das nächste Noc zu bewundern sein?

 

Markus Kastenholz: Sobald wir uns in Sachen Druckerei entschieden haben. Wenn alles wie geplant läuft, noch vor Weihnachten (erinnert ein wenig an das Versprechen von mg). Aber dies ist ohne Gewähr.

Bis auf einige Rezensionen liegen die Beiträge schon fest. Es wird Stories geben u.a. von Eddie M. Angerhuber, Thomas Wagner, Charlotte Engmann, Linda Budinger, Andreas Gruber, Antje Ippensen, Andrea Tillmanns, Stefan T. Pinternagel und vielen anderen, darunter auch meiner Wenigkeit. Dazu Bilder und Illustrationen u.a. von Manfred Lafrentz, Nicole Erxleben, Thorsten Grewe und nicht zuletzt natürlich Timo Kümmel. Noch was vergessen? Ach ja: Das Cover ist diesmal von MICHAEL MARRAK!

Also eine wirklich pralle Angelegenheit!

(Info: Der Erscheinungstermin wurde wieder verschoben. Noc 5 wird Anfang bis Mitte April 2004 erscheinen).

 

 

FantasyGuide.de: Du selbst schreibst auch. In den letzten Nocs durfte der Leser einige Abenteuer mit deiner Figur Morgenrot (eine Vampirjägerin) genießen. Seit wann schreibst du und wie hat alles angefangen?

 

Markus Kastenholz: Zunächst das Wichtigste: Tatjana Morgenrot ist keine Vampirjägerin, sondern eine VampirKILLERIN! Soviel Zeit muß sein ...

Spaß beiseite: Darauf bin ich ja zu Anfang schon eingegangen, hier also die Fortsetzung: Nachdem ich zwecks Schule das Fandom verlassen hatte, habe ich Abi gemacht, danach eine Lehre, dann Beruf.

Während all den Jahren habe ich weiter geschrieben, wenn auch auf Sparflamme: Riesige Romane, 500 Seiten Minimum. Und selbstredend habe ich sie nur den "ganz großen" Verlagen angeboten; daß es auch kleinere gab und gibt, wußte ich entweder nicht oder verdrängte es, weil alles unter einer Millionenauflage sowieso unter meinem Niveau war. Dort wollte allerdings niemand meine Werke lesen, geschweige denn drucken. Doch es war bestes Training. Auch einen Fern-Schreibkurs habe ich absolviert, allerdings ist das eher was für Teenager (sofern sie sich das leisten können), die sich in den Kopf gesetzt haben, Schriftsteller zu werden. Man bekommt zwar einiges gelehrt, doch jemand wie ich, der schon zwanzig Jahre schrieb, wußte das intuitiv längst.

Erst so vor fünf, sechs Jahren hat es mich dann wieder voll "gepackt". Was der Grund dafür war, weiß ich nicht genau. Vielleicht weil ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt die Beinamputation meines Vaters anstand, meine Mutter hatte ohnehin schon vorher schwere Arthrose, und ich habe durch diese Erlebnisse Diabetes bekommen (und habe es noch). Beide waren also pflegebedürftig geworden, irgend jemand mußte sich um sie kümmern, und da ich ledig bin und keine Kinder habe ... also habe ich meinen Beruf gekündigt und mache jetzt sozusagen den Hausmann. Na ja ... Vielleicht wurden das Schreiben und NOC für mich ein ähnlicher Ausgleich wie ihn junge Mütter beim Volleyball suchen.

Auf jeden Fall war diese Zeit ein einschneidender Wendepunkt in meinem Leben.

Mittlerweile hatten sich meine Interessen von SF auf Phantastik/Krimi/Horror gewandelt. Meine erste Bekanntschaft habe ich mit Monika Wunderlich gemacht, und die war Gold wert. Gerade sie war diejenige, die von Anfang an an mich geglaubt hat, wofür ich ihr ewig dankbar sein werde.

Und so sind mittlerweile zwei Bücher, sechs Hefte und ein Hörbuch von mir erschienen. Nichts, weswegen man sich selbstgefällig zurücklehnen dürfte, aber genügend Erfolg, um am Ball zu bleiben.

 

 

FantasyGuide.de: Ist Morgenrot eine Lieblingsfigur für dich?

 

Markus Kastenholz: Definitiv JA!

Als Tatjana Morgenrot elf Jahre alt ist, gerät ihr Leben aus den Fugen: Ihr sechs Jahre älterer Bruder Heiko bringt einen "Freund", wie er sagt, mit zum Essen. Dieser "Freund" ist groß und hager, hellhäutig wie ein Albino, jedoch mit dunklem, langem Haar. Über dem rechten Auge trägt er eine Klappe, das linke ist rot.

Er bleibt wirklich zum "Essen": Der Mann entpuppt sich als Vampir, und nicht irgendeiner. Er tötet die Eltern, Tatjanas Bruder hat er zuvor "bluthörig" gemacht, wodurch er praktisch zu seiner Marionette geworden ist. Entweder Tatjana oder ihre Freundin Sandra, die dort übernachten wollte, soll als Nahrung dienen, das andere Mädchen umgewandelt werden. Dann geht er. Heiko wirft eine Münze. Tatjana "gewinnt", Sandra wird von ihm ermordet. Als er seine Schwester beißen will, gelingt es ihr geistesgegenwärtig, ihn zu töten.

Durch ihren Onkel, einen Pfarrer, bekommt Morgenrot Kontakt zur ROSE, einer für den Vatikan arbeitenden Organisation, deren Ursprünge im Dunkeln liegen. Einer der Rosenritter ist Pater Magnus. Er nimmt sich Tatjanas an, stellt sie vor die Wahl, wie ihr weiteres Leben aussehen soll:

Durch das, was sie mit ansehen mußte, ist Morgenrot traumatisiert, ihr Haar ist über Nacht schlohweiß geworden. Sie hat nur einen einzigen Wunsch, ein einziges Ziel: RACHE an dem Vampir, den sie "Rotauge" nennt. Im Laufe der Jahre wird sie Magnus’ Assistentin, angetrieben vom Haß auf den Mörder ihrer Eltern. Aber wenngleich sie sich gern als "Killerin" bezeichnet, weiß sie doch zwischen "guten" und "bösen" Vampiren deutlich zu unterscheiden. Als Magnus bei einem Einsatz ums Leben kommt und sie sich die Schuld daran gibt, verliert sie jeden Lebensmut, versucht ihr Leben neu zu ordnen. Und ausgerechnet jetzt findet sie nach Jahren die erste vage Spur von "Rotauge" ...

Ich weiß, eigentlich kann man dem Vampir-Mythos kaum neue Seiten abgewinnen, denkt man. Alles schon tausendmal dagewesen. Wie schrieb mir eine NOC-Leserin nach den Morgenrot-Stories in NOC? „Vampirstories gibt’s wie Kiesel im Steinbruch von Sunnydale“.

Stimmt. Aber wenigstens will ich mit Morgenrot versuchen, einiges neu zu definieren. Ideen dazu gibt es mehr als genug, eine Storyline für über zwanzig Bände, mindestens, wenn auch nur in meinem düsteren Oberstübchen und noch längst nicht auf Papier gebannt. Ich will mir auch in dieser Hinsicht auf meinem Sterbebett nicht vorwerfen, ich hätte es nicht wenigstens versucht!

 

 

FantasyGuide.de: Wie bist du ausgerechnet auf sie gekommen?

 

Markus Kastenholz: Von Natur aus bin ich ein halbwegs religiöser Mensch. Römisch-katholisch, ich gebe es ja zu, allerdings hänge ich nicht dem Papst an den Lippen, und eine Kirche hat mich schon lange nicht mehr von innen gesehen (einzige Ausnahme: der Kölner Dom). Mich interessieren da eher die christlichen Mysterien und Widersprüche. Der Heilige Gral, Marienerscheinungen, Ungereimtheiten in Bibelabschnitten ... Viele Fragen, noch mehr Spekulationen und keine einleuchtenden Antworten. So was interessiert mich, darüber könnte ich Doktorarbeiten schreiben.

Die Kluft zwischen Religion und Phantastik/Mystery ist gar nicht so tief, wie man vielleicht annimmt. Kirche und Vampire - irgendwie paßt das m.E. zusammen, schon allein aufgrund der zentralen Bedeutung von Blut.

 

 

FantasyGuide.de: Gibt es Pläne für einen Roman oder etwas ähnliches in Bezug auf Morgenrot? Oder wird sie immer die Kurzgeschichten-Dame bleiben?

 

Markus Kastenholz: Voraussichtlich Anfang 2004 startet MORGENROT als Buchserie. Da der dafür vorgesehene Verlag momentan schwächelt, verrate ich ihn an dieser Stelle vorsichtshalber noch nicht. Doch ich weiß, MORGENROT wird starten, im Zweifelsfall woanders oder ein bißchen später. Hört sich nach Zweckoptimismus an, ist es aber nicht. Die MORGENROT-Serie WIRD starten! Fragt sich nur noch - WO?

Zwei Bücher pro Jahr sind geplant, die beiden ersten Romane wurden bereits von mir verfaßt: NÄCHTE DES ZORNS und TEUFELSMOND. Doch natürlich werde ich die Serie nicht allein bestreiten; für Band 3 ist eine Anthologie vorgesehen, wo sich einige Leute "austoben" können. Auf meiner höchstpersönlichen Wunschliste stehen wirklich einige hervorragende AutorInnen, und einige haben ihre Mitarbeit bereits zugesagt. Aber im Prinzip darf jede/r daran mitarbeiten, wer möchte und gute Abenteuer-Vampir-Stories schreiben kann.

Ansonsten wird für den optischen Teil wieder das bewährte Team von NOC zusammenarbeiten: Thorsten Grewe für die Cover, Timo Kümmel für die Illustrationen. Die ersten Entwürfe, die mir vorliegen, sind echte Eye-Catcher, aber ich gestehe natürlich, nicht ganz objektiv sein zu können.

 

 

FantasyGuide.de: Was sagt dir mehr zu: Herausgeber oder Autor?

 

Markus Kastenholz: Ich bin und bleibe ein Schreiber! Andererseits bietet NOC freilich auch eine Menge Abwechslung. Ein Beispiel: Ich war gerade dabei, „Murphy gegen die Schwadron des Todes“ zu schreiben (ein unsäglicher Titel! Aber ich habe ihn nicht verbrochen). Ich saß wie der sprichwörtliche Ochse vorm Berg vor meinem Monitor, und mir wollte einfach nichts gelingen. Ich hätte auch was spielen können, um die Zeit totzuschlagen, aber ich habe mich an die NOC-Druckvorlagen gemacht, obwohl noch gar kein Bedarf bestand. Ich habe lektoriert, habe am Layout gebastelt - und eine Woche Nonstopstreß später war nicht nur die nächste Ausgabe fast fertig, das Schreiben am Roman ging mir auch wieder leichter von der Hand. Ich habe sozusagen neue Kraft und neue Ideen geschöpft, ohne faul gewesen zu sein.

Wäre ich vorwiegend Herausgeber, längst hätte ich meinen eigenen, kleinen Verlag gegründet. Doch erstens gibt es m. E. nichts peinlicheres, als Namensgeber für einen Verlag zu fungieren und dort dann auch noch selbst was zu veröffentlichen. Zweitens würde darunter das Schreiben noch mehr leiden. Also lasse ich es lieber, wie es ist, obwohl ich oft mit diesem Gedanken liebäugle, besonders in Momenten, wenn man wieder einmal von einem bestimmten Verlag (dessen Namen ich hier nicht schon wieder erwähnen möchte) belogen, vertröstet und hingehalten wird. Da denkt man sich, das könnte man alles viel, viel besser ...

Ob es letztlich wirklich besser wäre - ich weiß es nicht. Jedenfalls versuche ich IMMER, "meine" NOC-Autoren fair zu behandeln. Ob es mir auch gelingt, da muß man wohl eher die NOC-MitarbeiterInnen fragen.

 

 

FantasyGuide.de: Wie wird Nocturno bzw. Markus Kastenholz in Zukunft agieren? Darf der Leser gespannt auf mehr sein? Gibt es noch andere literarische Pläne?

 

Markus Kastenholz: Herrje: NOCTURNO, MORGENROT, dazu noch meine Serie TIAMAT - Das Auge des Drachen - WAS ERWARTEST DU DENN NOCH???

Aber im Ernst: Weitere Pläne gibt es natürlich immer. Ein schöner fetter Roman geistert zur Zeit durch mein Oberstübchen, eigentlich sogar die Exposes zu zwei Romanen, aber eins nach dem anderen. Was genau daraus wird, ich kann es selbst noch nicht sagen. Die letzten Jahre habe ich vorwiegend damit verbracht, für Serien zu arbeiten. Das war ein guter Einstieg. Momentan habe ich allerdings die Nase voll von Serien.

Nachdem im kommenden Jahr BLEICHGESICHT, ein Krimi, der bei Lacrima erscheinen wird, ein Heftroman in der Sirius-Reihe des Mohlberg-Verlags und höchstwahrscheinlich noch DUNKLE RITUALE (Murphy-Reihe, zusammen mit Antje Ippensen), ich also gewährleistet habe, präsent zu sein, gönne ich mir etwas Pause für erwähnten Roman. Was daraus wird, kann ich jetzt noch nicht beurteilen; selbstverständlich wünscht man sich eine sechsstellige Auflage und einen siebenstelligen Scheck. Wahrscheinlich wird er aber letztlich irgendwann beim Lieschen-Müller-Verlag in Castrop-Rauxel in 100er-Auflage gedruckt. Auch egal!

Hauptsache kein Druckkostenzuschuß. Das wäre noch peinlicher als der Markus-Kastenholz-Verlag, der ausschließlich Bücher von Markus Kastenholz verlegt.

Man muß sich Ziele setzen! Stagnation ist der erste Schritt zurück, heißt es, und das stimmt. Auch wenn das Schreiberdasein praktisch keine Einkünfte einbringt - wenn man es sich finanziell leisten kann, muß man weitermachen. Man wird besser! Wenn man die Kraft findet, Kontinuität zu wahren, wird sich früher oder später auch der Erfolg zeigen.

 

 

FantasyGuide.de: Wie wär’s mit einem Schlußwort?

 

Markus Kastenholz: Deutsch(sprachig)e Autoren können sehr wohl schreiben! Man muß sie nur lassen!

 

 

FantasyGuide.de: Vielen Dank für das Interview.

 

Interview: 15. Oktober 2003

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Markus Kastenholz

Rezension Nocturno 4


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Erstellt: 27.05.2005, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 372