Interview: Nicolaus Equiamicus
 
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Interview mit Nicolaus Equiamicus

Redakteur: Ingo Gatzer

 

Nicolaus Equiamicus, Jahrgang 1974, arbeitet nicht nur Autor und Herausgeber, sondern auch als Übersetzer. Sein Pseudonym, bei dem es sich um die latinisierte Form seines bürgerlichen Namens handelt, deutet bereits auf eine gewisse Faszination für das Mittelalter hin. Der im Jahr 1974 geborene und derzeit im Saarland lebende Schriftsteller hat bereits mehrere Sachtexte und Übersetzungen zu verschiedenen Bereichen der "Dunklen Kulturgeschichte" - wie Hexerei, Dämonologie oder Gestaltwandlung - veröffentlicht. Mit seinem letzten Buch "Vampire - Von damals bis(s) heute" liefert er eine lesenswerte Abhandlung über den historischen Vampirismus, wissenschaftliche Erklärungsmodelle und über den Vampir in der Fiktion.

 

Fantasyguide: Hallo Herr Equiamicus! Vielen Dank, dass sie sich Zeit für dieses Interview nehmen. Wie erklären Sie sich, dass Vampire derzeit nicht nur in der fantastischen Literatur, sondern auch in Film und Fernsehen so gefragt sind?

 

Nicolaus Equiamicus: Die Vampire in der modernen Literatur verkörpern die Ideale unserer Zeit – sie sind ewig jung und meist attraktiv, erfolgreich, wohlhabend und stark. Vor allem aber werden sie nicht arbeitslos, krank oder alt, Schicksale, vor denen sich die meisten Menschen fürchten. Und es liegt doch nahe, ein Thema, das als Buch so gut funktioniert, auch filmisch zu verarbeiten und zu vermarkten.

 

Fantasyguide: Sie haben sich bereits vor rund zwei Jahren in einem in der Zeitschrift "Shekinah" abgedruckten Artikel mit Vampiren beschäftigt und auch ältere Vampirtraktate neu herausgegeben. Was fasziniert Sie persönlich an dieser Thematik?

 

Nicolaus Equiamicus: Geschichte und Volksglaube interessieren mich allgemein. „Auf den Vampir“ kam ich aber mehr durch Zufall, als ich vor langer Zeit von dem bekannten Vampirvorfall in Medvegya im Jahre 1732 gehört hatte. Ich fand es faszinierend, dass es damals sogar die offiziellen Stellen für nötig erachtet hatten, dieser Sache nachzugehen. Und von der Masse an erhaltenen Dokumenten wurde ich bei der weiteren Beschäftigung mit der Thematik schier erschlagen, ich habe mich da als Historiker sprichwörtlich satt essen können „wie die Made im Speck“.

 

Fantasyguide: Für Ihr Buch "Vampire - Von damals bis(s) heute" haben sie auf Dutzende von historischen Quellen zurückgegriffen, die teilweise mehrere Hundert Jahre alt sind. Wie schwer war es, an die Texte zu kommen und sich in die jeweilige Gedankenwelt zu versetzen?

 

Nicolaus Equiamicus: Früher war es sicherlich aufwändiger, an Quelltexte zu kommen, als es heute der Fall ist. Heute kann ich bequem von meinem Schreibtisch aus die Bibliothekskataloge durchforsten und die Bibliotheken, die interessante historische Werke haben, mal eben per Email anschreiben. Zu Ihrer zweiten Frage: Wenn man sich mit der europäischen Geschichte gut auskennt, ist es nicht mehr so schwierig, die alten Texte zu verstehen. Der Trick dabei ist, sich in den damaligen Verfasser hineinzuversetzen, die Sache mit seinen Augen zu sehen. Erst wenn man das geschafft hat, kann man mit dem Text auch sinnvoll arbeiten.

 

Fantasyguide: In ihrem Werk gibt es einig überraschende Fakten über den historischen Vampirglauben zu entdecken. So erfährt der Leser beispielsweise, dass ordentliche Gerichte die Berechtigung von leichenschänderischen Taten - etwa die Zerstückelung oder Enthauptung von Toten, die für Vampire gehalten wurden - noch bis in das 19. Jahrhundert als "Notwehrstand" anerkannt haben. Gab es auch für Sie bei der Recherche überraschende Erkenntnisse?

 

Nicolaus Equiamicus: Ja, bei der Arbeit an einem Buch gibt es auch immer mal Überraschungen. Zum Beispiel konnte ich ein Buch, das immer wieder als Quelle angeführt wurde, einfach nicht ausfindig machen, und fand schließlich heraus, dass es nie gedruckt worden war und das Manuskript verschollen ist! Auf der anderen Seite fand ich in Zeitungen, Magazinen und volkskundlichen Werken der letzten zwei Jahrhunderte unzählige gut dokumentierte Vampirfälle, die bisher gänzlich unbekannt waren. Anhand dieser Fälle kann man nachverfolgen, dass über sogenannte „Vampir-Enterdigungen“ zwar mit den Jahren seltener berichtet wurde, sie aber niemals ganz aufhörten.

 

Fantasyguide: Ihrem Buch lässt sich entnehmen, welche Art von Vampirromanen Sie nicht mögen. Was aber ist Ihr liebstes Werk aus diesem boomenden Genre?

 

Nicolaus Equiamicus: Ich bevorzuge die frühen Vampirverarbeitungen in der romantischen Literatur, allen voran Varney the Vampyre von Thomas Peckett Prest.

 

Fantasyguide: Gibt es eine bestimmte Vorgehensweise, nach der Sie arbeiten bzw. wie Sie ein neues Projekt angehen?

 

Nicolaus Equiamicus: Es ist ein großer Unterschied, ob ich ein altes Werk neu herausgebe oder ein eigenes Buch verfasse. Mit einem alten Werk ist es schwieriger und auch zeitaufwändiger, weil ich mich zuallererst in den Autor hineinversetzen und herausfinden muss, wie er gedacht hat und was er aussagen will. Meine eigenen Bücher arbeite ich abschnittsweise aus, nachdem ich die Recherche abgeschlossen und eine grobe Kapitelunterteilung skizziert habe.

 

Fantasyguide: Inwiefern beeinflusst Ihre Arbeit an Sachtexten und als Herausgeber Ihre belletristischen Werke?

 

Nicolaus Equiamicus: Ich kann mich dadurch gut in vergangene Zeiten hineinversetzen und das fließt auch in meine Geschichten ein, die fast alle in der Vergangenheit spielen. Meine Texte lassen sich überwiegend im Bereich der düsteren Phantastik einordnen, es sind also spannende Geschichten mit Gruselelementen.

 

Fantasyguide: Womit beschäftigen Sie sich derzeit und wann ist mit Ihrer nächsten Veröffentlichung zu rechnen?

 

Nicolaus Equiamicus: Derzeit arbeite ich an mehreren Büchern, von denen aber noch keines druckreif ist. Die nächste Veröffentlichung wird wohl eine Kurzgeschichte in einer Anthologie sein, die im Oktober erscheint.

 

Fantasyguide: Welche Lektüre findet sich auf Ihrem Nachttisch?

 

Nicolaus Equiamicus: Dort liegt meistens ein ganzer Stapel Bücher zu verschiedenen Themen, an denen ich gerade arbeite. Das sind dann die Schmankerl, die besonders interessanten Sachen, die ich mir für die ruhigen Abendstunden aufhebe.

 

Fantasyguide: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen und noch viel Erfolg. Vale!

 

Nicolaus Equiamicus: Ich danke Ihnen!

 

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Sachbuch

Vampire - Von damals bis(s) heute

Autor: Nicolaus Equiamicus

UBooks, November 2010

Taschenbuch, 288 Seiten

 

ISBN-10: 3866081499

ISBN-13: 978-3866081499

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 05.10.2010, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 11049