Interview mit Thomas Thiemeyer
Redakteur: Markus Mäurer
Nach den Erfolgen mit seinen Büchern "Medusa" und "Reptilia" folgte nun Thomas Thiemeyers neuer Roman "Magma". Wir haben ihm dazu ein paar Fragen gestellt.
Fantasyguide: Hallo Thomas, Gratulation zu dem erfolgreichen Start von Magma.
Kannst du uns erst einmal ein bisschen über dich erzählen?
Thomas Thiemeyer : Geboren bin ich in Köln, habe nach dem Abitur angefangen Kunst und Geologie zu studieren. Kunst, weil ich schon zu Schulzeiten gerne und viel gemalt habe und Geologie, weil ich in einem sehr naturinteressierten Elternhaus aufgewachsen bin. Da lag diese Fächerkombination auf der Hand. Ich habe mich dann später aber erst mal auf die Malerei konzentriert. Ich bekam die Gelegenheit, für den Ravensburger Buchverlag ein Jugendbuch über Saurier zu malen. Ein Buch, das sehr erfolgreich wurde und zahllose Folgeaufträge nach sich zog.
Fantasyguide: Wie bist zum Schreiben gekommen?
Thomas Thiemeyer : Das Illustrieren von Jugendbüchern weckte in mir den Wunsch, auch mal ein solches zu schreiben. Leider ergab sich diese Möglichkeit erst viel später. Genaugenommen erst, als ich schon meinen ersten Roman ("Medusa") unter Dach und Fach hatte. Da mich die Schreiberei aber immer schon gereizt hatte, habe ich sie lange Jahre nebenher "im stillen Kämmerlein" betrieben. Der Kontakt zu Autoren wie Rainer Wekwerth, Michael Marrak und auch Andreas Eschbach hat mein Interesse dann natürlich noch angestachelt.
Fantasyguide: „Magma“ ist ja ein Wissenschaftsthriller mit Schwerpunkt auf der Geologie. Hast du selber mal in dem Bereich gearbeitet, und konntest beim Schreiben auf Erfahrungen aus der Arbeit oder deinem Studium zurückgreifen?
Thomas Thiemeyer : Bei Magma konnte ich voll in die geologische Trickkiste greifen. Mein Studium kam mir da sehr zugute. Aber das Buch streift auch Themen wie Astrophysik und Tiefseeforschung, Bereiche, für die ich viel und ausgiebig recherchieren musste.
Fantasyguide: Wie sah deine Recherchearbeit für „Magma“ aus? Hattest du bei bestimmten Themen Schwierigkeiten brauchbares Material zu finden? Inwiefern hast du dafür das Internet genutzt?
Thomas Thiemeyer : Die Recherche beginnt bei mir grundsätzlich im Internet. Hier werden die entsprechenden Punkte erst mal grob umrissen und zusammengefasst. Meist stößt man dabei schon auf Quellenverweise und entsprechende Literatur, mit der es dann weitergeht. Zum Abschluss und Krönung kommt dann noch die "Vor Ort"-Recherche. Im Falle von "Magma" also der Besuch der Radioteleskopes in Effelsberg (nebst Ersteigung desselben), sowie Gespräche u.a. mit Prof. Dr. Karl Menten, dem Direktor des Max-Planck-Institutes für Astrophysik in Bonn.
Fantasyguide: Kannst du uns kurz beschreiben, wie die Idee zu einem Roman wie „Magma“ entsteht? Schreibst du ein Exposé bevor du mit dem Roman beginnst?
Thomas Thiemeyer : Es beginnt immer mit einer vagen Idee. Etwas, was man liest oder sieht, oder von dem man hört. Manchmal - wie in diesem Fall - ist es auch nur eine Frage. "Gehören wir Menschen, die wir uns ja selbst gerne als die Krone der Schöpfung betrachten, überhaupt zu den intelligenten Spezies im Universum?" Es gibt einiges, was dafür, aber auch vieles, was dagegen spricht. Solche Ideen wandern meist in meinen virtuellen Zettelkasten, aus dem ich sie dann hin und wieder herausnehme um sie mir noch einmal durchzulesen und vielleicht mit anderen Ideen zu kombinieren. Dann entwerfe ich Figuren und einen Plot. Ohne gründliche Vorarbeit funktioniert ein solcher Roman nicht.
Fantasyguide: Du verwendest deinen Romane „Magma“, „Medusa“ und „Reptilia“ hauptsächlich Frauen als Hauptfiguren. Was für einen männlichen Autoren eher ungewöhnlich ist. Wie kommt es, dass du dich so gut in das Gefühlsleben und die Handlungsmotivationen von Frauen hineinversetzen kannst? Bist du ein „Frauenversteher“?
Thomas Thiemeyer : Wohl kaum. Ich bin ja nicht mal ein "Männerversteher" Nein, ich glaube meine Vorliebe für weibliche Protagonisten rührt aus der Tatsache, dass mir bei ihnen eine breitere Palette an Emotionen zur Verfügung steht. Frauen dürfen in Romanen durchaus auch mal schwach sein. Das wird vom Leser akzeptiert. Bei Männern hört man gleich "So ein Weichei", oder ähnliches. Frauen dürfen ihre Emotionen breiter nach außen tragen. Liebe, Wut, Hass und Freude treten offener zutage. Sie können aber auch verdammt hart sein, wenn es darauf ankommt. Hart gegen andere, besonders aber hart gegen sich selbst. Ich finde solche Figuren reizvoll. Dass ich offenbar ein Gespür dafür habe, mich in die weibliche Psyche hineinzuversetzen, stammt nicht von mir. Das habe mir andere gesagt. Hauptsächlich Frauen.
Fantasyguide: „Magma“ ist aber auch ein Science Fiction Roman. Glaubst du, dass es außer uns noch intelligentes Leben im Universum gibt?
Thomas Thiemeyer : Definitiv. Das ist keine Vermutung, sondern einfache Statistik. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in so einem unvorstellbar großen Raum noch anderes intelligentes Leben entwickelt hat, ist sehr hoch. Um es mal mit den Worten Carls Sagans zu sagen: "Wenn wir die einzigen wären, wäre das eine ziemliche Verschwendung."
Fantasyguide: Klimawandel ist auch ein Thema von „Magma“. Wie siehst du die momentane Hysterie bzw. den Aktionismus bezüglich des Klimas? Sollten wir wirklich Glühbirnen verbieten?
Thomas Thiemeyer : Alles in unserer modernen und medial dominierten Kultur beruht auf Hysterie und Aktionismus. Besonnenheit scheint völlig aus der Mode gekommen zu sein. Verkauft sich auch nicht so gut. Als Autor reizt es mich kein bisschen, auf diesen Zug aufzuspringen und in alle Richtungen mahnend den Zeigefinger zu erheben. Ob das bei manchen Kollegen aus ehrlicher Sorge oder aus Geldgeilheit geschieht, sei mal dahingestellt – es interessiert mich einfach nicht. Der Klimawandel in "Magma" ist Zufall und hat nichts mit den aktuellen Geschehnissen zu tun. Ich möchte einfach nur eine spannende, fantasievolle Geschichte erzählen. Mit interessanten Figuren und furiosen Bildern.
Davon aber abgesehen finde ich es gut, Strom zu sparen und umweltbewusst zu leben. In unserer Wohnung gibt es fast nur noch Energiesparlampen.
Fantasyguide: In allen deinen Romanen geht es um Entdeckungen, Mysterien und die damit verbundenen Abenteuer. Glaubst du, dass es heutzutage auf unserer Google Earth noch etwas Neues zu entdecken gibt?
Thomas Thiemeyer : Natürlich. Überall dort, wo das allsehende Auge nicht hinreicht. Unter die Erde zum Beispiel oder in die Tiefen des Meeres. Das sind immerhin 70% unserer Welt. Ziemlich viel Platz für neue Entdeckungen. Und wenn ich lese, dass Taucher jüngst bei Mexiko das größte unterseeische Höhlensystem der Welt entdeckt haben, entfesselt das natürlich meine Fantasie.
Fantasyguide: Warum enden deine Romantitel alle mit a? Ist das Zufall?
Thomas Thiemeyer : Zufall, Notwendigkeit und Fluch. Alles zusammen. Es hat ganz harmlos angefangen, und hat sich mittlerweile zu einer Art Markenzeichen etabliert. Ich versuche aber dagegen zu steuern. Vielleicht gelingt es mir ja bei meinem neuen Roman.
Fantasyguide: Deutsche Autoren aus dem Phantastikbereich sind zurzeit sehr erfolgreich. Was glaubst du, warum deutsche Verlage und auch Leser vermehrt auf deutsche Autoren setzten?
Thomas Thiemeyer : Sie sind gut, sie sind verfügbar und vor allem, sie sind billiger. Keine Übersetzungskosten und keine Knebelverträge, seitens englischer oder amerikanischer Staragenten. Für die Verlage bedeutet ein solcher Vertrag, dass sie erst mal 100.000 Exemplare des betreffenden Buches verkaufen müssen, um in die Gewinnzone zu kommen. Bei deutschen Autoren geht das schon viel früher los. Und Verlage sind nun mal Wirtschaftsunternehmen. Seit viele deutsche Autoren mit ihren Büchern erfolgreich sind, hat in der Verlagsszene ein Umdenken stattgefunden.
Fantasyguide: Du bist vor allem als Illustrator bekannt. Findest du dafür neben dem Schreiben denn noch Zeit? Und was davon macht mehr Spaß?
Thomas Thiemeyer : Ich bemesse meine Zeit etwa 50/50, auch wenn ich gerade mit dem Schreiben die größeren Erfolge feiere. Das kann sich aber auch wieder ändern. Grundsätzlich mache ich beides gleich gerne, ich würde mich nicht festlegen wollen.
Fantasyguide: Deine bevorzugten Motive kommen aus dem Fantasy- und Science Fictionbereich, woher kommt deine Inspiration für solch phantasievolle Bilder?
Thomas Thiemeyer : Wie bei allem aus der Natur. Wer sich schon mal die Mühe gemacht hat, mit einer Lupe im Gras zu liegen und sich die Welt unter unseren Füßen anzusehen, wird verstehen, dass es da nur noch eines kleinen Anstoßes bedarf, um fantastische Motive für ein Dutzend Bilder zu bekommen.
Fantasyguide: Kurz vor Schluss noch die obligatorische Frage: Gibt es literarische Vorbilder?
Thomas Thiemeyer : Klar gibt es die, aber sie wechseln ständig. Immer wieder gerne gelesen, die Klassiker von Verne, Wells und Doyle und Zweig, aber auch Aktuelles von Preston, Crichton, Simmons und Miéville. Aktuell zu empfehlen: Heinrich Steinfest, Ein dickes Fell. Brillant geschrieben mit viel Humor.
Fantasyguide: Ich habe gelesen, dass du mit dem Regisseur Darren Aronofksy (Pi, Requiem for a Dream) zusammenarbeiten wirst. Du hast auch eine Verschwiegenheitsklausel unterschieben. Gibt es trotzdem etwas, dass du uns darüber erzählen kannst?
Thomas Thiemeyer : Leider nein. Nur, dass es sehr spannend, sehr fantastisch und absolut fabelhaft ist. Und dass es keine Garantie gibt, ob jemals etwas davon zu sehen sein wird.
Fantasyguide: Und zu guter Letzt: Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?
Thomas Thiemeyer : Derzeit habe ich einen weiteren Roman mit der Archäologin Hannah Peters ("Medusa") in der Pipeline, danach folgt vielleicht noch mal eine Reise nach Afrika. Auf jeden Fall bleibt es spannend.
Fantasyguide: Vielen Dank für Interview und alles Gute für Zukunft!
Thomas Thiemeyer : Herzlichen Dank für das Interesse. Man liest sich.
Dieses Interview mit Thomas Thiemeyer führte Markus Mäurer im März 2007 per Email.
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