In Zeiten, zu denen sich nur wenige Auslandsreisen leisten konnten, was Italien der Inbegriff des Südens. In mancher Hinsicht hat sich daran auch heute nicht viel geändert, nur dass sich mittlerweile fast jeder eine Italienreise leisten kann. Dafür erscheint Italien heute auch weitaus weniger utopisch.
Die Zeit, in der Alfred Kerr seine Italienreisen durchführte, das Ende des 19. und das frühe 20. Jahrhundert, dürfte in dieser Hinsicht eine Übergangsperiode darstellen. Moderne Verkehrsmittel hatten das Reisen schon deutlich erleichtert, für die breite Masse war Italien aber noch kein Thema. Aus dieser Zeit stammen die Notizen, die in diesem Büchlein zusammengefasst und neu veröffentlicht wurden.
Inhaltlich kann der Leser durchaus geteilter Meinung sein. Einerseits vermitteln Kerrs Aufzeichnungen viel Zeit- und Lokalkolorit, spiegeln das italienische Leben vor rund 100 Jahren und mehr wider. Andererseits handelt es sich um keinen durchgängigen Text. Was hier wiedergegeben wird, sind eher kurze Tagebuchnotizen, die von verschiedenen Reisen zu verschiedenen Zeiten stammen. Selbst die Notizen anscheinend aufeinanderfolgender Tage schließen nur selten inhaltlich aneinander an. Ob einem das gefällt, ist durchaus Geschmackssache. Für mich persönlich überwiegt dabei das gelungen eingefangene Zeitkolorit.
Wie im Nachwort ausdrücklich angemerkt wird, wurde die Rechtschreibung für die Neuveröffentlichung den modernen Regeln angepasst. Ich fände es in derartigen Fällen passender, auch hier das Original beizubehalten.