Krieg der Klone von John Scalzi
Rezension von Carina Schöning
Der Debütroman „Krieg der Klone“ von John Scalzi wurde zurecht 2005 als bester Roman des Jahres mit dem begehrten John W. Campbell Award ausgezeichnet. Das Thema Klonen/ Genetik beim Militär ist zwar nicht neu, aber mit frischen Ideen und Originalität umgesetzt. Die Fortsetzung „Geisterbrigarde“ ist auch schon beim Heyne Verlag angekündigt.
An seinem 75. Geburtstag besucht John Perry zum letzten Mal das Grab seiner verstorbenen Frau Kathy und geht danach direkt zum Büro der Kolonialen Verteidigungsarmee, kurz KVA. Obwohl er sein Leben lang gegen den Krieg auf der Erde war, hatte er sich mit 65. beim Rekrutierungsbüro eingetragen. Nicht die Aussicht auf Ruhm oder Abenteuer zieht ihn hin, sondern die Hoffnung auf ein neues Leben lockt.
Aufgrund der stetig wachsenden Überbevölkerung der Erde startete die Koloniale Union vor Jahren ein neues Projekt mit dem Ziel bewohnbare Planeten zu finden und zu kolonisieren. Da dies nicht immer friedlich durchführbar war, wurde nach und nach ein neues System eingeführt. Mit 75 Jahren darf jeder aus den reicheren Ländern beim Militär eintreten. Er verpflichtet sich für zwei bis zehn Jahre und erhält „als Dank“ einen jungen Körper und die Möglichkeit sich nach der Dienstzeit in einer Kolonie seiner Wahl niederzulassen. Der Nachteil daran ist, dass man sich gleichzeitig verpflichtet niemals wieder zur Erde zurückzukehren.
Zusammen mit anderen Freiwilligen muss sich John erstmal jede Menge psychischer und physischer Test unterziehen. Statt einzelne Organe auszutauschen, wird sein Bewusstsein einfach in einen neuen Körper transferiert. Dieser ist zwar eine jugendliche Version von seinem alten Körper, wurde aber entschieden modifiziert. Verbesserte Katzenaugen erweitern das Sehvermögen und mit Chrorophyll angereicherte, grünliche Haut gewinnt zusätzlich Energie aus Kohlenstoff. Selbstverständlich wurde auch die Muskeln verstärkt und ein vollautomatisches Gehirninterface versorgt den Benutzer mit allen nötigen Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten. Sein menschliches Blut wurde mittels Nanotechnologie durch künstliches ersetzt und ermöglicht nun eine schnellere Gerinnung und erhöhte Sauerstoff-Aufnahme.
Fortan verfolgt John strikt die Ziele der KVA und steigt nach jeder erfolgreichen Schlacht die Karriereleiter ein kleines Stück weiter hinauf. Zweifel an dem brutalen Vorgehen des Militärs kommen selten, bis plötzlich ein Eroberungsfeldzug misslingt… Zusätzlich greift eine neue Spezialeinheit der KVA in das Geschehen ein. Die „Geisterbrigarde“ besteht nur aus geklonten und modifizierten Menschen. Im Gegensatz zu den „naturgeborenen“ Rekruten haben sie nie wirklich gelebt und kennen nichts anderes als den Kampf gegen die Aliens. John erkennt auf einmal, dass auch der Körper seiner verstorbenen Frau im Auftrag der KVA „zweckentfremdet“ wurde.
„Krieg der Klone“ ist ein wirklich spannender und mitreißender Military-Science Fiction Roman. Die Anleihen zu Heinleins „Starship Troopers“ sind nicht zu übersehen, aber John Scalzi hat im Gegensatz zum großen Vorbild die Macht des Militärs auf das Privatleben der einzelnen Individuen nicht ganz so drastisch und radikal gehalten. Hier steht es jedem frei sich rekrutieren zu lassen oder nicht. Der einzige Vorteil wäre ein neue Körper und die Chance auf ein späteres, neues Leben.
Ohne diesen Eingriff würde man Jahre später eines natürlichen Todes auf der Erde sterben. Andere negative Konsequenzen gäbe es nicht.
Wie auch beim Vorbild wird die Ausbildung einer kleinen Gruppe von Rekruten beschrieben. Jeder einzelne wird danach auf unterschiedliche Missionen geschickt und das einzige Gemeinsame ist sehr oft ein schneller und brutaler Tod. Dabei sind alle Hauptfiguren sehr gut ausgearbeitet und ausführlich beschrieben. Sie haben individuelle Vorlieben und Handlungsweisen und agieren nachvollziehbar und realistisch. Besonders hervor sticht auch der selbstironische Umgang mit dem früheren Alter und dem neuen Körper.
Die Aliens sind allesamt sehr unterschiedlich gestaltet und reichen von tief religiös und friedlich bis aggressiv und Menschen-fressend. Teilweise sind sie noch nie Menschen begegnet und die Soldaten müssen erstmalig die richtige Taktik herausfinden. Dabei wird eine friedliche oder diplomatische Lösung meistens schon im Vorfeld kategorisch ausgeschlossen.
Der Schreibstil ist einfach und klar gehalten und wird nur bei den technischen oder naturwissenschaftlichen Erklärungen etwas sperrig.
Die Ausstattung und Verarbeitung des Romans ist standardmäßig gut. Als „Bonusmaterial“ gibt es im Anhang ein kurzes und belangloses Interview mit John Perry. Im Vergleich zum eigentlichen Roman fällt dies qualitativ sehr stark ab und es haben sich einige moralische Widersprüche in seinen Aussagen eingeschlichen.
Insgesamt ist „Krieg der Klone“ ein sehr interessanter und spannender Military- Science Fiction Roman zum Thema Klonen und Genetik sowie die Auswirkungen. Obwohl diese Ideen nicht gerade neu sind, erschafft John Scalzi eine ganz eigene, moderne Fassung, die zwar zum Nachdenken anregt, aber auch die Action nicht vergisst. Eine gelungene Mischung aus naturwissenschaftliche/ technische Komplexität, philosophischen/ethischen Hintergrund und spannender Unterhaltung.
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