Mitternachtssonne
 
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Moon Knight – Mitternachtssonne

Rezension von Ingo Gatzer

 

Rezension:

Moon Knight – der unlängst eine eigene Netflix-Serie erhalten hat – ist wahrscheinlich einer der spannendsten Anti-Helden des Marvel-Universums. Autor Charlie Huston (Wolverine – Der Beste von allen) machte ihn 2006 zur Hauptfigur einer dreizehn Folgen umfassenden Mini-Serie. Diese hat Panini nun als dicken Sammelband unter dem Titel Moon Knight – Mitternachtssonne neu aufgelegt.

 

Marc Spector alias Moon Knight scheint am Ende. Er ist nicht nur psychisch, sondern auch körperlich hart angeschlagen. Selbst der Gott Konshu steht ihm nicht länger zur Seite und verweigert ihm das, was er sich am sehnlichsten wünscht: wieder ein Held sein zu dürfen. Dumm nur, dass ausgerechnet jetzt Feinde und andere Superhelden auf den Plan treten und den Mondritter zwingen wollen, zu reagieren.

 

Charlie Huston zelebriert die Rolle des gebrochenen Anti-Helden in Gestalt von Moon Knight regelrecht. Dazu lässt er sein Publikum tief in die kaputte Innenwelt seines Protagonisten eintauchen. Dort zeigt sich ein Anti-Held, der Schmerzen und Verletzungen in Kauf nimmt, wenn er seine Gegner seinerseits verletzen kann. Er beschreibt einen zuweilen brutalen Rächer, der nachts ohne Rücksicht auf Verluste ein strahlend weißes Kostüm trägt, um sichtbar zu sein und so seine Gegner in Angst und Schrecken zu versetzen. Dieser düstere Blick macht den eigentlichen Reiz bei der Lektüre von »Moon Knight – Mitternachtssonne« aus. Die Einbettung der Geschichte in das Marvel-Event Civil War mit Auftritten von All-Star-Helden wie Spider-Man oder Captain America wirkt dagegen konstruiert. Dabei ist die charakterliche Darstellung von Cap fast ein bisschen bösartig geraten. Was der Serie von Charlie Huston abgeht, ist ein überzeugend kreierter Höhepunkt. Die finale Auseinandersetzung mit dem Gegenspieler des Mondritters taugt da wenig, da diese eher enttäuschend geraten ist. Zudem berücksichtigt der Autor die anderen Persönlichkeiten des Anti-Helden über weite Strecken zu wenig. Hier wäre mehr drin gewesen.

 

Wenn David Finch (Avengers: Heldenfall) für die zeichnerische Umsetzung verantwortlich ist, kann kaum etwas schiefgehen. Der Künstler setzt den Mondritter immer wieder gekonnt in Szene und präsentiert ihn auch mal seitenfüllend oder sogar auf einer Doppelseite. Sehr gut trifft er die düstere Stimmung des Settings und spart auch brutale Sequenzen nicht aus. Dabei sind diese nicht Selbstzweck, sondern deuten eben auf den kaputten Anti-Helden hin. Leider gestaltet Finch nur die ersten acht Folgen der Serie. Zum Glück leistet aber auch sein Nachfolger Mico Suayan einen passablen Job. Er orientiert sich an Finchs Stil, gestaltet jedoch teilweise die Mimik seiner Figuren etwas zu ausdrucksstark, sodass diese manchmal wie eine Parodie wirkt. Die Arbeit von Zeichner Tomm Coker im letzten Teil der Serie fällt da im Vergleich leider deutlich ab. Sein rasterartiger Zeichenstil mag nicht recht passen und wirkt zuweilen sogar unfreiwillig komisch – etwa wenn eine rot getönte Sonnenbrille durch die schwarzen Rasterpunkte wie ein Insektenauge wirkt. Wenn er dann auch Moon Knight seitenfüllend präsentiert, erreicht das zudem einfach nicht die Dynamik, die ähnliche Illustrationen von David Finch im ersten Teil des Sammelbands bieten.

 

Fazit:

»Moon Knight – Mitternachtssonne« ist eine reizvolle, düstere und immer wieder auch brutale Reise in die Innen- und Außenwelt der Titelfigur. Bei diesem Trip kommen andere Aspekte jedoch leider etwas zu kurz. Immerhin ist die grafische Darstellung über weite Strecken dank der Arbeit von David Finch hervorragend. Diese fällt allerdings im letzten Teil qualitativ deutlich ab.

 

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Comic

Moon Knight – Mitternachtssonne

Autor: Charlie Huston

Zeichner: David Finch, Mico Suayan und Tomm Coker

gebundene Ausgabe, 352 Seiten

Panini, Mai 2022

 

ISBN-10: 3741626295

ISBN-13: 978-3741626296

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 09.06.2022, zuletzt aktualisiert: 10.03.2024 18:45, 20882