Planet der Windharfen (Autor: Michael Szameit)
 
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Planet der Windharfen von Michael Szameit

Rezension von Ralf Steinberg


Die Kurzgeschichte Planet der Windharfen gilt vielen in der DDR-Science-Fiction Bewanderten als die beste ihrer Kurzgeschichten.

 

Michael Szameit packt in die knapp dreißig Seiten eine Vielzahl von Themen und meistert sie so mühelos, dass man sich nach jeder Lektüre erstaunt fragt, wie das überhaupt möglich ist.

 

Die Besatzung des Fernerkunders Omikron 278-A stürzt auf einem belebten Planeten ab, dessen Atmosphäre für Menschen jedoch giftig ist. Proximer Asper Omega versucht, seinen Körper an den hohen Kohlendioxidgehalt zu gewöhnen, doch die Versuche misslingen. Als er bewusstlos mit geöffnetem Visier vor dem Schiff zusammenbricht, scheint sein Schicksal besiegelt. Doch symbiotische Lebewesen infizieren seinen Körper und am nächsten Morgen erwacht Asper, die Luft des Planeten mühelos einatmend.

Ein Planet mit seltsamen Lebensformen. die »keine durchgehende Haut besitzen, sondern nur aus Knochen bestehen, die von einer ledrigen Hülle umgeben sind, unter der sich deutlich die am Skelett anliegenden Organe abzeichnen.«

So nimmt er sich eines verwaisten Jungtieres an, dass er sich wie einen Reif auf den Armschieben kann und das ihn vor den Gefahren warnt. Denn aus der nahen Oase muss Asper das Wasser holen. Hier leben tödliche Pflanzen, durchstreift die Tote Meute auf der Suche nach Beute die Vegetation, jagt der Psychodrache mit schier unerträglichen Schmerzwellen, denen Asper nur durch lautes Schreien begegnen kann – und hier findet er die wie ein großer Käse aussehenden Pflanzen. Als er sich auch aus der letzten Pflanze ein Stück leckeren Fruchtfleischs herausschneiden will, fährt ein Windstoß durch das Gehäuse und wunderbare Musik erklingt. Asper hat die Windharfe gefunden …


Die Faszination der Geschichte geht nicht nur von den exotischen Geschöpfen und ihrer Lebensweise aus. Mit wenigen Szenen erschafft Szameit eine faszinierende Ökologie. Wir stecken mitten im Kreis Lebens, beobachten Werden und Vergehen als wesentlichen Bestandteil der Story.

Asper Omega überlebt zunächst durch die Trillerlinge, die seinen Brustkorb zur Wohnstätte machen, sich mit seiner Lunge verbinden und ihm das Atmen ermöglichen. Später werden sie zu einer Erweiterung Aspers, sie reagieren auf seine Stimmung, auf die Umgebung stellen so eine ganz eigene Verschmelzung zweier Biosphären dar.

Das wird noch übertroffen von der seltsamen Beziehung zur Windharfe. Das Wesen hätte ihn jederzeit fressen können, gerade weil er den Tod ihrer Artgenossen auf dem Gewissen hat. Obwohl wir natürlich nicht erfahren, ob sich die Harfe dessen bewusst ist. Aber auch Asper tötet sie nicht, als die Windharfe ihm seinen kleinen knochigen Gefährten wegnimmt.

Dieses berührende Drama ist jedoch gar nicht der einzige Konflikt.


Da gibt es noch das zwiespältige Verhältnis zwischen den drei Männern selbst. Trotz der weinigen Sätze und Szenen entfaltet Szameit auch hier eine beeindruckende Tiefe in den Charakterisierungen, die selbst über den Tod hinausreichen.

Und dann ist noch die Entscheidung, ob ein Alien-Artefakt wichtiger ist als ein Notruf. Es ist die Frage, wie wichtig die eigene Rettung angesichts einer nur vagen Möglichkeit das menschliche Wissen zu mehren. Ohne vielleicht je zu erfahren, ob man Erfolg hatte, oder nur Schrott in Sicherheit schleppte. Die Antwort fällt ganz unpathetisch. Wie vieles in »Planet der Windharfen« untheatralisch geschieht, fast nüchtern.

Szameit begann mit dieser Geschichte seine LeserInnen in ein ganzes Universum einzuführen.

Das riesige M, das Asper aus leuchtenden Vulkanbrocken legt, jeden Tag nur einen Stein, wird später in Szameits Büchern wieder auftauchen, ebenfalls das kleine Knochenrüsselwesen.

 

Die Wirkung des kleinen Heftes steigert sich noch durch die Bilder von Reiner Schwalme. Der Künstler erlaubte dankenswerter Weise die Verwendung seiner Bilder hier in dieser Besprechung, die Teil eines Spezials zu Michael Szameit sein wird.

Die dramatischen Illustrationen erinnern an Robinson Crusoe und bieten einen Eindruck von der kampferfüllten Einsamkeit des Proximer Asper Omega.

 

Fazit:

»Planet der Windharfen« gehört zu den bezauberndsten Meisterwerken der deutschen Science-Fiction. Dichtgedrängt und voller Atmosphäre zeigt sich die ganze Kraft der Imagination mit der Michael Szameit ganze Ökosphären in wenigen Sätzen lebendig werden ließ. Zeitlos und bei jedem Wiederlesen genauso wunderbar, erstaunlich und herzzerreißend.

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Buch:

Planet der Windharfen

Reihe: Das neue Abenteuer 441

Verlag Neues Leben, 1983

Heft, 31 Seiten

Cover und Illustrationen: Reiner Schwalme

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404261038185c2d82ba
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Erstellt: 29.09.2014, zuletzt aktualisiert: 27.06.2023 19:37, 13712