The Fantastic Worlds of Frank Frazetta hrsg. von Dian Hanson
Rezension von Matthias Hofmann
Spätestens als das Gemälde Egyptian Queen (Erstveröffentlichung als Titelbild von Eerie #23 von 1969) für 5,4 Millionen Dollar bei Heritage Auctions versteigert wurde, war auch dem letzten Zweifler klar: Frank Frazetta spielt im Genre der Fantasykunst in einer eigenen Liga. Oder zumindest in einer sehr hohen Spielklasse, zusammen mit Leuten wie Norman Rockwell oder Maxfield Parrish.
Das war am 16. Mai 2019. Frank Frazetta war da schon tot. Er verstarb am 10. Mai 2010 im Alter von 82 Jahren, nachdem er einen jahrelangen Kampf gegen Krebs verloren hatte. 2019 wurde das Auktionsergebnis als Weltrekord für das teuerste Original von Fantasy- und Comickunst registriert. Der bis dahin gültige Rekord wurde im Mai 2018 erzielt. Das Titelbild von Death Dealer #6 von 1990 erzielte »nur« 1,79 Millionen US-Dollar. Der Künstler? Natürlich Frank Frazetta!
Die Kunst von Frank Frazetta ist so bekannt und wurde viele Male für Bücher, Plakate oder auch Schallplatten reproduziert, dass fast jeder schon einmal ein von ihm gemaltes Bild gesehen haben dürfte. Wie z. B. »Death Dealer« aus dem Jahr 1973, das zu seinen bekanntesten Gemälden zählt und dessen dargestellte Figur über die Jahre quasi ein Eigenleben entwickelte. Der düster und bedrohlich aussehende Reiter in Kriegsrüstung mit einer riesigen blutverschmierten Axt zierte u. a. das Debütalbum der Rock-Band Molly Hatchet (1978) und war so erfolgreich, dass Frazetta in Folge gleich mehrere Bilder mit dem Krieger gemalt hat. Später wurde der Charakter der Antiheld seiner eigenen Comicserien, die bei Verlagen wie Verotik oder Image Comics erschienen sind.
Es versteht sich von selbst, dass ein Künstler wie Frank Frazetta nicht groß vorgestellt werden muss. Der Künstler, der Comics und Illustrationen gezeichnet und Bilder gemalt hat, war bekannt für seine perfekte Beherrschung menschlicher Anatomie. Zu seinen Lieblingsmotiven gehörten Krieger und Frauen, die er einprägsam grafisch inszenierte.
Natürlich sind über Frazetta im Lauf der Zeit einige Bücher und Bildbände erschienen. Vor etwas mehr als einer Dekade ist ein Trio von kommentierten Bildbänden erschienen, das Maßstäbe setzte: Icon: A Retrospective by the Grand Master of Fantastic Art und Legacy: Paintings and Drawings by Frank Frazetta sowie Testament: The Life and Art of Frank Frazetta. Auch der Taschen Verlag war nicht untätig und hatte schon vor fast einem Vierteljahrhundert im Jahr 1999 mit dem Buch The Master of Fantasy Art von Arnie Fenner einen schönen Band über Frazettas Kunst vorgelegt.
Doch das ist alles nichts im Vergleich zu dem neusten Coup von Taschen. Das kolossale Buch The Fantastic Worlds of Frank Frazetta übertrumpft alles bisher Dagewesene. Die Abmessungen und Dimensionen sind, wie von Taschen gewohnt, höchst imposant.
Der Hardcover mit Leineneinband und Schutzumschlag misst stolze 29 x 39,5 Zentimeter und wiegt mit 4,87 Kilogramm so viel, dass man das Lesen in dem Buch wirklich nur andächtig sitzend zelebrieren kann. Am besten mit Stoffhandschuhen, damit keine störenden Fett- oder Schmutzflecke beim Blättern auf den Seiten zurückbleiben.
Herausgeberin des Buchs ist Dian Hanson. Die Kalifornierin ist nicht unbedingt bekannt als Kennerin von Fantasykunst, aber sie ist seit 2001 für den Taschen Verlag als Redakteurin und Herausgeberin von Sexy Books tätig. Somit kennt sie sich mit Blickfängen und »Eye Candy« aus. Vor Taschen war sie u. a. Redakteurin für US-Pornomagazine wie Puritan. Beim exklusiven Kölner Kunstbuchverlag gehen saftige Titel wie The Big Butt Book, The Big Penis Book oder eine sechsbändige History of Men’s Magazines auf ihr herausgeberisches Konto, aber auch Bücher mit Werken des Underground-Comiczeichners Robert Crumb.
»The Fantastic Worlds of Frank Frazetta« ist Teil der Famous-First-Edition-Reihe. Die Erstauflage ist auf 6000 nummerierte Exemplare limitiert und kommt in einem bedruckten Kartonkoffer daher. Diese Monografie ist Frank Frazetta pur. Sie ist die umfassendste und vom Bildmaterial her ausführlichste Werkschau, die es von dem Künstler gibt. An der Zusammenstellung haben nicht nur wichtige Sammler von Fantasykunst, sondern auch die Frazetta-Familie mitgearbeitet.
Die Sekundärtexte stammen von Dan Nadel und Zak Smith. Sie sind in englischer, deutscher und französischer Sprache abgedruckt, wie es für Taschen durchaus üblich ist. In fünf Kapiteln gibt es nach einer Einführung in Frazettas Leben und Kunst eine Vierteilung in diese Schaffensphasen: »Anthropomorphe Tiere und Lil’Abner« (1944-1959), »Tarzan, Conan und Ringo Starr« (1960-1969), »Esquire und Death Dealer« (1970-1979) sowie» Fire and Ice und Dusk Till Dawn« (1980-2010).
Die Präsentation der Kunst ist so meisterhaft wie die Kunst selbst. Jedes Bild ist exakt identifiziert und mit genauen Hinweisen über Entstehungszeit und Erstveröffentlichung versehen. Es gibt jede Menge seltene Vorzeichnungen, Comicoriginalseiten und Fotomaterial. Vieles davon ist großformatig und mitunter auf einer ganzen Seite abgebildet. Bei dem gigantischen XXL-Format kommt Frazettas Können somit voll zur Entfaltung.
Zu Frank Frazettas Frühwerk zählen Comics, u. a. für Serien wie Johnny Comet, Lil’Abner oder Verlage wie EC Comics. In den 1960er-Jahren zeichnete er Ölgemälde für Neuauflagen der Tarzan-Romane von Edgar Rice Burroughs oder den Conan-Geschichten von Robert E. Howard, L. Sprague de Camp und anderen.
In späteren Jahren steigerte er seinen Bekanntheitsgrad durch die Erweiterung seines Portfolios mit Auftragsarbeiten für die Musik- und Filmindustrie, in dem er Plattencover und Filmplakate malte.
Das letzte Kapitel des Buchs widmet sich einer umfangreichen Bibliografie. Dort finden sich alle Werke, die auf Titelbildern von Comics, Büchern und anderen Medien der Popkultur veröffentlicht wurden mit den entsprechenden Logos.
»The Fantastic Worlds of Frank Frazetta« ist nicht nur ein Bildband über das Schaffen von Frank Frazetta, es ist ein Must-Have für alle Freunde von Fantasykunst. Eine Augenweide zum Schwelgen ist es sowieso.
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