Weißes Gold (Autor: Robert Corvus; Die Schwertfeuer-Saga 2)
 
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Weißes Gold von Robert Corvus

Die Schwertfeuer-Saga Band 2

 

Rezension von Sabine Seyfarth

 

Rezension:

Weißes Gold – wer kennt nicht das Märchen von der Königstochter, die vom Vater verstoßen wurde, weil sie ihn nicht wie Gold, nicht wie Edelsteine, sondern wie Salz liebte. Die Salzzacken sind einer der wichtigsten Schauplätze des zweiten Teils der Schwertfeuer-Saga.

 

Im neuen Band der Söldnergeschichten erwarten den Leser eine gute Mischung verschiedenster Charaktere und ein neuer Auftrag. Ich hatte mich sofort wieder eingelesen. Obwohl ich betonen möchte, dass man auch gern den Teil lesen kann, ohne den ersten Band gelesen zu haben. Allerdings ist das keine Empfehlung, denn es würde doch schon einiges an Spannung heraus nehmen wenn man dann Rotes Gold auch lesen möchte.

 

Der Klingenrausch ist immer noch geschwächt und dabei, seine Stärke durch Rekrutierungen aufzufüllen. Dadurch angreifbar geworden, stecken die Feinde und Neider den Kopf nach oben und versuchen mit verschiedenen Mitteln zu verhindern, dass die Eliteeinheit als solche bestehen bleibt.

 

Der neue Auftrag ist etwas Besonderes. Sie begleiten einen ehemaligen Anführer einer anderen, konkurrierenden Einheit auf einer Pilgerfahrt, die dieser machen muss, um den Thron in seiner alten Heimat annehmen zu können. Söldner und Pilgerfahrt – das klingt schon spannend.

 

Gleich von vornherein: Wer epische Schlachten in diesem Band erwartet, weil es um Söldner geht, wird hier nicht fündig. Allerdings ist es Autor Robert Corvus wohl auch nicht in erster Linie darum gegangen. Viel mehr glaube ich, dass es das Besondere dieser Schwertfeuersaga ist, das Leben der Söldner in ihrer Normalität zu zeigen (was ihn nicht gehindert hat, im ersten Band eine sehr umfangreiche Schlachtenschilderung zu schreiben). Zumindest ist es diese Sicht, die für mich die Geschichte zu etwas Besonderem macht. Als Leser kann man draußen bleiben und mit der eigenen Moral auf die Söldner schauen, vom Standpunkt des Lesers aus urteilen. Die andere Variante ist, sich zwischen die Söldner zu begeben und deren Moral als Maßstab anzusetzen. Aus unterschiedlichen Sichtweisen werden auch die einzelnen Charaktere unterschiedlich bewertet werden. Das ist im zweiten Band vielleicht noch stärker zu spüren als im ersten.

 

Der zweite Band der Saga fügt dem Klingenrausch einen neuen Charakter hinzu, der von außen kommt. Entgegengesetzt zu Fiafila, die damals als Gefangene in den Klingenrausch kam, ist Gonter, der Prinz und Thronfolger, freiwillig zu den Söldnern gestoßen. Mit ihm kommt ein Charakter, der andere Auffassungen von Ehre und Gerechtigkeit hat, der in einem anderen moralischen Kontext aufgewachsen ist, einem Kontext, der dem des Lesers eher entspricht. Er erwartet vermutlich, dass seine Auffassungen auch die der Söldner sind. Außerdem ist er eher gewohnt, Befehle zu erteilen als zu erhalten und auszuführen. Im Klingenrausch ist er aber zunächst mal ein Azubi. Sein Lehrer Nirto nimmt ihn hart ran. Aber reicht es, nur physisch auf den Kampf vorbereitet zu werden? Gonter möchte dazu gehören, er liebt die Freiheit, die ihm das Söldnerleben im Gegensatz zu dem Korsett des Thronfolgers verspricht. Das ist einer der Gründe, warum er sein Land, seine Familie – sein altes Leben verlassen hat. Was wird mit diesem Charakter geschehen? Wird auch er seine Moral ändern? Kann er das? Oder wird ihm gerade sein Ehrgefühl irgendwann das Leben kosten?

 

Eivora, die Tochter des Flammenbringers Kester, ist der andere Grund Gonters, in die Söldnertruppe einzutreten. Als Kind und junges Mädchen vom Vater gegen ihren Willen behütet, sieht sie nach dessen Tod ihre Aufgabe in der Erhaltung und Stärkung des Klingenrauschs als Vermächtnis ihres Vaters. Zwischen Vater und Tochter gab es eine sehr enge Beziehung, etwas, das in der Söldnergemeinschaft vermutlich nicht allzuoft zu finden ist.

 

Eivora zeigt in diesem Band immer mehr Qualitäten einer guten Anführerin, auch wenn das viele derer, die sie anführt, nicht wahr haben wollen oder einfach nicht begreifen. Aus Sicht des Lesers sind sie nicht immer moralisch, viele werden deshalb der Figur ihre Sympathie entziehen oder es zumindest als Schwäche sehen. Aus Sicht der Anführerin des Klingenrauschs aber ist es so, dass sie alle eigenen Interessen und Eitelkeiten hintenan stellt, klug abwägt, welche Aktionen dem Trupp nutzen und welche ihm schaden. Sie ist jederzeit in der Lage, ihre Entscheidungen neu zu überdenken und der Situation anzupassen, in schwierigen Situationen behält sie die Übersicht. Ihre Art, mit Problemen umzugehen, zeigt m. E. ihr großes Talent als Anführerin. Das macht sie auch innerhalb des Klingenrauschs nicht populär, aber welcher kluge Führer ist allen in jeder Situation sympathisch? Es gilt, immer auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen und zu verantworten. Dazu kommt, dass sie keine gute Nahkämpferin ist – sie wurde von den Kämpfen von ihrem Vater so gut wie möglich fern gehalten – ihre Stärke ist der Fernkampf. Aber muss ein Anführer wirklich der beste Kämpfer sein? Es kann nicht schaden, wenn er das ist, aber wirklich wichtig ist doch, wie er die Truppe leitet. Eivora polarisiert nicht nur die Söldner, sondern auch die Leser. Ist sie die zukünftige Flammenbringerin oder ist sie doch eher eine schwache Frau? Leider gab es im Buch auch kleine Szenen, die ihren Charakter etwas in die Richtung der eher schwachen Frau schoben und für mich nicht zu ihr passten. Trotz ihrer Zierlichkeit und Jugend ist sie kein romantisierendes Frauchen, das jemandem den Mund zum Kuss darbietet. Das passt nicht zu ihr. Sie ist in einem völlig unromantischen Umfeld aufgewachsen. Da nimmt sich eine Anführerin, was sie will. Logisch fand ich hingegen, dass sie automatisch versucht, Gonter zu schützen, und sie sich das selbst bewusst verbieten muss. Eine Liebesbeziehung in einem Söldnerheer ist sicher nicht einfach und schon gar nicht problemlos.

 

Eivoras Persönlichkeit wird noch interessanter, da sie beginnt, über die Moralauffassung Gonters nachzudenken und die ihre, wenn auch zögernd, hinterfragt.

 

Fiafila hatte durch die, nicht ganz freiwillige Verbindung mit Ignuto, dem Dämon, der nun aus ihrer Schulter wächst, einen festen Stand im Klingenrausch erobert und als Herrin über das Schwertfeuer ist sie ein Teil der besonderen Stärke dieses Truppenteils. Vielleicht, weil sie eine Priesterin war und im Wesentlichen eine geblieben ist, wenn auch nun mit anderen anzubetenden Wesen. Ihr Weg vom Licht in Dunkel ist vollkommen. Entgegen ihrem Vorgänger setzt sie sich zunehmend gegen den Dämon durch und übernimmt in dieser Symbiose die Führungsrolle. Ihre Entwicklung zu beobachten, ist absolut spannend bis lustig. Selbst philosophische Diskurse fehlen nicht.

 

Anhand dieser Charaktere beweist sich wieder die besondere Stärke in Robert Corvus’ Romanen. Seine Handlungsträger sind immer spannend, nicht eindeutig zu bestimmen und sie fordern zur Diskussion. Selbst Gonter, der hier noch als der typische Fantasy-Held erscheint, als sozusagen weißer Ritter, kann diesen Glanz als Söldner nicht beibehalten. Er muss Kompromisse eingehen.

Im Hintergrund der Geschichte steht der Dämonenkult, Dämonen, die selbst in ihrer Sphäre um die Macht kämpfen und in der Kester, der ehemalige Flammenbringer, nun um seine Position kämpft. Wie loyal ist er seiner ehemaligen Einheit gegenüber? Gibt es so etwas wie Loyalität überhaupt unter Dämonen? Dieser Kult ist weiterhin ein Spannungsgeber, personifiziert wird die Neugier des Lesers auf diesen Kult durch Fiafila –Ignuto.

 

Wie immer in Robert Corvus’ Geschichten entstehen interessante philosophische Probleme. Der Leser wird mit moralischen Auffassungen konfrontiert, die durchaus ihre Logik haben. Wie wichtig ist die Wahrheit? Gibt es wichtigere Interessen als sie? Wie wichtig ist Heimat? Wann ist es besser, die Ehre hintenan zu stellen, um das Leben oder die Chance auf Heimat zu erhalten? Das sind nur die auffallendsten Fragestellungen, die zum Nachdenken anregen. Es macht Spaß, über die verschiedenen Moralauffassungen und die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Charaktere zu diskutieren.

 

Eine Einordnung der Saga ist ziemlich schwierig. Im Vergleich zur Welt der Schattenherren ist die Geschichte wesentlich freundlicher, bisher. Dort blieb ich als Leser auch eher außen. Hier werden die Graustufen der Charaktere noch stärker dargestellt und Gut und Böse von vornherein in einen anderen Kontext.

 

Die Aufmachung des Buches ist gelungen. Der Wiedererkennungswert der Saga wird durch die Gesamtgestaltung gewährleistet, die weiße Rüstungsfaust anstelle der roten-goldenen Maske (für »Rotes Gold«) für die Kennzeichnung des »Weißen Goldes«. Der Klappentext ist eine gute Einführung und weckt Spannung. Die Illustrationen – Zeichnungen von Timo Kümmel –, die zumeist Karten darstellen, sind eine gute Unterstützung für die Vorstellungskraft des Lesers, helfen, sich auf dem Pilgerweg zurecht zu finden. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass die Illustrationen in den Text an entsprechender Stelle eingearbeitet sind.

 

Fazit:

Empfehlung für alle Leser, die spannende Geschichten lesen wollen, schwarz weiß Charaktere langweilig, dagegen philosophische Diskussionen im Bereich von Moral und Ethik spannend finden und ein wenig Grausamkeit ertragen können oder mögen.

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Buch:

Weißes Gold

Reihe: Die Schwertfeuer-Saga Band 2

Autor: Robert Corvus

Taschenbuch, 384 Seiten

Piper, 12. Januar 2017

Illustrationen: Timo Kümmel

 

ISBN-10: 3492280765

ISBN-13: 978-3492280761

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B01FDNJQBM

 

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 27.08.2020, zuletzt aktualisiert: 11.04.2024 08:46, 18937