Yoshiko (Autor: Helge T. Kautz; X3 Yoshiko Bd.1)
 
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Yoshiko von Helge T. Kautz

Reihe: X3 Yoshiko Bd.1

Rezension von Oliver Kotowski

 

Eine Vorbemerkung: X3: Yoshiko ist ein Roman zur im X-Universum spielenden Computerspiel Reihe von Egosoft, besonders zu X3: Reunion. Mein Vorwissen über dieses Universum ist recht gering, da mein Kontakt mit den Spielen nur oberflächlich war und schon lange her ist – ich hatte bis zur Hälfte des Romans ganz vergessen, es gespielt zu haben. Ich rezensiere also nicht als X-Spieler, sondern als SF-Leser.

 

Als junges Mädchen sitzt Yoshiko mit ihrer Familie in einem abgelegenen System fest. Zufälligerweise stößt man auf verloren geglaubte CPU-Schiffe. Bei der Untersuchung kommt es zu einem Unglück, welches dazu führt, dass Yoshiko von ihrer Familie getrennt wird. Die Yaki, eine ebenso skrupellose wie mächtige Verbrecherorganisation, retten sie. Lange Zeit lebt sie als eine der ihren, doch schließlich will die allein erziehende Mutter um ihrer minderjährigen Tochter Iliyana willen aussteigen – unmöglich nach Ansicht der Yaki. Aber Yoshiko hat einen Plan: Während sie ihre Tochter mit einer handvoll gestohlener Credits alleine losschickt, nimmt sie an einem Raubzug teil um sich im letzten Moment abzusetzen. Nun lässt sich die Yaki nicht so schnell abschütteln und Yoshiko bleibt als Gegenangebot nur der Bande die CPU-Schiffe anzubieten, die sie als Kind vorüberziehen sah.

 

Die Geschichte beginnt 546 ZT des X-Universums und springt dann nach 561 ZT, also 15 Jazura nach den in X2: Nopileos geschilderten Ereignissen um die CPU-Schiffe der Xenon und während der ersten großen Attacke der Khaak. Beide Ereignisse werden jedoch nur sachte gestreift, so dass die Kenntnis der anderen Bände nicht erforderlich ist. Kenntnisse der Spiele sind allerdings hilfreich, da einige Motive daraus genutzt werden, die nicht explizit erläutert werden. Das Zura-Zeitsystem ist so eine Angelegenheit: Dass ein Jazura etwa einem Jahr entspricht, errät der Leser schnell, wie aber ist das genaue Verhältnis? (1 Jazura = 1,36 Jahre.)

Die Galaxis wird von verschiedenen interstellaren Reichen beherrscht, die jeweils von einer Spezies dominiert werden: Die Argonische Föderation von Menschen, das Königinnenreich von Boron von den dreigeschlechtlichen Boronen usw. Daneben gibt es noch die großen insektenhaften Paraniden, die vom Pontifex Maximus regiert werden, und die kleinwüchsigen, echsenhaften Teladi, die stets auf Profit aus sind.

Auch wenn Kautz relativ viel Raum den Beschreibungen widmet, so wird doch die Gesellschaft bloß nebenbei abgehandelt, während man erfährt, wie es auf einen öden Planeten aussieht. Damit bleibt das Setting ein Ambiente, eine bunte Kulisse, vor der das Geschehen abläuft.

 

Phantastische Elemente gibt es unzählige: Außer den erwähnten Aliens gibt es noch einiges an Hi-Tech, wie Blaster, Drohnen, Nanoroboter etc. Die Figur Winters fasst diese gut mit folgendem Zitat zusammen: "Es gibt nichts Neues unter der Sonne." Überlichtschnelle Raumfahrt wird durch Sprungtore simuliert – wie diese funktionieren wird jedoch nie erläutert. Insgesamt spielen die wissenschaftlichen Grundlagen keine Rolle, so dass das Setting sich ganz gut als Far Future Fantasy beschreiben lässt.

 

Es gibt eine handvoll Figuren, die zwar durchaus spannende Ansätze haben, aber nicht besonders komplex charakterisiert werden. Zentral ist zweifellos die titelgebende Figur Yoshiko. Trotz des japanischen Namens ist sie blond und blauäugig. Sie entwickelt sich zu einer 'schönsteren' (der 'Megalativ': Noch schöner als am schönsten) Frau und hebt sich so von all den anderen schönen Frauen ab. Nach dem Unglück von den Yakis erzogen, wurde sie selbst eine. Sie ist sprunghaft und launisch, verstärkt wird dieses durch ihre Abhängigkeit von Antidepressiva. Zusammen mit Iliyana will sie die Yaki verlassen, da diese nicht länger in der korrupten Umgebung aufwachsen soll. Ihre rotschöpfige Tochter ist zwar nur neun Jazuras alt, doch dafür ungewöhnlich clever und selbstständig; ihr moralischer Kompass und ihre Vernunft sind so ausgeprägt, dass sie zuweilen auf ihre Mutter achtet und nicht umgekehrt. Sie will mit ihrer Mutter ein gesetzestreues und ruhiges Leben führen. Um sich von den Yakis zu befreien, bietet Yoshiko zwei CPU-Schiffe an; doch um diese zu finden braucht sie Aufzeichnungen aus ihrer Kindheit. Diese besitzt ihr Kindheitsfreund Ser Alman Jonferson. Dieser ist ein kluger Ingenieur, dem es gelang den Antimaterie/Materie-Antrieb für bemannte Raumschiffe nutzbar zu machen und so ein sehr erfolgreiches Unternehmen zu gründen. Im Herzen ist er aber immer noch der bodenständige Prospektor, der nach all den Jazuras immer noch schwer in Yoshiko verliebt ist. Daher ist er ihr treu ergeben. Daneben treten noch einige weitere Figuren auf: Der Yaki-Enforcer Taggert ist ein menschenhafter Split, der noch eine Rechnung mit Yoshiko offen hat, die für ihn eine persönliche ist. Der Paranide Tebathimanckatt, der alle anderen Wesen als unheilige begreift, verfolgt stoisch nicht nachvollziehbare Ziele. Der Profit suchende Teladi Hegebalios besitzt eine Bar und ist zuweilen in semi-legale Geschäfte verwickelt – Ferengi Quark lässt grüssen. Doch ihre Rollen sind nicht besonders groß. Die psychologische Dimension wird generell vernachlässigt und so sind die Handlungen der Figuren oftmals nur schwer nachvollziehbar.

 

Der Plot nutzt vor allem Elemente der Abenteuergeschichte und des Thrillers, z. T. auch der Bildungsgeschichte. So erfährt man von Yoshikos wilder Flucht, den Abenteuer auf der Suche nach den CPU-Schiffen oder Iliyanas Alltag als Mädchen, das in einer relativ freundlichen Galaxis voller Gefahren auf sich gestellt ist. Beim Plot hakt es besonders. Er kommt erst recht spät, nach etwa der Hälfte des Buches in Fahrt, gerade die Kapitel 2 bis 5 könnten drastisch gekürzt werden. Häufig werden nebensächliche Details länger betrachtet, die Episoden hängen teilweise nur locker zusammen und es gibt einige unplausible Punkte: Die Galaxis ist recht unsicher, semi-legaler Handel ist weit verbreitet, Piraten und die mächtigen Yaki stellen ständige Bedrohungen dar und alle fürchten sich vor der Invasion der Khaak. Warum wird die Sicherheit da so lax gehandhabt? Iliyana wird nie kontrolliert und für einen Pass reicht eine gefühlsduselige Rede. Auch der bodenständige und vernünftige Ser legt keinen gesteigerten Wert auf Sicherheit.

Spannungsquellen sind die bedrohlichen Situationen und überraschenden Wendungen der Geschichte. Negativ fällt das nahezu komplette Fehlen von Spannungen zwischen den Figuren auf.

Ärgerlich ist aber der unreflektierte Umgang mit Yoshikos Abhängigkeit von Antidepressiva. Erstens werden depressive Menschen nicht wirklich produktiver, angenehmer oder authentischer, wenn sie auf die Mittel verzichten, und zweitens ist ein kalter Entzug viel mehr als eine bloße Frage der Willenskraft. Eigenartig ist auch Yoshikos gleichgültiges Verhalten gegenüber dem Mörder ihrer Mutter; angeblich war ihr Tod ein traumatisches Ereignis, welches Ursache für ihre Depressionen sein soll.

 

Die Sätze neigen dazu lang, aber gradlinig zu sein. Die Wortwahl tendiert ein wenig zur Alltagssprache. Gerade wenn Figuren sprechen, wird deutlich, dass der Autor ein jüngeres Publikum im Sinn hat. Die Verwendung von Slang ist immer eine Geschmacksfrage, aber wenn dieser in stehende Redewendungen eingefügt wird, wirkt es schon etwas sonderbar: "Klaue auf's Herz… auf die Herzen?" – "Jazuralang!"

Darüber hinaus ist die Erzähltechnik unauffällig: Die Geschichte wird in drei z. T. zusammenlaufenden Strängen, die aus einer Mischung von auktorialer und personaler Perspektive der Hauptfiguren erzählt werden, progressiv entwickelt.

 

Yoshiko versucht aus der Verbrecherorganisation der Yaki auszusteigen. Dazu schickt sie ihre minderjährige Tochter Iliyana alleine durchs All und sucht ihren alten Freund Ser auf um die CPU-Schiffe wieder zu finden. Eine Far Future Fantasy mit interessanten Ansätzen, die leider nicht weiterentwickelt werden, und Schwächen im Plot. Insgesamt wohl eher als Zusatzmaterial zum Computerspiel, denn als eigenständiger SF-Roman zu lesen.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240426040007dad6ba14
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Yoshiko

Reihe: X3 Yoshiko Bd.1

Autor: Helge T. Kautz

Broschiert: 304 Seiten

Verlag: Dino Entertainment; Auflage: 1 (April 2006)

ISBN: 3833213442

 

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 23.09.2006, zuletzt aktualisiert: 08.08.2023 16:01, 2797