Amerikkan Gotik (Autor: Markus K. Korb)
 
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Amerikkan Gotik von Markus K. Korb

Finstere Geschichten aus dem dunklen Herzen Amerikas

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Die Frau sah grauenerregend aus. Von ihrer gepflegten Erscheinung war nichts mehr geblieben. Die Haare unter ihrer Schwesternhaube standen struppig in alle Richtungen ab. Die einst weiße Tracht war nun blutbefleckt und mit Dreck beschmiert; ihre Augen … zwei tief gründende Spiegel des Wahnsinns in schwarzen Höhlen.

In ihrer Rechten hielt sie eine Pistole.

»So habt ihr euch das wohl gedacht, ihr Parasiten! Nistet euch ein im Körper des amerikanischen Volkes, ernährt euch von seiner Kraft, höhlt es von innen her aus, bis nur noch eine kraftlose Hülle übrig bleibt. Schweine seid ihr, ich spucke auf euch!«

Sie holte Schleim tief aus der Kehle und spie ihn uns entgegen.

»Jetzt werdet ihr büßen für alles, was ihr angerichtet habt …«

 

AMERIKKAN GOTIK - Die schwarze Seite des amerikanischen Traums.

Erzählungen, die mit spitzen Klauen hinabstoßen in das faulige Herz der Nation.

Storys aus dem Land von Edgar Allan Poe, Howard Philips Lovecraft und Stephen King.

Unheimlich! Spannend! Abgründig …

 

Rezension:

In schöner Regelmäßigkeit sammelt Markus K. Korb seine neuesten unheimlichen Geschichten zu einem Erzählungsband zusammen, bevorzugt unter einem gemeinsamen Thema.

In Amerikkan Gotik ist Klammer der Storys die USA. Wie Korb in seinem Nachwort betont, geht es ihm nicht darum, blindem Antiamerikanismus zu frönen. Vielmehr boten sich einige der Schattenseiten perfekt an für seine kleinen, finsterbösen Geschichten.

Nach vielen lobenden Worten im Vorwort von Michael Dissieux, widmet sich Mark K. Korb in der ersten Geschichte, dem Thema Rassismus.

Die Hochzeit von Kain und Lilith, er weiß und sie schwarz, wird von einem grausigen Gast gestört …

Die Namensgebung verrät natürlich bereits einiges an Handlung und dennoch weist der kurze Text bereits eindringlich auf die Richtung hin, in die sich der Erzählungsband bewegen wird.

 

Auch Faulspiel stellt seine Figuren in eine von dunklen Geheimnissen geprägte Beziehung zueinander. Die beiden Betreiber einer Arena, in der man auf den Erfolg von Zombies wetten kann, ein mit Fallen gespicktes Labyrinth zu durchqueren, teilen sich nicht nur den Gewinn …

Die nicht ganz überraschende Story wartet mit einem kleinen Daumenkino am unteren Rand auf, das an den Film Excalibur erinnert.

 

In der Titelgeschichte Amerikkan Gotik macht sich der Student und nebenberufliche Horrorautor Eric Harper auf die Suche nach jemanden, der mit besonders schlechten Geschichten unter seinem Namen veröffentlicht.

Die an Shining gemahnende Story entwickelt autobiographische Züge und setzt sich nebenbei auch mit der US-amerikanischen Form des Neofaschismus auseinander. Kein Wunder, dass es hier besonders heftig zugeht und der Gore-Faktor deutlich über dem der Sammlung liegt.

 

Mit einem kleinen Schlenker in die Unkraine verlässt Korb danach die USA und wendet sich in Exkurs: Prypjat Requiem dem ehemaligen Antagonisten des kalten Krieges zu. Der Reaktorunfall in Tschernobyl 1984 brachte nicht nur die sowjetische Staatsführung ins Schwitzen, er zwang auch tausende Menschen, ihre Städte und Dörfer zu verlassen. Heute wagen sich wieder Leute dorthin, manche verschwinden und dann wird jemand hinterher geschickt, zu finden, was noch übrig ist …

Eine typische Post-Fallout Geschichte, deren ungewöhnlicher Reiz in der intensiven Darstellung der (fast) verlassenen Stadt Prypjat liegt.

 

Mit besonderen Monstern geht es auch gleich weiter. Zwo erzählt zum einen von zwei Jungs in Oregon, die einen abstürzenden Satelliten beobachten und natürlich ein kleines Souvenir bergen wollen, bevor die NASA anrückt.

Parallel dazu versuchen zwei Männer eines Bergungsschiffes, einem leckgeschlagenen Frachter zur Hilfe zu kommen. Die Mission scheint übel zu enden, als sich das Schiff als von somalischen Piraten gekapert herausstellt, doch dann dringen Geräusche aus dem Frachtraum und die Piraten fliehen entsetzt …

Markus K. Korb mischt hier raffiniert diverse bekannte US-Filmszenarien zu einer seiner typischen Horrorgeschichten, die sich letztlich als etwas ganz anderes entpuppt.

 

Lost America wandelt zunächst auf den Spuren längst vergangenen Wohlstands. Zum Gelände einer verlassenen Pferderennbahn gehört auch die Ruine eines einst stolzen Hotels. Idealer Ort für Fotos, die diesen Niedergang und seine morbide Schönheit festhalten sollen.

Doch der Fotograf blickt bald in eine noch fernere Vergangenheit …

Ein geschundenes Land hat seine eigenen Geister. Korb skizziert einige von ihnen in seiner kurzen Story und lässt sie sich in einer melancholischen Stimmung verfangen, deren tiefliegender Traurigkeit man nicht entkommt.

 

Und schon sind wir bei der letzten und besten Geschichte. Candyman Jack beleuchtet das Leben einer Gruppe von Waisenkindern, die man quasi zur Zwangsarbeit verkauft. Zwischen psychischen Terror und seltsamen Belohnungen lauert eine unheimliche Bedrohung …

Drogen, Hippies, schwarzer Mann und ein bisschen Zauberer von Oz stecken in dieser sensibel erzählten Geschichte um geschundene Waisenkinder. Gleichzeitig fängt Korb das Wesen vieler US-amerikanischer Horrorstorys ein. Dieser so berührende, wie auch dramatische Abschluss des Sammelbandes beweist, dass Markus K. Korb weiterhin Meister der intelligent erzählten Phantastik ist. Stets nah am Genre, seinen Traditionen und dem historischem Umfeld.

 

Das Cover von Michael Schubert besticht durch eine passende Düsternis und einer treffenden Inhaltssymbolik. Die brennende Holzbrücke, wie man sie in Maine und anderen Ostküstenstaates immer noch findet, verbindet wie auch die Geschichten im Innern, die grausame Katastrophe mit dem geschichtlichen Hintergrund der USA.

Nicht minder gelungen sind die vielen Illustrationen von Peter Davey, die sich mit eigenen bildhaften Interpretationen den Storys annähern und ihrer Atmosphäre nachspüren.

 

Fazit

Erneut gelingt Markus K. Korb in seinem jüngsten Sammelband »Amerikkan Gotik«, den Blick auf wunde Punkte der Geschichte zu richten und ihnen den Stoff für unheimliche Geschichten zu entreißen. Er wandelt dabei sicher zwischen Horror-, Gore- und Monsterthemen, mal mit Gespür für dramatische Momente, mal mit dem grausamen Schnitt eines Feldschers. Dabei spielt er mit dem typischen USA-Vorstellungen ebenso wie mit den oft genug verdrängten Traumata einer großen Nation. Raffinierte, sich ins Eingeweide fressende Phantastik.

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Buch:

Amerikkan Gotik

Finstere Geschichten aus dem dunklen Herzen Amerikas

Autor: Markus K. Korb

Vorwort: Michael Dissieux

Taschenbuch, 244 Seiten

Luzifer-Verlag, 30. April 2015

Cover: Michael Schubert

Illustrator: Peter Davey

 

ISBN-10: 3958350585

ISBN-13: 978-3958350588

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B00UAJ9MN2

 

Erhältlich bei: Amazon

Inhalt:

  • Abels Rückkehr

  • Faulspiel

  • Entfremdung

  • Ho – ho – ho!

  • Amerikkan Gotik

  • Exkurs: Prypjat Requiem

  • Zwo

  • Lost America

  • Candyman Jack


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Erstellt: 15.06.2015, zuletzt aktualisiert: 04.09.2023 15:36, 13965