Das Mysterium des Vollmond-Sees (Die Morde des Émile Poiret 1)
 
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Das Mysterium des Vollmond-Sees

Reihe: Die Morde des Émile Poiret 1

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Monsieur de Bryas eilt zur aufregenden Schönheit Baroness Eugenie de Villet. Während die beiden flirtend die Idylle der Côte d'Azur genießen, warnt der verliebte de Bryas seine Herzensdame, doch die winkt amüsiert ab: Saison für Saison droht jemand ihre Tochter zu entführen, sie zu töten oder dergleichen mehr. Der besorgte de Bryas schwört dennoch Augen und Ohren auf der Abendgesellschaft offenzuhalten. Auf eben jenen Empfang engagiert der Brite Gardner den unübertrefflichen Privatdetektiv Émile Poiret. Indes können all diese Umstände das schreckliche Schicksal der Baroness nicht verhindern – eben noch gesteht sie, sie könne für eine Cocktailkirsche sterben und einen Augenblick später erleidet sie einen hysterischen Anfall und stürzt sich von einer Balustrade in den Tod. Der Selbstmord wird einer seltenen Erbkrankheit zugeschrieben. Doch während Poiret im Auftrag des Versicherungsangestellten Gardner nach einem Edelstein sucht, stößt er auf einen weiteren Selbstmord – der belgische Meisterdetektiv wird misstrauisch und beginnt seine kleinen grauen Zellen anzustrengen.

 

Das Mysterium des Vollmond-Sees ist der Auftakt der Hörspielreihe Die Morde des Émile Poiret, die sich offenkundig an Agatha Christies Hercule Poirot-Krimis orientiert. Anders als die Poirot-Geschichten ist die erste Poiret-Geschichte allerdings kein Whodunnit sondern ein Cozy-Krimi: Wird in den Poirot-Geschichten der Leser quasi am Fall des Detektivs beteiligt und kann, wenn er aufmerksam folgte, den Täter selbst ermitteln, betont der Poiret-Fall die Stimmung der 'guten alten Zeit' mittels eines gediegenen Ambientes und liebenswerter Exzentriker. In vielen Requisiten sind die Geschichten austauschbar: Die Detektive gleichen sich – beides sind etwas geckenhafte Lebemänner, aber brillante Ermittler – die Verdächtigen sind eine bunte Mischung aus ungewöhnlichen Persönlichkeiten, von der glamourösen Schauspielerin über junge Liebhaber aus gutem Hause und adrette Debütantinnen hin zum hölzernen Versicherungsangestellten und die Schauplätze ausgedehnte Landsitze und luxuriöse Hotels mit exquisiter Einrichtung – Émile Poiret führt es in diesem Fall in ein elegantes, aber als Spukhaus beleumdetes Hotel am besagten Vollmond-See. In den Spannungsquellen unterscheiden sie sich aber wie schon angemerkt: Beim Whodunnit geht es in erster Linie um das Rätsel und in zweiter Linie um die Stimmung, bei Cozy-Krimi ist es umgekehrt.

Dieser besondere Fall besitzt zudem sehr große Ähnlichkeit mit der Geschichte Das Böse unter der Sonne. Dort machte sich die im Luxushotel weilende Schauspielerin Marshall allseits unbeliebt, hier ist es die Schauspielerin Dawson die von Feinden umringt ist – ein wertvoller Edelstein spielt in beiden Fällen eine zentrale Rolle. Aufgrund der Kürze des Falles ist das Mysterium allerdings deutlich weniger kompliziert.

 

Die Sprecher sind meistenteils Veteranen, wenn auch nicht unbedingt der Hörspielszene – es sind auch einige hauptsächlich als Synchronsprecher bekannte dabei. Das beginnt mit dem Erzähler, der von Peter Buchholz gesprochen wird. Er mag den Hörern als deutsche Stimme von Jeff Goldblum und Gregory Peck oder aus diversen Hörspielen wie den Drei Fragezeichen bekannt sein. Es folgt der Sprecher der Hauptfigur Émile Poiret, Donald Arthur. Er liefert eine sehr gute Leistung ab, nuanciert und natürlich klingt selbst der etwas affektierte belgische Akzent. Es fragt sich dennoch, ob er die beste Wahl war: Zwar hat er der Peter Ustinov-Interpretation von Hercule Poirot die deutsche Stimme verliehen, doch ich höre da allzu häufig den Chefkoch aus South Park sprechen; wohl oder wehe wird in diesem Fall von dem Konsum der South Park-Reihe abhängen. Auch die Stimme Frank-Otto Schenks, des Sprechers von Jean Michel de Bryas, wird eher aus Film und Fernsehen bekannt sein – dem Phantastik-Fan wird sie vielleicht als die von Commander Chakotay von der Voyager der gleichnamigen Star Trek-Serie aufgefallen sein. Karin Eckhold, die Sprecherin der todgeweihten Baroness Eugenie de Villet, hat an eine Reihe von Maritim-Hörspielen mitgewirkt, war aber auch schon jenseits davon, wie etwa in der TKKG-Reihe, zu hören. Ähnliches gilt für Peter Weis, dem Sprecher des hölzernen Versicherungsangestellten Jonathan Gardner, der allerdings neben vielen Maritim-Hörspielen wie den Sherlock Holmes-Hörspielen auch einige Lausch-Hörspiele wie etwa Drizzt oder Caine gemacht hat. Tina Eschmann, die Sprecherin der unbeliebten Schauspielerin Lesley Dawson, hat dagegen eher wenige Hörspiele gemacht – vielleicht kennt der Hörer sie aus der Fünf Freunde-Reihe; der Krimi-Freund wird sie in den neueren Agatha Christie-Verfilmungen gehört haben. Anke Reitzenstein, die Sprecherin der unbedarften jungen Lisa Cross, ist das Gegengewicht zu Donald Arthur – leider hat sie zu wenig Sprechzeit. Sie hat nicht nur in zahllosen Filmen Synchron gesprochen, sie bringt auch einiges an Hörspielerfahrung mit – der Hörer mag sie in den Don Harris-Folgen gehört haben. Es bleibt Jo Kern, die Sprecherin der Hotelmanagerin Suzanna Darlington, die gerade in Top Secret zu hören war. Haben die zuvor genannten eine gute Leistung erbracht, sieht man von Arthur und Reitzenstein ab, die noch besser sind, so fällt Kerns Leistung leider leicht ab – in manchen Szenen klingt sie gekünstelt, eben so als würde eine Sprecherin sorgfältig betont von einem Blatt Papier ablesen. Das habe ich nur in einer kleinen Szene als störend empfunden, trotzdem wünschte man sich, dass etwas von der Sprechzeit Kerns der Reitzenstein zu geschanzt worden wäre.

 

Die Inszenierung sucht ebenfalls die Nähe zu den Verfilmungen der Hercule Poirot-Geschichten mit Peter Ustinov. So ist etwa die Musik, die üblicherweise als Überleitung zwischen den Szenen verwendet wird, deutlich daran orientiert. Die Untermalung mit Geräuschen ist sehr sparsam, wird aber mit gutem Effekt verwendet – überzeugt hat mich das Unterstreichen der korrekten Aussprache des Namens "Poiret" durch die Bahnpfeife.

Etwas bedauerlich ist aber wiederum der Rückgriff aus Figuren, die beschreiben, was sie sehen – das klingt sehr unnatürlich und ist Erzählerarbeit, den es ja auch gibt. Darüber hinaus ist das Hörspiel außerordentlich betulich – es kommt nur langsam voran und verwendet einige Szenen, die Punkte für den Hörer andeuten sollen. Das führt zu einem eigenwilligen Ungleichgewicht: Einerseits wird einige Zeit auf das Vorspiel verwendet, in dem auf einiges schon hingewiesen wird, andererseits wird der eigentliche Fall sehr knapp abgehandelt, es werden nicht einmal alle Verdächtigen ernstlich vorgestellt. Hier wäre es günstiger gewesen, nur weniger Verdächtige zu verwenden, denen aber angemessene Zeit einzuräumen. Da es bei dem Cozy-Krimi allerdings sowieso nicht in erster Linie um das Mord-Rätsel geht, schlägt der Punkt nicht übermäßig zu Buche.

 

Fazit:

Émile Poiret, der belgische Meisterdetektiv, ist zufällig anwesend als die Baroness de Villet sich in den Tod stürzt. Kurze Zeit später soll er während seiner Ermittlungsarbeit bezüglich eines gefälschten Edelsteins über einen weiteren 'Selbstmord' stolpern. Der Cozy-Krimi ist eine durchaus gelungene Hommage an den berühmten Hercule Poirot von Agatha Christie, sieht man von der etwas unrunden Inszenierung ab.

 

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Hörspiel:

Das Mysterium des Vollmond-Sees

Reihe: Die Morde des Émile Poiret Folge 1

Buch: Ascan von Bargen

Aufnahme, Bearbeitung: Peter Brandt & Marc Chainiaux

Maritim, April 2009

Umfang: 1 CD

Laufzeit: ca. 73 Minuten

 

Asin: B001P7JZTO

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Sprecher:

Peter Buchholz

Donald Arthur

Frank Otto Schenk

Klaus Dittmann

Karin Eckhold

Peter Weis

Reent Reins


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Erstellt: 05.06.2009, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 19:22, 8845