Die Hexe und die Orks: Lehrjahre (Autor: Timothy Morgan)
 
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Die Hexe und die Orks: Lehrjahre von Timothy Morgan

Rezension von Matthias Hofmann

 

Fantasy und Erotik? Das war schon immer eine fast schon natürliche Verbindung. Außer, man berücksichtigt ausschließlich High-Fantasy-Romane im Stile von J. R. R. Tolkien.

 

Besonders auffällig ist diese Verbindung jedoch bei vielen Romanen unter dem Label »Schwert & Magie«. Hier signalisieren schon die Titelbilder wo es lang geht. Meist zeigen diese neben dem muskelbepackten Helden und der obligatorischen Bedrohung auch eine leicht bekleidete, erotisierende und wohl proportionierte Schönheit, die beschützt werden will.

 

Besonders von den 1960er bis in die 1980er Jahre war das so. Es war die Zeit der Enttabuisierung, der sexuellen Revolution, die einherging mit dem Ausleben von besonderen Neigungen und Fantasien oder einer Neuorientierung der Geschlechter. Im Bereich der Science Fiction gab es diese Vertreter auch, von Philip José Farmers Fleisch bis zu völlig durchgeknallten Hardcore-Pornos wie The Gas von Charles Platt (2019 in einer wohlfeilen Neuausgabe mit Zusatzmaterial erschienen bei Festa), wo sich jeder und jede mit jedem oder jeder einen ganzen Roman lang sexuellen Handlungen hingibt.

 

Interessant ist auch, dass z. B. die Titelmotive der Weird-Tales-Ausgaben mit den Erstveröffentlichungen von Robert E. Howards Conan für ihre Zeit hocherotisch waren und mitunter sogar kein Conan, aber eine nackte Frau gezeigt wird. Und mit Margaret Brundage hat diese Bilder kein Mann entworfen, sondern eine Frau (ein gutes Beispiel ist die Titelillustration für die vierte »Conan«-Geschichte Black Colossus (dt. »Natohk, der Zauberer«), zu sehen auf dem Frontcover von Weird Tales vom Juni 1933).

 

Auf dem Titelbild von Die Hexe und die Orks, laut Frontcover ein »erotischer Fantasy Roman«, sieht man ebenfalls eine leichtbekleidete Schönheit. Die Kleidung ist so knapp und enganliegend, dass es eher wie Bodypainting aussieht als wie irgendeine Form von Textilie. Der Roman wurde verfasst von Timothy Morgan, vermutlich ein Pseudonym. Das ist nicht unüblich im Bereich Erotikliteratur. Laut Verlagsangaben lebt Timothy »zusammen mit seiner Freundin in einer offenen D/s-Beziehung an der Küste«. Wer nicht weiß, was das ist: Die beiden Buchstaben stehen für »Dominance« und »Submission«, zu Deutsch: Dominanz und Unterwerfung.

 

Der Verlag, in dem das Taschenbuch erschienen ist, heißt Blue Panther Books. Verleger Matthias Heubach hat sich auf erotische Belletristik spezialisiert. Das Verlagsportfolio innerhalb des Genres ist breit gestreut. Die Titel der Bücher lesen sich entsprechend: Gefesselt im Harem!, Orgasmisches Verlangen, Der Sexlor oder WundGevögelt.

Der Verlag macht einen modernen und gut organisierten Eindruck. Neue Titel erscheinen regelmäßig und nicht wenig. Gute Kommunikation, professionelles Auftreten, eine klar strukturierte Homepage, ordentliches Lektorat. Das ist nicht selbstverständlich. Und man scheint erfolgreich damit zu sein, mit dem was man tut. Morgans »Die Hexe und die Orks« ist beispielsweise erst Ende April erschienen und schon im Juni musste man eine 2. Auflage drucken.

 

Inhaltlich bekommt man mit »Die Hexe und die Orks« durchaus eine Mischung aus Fantasy und Erotik geboten, allerdings ist der Titel irreführend. Das mit der Hexe und den Orks ist nur eine Rahmenhandlung, die zu Beginn und am Ende des Romans geschildert wird. Der große Teil dazwischen handelt von den Eskapaden von Anna, die von ihrem Vater verraten wird und in die Fänge eines sadistischen Räuberhauptmannes gerät. In dessen Banditen-Camp lernt sie auch die lesbische Liebe kennen und wird schließlich von einer Gruppe Elfen entführt, die sich die Zeit neben Jagen und Schlafen mit jeder Menge ausschweifendem Gruppensex vertreiben. Ach ja, und Anna lernt auch ein paar Tricks in Sachen Waffenkunde und Magie. Weitere Stationen schließen sich an, so spielen ein alter perverser Magier und ein Minotaurus weitere Rollen im ausschweifenden Leben der jungen Anna.

 

Diese Handlung wird gradlinig und mit lesbarem Stil erzählt. Die Sprache ist nicht derb, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern eher fast schon ein wenig zu zahm-verklemmt. Insgesamt ist die Handlung mäßig erotisch, zumindest nicht im Sinne der landläufigen Definition des Wortes. Es wird zwar regelmäßig ein gewisses Maß an Sex geboten, aber die Beschreibungen sind nichts, was die Haut beim Lesen prickeln läßt. Oder so verfasst, dass sie erregend wirken.

 

Stattdessen gibt es überproportional viel BDSM-Sex. Anna wird meist sadistisch dominiert und vom Magier Uruthar gar zu einer Sklavin mit dem Namen »Zofe« degeneriert. Man muss schon ein Faible für Sadomasochismus haben, um das erotisch zu finden.

 

Das Frauenbild dieses Romans ist dadurch natürlich höchst fragwürdig. Zwar wrd Anna als junge Frau dargestellt, die ihr Leben selbst bestimmen will und sich durchaus einige Fähigkeiten aneignet, doch wird sie immer wieder vom Schicksal in Situationen der Abhängigkeit gebracht und gedemütigt, unterdrückt und gefoltert. Es bleibt das Bild einer völlig zerrissenen Frau, die zeitweise zwei Identitäten (Anna/Zofe) führt. Unterm Strich ist das nichts, was eine Frau erotisch finden dürfte.

 

Wer gerne Fantasy liest und einen Ausflug in erotische Sado-Maso-Gefilde riskieren möchte, darf sich gerne an der Lektüre der Eskapaden von Anna versuchen. Aber bitte damit rechnen, dass die Lektüre in höchstem Maße verstörend wirken kann, denn »Die Hexe und die Orks« ist aus Frauensicht eigentlich eher ein Sadomaso-Horror-Roman mit Fantasyelementen.

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Buch:

Die Hexe und die Orks: Lehrjahre

Autor: Timothy Morgan

Taschenbuch, 210 Seiten

Blue Panther Books, 30. April 2020

 

ISBN-10: 3964773441

ISBN-13: 978-3964773449

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B0874W8KDG

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition


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Erstellt: 09.08.2020, zuletzt aktualisiert: 25.03.2024 16:30, 18880