Flug 39 von Phillip P. Peterson
Rezension von Stefan Dragunski
Inhalt:
Linienpilot Christoph Wilder kommt durch einen an dieser Stelle nicht weiter beleuchteten Umstand zu einem Geheimprojekt der Bundesregierung. Er soll als Flugkapitän eine zu einer Forschungsmaschine umgebaute Linienmaschine des Typs Airbus A380 über den bundesdeutschen Luftraum manövrieren, während eine Handvoll Ingenieure und Techniker in der Maschine selbst Experimente mit einer Zeitreisemaschine durchführen. Durch einen Handstreich von eingeschleusten Aktivisten wird die Forschercrew gezwungen, entgegen vorgeplanter Sekundenzeitsprünge, direkt in das Jahr 1939 zu springen. Dort soll Adolf Hitler während einer Parteiveranstaltung getötet und dadurch der zweite Weltkrieg, dem Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind, verhindert werden. So zumindest das Kalkül der Aktivisten.
Rezension:
Der spätestens seit dem Film Butterfly Effect (2004) bekannte Kniff, mit in der Vergangenheit veränderten Ausgangsbedingungen auch gleichsam Gegenwartsauswirkungen auszulösen, findet auch im Roman Flug 39 Verwendung. Getreu dem Gedankenspiel: Ich reise in die Vergangenheit und vermassle meiner Mutter das erste Date mit meinem Vater. Wie kann ich dann geboren werden sein, um in die Vergangenheit zu reisen? Verzwickte Angelegenheit!
Phillip P. Peterson setzt darauf noch ein Alternative History Scenario, wie die Welt aussehen würde, wenn Adolf Hitler seinerzeit bei einem Terroranschlag ums Leben gekommen wäre. Die entstandene Welt zeigt dystopische Züge und soll hier nicht weiter verraten werden. Wichtig zu wissen ist nur, dass es unserem Protagonisten Christoph Wilder gelingen muss, alles in seiner Zeitlinie Geschehene ungeschehen zu machen und unbeschadet in seine eigene Historie zurück zu finden. Dazu bedarf es nicht nur fliegerischem Geschick – die von Peterson beschriebenen Cockpitszenen strotzen von avionischen und navigatorischen Fachbegriffen und erzeugen eine erstaunliche Authentizität – sondern auch einer klassischen Heldwerdungsgeschichte.
Eine geschickt eingesetzte Deadline, die es unter allen Umständen einzuhalten gilt, macht den Roman zusätzlich noch zu einem Abenteuerthriller. Ein an überragender Dämlichkeit leidender Vorgesetzter Wilders sorgt zudem für unterhaltsame Momente, die Petersons Gespür für eine direkte Ansprache des Lesers unterstreichen. Und ja, der Leser wird, wie es sich für einen Zeitreiseroman gehört, mit einem finalen Twist überrascht.
Das Titelbild ist überaus gelungen und belohnt auch einen zweiten und dritten Blick.
Fazit:
Zeitreisegeschichten sind eine knifflige Angelegenheit. Peterson versteht es, dem Zeitreiseparadox eine, zumindest in sich, schlüssige Logik zu verpassen, die den Genreanfänger ebenso begeistert wie den erfahrenen Leser, der die Tücken solcher Romane kennt.
»Flug 39« erreicht zwar nicht die epische Wucht von Andreas Eschbachs Jesus Video oder den Mindfuck von Predestination (2014, basierend auf einer Kurzgeschichte von Robert A. Heinlein), ist aber eine absolut unterhaltsame Leseempfehlung, die leider viel zu kurz geraten ist.
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