Handbuch für den genügsamen Zauberer: Überleben im mittelalterlichen England (Autor: Brandon Sanderson)
 
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Handbuch für den genügsamen Zauberer: Überleben im mittelalterlichen England von Brandon Sanderson

Rezension von Matthias Hofmann

 

Hier ist er! Der zweite Roman von Brandon Sanderson aus dessen spektakulären Crowdfunding-Projekt, bei dem er für vier »Secret Books« schlappe (nicht ganz) 42 Millionen (!) US-Dollar eingesammelt hat, heißt Handbuch für den genügsamen Zauberer: Überleben im mittelalterlichen England.

 

Wie die anderen drei auch, habe er dieses Buch, nur so zum Spaß, für sich selbst und seine Frau geschrieben. Wer’s glaubt wird selig, schließlich vermarktet der Mann schon seit einigen Jahren liebend gern sein Werk, um jede Menge Schotter zu generieren. Wenn dann so etwas dabei herauskommt wie der erste Roman mit dem Titel Weit über der smaragdgrünen See, die gelungene märchenhafte Geschichte der jungen Tress, die von einer einsamen Felseninsel in die Welt zieht, um über sich hinauszuwachsen, freut man sich zufrieden mit. Der zweite Streich kann, das nehme ich hiermit vorweg, da nicht mithalten.

 

Sanderson, der vorwiegend Fantasy schreibt, hat sich in die Science Fiction gewagt. Der vermeintliche Fantasy-Roman, der im mittelalterlichen England spielt, handelt vom Dimensionsreisen. Das ist, wenn man so will, eine Art Variante des Zeitreisens.

 

Sandersons Protagonist John West strandet im Mittelalter und wacht dort ohne Gedächtnis auf. Die Handlung besteht daraus, dass er sich dort zurechtfinden muss, zunächst nur Erinnerungsfetzen und gegen Ende sein komplettes Erinnerungsvermögen zurückerlangt. Auf die Sprünge helfen ihm Seiten eines zerfledderten und halb verbrannten Handbuchs, das dem Roman seinen Titel gegeben hat. Die Theorie lautet, dass es ganz, ganz, ganz viele verschiedene Dimensionen gibt und in jeder hat sich die Geschichte etwas anders entwickelt. Es sind keine Alternativwelten im klassischen Sinne, denn es gibt theoretisch auch eine Dimension, in der Bananen sprechen könnten. Durch diesen Kniff umgeht Sanderson die Problematik des Zeitparadoxons.

 

Überleben im mittelalterlichen England ist kein Zuckerschlecken, insbesondere, wenn man einer Horde Wikinger gegenüber steht, die gerne plündern und brandschatzen. Allerdings kommt John mit viel Wissen aus der Zukunft und diversen Körperverstärkungen sowie einer großen Anzahl kleiner Nanobots im Körper, die ihn und andere heilen können. Das macht John zu einer Art Zauberer und einer großen Nummer. Allerdings hat er zunächst, wie auch in seinem vorigen Leben, mit der Akzeptanz durch sein Umfeld zu kämpfen, denn er ist ein klassischer Versager, der im Leben nichts erreicht hat, außer Ärger und Niederlagen.

 

Das Buch liest sich flüssig wie Wasser. Doch hinterlässt die Lektüre einen ähnlichen geschmacklosen Eindruck durch den briefmarkendünnen Handlungsstrang. Die Charaktere sind leider ebenso durchsichtig. Und von dem Worldbuilding will ich gar nicht anfangen. Wer sich auf einen Fantasyroman, der im Mittelalter spielt, eingestellt hat, wird mehr oder weniger hart enttäuscht. So gut wie alles bleibt an der Oberfläche. Es geht um Unterhaltung in Reinform. Denn das soll das »Handbuch für den genügsamen Zauberer« wohl in erster Linie: einfach nur unterhalten.

 

Wie das erste »Geheimprojekt« ist auch dieses Buch sehr schön aufgemacht. Diesmal heißt der Illustrator Steve Argyle. Er hat nicht nur ein paar Illustrationen beigesteuert, sondern sehr viele cartoonartige Minibildchen, die auf den Seiten am Rand platziert sind. Wer das Satiremagazin MAD kennt und die kleinen Comics von Sergio Aragonés, der weiß, was ich meine. Nur ist Aragonés witziger.

 

Die Handlung wird immer wieder unterbrochen durch Seiten aus dem fiktiven »Handbuch«. Sie sind gestaltet wie ein Werbeprospekt der Firma Frugal Wizard Inc. mit vielen FAQs und optisch verkokelt, als hätte man sie aus einem Feuer gerettet. Diese Seiten und der ganze Permanenthumor der Story erinnern fast ein bisschen an Bücher wie Marc-Uwe Klings Qualityland. Nur schneidet auch hier Klings Werk im Vergleich besser ab.

 

Nach dem wundervollen Roman »Weit über der smaragdgrünen See«, den ich als einen der besten Fantasy-Romane von 2023 bezeichnen würde, war die Fallhöhe groß. Das »Handbuch für den genügsamen Zauberer« ordne ich in die Kategorie »Schnell & Vergänglich« ein. Es ist nichts, was man wirklich haben und lesen muss. Sanderson kann Charakterisierungen tiefer und Handlungen spannender. Für Fans des Autors ist der Roman natürlich ein Muss.

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Buch:

Handbuch für den genügsamen Zauberer: Überleben im mittelalterlichen England

Original: The Frugal Wizard’s Handbook to Surviving Medieval England, 2023

Autor: Brandon Sanderson

gebundene Ausgabe, 432 Seiten

Piper, 29. Februar 2024

Übersetzung: Simon Weinert

Cover und Illustrationen: Steve Argyle

 

ISBN-10: 3492706657

ISBN-13: 9783492706650

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B0CKWFF8GY

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition


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Erstellt: 25.03.2024, zuletzt aktualisiert: 05.04.2024 13:00, 22875