Interview
 
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Interview mit Robert Asprin

Redakteur: Christian Endres

 

Fantasyguide: Hallo Herr Asprin. Es gibt kaum einen Fantasy-Leser, der nicht wenigstens eines Ihrer Bücher gelesen hat. So sieht die Sache heute aus. Doch wie war das dreißig Jahre und ungefähr fünfzig Bücher zuvor, als Sie Ihre Karriere als Schriftsteller gerade erst begonnen haben? Nicht minder interessant oder wichtig wäre hierbei auch, wie Sie damals überhaupt auf die Idee gekommen sind, humorvolle Fantasy zu schreiben – was damals ja eine Art Neuland auf dem Gebiet phantastischer Literatur war (nach »Der Weltkriegkonzern« wollten Ihre Verleger sogar erst einmal ein weiteres Science Fiction-Buch und waren nicht sonderlich an humorvoller Fantasy interessiert, wie ich gelesen habe). Gab es da ein wie auch immer geartetes Schlüsselerlebnis, das Sie dazu bewogen hat, humorvolle Fantasy-Geschichen zu schreiben?

 

Robert Asprin: Hallo Christian. Was du sagst, ist völlig richtig. Als ich damals zu schreiben begonnen habe und mich das erste mal mit der Myth-Serie beschäftigte, war kein Verleger so richtig an humorvoller Fantasy interessiert. Zu dieser Zeit war es jedoch auch einzig und allein Piers Anthony, der mit seiner Xanth-Reihe erfolgreich auf dem Markt vertreten war.

Die bis dahin einzige Möglichkeit, die Myth-Romane zu veröffentlichen, ergab sich auch erst durch einen alten Freund von mir, Frank Kelly Freas (selbst ein renommierter Künstler), der von einem kleinen Verlag – Donning – angeheuert wurde, um dort eine neue Reihe namens »Starblaze« zu starten. Er rief mich eines Tages an und fragte, ob ich nicht irgendetwas unverkauft herumliegen hätte, das er benutzen könnte. Da mein Agent mir ständig gesagt hat, dass die Myth-Idee nicht zu verkaufen wäre, schickte ich Frank schließlich den Vorschlag. Als der Band dann herauskam, machte er sich in der gebundenen Erstauflage im Überformat sogar recht ordentlich, und auch die später erscheinende Taschenbuchausgabe verkaufte sich ziemlich gut. Doch die Verleger waren immer noch nicht an der Reihe interessiert – bis ich Erfolg mit der Diebeswelt hatte. Erst dann waren sie bereit, dem ganzen eine Chance zu geben, wie sie es ausdrückten.

Und zu dem Wie und Warum: Ich war schon immer ein großer Fan von Conan, doch da es damals schon zu Genüge Nachahmer der Geschichten von Robert E. Howard gab, entschied ich mich dazu, eine humorvolle Parodie zu versuchen; eine Parodie der heroischen Fantasy, erzählt aus dem Blickwinkel eines Zauberers – und nicht aus dem eines schwertschwingenden Barbaren. Außerdem war ich auch immer ein Freund der Bob Hope/Bing Crosby Roadmovies. Als ich diese Vorliebe dann mit meiner Vorstellung burlesker heroischer Fantasy verschmelzen ließ, kamen dabei am Ende schließlich die Myth-Romane heraus.

 

Fantasyguide: Was ist in Ihren Augen die bedeutendere Rolle für das Genre, andere Fantasy-Autoren und deren heutige Arbeit, die Sie gespielt haben? Der erbrachte Beweis, dass humorvolle Fantasy ein Verkaufsschlager sein kann, oder das Anthologie-Konzept (der Diebeswelt)? In beiden Dingen waren/sind Sie ja ein Pionier – oder sehen Sie sich selbst vielleicht gar nicht als solcher?

 

Robert Asprin: Weder für Myth, noch für die Geschichten aus der Diebeswelt gab es am Anfang eine Garantie, dass sie sich gut verkaufen würden. Alles was ich tat (und was, so denke ich, jeder Autor tut) war, Geschichten zu erzählen, von denen ich selbst dachte, dass die interessant waren – und von denen ich ferner annahm, dass ich sie auf interessante Art und Weise erzählte. Ich hatte das große Glück, dass eine stattliche Anzahl Leser auf der ganzen Welt sie ebenfalls interessant fand.

Ich muss dir ein Kompliment dafür aussprechen, dass du mich als einen der Pioniere auf diesem Gebiet beachtest. Viele meiner Kollegen – und noch weit mehr Leser – tendieren nämlich gerne dazu, mich als einen »commercial writer« zu sehen. Das ist jemand, der auf fahrende Züge bzw. existierende Trends aufspringt und nur kassiert. Wenngleich ich mittlerweile auch keine große Sache mehr daraus mache, so ist es doch ermutigend, jemanden wie dich zu finden, der realisiert hat, dass diese Trends damals, als ich mit dem Schreiben begonnen habe, eben noch nicht da gewesen sind.

 

Fantasyguide: Als deutscher Leser ist es natürlich von großem Interesse, nach Ihrem Verhältnis zu Bastei Lübbe zu fragen. Wie denken Sie über die Zusammenarbeit mit Ihrem deutschen Verleger, gerade was so Dinge wie Übersetzung (immer ein Streitpunkt bei humorvoller Fantasy), Einbandgestaltung und dergleichen angeht? Ist es eher eine passive Arbeit, oder haben Sie größeren Einfluss auf die deutschen Veröffentlichungen?

 

Robert Asprin: Ich bin sehr glücklich über die Zusammenarbeit mit Bastei Lübbe. Sie waren meine ersten ausländischen Verleger und haben auf Deutsch sogar fast alles veröffentlicht, das auch in den Vereinigten Staaten herausgekommen ist. Die momentane Arbeit mit ihnen ist jedoch eher passiv. Ich verkaufe ihnen die Rechte für die Romane, und sie kümmern sich dann um die Übersetzung und das Artwork für ihre Ausgabe.

Humor in eine andere Sprache zu übersetzen ist nicht einfach, und ich beneide niemanden darum, der es tun muss. Genaugenommen habe ich sogar einen ungeheuren Respekt vor diesen Menschen; deshalb habe ich auch einen meiner Myth-Romane (»Myth I.n.c. in Action« müsste das gewesen sein) Bastei Lübbe und den Übersetzern dort gewidmet.

 

Fantasyguide: Nach so einer langen Zeit im Geschäft, mit all der Erfahrung und den erworbenen Fähigkeiten – gibt es in irgend einer Ihrer Geschichten einen bedeutsamen Aspekt oder Charakter, den Sie komplett umschreiben oder verändern würden, wenn Sie die Gelegenheit dazu hätten, in der Zeit zurückzureisen?

 

Robert Asprin: Normalerweise habe ich kein Interesse daran, eine meiner früheren Arbeiten nochmals zu überarbeiten oder umzuändern. Ich richte meinen Fokus lieber auf neue Projekte und lasse meine älteren Werke gerne so stehen, wie sie sind, so dass meine Leser auch meine Entwicklung als Schriftsteller nachvollziehen können. Aber ja, es gibt tatsächlich einen Fehler, den ich einst gemacht habe – und zwar mit dem ersten Myth-Roman. Ich habe den Band in einem seriösen, ja fast schon ernsten Ton begonnen, und erst im zweiten Kapitel die humorvollen und possenhaften Elemente eingebracht. Rückwirkend betrachtet bedeutet das, dass jemand, wenn er das Buch in die Hand nimmt und die ersten Seiten durchblättert, es wieder zurücklegen könnte, ohne verstanden zu haben, dass es ein humorvolles Buch ist. Schlechte Verkaufsstrategie. Glücklicherweise gibt es aber den Klappentext und das Titelbild, die es hinkriegen, die humorvolle Nachricht zu übermitteln. Doch für das erste Buch in der Serie war es dennoch nicht gerade die geschickteste Vorgehensweise.

 

Fantasyguide: Ich denke, dass die nächste Frage eine ganz klassische ist und jeden Leser interessiert, der sich mit Ihrer meistverkauften Serie beschäftigt. Wer ist Ihre Lieblingsfigur innerhalb der Myth-Reihe? Ist es jedermanns Liebling Skeeve, der mürrische Aahz oder eine der hübschen Damen, Tanda oder Bunny? Oder ist es gar jemand, den ich bisher gar nicht auf meiner Liste hatte?

 

Robert Asprin: Mein Lieblingscharakter hängt meistens ganz davon ab, aus wessen Sicht ich gerade schreibe, wie einfach die jeweilige Szene ist oder wie gut die Sprache gerade fliest. Ich mag es, von Guidos Blickwinkel aus zu schreiben, und mit Pookie zu arbeiten ist ein einziges Vergnügen und macht mir unendlich Spaß. Wenn die Dinge einmal nicht so gut laufen, möchte ich aber ohnehin am liebsten laut schreien und die ganze Bande vom Ende eines Piers stoßen – mit einem großen Felsen, der an ihren Hälsen festgebunden ist.

 

Fantasyguide: Zum Schluss wäre da nun noch der obligatorische Blick in die Zukunft. Was können die Leser erwarten? Worauf können sich die Fans freuen? Bill erzählte mir etwas von einer neuen Serie namens »Dragons« ...

 

Robert Asprin: »Dragons« ist das Projekt, an dem ich momentan arbeite. Als Auftakt einer neuen Reihe geplant, ist es im zeitgenössischem Amerika angesiedelt und beinhaltet die Geschichte eines jungen Mannes, der darüber in Kenntnis gesetzt wird, dass Drachenblut in seiner Familie fließt – so wie in anderen, rivalisierenden Familien auch. Es ist die Chance, magische und hintersinnige Plots zu schreiben, ohne dabei immer wieder in einem Pseudo-Mittelalter festzustecken, wie es oftmals in traditioneller heroischer Fantasy der Fall ist. Die ganze Idee von Magie und magisch begabten Menschen, die überall um uns herum existieren und operieren, berechtigt uns dazu, beim Schreiben viel Spaß zu haben und all unsere Erfahrung in diese Vorstellung einfließen zu lassen – was man beim Lesen später hoffentlich mit genauso viel Spaß genießen können wird. Wenn der Zeitplan hinhaut, wird das erste Buch Ende 2005 auf dem amerikanischen Markt herausgebracht werden.

Dann ist da noch ein weiteres neues Projekt, das in den nächsten Wochen erscheinen sollte. Der Titel der ersten Ausgabe ist »Wartorn: Resurrection«, an dem ich gemeinsam mit Eric Del Carlo, einem anderen Autor und gutem Freund und Gefährten aus French Quarter, arbeite. Auch wenn es an sich nicht humorvoll ausgerichtet ist, denke ich, dass der Leser trotzdem allerhand interessante Abenteuer darin finden wird.

 

Fantasyguide: Vielen Dank für Ihr Interesse und dafür, dass Sie sich trotz der intensiven Arbeit an »Dragons« die Zeit für dieses Interview genommen haben. Viel Erfolg für all Ihre künftigen Projekte.

 

Robert Asprin: Danke, Christian. Auch dir alles Gute.

 

 

Ein großes Dankeschön außerdem an Bill Fawcett und Meisha Merlin, die dieses Interview durch ihr freundliches Entgegenkommen erst möglich gemacht haben.

 

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An Author´s Mythion


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Erstellt: 15.10.2005, zuletzt aktualisiert: 22.01.2015 16:05, 1380