Das Leben
 
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Das Leben von J.R.R. Tolkien

 

_Am 3. Januar 1892 erblickte John Roland Reuel Tolkien im südafrikanischen Bloemfontein zum ersten mal das Licht der Welt. Sein Vater Arthur Reuel Tolkien war angestellt bei der Bank of Africa und konnte so der Familie einen gehobenen Lebensstil erlauben. Seine Mutter Mabel Tolkien besorgte den Haushalt. Nur wenig später am 17. Februar 1894 gebar sie ihren zweiten Sohn, Hilary Arthur Reuel Tolkien. Ihr Glück schien perfekt zu sein, doch schon bald sollte ein schwerer Schicksalsschlag ihr Familienglück zerstören. Am 15. Februar 1896 starb ihr Mann an einer Krankheit im Alter von nur neununddreißig Jahren, während sie mit den Kindern ihre Familie in England besuchte. Nach dem überraschenden Tod ihres Mannes, welcher nur ein kleines Erbe hinterließ, war die sechsundzwanzigjährige Mable nun auf sich allein gestellt. Sie bezog mit ihren Söhnen ein kleines Haus in einem Dorf in der Nähe von Birmingham. In den ersten Jahren konnte Sie sich mit Zuwendungen aus der Verwandtschaft über dem Wasser halten, doch als sie 1899 zum Katholizismus konvertierte versiegten auch diese. Mable ließ sich nicht entmutigen und erzog die Brüder Roland und Hilary im streng katholischem Glauben groß. Rolands verbrachte den Rest seiner Kindheit in einfachen aber zufriedenstellenden Verhältnissen, geprägt durch zahlreiche Umzüge in der Gegend von Birmingham. Er las „Alice im Wunderland“, „Die Schatzinsel“ und die Märchen von Hans Christian Andersen, welche ihm jedoch nicht sonderlich gefielen. Viel mehr angetan war er von Andrew Langs „Red Fairy Book“, wo er auch zum ersten mal der Geschichte von Sigurd und dem Drachen Fafnir begegnete, die später großen Einfluss auf sein literarisches Schaffen hatte.

 

Im Jahr 1904 sollte das Schicksal erneut zuschlagen. Nach dem Mable einen Schwächeanfall erlitt, stellten die Ärzte bei ihr Diabetes fest. Sie erlag der Krankheit nur wenige Monate später am 14. November desselben Jahres. Nach ihrem Tod wurde nun Pater Francis, ein enger Vertrauter von Mable, durch testamentarische Bestimmung zum gesetzlichen Vormund der beiden Brüder. Dieser brachte die Jungs vorerst bei ihrer Tante unter. Als er jedoch merkte dass die beiden dort nicht glücklich waren, verlegte er ihre Unterkunft in die Pension von Mrs. Faulkner in Birmingham. In dieser Zeit erfand Tolkien die Sprachen Nevbosh (new nonsense) und Naffarin, eine etwas ernstere und besser durchdachte Version von Nevbosh.

 

Dort lernte er auch Edith Bratt kennen und lieben. Roland verbrachte viel Zeit mit ihr und gestand ihr letztendlich 1909 seine Liebe welche sie erwiderte. Allerdings musste Roland sich in dieser Zeit auf seine Stipendiumsprüfung an der Oxford Universität vorbereiten. Und als Pater Francis erfuhr, dass sein Schützling mehr Zeit damit verbrachte mit Edith auszugehen als seine Nase in die Bücher zu stecken, war er zutiefst erschüttert. Als dann Roland auch noch die Prüfung nicht bestanden hatte, kam es zur Eskalation. Vater Francis verbot Roland Edith wiederzusehen bis dieser sein 21. Lebensjahr, also die Volljährigkeit erreichte. Schweren Herzens beugte sich Roland seinem Vormund. Er bewarb sich ein zweites mal um das Stipendium und dieses mal mit Erfolg.

 

In seinen Studentenjahren gründete Tolkien den Essayclub „The Apolausticks“ („die es sich wohl sein lassen“). Er bestand vorwiegend aus Neulingen wie Tolkien selbst, die sich gegenseitig ihre Aufsätze vorlasen und gelegentlich extravagante Abendessen abhielten. Wen wundert es also, dass Tolkien sich in Oxford sehr wohl fühlte, auch wenn seine Finanzen nicht wirklich auf das oberschichtorientierte Leben in Oxford ausgerichtet waren. Beruflich spezialisierte er sich zuerst auf Vergleichende Philologie, wechselte aber später zum Studium der Anglistik.

Während der Winterferien am 3. Januar 1913 feierte Tolkien seinen 21. Geburtstag. Noch am selben Tag schrieb er in einem Brief an Edith Bratt in Cheltenham seine erneute Liebeserklärung. Die Antwort war allerdings eher ernüchternd. Edith war zu diesem Zeitpunkt mit einem gewissen George Field verlobt. Doch Tolkien war nicht gewillt dies einfach so hinzunehmen. Er bestieg kurzerhand einen Zug nach Cheltenham um Edith zu besuchen und sie wieder für sich zu gewinnen. Und dies sollte ihm gelingen. Schon wenige Stunden nach ihrem Wiedersehen war Edith bereit Field zu verlassen und Roland zu heiraten. Jedoch angesichts der unsicheren Situation in der sich das junge Paar befand, beschlossen sie vorerst ihre Verlobung geheim zu halten. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf machte sich Tolkien am Ende der Ferien wieder auf den Weg zurück nach Oxford.

 

1914 brach der erste Weltkrieg herein. Tolkien gelang es sich in bei einer Institution zu melden, wo er gleichzeitig sich für das Heer ausbilden lassen und weiterhin an der Universität bleiben konnte. Seine Einberufung wurde bis nach dem Abschlussexamen verschoben. Etwa in dieser Zeit begann sich Tolkien zum ersten mal mit dem Gedanken zu beschäftigen, dass seine Sprachen eine Geschichte und Völker brauchten. Zwar sind die zu dieser Lebensabschnitt entstandenen Werke Tolkiens von eher geringerem Einfluss für seine späteren mythologischen Vorstellungen. Jedoch finden sich einige dieser Motive im „Silmarillion“ wieder.

 

1915 bestand Tolkien seine Abschlussprüfung mit Auszeichnung. Seiner Karriere stand also nichts im weg außer dem Dienst als Leutnant im 13. Bataillon. Anfang 1916 begann Tolkien mit einer Spezialausbildung in der Nachrichtenübermittlung. Inzwischen nahm der Krieg immer verheerendere Ausmaße an. Die Zahl der britischen Gefallenen stieg dramatisch an. Und so entschlossen Roland und Edith noch vor der Einberufung Tolkiens zu heiraten. Um dies möglich zu machen hatte Edith bereits 1914 zum Katholizismus gewechselt, was ihre Familie alles andere als glücklich machte und ihr eine ähnlich schwere Zeit bescherte, wie sie schon Mable Tolkien durchleben musste. Am 22. März 1916 wurden John Roland Reuel Tolkien und Edith Bratt in der katholischen Kirche von Warwick getraut. Und schon im Juni desselben Jahres erhielt Tolkien seinen Einberufungsbefehl und machte sich auf den Weg nach London, von wo er weiter mit dem Schiff nach Frankreich fuhr.

 

Tolkien verbrachte nur wenige Monate an der Front, wo er als Nachrichtenoffizier Dienst tat. Er erkrankte an so genanntem „Grabenfieber“ und musste schon im November zurück nach England, wo er in ein Krankenhaus in Birmingham eingewiesen wurde. Während seines Genesungsurlaubs nahm Tolkien die Arbeit am „Book of Lost Tales“, dem „Buch der Verschollenen Geschichten“, dem Grundstein des „Silmarillion“. Bis zum Ende des Krieges erholte sich Tolkien nicht vollkommen von der Krankheit. Er erlitt mehrere Rückfälle und musste periodisch ins Krankenhaus eingewiesen werden. Zwischenzeitlich arbeitete er auf diversen Stützpunkten in England. Am 16. November 1917 wurde ihm sein erster Sohn, John Francis Reuel, geschenkt. Als dann 1918 der Frieden auf dem Kontinent endlich näher rückte, fuhr Tolkien nach Oxford, um dort nach einer Anstellung an der Universität Ausschau zu halten. Doch dort war man verunsichert, wie es mit der Universität nach dem endgültigen Ende des Krieges weiter gehen sollte und wollte ihm daher keine Stelle anbieten. Dafür brachte ihn ein alter Bekannter bei „New English Dictionary“ unter. Und so zog die junge Familie ende 1918 nach Oxford.

 

Die Arbeit am „New Englisch Dictionary“ lief gut. Nebenbei verdiente Tolkien über Privatunterricht in Angelsächsisch. Doch das war natürlich nicht die Universitätslaufbahn die Tolkien ursprünglich im Sinn gehabt hatte. 1920 bewarb er sich um die Dozentenstelle für englische Sprachwissenschaft an der Universität in Leeds und wurde überraschend angenommen. Unmittelbar vor Beginn seines ersten Semesters gebar Edith ihren zweiten Sohn, Michael Hilary Reuel.

 

In Leeds war Tolkien sehr beliebt. Gemeinsam mit E.V. Gordon sorgte er für die Gründung eines Wikinger-Clubs, dessen Zusammenkünfte von Biertrinken, Verlesen alter Sagen und altnordischen Trinkliedern dominiert wurden. Ebenfalls in Zusammenarbeit mit E.V. Gordon stellte Tolkien eine Neuausgabe des mittelenglischen Gedichtes „Sir Gawain and the Green Knight“ zusammen. In dieser Zeit stand das „Book of Lost Tales“ kurz vor seiner Vollendung. Jedoch anstatt sich einen Verleger zu suchen fing Tolkien damit an das Werk noch einmal ganz von vorne zu überarbeiten.

 

1924 bescherte Tolkien gleich zwei gute Neuerungen. Zum einen wurde er Professor für Englisch an der Universität Leeds und zum anderen wurde ihm sein dritter Sohn, Christopher Reuel geschenkt.

 

1926 zog Tolkien mit seiner Familie wieder zurück nach Oxford, da er dort für eine Professur für das Angelsächsisch angenommen wurde. Dort ließen Sie sich in der Northmoor Road 22 nieder und verbrachten dort die nächsten 18 Jahre, in denen auch das letzte Kind der Tolkiens zu Welt kam, die lang erwartete Tochter Priscilla Mary Reuel. Das Leben in Oxford verlief in geordneten Bahnen ohne die tiefgreifenden Veränderungen, welche in den Jahren zuvor das Leben der Familie geprägt hatten. Tolkien arbeitete sehr hart und mutete sich oft mehr zu als er bewältigen konnte. Es gibt nur wenige Veröffentlichungen von ihm in den dreißiger Jahren, was zum größten Teil daran liegt, dass er seine eigenen Werke oft für nicht gut genug erachtet hatte. Nach und nach fand sich in Oxford eine Gruppe von Männern, die sich selbst „Inklings“ (Tintenkleckser) nannten. Kernfigur des Clubs war C. S. Lewis, der Autor der Narnia Bücher. Ende der Dreißiger wurden die „Inklings“ zu einem wichtigen Bestandteil von Tolkiens Leben. Tolkien verbrachte viel Zeit damit seinen Kindern Geschichten zu erzählen von denen er viele später zu Papier brachte und sie zur Veröffentlichung anbot wie z.B. „Die Abenteuer von Tom Bombardil“ und „Der kleine Hobbit“.

 

Ursprünglich hatte Tolkien nicht vor den Hobbit mit der Welt des Silmarillion in Verbindung zu bringen, doch nach und nach flossen immer mehr Elemente seiner Mythologie in das Werk ein. 1937 erschien „The Hobbit or There and Back Again“ bei dem Verlag Allen & Unwin. „Der kleine Hobbit“ sollte ein großer Erfolg werden womit eigentlich niemand so richtig gerechnet hatte und schon bald bat der Verleger Stanley Unwin Tolkien darum eine Fortsetzung zu schreiben. Dieser bot Unwin zunächst seine früher niedergeschriebenen Kindergeschichten wie „Mr. Bliss“ oder „Farmer Giles of Ham“ an, aber obwohl sie Unwin gefielen, war er sicher, dass das Erfolgsrezept die Hobbits waren und diese kamen in den gebotenen Werken nicht vor. Also begann Tolkien 1937 mit einer neuen Erzählung über die Hobbits, welche sich aber stilistisch von dem Kinderbuch entfernte und sich eher an die Welt des Silmarillion anlehnte. Es sollte noch weitere 12 Jahre dauern bis die Geschichte, welche wir heute als „Herr der Ringe“ kennen niedergeschrieben wurde. Tolkien feilte, korrigierte, warf alles über Bord und fing noch einmal von vorn an. Die vier Hobbits zogen aus Hobbiton aus, ohne zu wissen wohin es sie literarisch treibt, verirrten sich und kamen zurück um ihre Reise erneut anzutreten. Es liegen daher besonders von den ersten Büchern zahlreiche Versionen vor. Ein Jahr nach dem anderen zog ins Land, ohne dass eine Fortsetzung in Sicht war. Inzwischen ereignete sich der Zweite Weltkrieg. Dieser hatte aber glücklicherweise eher geringe Auswirkungen auf das Leben der Tolkiens. Tolkien wurde im Gegensatz zu anderen Professoren nicht zur Arbeit im Kriegsministerium eingezogen und konnte sich weiterhin dem „Herr der Ringe“ widmen.

 

1949 lag das Werk endlich in einer Version vor, mit der Tolkien einigermaßen zufrieden war. Doch jetzt wo es soweit war wollte Tolkien sein Werk nicht mehr bei Allen & Unwin, wo man 12 Jahre lang geduldig gewartet hatte, verlegen lassen. Tolkien wollte unbedingt den „Herr der Ringe“ und das „Silmarillion“ zusammen herausbringen und war der Meinung man würde dies bei Allen & Unwin nicht tun. Es folgten vier Jahre in denen Tolkien mit verschiedenen Verlegern darum ringen musste, dass diese sein Werk so veröffentlichten, wie er es wollte. Letztendlich kehrte Tolkien zu Allen & Unwin zurück, wo der Sohn des Verleger, Rayner Unwin ihm anbot das Werk in drei Teilen zu drucken. Man bot Tolkien einen Vertrag mit Gewinnbeteiligung an, um das Risiko zu minimieren. Tolkien war einverstanden.

 

Im Sommer 1954 erschien endlich der erste Teil der Trilogie, „Die Gefährten“, sechzehn Jahre nach dem Tolkien mit der Arbeit am „Herr der Ringe“ begonnen hatte. Die erste Auflage (die nur 3.500 Exemplare umfasste, da niemand mit einem Erfolg rechnete) war schon nach sechs Wochen restlos ausverkauft. Der zweite Band „Die zwei Türme“ kam Mitte November auf den Markt. Der dritte Band „Die Rückkehr des Königs“ (welcher, wenn es nach Tolkien gegangen wäre, den Titel „Der Krieg des Ringes“ getragenen hätte) verzögerte sich, da Tolkien die Anhänge trotz intensiver Mitarbeit seines Sohnes Christopher nicht rechtzeitig fertig stellen konnte, bis zum Oktober 1955. Der Roman erhielt Lob von allen Seiten und schon bald galt „Der Herr der Ringe“ als internationaler Bestseller. Unter der amerikanischen Studentenschaft erreichte das Buch Kultstatus, und Tolkien bekam erste Filmangebote. Er lehnte jedoch ab weil er das Gefühl hatte man würde nicht respektvoll genug mit seinem Werk umgehen. Bis 1968 wurden weltweit über drei Millionen Exemplare des Romans abgesetzt, was Tolkien zu einer echten Berühmtheit machte. Reporter baten um Interviews. Leserbriefe kamen in Scharen. Fans unternahmen Pilgerfahrten nach Oxford. Aber Tolkien gefiel die Aufregung um seine Person ganz und gar nicht. Er zog sich wie schon sein erdachter Charakter Bilbo Baggins im Alter immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück.

 

Am 2. September 1973 starb John Roland Reuel Tolkien im alter von 82 Jahren. 1977 kam das unvollendete „Silmarillion“, so wie Tolkien es gewollt hat, von seinem Sohn Christopher geordnet, posthum bei Allen & Unwin verlegt, auf den Markt. Tolkiens Vermächtnis an die Menschheit. Ein Meisterwerk des 20. Jahrhunderts.

 

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Erstellt: 13.11.2005, zuletzt aktualisiert: 25.02.2015 09:41, 1562