Interview mit Dennis Rohling (Hörplanet)
Redakteur: Christel Scheja
Der Name Dennis Rohling fiel beim Fantasyguide zum ersten Mal im Zusammenhang mit dem Ikarus-Special und der Umsetzung der ersten drei Bände der Serie in Hörspiele. Grund genug, um einen genaueren Blick auf den Hörplaneten und einen seiner Macher zu werfen.
Dennis Rohling sammelte erste Erfahrungen im Bereich darstellende Kunst an der Musik- und Kunstschule Osnabrück, wo er viele Jahre unter professioneller Regie von Gabriele Mugdan in unterschiedlichsten Stücken mitwirkte. Höhepunkt dieser Zeit ist "Leben? oder Theater?", die dramatisierte Biographie der Malerin Charlotte Salomon, die von den Nazis ermordet wurde und vorher ihr gesamtes Leben in über 1.000 Bildern hinterlassen hat.
Dennis Rohling spielte nicht nur eine der Hauptrollen, er komponierte auch die Musik für das Theaterstück. Als Sprecher wirkt er seit dem Jahr 2000 in unzähligen Produktionen mit.
Zusammen mit seinem Kompagnon Michael Eickhorst rief er 2004/2005 das Label „Hörplanet" ins Leben.
Fantasyguide: Was hat deinen Kompagnon und dich dazu bewogen einen Verlag für Hörspiele zu gründen? Möchtest du etwas über die Entstehung des Hörplaneten erzählen?
Dennis Rohling: Angefangen hatte alles mit Radio. Dort haben Michael und ich Comedy-Spots für einen damals recht erfolgreichen Internetsender produziert. Aber irgendwann haben wir gemerkt, dass uns das nicht reicht. Zu wenig Spielraum und so. Also haben wir angefangen Hörspiele zu versuchen. Und so kam dann eins zum anderen, bis wir uns entschlossen, das Ganze einfach gleich kommerziell auszureizen.
Fantasyguide: Wie seid ihr gerade darauf gekommen, die Serie "Rettungskreuzer Ikarus" als Hörspielserie zu veröffentlichen?
Dennis Rohling: Durch den Atlantis-Verlag, bei dem die Serie erscheint. Guido Latz, der Verleger, schickte uns eine Kiste voller Titel aus seinem Programm zur Sichtung. Unter anderem auch „Rettungskreuzer Ikarus“. Die Zusammenarbeit mit Guido ist klasse, total unkompliziert und immer mit absolut guten Ergebnissen.
Fantasyguide: Nach welchen Kriterien habt ihr die anderen Texte für deine Hörbücher und Hörspiele ausgesucht? Wen möchtet ihr damit ansprechen?
Dennis Rohling: Neben „Ikarus“ haben wir vom Atlantis-Verlag nun schon „Fragmente“ gemacht und als nächstes steht „CyberJunk“ an, beides von Stefan T. Pinternagel. Und die Kinderhörspielverarsche „Holgers Weltreisen“ ist natürlich auch der Hammer. Denn diese Serie bedient beide Hörerschichten: Die Liebhaber UND die Hasser von Kinderhörspielen á la „Benjamin Blümchen“ etc. „Holger“ kommt gut an bei den Hörern – was uns nicht wundert, wir lieben diese Serie auch heiß und innig.
Fantasyguide: Kannst du den Lesern mehr erzählen? Und kurz zusammen fassen um was es in den Nicht-Ikarus-Titeln geht?
Dennis Rohling: „Fragmente“ ist die Geschichte eines bestialischen Serienmörders, der in diesem Buch aus der Ich-Perspektive seine schlimmsten Taten aufschreibt aus Angst, sie könnten jemand anderem zugeschrieben werden.
„CyberJunk“ handelt von Andrej, einem deutschen Auswanderer im Russland der Zukunft. Hier gerät er an falsche Freunde und eine besondere Droge: realistische Gedankenwelten, direkt ins Gehirn eingespeist. Als er davon nicht mehr loskommt, nimmt die Tragödie seinen Lauf.
Beide Hörbücher sind vor Kurzem als Audio-CD-Boxen mit 5 bzw. 6 CDs bei uns im Shop erschienen. Das Besondere: In beiden Boxen befindet sich ein 30minütiges „Making of“ mit interessanten Einblicken in die Studio- und Regiearbeit sowie Interviews.
Fantasyguide: Womit beschäftigt sich „Holgers Weltreisen“ und an welche Altersgruppe ist die Serie in erster Linie gerichtet?
Dennis Rohling: Holger wurde vor einigen Jahren geboren als Antwort auf die Gurke des Hörspiel-Awards, die wir verliehen bekommen hatten als schlechtestes Label. Als Antwort darauf schrieb mein Kollege Michael eine Folge von Holger der Hörspielgurke.
Im Grunde war das eine Parodie auf die von vielen Erwachsenen immer noch geliebten Kinderhörspiele. Wir haben da viele Klischees aufs Korn genommen. Seit damals hat sich viel getan. Holger hat mittlerweile sein fünftes Abenteuer hinter sich und die Serie wurde ein bisschen modifiziert, denn mittlerweile wissen wir, dass auch Kinder selber diese Parodie furchtbar gerne hören. Sie erkennen die Ironie nicht, aber lieben die Geschichten und Charaktere.
Und hier ist auch Holgers Stärke: Wo Benjamin Blümchen oder Bibi Blocksberg ihre Grenzen haben, kann die Hörspielgurke erst richtig loslegen. Holger ist in keinem Korsett an Maßstäben gebunden und kann alles machen, was den erwachsenen und jungen Hörern Spaß macht. Wer sich die Mühe macht und im Internet nach Rezensionen von Holger sucht, der wird schnell merken, dass diese Serie in bestimmten Kreisen schon längst Kult ist, was uns natürlich sehr stolz macht.
Und ich muss sagen, dass mich nichts in meiner Sprecherlaufbahn stolzer und glücklicher macht als ein kleines Kind, dass seine Augen nicht mehr von mir weg kriegt, weil es eben gesagt bekommen hat, dass ich diese Hörspielgurke spreche, deren Abenteuer das Kind schon seit Monaten rauf und runter hört.
Mit „Holgers Weltreisen“ haben wir der Form der Holger-Hörspiele noch eine weitere interessante Sache ermöglicht. Dadurch, dass die Gurke nun zusammen mit Mama und Rahny Rattes Neffen auf Kreuzfahrt geht, können wir den Kids und Erwachsenen in jeder Folge interessante Dinge über Kulturen etc. unterjubeln. Und DASS das interessant ist, haben wir alleine bei der ersten Folge gemerkt, als wir endlich gelüftet haben, warum man Schiffsgeschwindigkeiten in Knoten misst. Jeder will das wissen, aber die wenigsten denken daran, wenn sie mal gerade bei Google etc. sind – bei Holger erfahren es nun alle!
Fantasyguide: Welche konkreten Planungen gibt es für die kommenden Monate und 2007?
Dennis Rohling: 2007 wird mit „Genotype“ von Martin Hoyer eine weitere Serie, die bei Atlantis erschienen ist, durch uns vertont werden.
Fantasyguide: Als Hörspiel oder als Hörbuch? Auf welchen Bereich wollt ihr in den nächsten Produktionen mehr Wert legen?
Dennis Rohling: “Genotype“ wird als Hörspiel erscheinen.
Ansonsten produzieren wir gerade viele Hörbücher. Das geht sehr schnell, kostet nicht viel und erweitert das Verlagsprogramm um weitere qualitative Produkte.
Fantasyguide: Werdet ihr in den kommenden Jahren auch andere Genres wie z. B. Fantasy und Krimi berücksichtigen?
Dennis Rohling: Das hängt alles davon ab, wie wir Fuß fassen können. Im Vergleich zu den Geldern, die durch Verkäufe reinkommen, ist eine Hörspielproduktion verdammt teuer. Hochkarätige Sprecher kosten eine Menge, zurecht. Aber wir brauchen schon Topverkaufszahlen, damit wir neben dem jetzigen Programm noch weitere Sachen machen können.
Fantasyguide: Ich weiß, das es nicht leicht ist, auf dem heiß umkämpften Markt Fuß zu fassen? Wie sieht es jetzt nach einigen Monaten aus?
Dennis Rohling: Nicht so gut. Aber das wird jeder Gründer nach den ersten Monaten sagen. Wir haben zur Zeit noch das riesige Problem, dass wir zwar Topqualität bieten, aber die Händler in Deutschland einfach zu viel haben in den Regalen. Und da werden Neulinge natürlich erstmal argwöhnisch beobachtet. Aber wir geben nicht auf und solange wir noch irgendwie was zu Essen haben, werden wir weitermachen!
Fantasyguide: Wie produziert ihr eigentlich ein Hörspiel bzw. ein Hörbuch?
Dennis Rohling: Am Anfang kommt das Lesen der Vorlage (es sei denn, es handelt sich um ein selbstgeschriebenes Werk). Dann wird ein Script erstellt, teilweise werden Szenen gekürzt, teilweise verlängert. Ein Hörspiel lebt vom Dialog. Da wir keine Freunde von Erzähler-lastigen Werken sind, bemühen wir uns immer, so viel wie möglich aus dem Spiel der Szene heraus zu verraten. Da bringen Buchkapitel, in denen nicht ein Wort gesprochen wird, natürlich wenig.
Hier werden dann Dialoge hinzugefügt. Dann geht's in die Leseprobe, wo Michael und ich mit verteilten Rollen alles durchlesen. Ws blöd wirkt, wird markiert und später noch einmal genauer angeschaut. Außerdem erhält man so einen ungefähren Überblick, wie lang das Hörspiel werden wird.
Ist das Script fertig, beginnen die Sprachaufnahmen. Nach und nach kommen die Sprecher ins Studio und sprechen einzeln ihre Rollen ein. Wenn alle Aufnahmen im Kasten sind, kommt der Rohschnitt. Hier höre ich alle Aufnahmen durch und speichere immer die beste Version eines Satzes in einen Ordner.
Am Ende habe ich das ganze Material gesichtet und in dem Order sind vom ersten bis zum letzten Satz alle Sätze des Hörspiels. Dann beginnt der Feinschnitt, in dem man alle Sätze anordnet und die Pausen zwischen den Sätzen angleicht. Mal mehr, mal weniger.
Gerade diese Pausen tragen unheimlich viel zu der Dynamik einer Szene bei. Ist es ein Schlagabtausch, wo Satz an Satz kommt? Oder doch eher eine besonnene Unterhaltung? Hier kann man auch eventuelle Unstimmigkeiten seitens des Rohmaterials korrigieren. Teilweise kann man durch „Buchstabentransplantation“ ganze Wörter umbasteln, ohne, dass der Sprecher noch einmal ins Studio kommen muss.
Wenn dann das Hörspiel aus Sprachsicht abgemischt ist, setze ich mich hin und beginne, die Musik zu komponieren. Ist auch das fertig, erstelle ich ein Master, das ins Presswerk geschickt wird. Dann ist das Hörspiel fertig.
Beim Hörbuch läuft es etwas anders. Da lese ich das Buch vorher nicht, das macht Michael. Ich lese an jedem Produktionstag genau die Kapitel, die auch drankommen. Dann gehe ich ins Studio, lese sie.
Michael führt Regie, korrigiert Aussprachefehler, schlägt Fremdwörter nach etc. Am Ende nehme ich die Aufnahmen mit nach Hause und schneide sie. So entsteht Woche für Woche ein Stück Hörbuch, bis es nach ca. 2 Monaten fertig ist.
Fantasyguide: Das ist eine Menge Arbeit! Und ich drücke euch die Daumen, dass diese in den kommenden Monaten und Jahren auch entsprechend gewürdigt wird.
Auf jeden Fall vielen Dank für das Gespräch. Was möchtest du den Lesern noch mit auf den Weg geben?
Dennis Rohling: Lasst euch auf der Suche nach guten Hörspielen nicht durch uninformierte Mitarbeiter abwimmeln. Rüstet euch mit so vielen Angaben wie möglich: Titel, ISBN, Verlag etc. Jeder Laden kann jedes Produkt von uns bestellen. Wenn sie sagen, dass sie es nicht können, dann WOLLEN sie es einfach nur nicht. Aber diese ignorante Haltung bricht uns auf lange Sicht einfach das Genick. Helft uns zum Beispiel, indem ihr gleich bei uns im Homepageeigenen Shop bestellt – bestellt nicht bei Amazon, die behalten fast alles für sich bei uns Kleinen.