Quo Vadis, Armageddon? (Autor: Michael Marrak; Beste Erzählungen 1)
 
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Quo Vadis, Armageddon? von Michael Marrak

Reihe: Die besten Erzählungen von Michael Marrak in zwei Bänden. Band 1

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

In den neun Geschichten dieses ersten Bandes der zweibändigen Werkschau mischt Michael Marrak alle phantastischen Genres und schafft daraus seine eigenen skurrilen, wunderbar farbigen und zuweilen bedrückenden Welten, die die Atmosphäre der Werke von Samuel Beckett oder Franz Kafka ins 21. Jahrhundert transportieren.

 

Rezension:

Das Projekt, eine Sammlung mit Erzählungen von Michael Marrak herauszubringen, hat schon einige Jahre und Änderungen auf dem Buckel. Das liegt vor allem daran, dass Michael Marrak seine kürzeren Texte immer mal wieder in seine Romanprojekte integriert und dadurch nicht ganz so den inneren Druck verspürte, eine separate Sammlung der Kurzgeschichten anzugehen. Letztlich aber konnte Memoranda-Herausgeber Hardy Kettlitz den ersten Band Der besten Erzählungen von Michael Marrak in zwei Bänden stolz zur Leipziger Buchmesse 2019 vorstellen.

 

Quo Vadis, Armageddon? enthält neun Texte aus rund zwanzig Jahren phantastischen Schaffens. In den Nachbemerkungen und Quellen erläutert der Autor kurz die Editionsgeschichte der einzelnen Werke und weist auch auf eventuelle Überarbeitungen für diese Sammlung hin. Das ist für all jene interessant, die überlegen, ob sich die Lektüre bereits bekannter Geschichten lohnt.

 

Die erste Geschichte, Das Concaliom stammt aus dem Jahre 1998, ist selbst eine Zusammensetzung zweier Texte und enthält bereits typische Themenkomplexe aus dem Oeuvre des Autors. In Form eines Briefes erfahren wir von seltsam veränderten Menschen, die geistig und körperlich aus den Rahmen der menschlichen Existenz fallen. Eine Verbindung mit dem christlichen Apostel-Mythos wird hergestellt und eine Durchdringung von Realität und einer schwer zu fassenden Meta-Existenz lässt die Ereignisse in mehr als einem phantastischen Licht erscheinen.

 

Die Ausgesetzten befasst sich mit den Konsequenzen, die sich aus Weltraumschrott und seiner Beseitigung ergeben. In dieser Science-Fiction Story steht zunächst die Beschreibung eine möglichen Zukunft als Ereignisgeschichte im Vordergrund, sie wandelt sich dann aber zu einem Ausblick auf die menschliche Evolution.

 

Nicht nur wegen des epischen Titels sondern auch wegen seines großen Erfolges dürfte Die Stille nach dem Ton die bekannteste Erzählung Michael Marraks sein.

Radiants Techtelmechtel mit Gott ist ein phantastisches Märchen voller grotesker Bilder und Ideen.

 

Zu den ältesten Texten des Bandes gehört Dominion.

Säbelzahntiger Richard Madenbach besitzt seit kurzem Intelligenz und erfreut sich seines aufrechten Ganges. Nur im Umgang mit der holden Weiblichkeit hat er noch Probleme …

Neben dem komischen Potential enthält die Geschichte einige recht klassische SF-Themen.

 

Quo vadis, Armageddon? gehört zu metaphysischen Werken des Autors. Der Ich-Erzähler lebt in einer grenzenlosen Sandwelt und erkennt beim Versuch, mittels eines Sandberges über die Wolken zu blicken, die wahre Natur seiner Existenz.

Michael Marrak greift das Thema der physischen Begrenztheit einer unendlichen Welt in vielen seiner Geschichten auf. »Quo vadis, Armageddon?« komprimiert das auf ein einziges großes Bild.

 

Die sehr kurze Story Wiedergänger gewann seinerzeit sowohl den DSFP und den KLP. Sie enthält Ideen, die später in Morphogenesis und Der Kanon mechanischer Seelen Verwendung fanden.

 

Das wie eine Rede oder Predigt verfasste Ein Schattenmärchen skizziert auf wenigen Seiten eine weitere gespenstische Welt. Düster und voll dräuenden Unheil ist sie tatsächlich eine passende Ouvertüre zu Horror-Anthologie Heimgesucht, die 2017 bei Amrûn erschien.

 

EPITΔPH wurde einst in der eBook-Reihe Horror-Factory veröffentlicht und liegt hier nun erstmals in gedruckter Form vor.

In einer geheimen Forschungseinrichtung wird das Bewusstsein eines Mannes mittels eines seltsamen Gerätes in eine surreale Welt transportiert. Doch er bringt ein Monster daraus mit, das nur er sehen kann und das es gar nicht mag, wenn man ihn berührt. Nach einer langen Flucht aus der Versuchshölle findet man ihn neben der brutal entstellten Leiche einer Prostituierten und die »medizinische« Testreihe mit ihm wird auf eine neue Spitze getrieben. In der anderen Welt findet er sich als Minutenzeiger einer gigantischen Uhr wieder. Diese Uhr ist nicht die einzige und alle sind Teil riesiger Knochenberge …

Die Getriebenheit des Protagonisten und das großartige Bild der gigantischen Uhren offenbaren die barock anmutende Phantastikwelt Michael Marraks wie vielleicht nur noch »Morphogenesis«. Erneut bilden religiöse, mythologische Themen die Basis für eine grausam erschreckende Parallelrealität, der sich die Figuren nicht entziehen können.

 

Auch Der Steinhafen ist im Kern eine Horror-Geschichte, wenn sie auch als eine Art Jugenderinnerung dargereicht wird. Der Erzähler blickt auf Ereignisse im Jahre 1911 zurück. Am Tag vor seinem zwölften Geburtstag liest er die Ankündigung dreier Tode aus seinem persönlichen Orakel, einem versteckten Teil des Flusses, den er »Steinhafen« nennt. Das Unheil besitzt dabei einen persönlicheren Anteil, als es der Junge zunächst erwartet …

Wenn diese Geschichte, wie im Anhang erläutert, dereinst Teil eines Episoden-Romans wird, erhalten wir vielleicht Gelegenheit, zum Steinhafen und seiner faszinierenden Magie zurückzukehren. Das Erschaffen völlig neuer phantastischer Orte ist eine ganz besondere Gabe Michael Marraks. Selbst in den kleinsten Geschichten entwirft er detailreich Plätze, an denen sich Fantasie und Natur zu einem Lebewesen verbinden, das sich dem menschlichen Bewusstsein nur selten erschließt. Und das Erkennen oder Ergründen dieser Wesenheiten ist nicht wirklich wichtig, da in den Marrakschen Landschaften Schöpfer am Werke sind, die keine Handbücher schreiben und deren sich durchwurstelnde Bewohner auch nie welche lesen würden.

 

Die zum Teil überarbeiten Geschichten lohnen sich selbst für jene, die schon einige der Texte aus Fanzines oder Anthologien kennen. So kompakt gebündelt wirkt Micheal Marrak noch magischer.

Hoffentlich dauert es bis zum zweiten Band nicht all zu lang.

 

Fazit:

Der erste Band der »Besten Erzählungen« von Michael Marrak bietet die Gelegenheit, den Autor in seinen vielen Facetten kennen zu lernen. Von Horror bis zur SF reicht die Bandbreite der phantastischen Geschichten und egal ob sie schon Jahre auf dem Buckel haben oder erst vor kurzem fertiggestellt wurden, begeistern sie durch eine bildreiche Präzision in der Sprache.

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Buch:

Quo Vadis, Armageddon?

Reihe: Die besten Erzählungen von Michael Marrak in zwei Bänden. Band 1

Autor: Michael Marrak

Memoranda, März 2019

Taschenbuch, 338 Seiten

Cover: Michael Hutter

 

ISBN-10: 3946503985

ISBN-13: 978-3-946503-98-9

eBook-ISBN: 978-3-946503-99-6

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B07L8GKHLX

 

Erhältlich bei: Amazon

Inhalt:

  • Das Concaliom

  • Die Ausgesetzten

  • Die Stille nach dem Ton

  • Dominion

  • Quo vadis, Armageddon?

  • Wiedergänger

  • Ein Schattenmärchen

  • EPITΔPH

  • Der Steinhafen


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Erstellt: 13.05.2019, zuletzt aktualisiert: 05.06.2023 19:35, 17589