Interview
 
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Interview mit Stefan Seifert

von Stefan Sasse



FantasyGuide: Wie kommen Sie eigentlich auf die Themen Ihrer Geschichten?

 

Stefan Seifert: Die kommen von überall her: Kindheitserinnerungen, eigene Erlebnisse, Erinnerungen an bestimmte Personen, Lektüreeindrücke, bis hin zu Zeitungsmeldungen.

 

 

FantasyGuide: In welchem Zeitraum entsteht bei Ihnen eine dieser Kurzgeschichten?

 

Stefan Seifert: Manchmal trage ich den Keim zu einer Geschichte wochen- oder monatelang mit mir herum. Das eigentliche Schreiben geht relativ schnell, es dauert meist nur wenige Tage. Dann lasse ich die Geschichte eine Weile liegen und später kommen Nachbearbeitungen und Korrekturen. Richtig fertig bin ich mit einer Geschichte eigentlich nie.

 

 

FantasyGuide: Versuchen Sie, eine Aussage zu transportieren, oder vielmehr einfach "nur" zu unterhalten?

 

Stefan Seifert: Ich schreibe, um zu unterhalten. Die Aussage oder „Message“ schleicht sich dann von ganz alleine ein. Ich denke, jede gute Unterhaltung hat auch eine Art „Message“, sonst wird die Sache schal und langweilt den mündigen Leser. Die Botschaft sollte aber nie vordergründig sein, damit es nicht heißt: „Man merkt die Absicht und man ist verstimmt.“

 

 

FantasyGuide: Wieso haben Sie ausgerechnet die Geschichte vom "Raskolnikow-Syndrom" zum Namensgeber des Buches erhoben?

 

Stefan Seifert: Ich fand, daß der Titel interessant klingt und sich einprägt. Zum anderen ist die Geschichte relativ komplex, da in ihr Phantastisches, Alltägliches und Psychologisches vereint sind, auch das Berufsleben wird reflektiert und spielt eine wichtige Rolle. Diese Komplexität verleiht dem Phantastischen einen symbolhaften Wert, ich denke da etwa an mein großes Vorbild Kafka und seine geniale „Verwandlung“, die Geschichte des kleinen Angestellten Gregor Samsa, der sich über Nacht in einen großen Käfer verwandelt hat.

 

 

FantasyGuide: Gibt es in ihrem Bekanntenkreis jemand, der an diesem Syndrom litt oder handelt es sich mehr um akademisches Interesse?

 

Stefan Seifert: Viele Menschen leiden an diesem Syndrom. Das Empfinden von Schuld spielt eine große Rolle für das Funktionieren der Gesellschaft. Es wird oft skrupellos zur Unterdrückung von Menschen benutzt. Die Szenen von der „Montagsberatung“ mit dem heimtückischen Müller sind vollständig aus dem Leben gegriffen.

 

 

FantasyGuide: Sie sind künstlerisch versiert und haben das Cover selbst gestaltet. Welchen Inhalt zeigt es, ihrer Interpretation nach zufolge und welche Aussage, so vorhanden, soll es transportieren?

 

Stefan Seifert: Das Cover zeigt einen (farblich bearbeiteten) Ausschnitt eines Ölbildes, das ich vor längerer Zeit gemalt habe. Darauf sind drei Köpfe hinter einem Fenster zu sehen, die mißtrauisch, feindselig und angstvoll aus einer Wohnstube heraus nach „draußen“ sehen. Die Abschottung von den anderen aus Angst, Mißtrauen und Egoismus treibt die Menschen in die Isolation und macht aus ihnen Monster.

 

 

FantasyGuide: Wann begannen Sie, Kurzgeschichten für dieses Buch zu schreiben bzw. ist es lediglich eine lose Sammlung aller Ihrer Geschichten?

 

Stefan Seifert: Ich habe vor mehr als drei Jahren begonnen, Geschichten zu schreiben und mich dann, nachdem ich genügend geschrieben hatte, auf die Suche nach einem Verlag gemacht. Die Geschichten in dem Buch sind eine Auswahl, es gibt noch mehr und ich schreibe auch weiter.

 

 

FantasyGuide: Nehmen wir die Geschichte vom Kurundum, welches der Grund für die Existenz des Universums ist und keinen Nutzen erfüllt: Wie kommt man auf solche Gedanken?

 

Stefan Seifert: Meist verbinden sich dabei verschiedene Elemente. Beim Kurundum war es eine Graphik von Mauritz Escher, die merkwürdige Wesen zeigt, die sich zusammenrollen und mit Hilfe ihrer Arme wie Räder vorwärts bewegen. Dazu kamen Kindheitserinnerungen. Und für den Geist der Dunkelheit und den Geist des Lichts habe ich sowieso ein Faible. Mit Hilfe dieser beiden läßt sich das Dasein viel besser erklären, als mit nur einem einzigen Gott.

 

 

FantasyGuide: Ihre Geschichten heben sich durchaus über das Niveau eines normalen Unterhaltungsromans hinaus. Haben Sie ein spezielles Interesse an diesem speziellen Stil oder hat er sich Ihnen mehr aufgedrängt und nicht mehr losgelassen?

 

Stefan Seifert: Ich glaube, das kommt von selber, daß man den Stil findet, der einem entspricht.

 

 

FantasyGuide: Wann und wie hat sich bei Ihnen die Passion zu schreiben gezeigt?

 

Stefan Seifert: Ich hatte schon seit meiner Kindheit das Gefühl, eigentlich schreiben zu müssen. Es gab auch hin und wieder zaghafte Versuche, aber richtig ernst wurde es nie. Irgendwie kam immer etwas dazwischen, stand im Wege, anderes war wichtiger. Dann war ich vor einigen Jahren arbeitslos, hatte jede Menge Zeit, ein Arbeitszimmer und einen Computer. Plötzlich hatte ich keine Ausrede mehr, weshalb ich nicht schreiben konnte. Wenn ich es jetzt nicht tat, war es eindeutig meine Schuld. Daraufhin legte ich einen Arbeitsplan fest: Von 9 – 12 Uhr wird geschrieben, jeden Tag. Nachmittags gedankenschöpferische Spaziergänge, abends noch mal Korrekturlesen. Mehrere Monate lang schrieb ich so an meinem ersten Werk – das im Papierkorb landete. Aber der Anfang war gemacht, und ich hatte mir einen kreativen Rahmen geschaffen.

 

 

FantasyGuide: Warum haben Sie sich für das Schreiben von Kurzgeschichten entschieden?

 

Stefan Seifert: Eigentlich habe ich mich nicht dafür entschieden, es ergab sich von selber. Es macht Spaß, Kurzgeschichten zu schreiben. Man kann vieles ausprobieren. Man kann Figuren lebendig werden lassen und auf eine Pointe hinsteuern wie bei einem guten Witz.

 

 

FantasyGuide: Sind Sie hauptberuflicher Autor?

 

Stefan Seifert: Leider muß ich meine Brötchen noch anderweitig verdienen. Aber vielleicht klappt es später einmal. Es ist auf jeden Fall ein Traum von mir.

 

 

FantasyGuide: Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus? Welche Projekte wollen Sie in Angriff

nehmen?

 

Stefan Seifert: Als nächstes erscheinen zwei Anthologien: Die „Anthologie der rätselhaften Phänomene“ mit meiner Kurzgeschichte „Undine“ und die Anthologie „Unheimliche Geschichten von Hexen und Zauberern“ mit der Kurzgeschichte „Der Dichter und der Tod“. Fünf Geschichten von mir werden vom Rundfunk Berlin Brandenburg als Kurzhörspiele produziert. Dann schwebt mit für die Zukunft etwas Größeres vor, vielleicht in der Art von Kafkas „Schloß“. Aber das muß erst noch reifen.

 

 

FantasyGuide: Herr Seifert, wir danken Ihnen sehr für dieses Interview und wünschen Ihnne weiterhin viel Erfolg.

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Erstellt: 19.05.2005, zuletzt aktualisiert: 21.01.2015 20:11, 311