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Eine Gabriel Burns - Folge entsteht

Redakteurin: Tanja Elskamp

 

Die Hörspielserie „Gabriel Burns“ erfreut sich seit Ende 2003 großer Beliebtheit. So großer Beliebtheit, dass sie bislang zahlreiche positive Pressestimmen und Auszeichnungen erhielt und zugleich Zuspruch einer wachsenden Fangemeinde bekam, die immer ungeduldiger auf Neuerscheinungen wartet. Nicht verwunderlich, behaupten die Hörspiele selbst doch immer wieder, dass es Zeit sei, „die Wahrheit zu erfahren“. Alle drei bis vier Monate erscheinen zwei neue Folgen, was langjährigen Begleitern und Hörern der Serie manchmal ein wenig lang vorkommt. Aus diesem Grunde ein Überblick darüber, wie eine „Gabriel Burns“-Folge entsteht.

 

Der Masterplan

Durch die Komplexität der Serie und die sehr breit angelegten Handlungsstränge fühlen sich Hörer immer wieder verunsichert. Ist es wirklich sicher, dass der Serie unterwegs nicht der Atem ausgeht und sie die Hörer nach zahlreichen Folgen ohne Antworten zurück lässt?

 

„Kein Handlungsstrang geht verloren“, betont Produzent Volker Sassenberg. Er weiß nicht nur, was in den nächsten Folgen passiert, sondern ist zugleich der Hüter des Masterplans. Volker Sassenberg weiß genau, wohin die einzelnen Stränge der Handlung führen und ist mehr als nur bestrebt, sie alle – wann auch immer – auch entsprechend aufzulösen. Selbstverständlich gäbe es innerhalb der Produktion nicht nur einen Gesamtplan, sondern auch diverse Mindmaps, mit deren Hilfe sichergestellt werde, dass nichts unterwegs vergessen würde und auch, dass die einzelnen in der Serie auftauchenden Charaktere ihren ganz persönlichen Raum und eine entsprechende Entwicklung bekommen. Sicherlich würden einige Themen über einige Folgen hinweg offenbar nicht weiter vertieft, doch letztlich sei dies stets der Fall.

 

Der Zeit voraus

Volker Sassenberg weiß, wovon er spricht. Nicht nur, weil er der Kopf der gesamten Hörspielreihe ist, sondern selbstredend auch, weil er den Käufern der Hörspiele am Ende der Kette immer einige Schritte voraus ist.

 

Genauer gesagt sind es stets etwa zehn Folgen in der Zukunft, für die jeweils konkret geplant wird. Konkret, das bedeutet zuerst einmal, dass Drehbücher geschrieben werden. Bis zur Fertigstellung eines Drehbuchs vergehen etwa sechs Wochen von dem Zeitpunkt, an dem die Arbeit aufgenommen wird, bis hin zum Finish.

 

Teamwork

Irgendwann auf dem Weg des Drehbuchs bis zu seinem Einsatz stehen mehrere Teamsitzungen an. In diesen werden Details zum Ablauf besprochen, ebenso aber Details zu benötigten Geräuschen, passender Musik und zum späteren Cover der Folge.

 

Keineswegs ein Experiment der Stille

Welche Geräusche benötigt werden, ist vor allem für Tontechniker Erik Anker von Bedeutung. Kann er auf das Archiv zugreifen, in dem sich neben eingekauften Geräuschen mittlerweile zahlreiche Sounds befinden, die eigens von Decision Products aufgenommen wurden? Oder gilt es, neue Sounds für bestimmte Szenen zu generieren, für die erst einmal der persönliche Feldeinsatz erforderlich ist?

 

Feldeinsatz ist hierbei durchaus wörtlich zu nehmen, denn im Zweifelsfall gilt es, die benötigten Geräusche in der Umwelt zu finden und aufzunehmen, was wiederum am besten nachts der Fall ist, wenn Umgebungsgeräusche ihren geringsten Pegel erreichen und entsprechend besser ausgefiltert werden können.

 

Doch selbst dann, wenn alle benötigten Grundgeräusche beisammen sind, wirkt das Ganze noch lange nicht authentisch. Noch bevor Sprecher und Musik zum Einsatz kommen, werden darum Tonspuren übereinander gelegt, verschoben und derlei mehr. Zwar gibt es für Erik Anker durchaus eher simple Geräusche, die gerade einmal zwei oder drei Tonspuren umfassen, gut und gern kann der Umfang jedoch auch auf zehn, zwanzig oder mehr Tonspuren anwachsen, wofür dann neben dem richtigen Timing vor allem ein kreatives und vorausschauendes Ohr gefragt ist.

 

Interessant ist hierbei auch, dass die Erwartung des Hörers an ein Geräusch manchmal nicht mit dem realen Geräusch identisch ist. Pferdehufe auf Asphalt klingen ebenso wie pfeifender Wind in der Realität im Grunde anders, als Hörer diese Geräusche im Rahmen eines Hörspiels erwarten.

 

Musik liegt in der Luft

Volker Sassenberg selbst, der bekanntermaßen eigentlich aus dem Bereich der Musikproduktion kommt, sowie vor allem der Schweizer Matthias Günthert haben derweil die Aufgabe, die entstehende Folge musikalisch zu untermalen. Der musikalische Anspruch der Serie sollte den Hörern spätestens seit Veröffentlichung des Soundtracks zusammen mit Folge zwölf ein Begriff sein: Wiederkehrende Themen werden immer wieder variiert, so dass sie – teils sogar sehr individuell – zum Thema der jeweiligen Folge passen.

 

Am einfachsten nachzuvollziehen ist dies vielleicht anhand der achten Folge, „Die Fänge des Windes“, deren orientalische Note auch im bereits erwähnten Soundtrack ohne Probleme wieder zu erkennen ist.

 

Eingespielt wird die Musikkreation jeweils von einem Orchester – und das hört man auch. Stellt man die Musik lauter und verfügt über eine gute Soundanlage, fehlt eigentlich nur noch der Sessel, in dem man sich mit geschlossenen Augen zurücklehnen kann, um die wirklich cineastische und unglaublich hochwertig kreierte Musik zu genießen.

 

Sag’s doch einfach?

So sehr die Geräusche und die Musik bei „Gabriel Burns“ zur Atmosphäre beitragen: ohne Sprecher wären es keine Hörspiele. Diese Sprecher sind in der Regel Schauspieler, einfach deswegen, weil diese aufgrund ihrer Ausbildung am professionellsten einzusetzen sind. Rasch erfassen sie – die Hauptsprecher der Serie ohnehin -, wann welche Akzentuierung angebracht ist und welche emotionalen Komponenten transportiert werden sollen. Dennoch wird von den in der Regel einzeln aufgenommenen Sprechern jeder einzelne Satz im Durchschnitt drei- bis sechsmal eingesprochen, bei Sprechern aus ursprünglich anderen Berufssparten – beispielsweise bei den prominenten Gaststars – kann diese Zahl durchaus noch einmal ansteigen.

 

Erst dann, wenn alle Sätze einer Szene vollständig aufgenommen wurden, entscheidet man sich für jeweils eine Variante. So stellt das Produktionsteam sicher, dass die einzelnen Sätze eines Dialoges beispielsweise zusammen passen, was Nuancen wie Emotionalität, Tempo und derlei mehr angeht. Der Dialog entsteht also erst nach den eigentlichen Aufnahmen im Studio; eine Tatsache, die der Hörer später natürlich nicht erkennen soll.

 

Das Grauen sichtbar machen

Zum Team gehört auch Künstler Ingo Masjoshusmann. In seinen Händen liegt die Covergestaltung der einzelnen Folgen. Diese verzichten bewusst auf plakative Darstellungen. Vielmehr soll auch auf der grafischen Ebene die Atmosphäre im Vordergrund stehen. Aus diesem Grund deuten die Cover der Serie nur einen Hauch des Inhalts an oder verzichten sogar gänzlich auf einen konkreten Bezug.

 

Neben Stil, Ausdruckskraft und dem Vermögen, Konkretes in Abstraktes zu verwandeln, das etwas im Betrachter weckt und ihn anspricht, schätzt Decision Products bei der Zusammenarbeit mit Masjoshusmann vor allem dessen Flexibilität und Spontaneität. Dies ist keineswegs rein als Schlüsselqualifikation im Rahmen der Zusammenarbeit gemeint, sondern bezieht sich gerade auch darauf, dass Ingo Masjoshusmann in der Lage ist, aufgrund der bei den Teamsitzungen gegebenen Informationen noch am Tisch ad hoc verschiedene Szenen zu skizzieren. Dies erleichtert die Absprache ungemein und maximiert die Zufriedenheit aller Beteiligten bei den späteren Entwürfen. Von diesen gibt es letztlich zwar dennoch meist ein paar verschiedene, doch auf den Grundtenor hat man sich zu diesem Zeitpunkt längst geeinigt.

 

Wie bei den anderen zeigt sich beim Künstler, der auch das Logo der Hörspielserie entwarf, trotz der klar eingeteilten Kompetenzen innerhalb des Teams eine gewisse Allroundfertigkeit. Ob von Hand oder am PC entworfen, ob Bleistift oder Öl: Ingo Masjoshusmann weiß, was er tut.

 

Profession und Perfektion

Ist man sich der Abläufe bei der Produktion einer „Gabriel Burns“-Folge bewusst und betrachtet die Akribie, mit der dort gearbeitet wird, wundert man sich wohl nicht mehr darüber, dass neue Folgen zur Serie nicht monatlich veröffentlicht werden. Aus der Hüfte zu schießen, das ist etwas, das für die Mitarbeiter von Decision Products und vor allem für Produzent Volker Sassenberg überhaupt nicht in Frage kommt. Qualität statt Quantität sind hier keine leeren Worte.

 

Es geht nicht nur darum, einfach ein Hörspiel zu produzieren, sondern vor allem auch darum, dabei neue Wege zu entdecken und auszuprobieren. „Gabriel Burns“ ist für alle Beteiligten eine Möglichkeit, die Liebe zum Beruf in die Arbeit einfließen zu lassen und allen Hörern quasi nebenher zu zeigen, welches qualitative Maß im Rahmen einer Hörspielproduktion möglich ist – und der Erfolg gibt ihnen Recht.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240426025321f9cc2a74
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Erstellt: 20.07.2007, zuletzt aktualisiert: 22.02.2015 20:37, 4518